Interessantes zu Theoretischer Physik

Evolution, Biologisches Leben, Naturkonstanten, Feinabstimmung

Warum konnte die Evolution Leben hervorbringen?

In der Physik — soweit sie die Zustände im von der Erde aus beobachtbaren Teil des Universums korrekt beschreibt — gibt es etwa 30 freie Parameter: sog. Naturkonstanten. Ihr Wert wird gemessen, lässt sich aber durch nichts begründen.

Schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts aber ist den Physikern klar geworden, dass das Verhältnis der Größe dieser Naturkonstanten zu einander einen ganz entscheidenden Einfluss darauf hat, welche Strukturen sich im Universum entwickeln konnten: Diese Zahlenverhältnisse regieren die ganz großen ebenso wie die extrem kleinen Strukturen, die man vorfindet, und es zeigt sich, dass schon wenn jene Zahlen-Verhältnisse auch nur ein klein wenig anders wären, dies zu Zuständen des Universums hätten führen müssen, die kein biolo­gisches Leben zulassen.

Die Frage, warum gerade in unserem Teil des Kosmos jenes so besondere Verhältnis zustande kam, lässt sich bisher nur beantworten mit der trivialen Feststellung: Dieses Verhältnis passt zu uns, da — wo sich ein anderes ergab — Leben, wie wir es kennen, ja gar nicht existieren kann.

Man nennt diese Tatsache auch » das anthropische Prinzip «.

Extrem beeindruckend ist, mit welch unglaublich großer Genauigkeit sich ganz besondere Zahlenverhält­nisse und daraus folgend dann entsprechend genau auf einander abgestimmte Kräfteverhältnisse hier und dort — im Weltall, aber nicht zuletzt auch im subatomaren Bereich — ergeben haben müssen, um Leben nicht von vorn herein unmöglich zu machen:

Betrachten wir ein Beispiel dafür (man kennt viele weitere): Etwa 1950 hat sich Fred Hoyle Gedanken darüber gemacht, wie es im Universum zur Entstehung von Kohlenstoff kommen konnte — dem Element, das der wichtigste Baustein allen bilogischen Lebens ist:


Hier ist, was Hoyle erkannte: Die Rate, mit der sich Kernreaktionen abspielen, hängt von der Energie der den Atomkerm darstellenden Teilchen ab. Meist nimmt sie mit einer Energieänderung nur recht gemächlich zu oder ab. Gelegentlich aber — in ganz besonderer Situation — kommt es zu einen jähen Anstieg dieser Rate. Die Physiker sprechen dann von » Resonanz «.

Hoyle entdeckte (1951), dass eine Resonanzerscheinung der Schlüssel für die Entstehung von Kohlenstoff ist: Die Masse eines » normalen « Kohlenstoffkerns ist ein wenig kleiner als die Summe der Massen der 3 Heliumkerne, aus der er der Vermutung nach entsteht, da bei ihrem Zusammenstoß Energie frei wird.

Nun existieren Atomkerne aber nicht selten auch in angeregten Zuständen, und Hoyle kam zum Schluss, dass der Kohlenstoffkern einen angeregten Zustand haben müsse, der ein wenig oberhalb der Summe der Massenenergien der 3 Heliumkerne liegt. Es kann sich dann dieses System aus Helium und Beryllium auf diesem Niveau in Resonanz befinden, sofern der kleine, sie hervorrufende Unterschied durch die kinetische Energie der Kollisionspartner geliefert wird, die im Inneren eines heißen Sterns herumschwirren. Die Reso­nanz hat zur Folge, dass der instabile Berylliumkern länger bestehen bleibt, und so ein dritter Heliumkern eine kleine Chance bekommt, auf ihn zu treffen. Erst dadurch ist dann — entgegen aller darüber hinaus noch gegebenen Wahrscheinlichkeiten — der Weg zur Bildung von genügend Kohlenstoff geebnet.

Hoyle konnte die Energie des fraglichen Resonanzniveaus errechnen.

Hoyle war damals Gast am Caltech und präsentierte seine Vorhersage der Kernresonanz des Kohlenstoffs einer Gruppe amerikanischer Physiker, zu der auch Willy Fowler gehörte (der später für ähnliche Arbeiten den Nobelpreis erhielt). Hoyles Rechnungen wurden zunächst angezweifelt, denn man sah ihn damals am Caltech als einen völlig unbekannten, noch jungen Astronom, der vorgab, mehr über Kohlenstoffkerne zu wissen als die besten Experten der USA.

Hoyle aber nervte Fowlers Kollegen so hartnäckig, dass sie dann doch einem Experiment zustimmten, das geeignet war, Hoyles Vorhersage zu widerlegen oder zu bestätigen. Und siehe da, nach einigen Modifika­tionen ihrer Geräte erhielten die Physiker tatsächlich Messergebnisse, die Hoyles Vorhersage als zutreffend erkennen ließen.

