Interessantes zu Theoretischer Physik

Virtuelle Teilchen, Quantenfluktuation, G-Faktor

Wie gut sind virtuelle Teilchen schon verstanden?

Virtuelle Teilchen sind solche, die als Paare – Teilchen und ihm zugeordnetes Anti-Teilchen – in großer Zahl ständig und überall auftauchen ond praktisch sofort wieder verschwinden. Dies verursacht selbst noch im Vakuum ein Brodeln, welches man Quantenfluktuation nennt. Hier der Grund, warum es dazu kommt:

Heisenbergs-Unschärferelation gilt z.B. auch für das Paar ( Energie, Zeit ), wo die Zeitunschärfe die Zeit ist, die der Schwerpunkt einer Teilchenwelle benötigt, die Ortsunschärfe zu durchlaufen.

Das aber bedeutet: Je kleiner die Ortsunschärfe ist, die man betrachtet, desto höher wird die Gesamt­energie aller an diesem Ort in diesem Zeitabschnitt entstehender und vergehender virtueller Partikel sein (und desto wahrscheinlicher ist es, dass es unter ihnen auch beliebig schwere, dann aber auch ent­sprechend kurzlebige geben wird).


Ob Heisenbergs Unschärferelation auch für virtuelle Phänomene gilt, scheint nicht klar zu sein. Thomas Görnitz jedenfalls verneint das:


Der Kernphysiker Matt Strassler schreibt:


Sean Caroll (Seite 316 in Something deeply hidden, 2019) erklärt es so:


Wenn wir z.B. ein Elektron an bestimmtem Ort beobachten, kann man über Feynman-Diagramme be­schreiben, welche Wahrscheinlichkeit besteht, dass es in dieser oder jener Weise mit virtuellen Teilchen welcher Art interagiert.


Gordon Kane, damals Director of the Michigan Center for Theoretical Physics, antwortet wie folgt:

    Virtual particles are indeed real particles. Quantum theory predicts that every particle spends some time as a combination of other particles in all possible ways. These predictions are very well understood and tested. Quantum mechanics allows, and indeed requires, temporary viola­tions of conservation of energy, so one particle can become a pair of heavier particles (the so-called virtual particles), which quickly rejoin into the original particle as if they had never been there. If that were all that occurred we would still be confident that it was a real effect because it is an intrinsic part of quantum mechanics, which is extremely well tested, and is a complete and tightly woven theory – if any part of it were wrong the whole structure would collapse.

Man lese auch, was Matt McIrvin erklärt. Er widerspricht ganz klar der Ansicht, virtuelle Teilchen würden Heisenbergs Unschärfe-Relation nicht repektieren oder gar – wenn auch nur für extrem kurze Zeit – den Energie-Erhaltungssatz verletzen:

    In perturbation theory, systems can go through intermediate "virtual states" that normally have energies different from that of the initial and final states. This is because of another uncertainty principle, which relates time and energy.

    Some descriptions say that the energy of the system becomes uncertain for a short period of time, that energy is somehow "borrowed" for a brief interval. This is just another way of talking about the same mathematics. However, it obscures the fact that all this talk of virtual states is just an approximation to quantum mechanics, in which energy is conserved at all times.

Jeder der hier zitierten vier Wissenschaftler ist Quantenphysiker (Görnitz nur aus philosophischer Sicht). Und doch unterscheiden sich ihre Aussagen darüber, wie sich virtuelle Teilchen verhalten, teilweise gravierend. Meiner Ansicht nach fährt am besten, wer sich den folgenden Standpunkt zu eigen macht:

    Unter virtuellen Teilchen versteht man Elementarteilchen, die nur zu kurz existieren als dass es möglich wäre, sie einzeln direkt oder indirekt zu beobachten. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass Elementar­teilchen in diesem Sinne alle sein können, die das Standardmodell der Elementar­teilchenphysik kennt, es aber durchaus noch weitere geben kann.

    Auf keinen Fall sollte man glauben, dass virtuelle Teilchen irgend einen Erhaltungssatz oder gar Heisenbergs Ungleichung für quantenphysikalische Unbestimmtheit verletzen.

Natürlich gibt es unendlich viele mögliche Interaktionen virtueller mit nicht virtuellen Teilchen und daher auch unendlich viele solcher Diagramme. Nun ist aber der Beitrag zur Situation, den eine solche Inter­aktionsmöglichkeit liefert, umso geringer, je komplizierter das jeweilige Diagramm ist. Da man Dia­gram­me, die einen Beitrag liefern würden, der unter­halb der Messgenauigkeit liegt, vernachlässigen kann, sind letztlich nur endlich viele Möglichkeiten zu betrachten.

Betrachten wir jetzt ein Elektron in einem Magnetfeld. Sein Spin macht es zu einem kleinen Magneten mit einem Nord- und einem Südpol. Die Energie des Elektrons ist leicht unterschiedlich, je nachdem ob seine Pole in Richtung des Magnetfeldes oder in entgegengesetzter Richtung ausgerichtet sind.

Die Energiedifferenz dieser beiden Zustände hängt von einer Zahl ab, die man den gyrometrischen Faktor (kurz: g-Faktor) des Elektrons nennt. Er verrät, wie stark der Magnet ist, wenn das Elektron eine bestimmte Stärke des Spins hat. Die einfachste Quantentheorie des Elektrons sagt, dass der Wert dieses g-Faktors genau 2 sein sollte (falls keinerlei Interaktion mit virtuellen Teilchen stattfindet).

Interaktion des Elektrons mit virtuellen Teilchen erhöht den Faktor um Beiträge, die man durch Betrachten der entsprechenden Feynman-Diagramme errechnen kann. Aus diesem Grund kann der g-Faktor, der wirklich zu erwarten ist, mit außerordentlicher Genauigkeit errechnet werden, Zudem kann man ihn auch recht genau messen: Die bisher wohl genaueste Messung stammt aus 2008 und lieferte den Wert

g = 2,002.319.304.361.46 plus/minus 0,000.000.000.000.56


Man hat ihn verglichen mit einer Berechnung aus der QED, bei der fast 1000 der wahrscheinlichsten Feynman-Diagramme berücksichtigt wurden und konnte feststellen, dass die so errechnete Zahl mit der gemessenen bis auf 14 Dezimalstellen hinter dem Komma übereinstimmte.

Dieser fantastischen Übereinstimmung wegen gilt die QED heute als die am genauesten überprüfte und bestätigte physikalische Theorie der Geschichte. Sie ist auch Beweis dafür, dass man virtuelle Teilchen und ihre Wechselwirkung mit realen (sowie untereinander) in der oben beschriebenen Weise wirklich zu­treffend modelliert hat.


Mehr dazu in:





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