Genauer: Das Experiment hat gezeigt, dass sich die Lebenszeit des instabilen Berylliumkerns durch die Resonanz auf bis zu 10-16 Sekunden verlängern kann — eine winzige Zeitspanne, aber doch genug, um die 3-fache Heliumreaktion zu erlauben. Diesen Enpass mal überwunden, ist der Rest dann einfach: Es bilden sich Sauerstoff, Neon und Magnesium und schließlich alle weiteren Elemente bis hinauf zum Eisen (noch schwerere Elemente entstehen erst in Supernovae, bei denen noch deutlich mehr Energie zur Verfügung steht).

Hoyles Ergebnis hat tief beeindruckt, denn man wusste nun, dass ohne jene Resonanz des Kohlenstoff­atomkerns im Universum nahezu kein Kohlenstoff hätte entstehen können — und damit vermutlich auch kein Leben.


Hier noch ein zweiter Aspekt solch erstaunlicher Feinabstimmung:

Das Energieniveau der Resonanz wird durch das Zusammenspiel der starken Kraft mit der elektromagne­tischen festgelegt. Wäre die starke Kraft nur wenig stärker oder schwächer — und sei es auch nur um 1 Prozent — würde das die Bindungsenergien der Kerne verändern, so dass die Resonanzen sich dann nicht mehr in so perfekter Weise aufaddieren könnten.

Was Hoyle da entdeckt hatte, erwies sich als nur ein Beispiel von vielen, bei denen schon die kleinste Abänderung der Verhältnisse der Werte der physikalischen Konstanten zur Folge führt, dass biologisches Leben unmöglich würde.


Wie aber kommen die Werte der Naturkonstanten denn nun eigentlich zustande?

Es gibt etwa 30 solcher "Stellschrauben" der Physik: etwa 20 im Standardmodell der Elementarteilchen­physik und weitere 10, welche die Kosmologen gefunden haben.

Zwar sind die Physiker noch bei weitem nicht in der Lage, alle entsprechenden Experimente wirklich durchführen zu können. Solche, die das Entstehen von Sternen und Planeten betreffen, werden ohnehin nie durchführbar sein. Es können die Physiker aber berechnen, was passiert und wie die Chancen für Leben beinflusst werden, wenn man die eine oder andere Größe ihrem Wert nach verändert (immer nur einzeln, das ist wichtig, denn wir wissen nicht, welche der interessanten Parameter wirklich frei sind, d.h. wie unabhängig ihr Wert vom Wert aller anderen ist).

Man nimmt heute an, dass die Größen, die der Physiker als Naturkonstanten kennt (und nur messen, aber nicht errechnen kann) sich nicht überall im Kosmos — wohl aber in sehr weiten Teilbereichen davon, den sog. Blasen-Universen — als konstant darstellen.

Blasen-Universen und neue Werte für Naturkonstanten ergeben sich infolge spontaner Brüche vorher gegebener Symmetrie. Da der Zusammenbruch eines hochsysmmetrischen Zustandes von Fall zu Fall zu recht unterschiedlichen weniger symmetrischen, dafür aber stabileren Zuständen führen kann, ergibt sich so von Fall zu Fall auch ein unterschiedlicher Satz für die neuen Werte der Naturkonstanten.

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Wer noch mehr über das Wunder der Feinabstimmung erfahren möchte, lese die entsprechenden Kapitel in Paul Davis: Der kosmische Volltreffer (2006). Alles oben Erzählte ist diesem Buch entnommen.

Einem noch weit erstaunlicherem Wunder scheinen Simon Conway Morris bzw. Sheldrake auf der Spur zu sein (Stichworte: konvergente Evolution bzw. morphische Resonanz).


Hier ein Beispiel dieses Phänomens:

Schon länger ist bekannt, dass die Codierung, welche die Natur für die DNA gewählt hat, nur eine von im Prinzip immerhin 1013 bis 1015 denkbaren Alternativen darstellt und — das ist jetzt das Erstaunliche — derart optimal gewählt ist, dass die beiden Forscherteams, die etwa 1 Million dieser möglichen Codes mit dem von der Natur genutzten verglichen haben, nicht ausschließen wollen, dass die Natur vielleicht sogar die wirklich optimalste dieser vielen Codierungsmöglichkeiten gewählt hat. Details dazu finden sich in Simon Conway Morris: Jenseits des Zufalls (2008).

Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte — das ergaben jene Untersuchungen — ist die von der Natur gewählte Codierung eine von nur wenigen, die der am meisten optimierten wirklich ganz besonders nahe kommen.

Nebenbei: 2018 will man Anzeichen dafür gefunden haben, dass der genetische Code in Hefe nicht immer eindeutig übersetzt wird.



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