Ist Poesie Sprache für sonst Unausdrückbares?
Auf Seite Hommage an die Jugend findet sich ein ganz wunderschönes, von einem Schüler geschriebenes Gedicht (s. unten).Wenn ich es lese und mir überlege, welche angeborenes Talent dazu gehört, als Schüler so was schreiben zu können, frage ich mich unwillkürlich, ob jener Bub nicht deutlich mehr Mensch war, als ich es je sein werde (der ich zu lange neben Logik Philosophie gar nicht beachtet habe).
Ich frage mich, ob in Menschen wie ihm nicht eine Antenne schwingt, mit der sich Wahrheit hörbar macht, die Logik wohl gar nicht zu erfassen in der Lage ist.
Sein Gedicht erinnert mich an Jaspers Aussage, dass Philosophie ein Suchen nach Wahrheit im Urgrund unserer Seele sei.
Wenn am Morgen die Sonnenstrahlen der stark leuchtenden Sonne in mein verträumtes Zimmer eintreffen, so will ich der heutigen Welt ein Stück Freude von mir geben. Doch wenn es der heutigen Welt scheint, dass mein Ich meint bedeutsamer zu sein, dann trete ich zurück und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn am Mittag mir der Appetit nach frisch Gekochtem grösser wird, so will ich ihn teilen, meinen Appetit. Der jetzigen Welt nahebringen, wie gerne ich während dem Essen »Ballaire-City-Jazz« hören und dabei die Füsse tanzen lassen würde. Doch wenn meine Worte in der jetzigen Welt keine Aufmerksamkeit erhalten, dann will ich die Musik sprechen lassen, aber sie ist nicht laut genug und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn am Nachmittag das Clafoutis au Chocolat von mir aufgegessen werden will, ich den schönen Tag mir verschönern will, so möcht ich teilen, mein Dessert. Doch seh ich einen Jungen, der stiehlt ein Gebäck, läuft davon und wartet nicht auf mein »nimm doch mein bezahltes Gebäck« und die Angestellte nichts davon bemerkt, dann will ich ihr von der untreuen Tat berichten, doch Empfindsamkeit versetzt mich in die Sicht des Jungen, wohl hatte er Hunger und kein Geld bekommen. In Leere alleingelassen schaue ich dem Jungen nach und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn nach der Arbeit die tägliche Feier am Abend erscheint, so möchte ich geniessen meinen Abendwein. Doch wenn an der Ampel eine ältere Dame beim Angebot meiner Hilfe, ihre Tasche zu tragen, meinen müsse, ich sei ein Dieb, der ihr die Tasche nimmt, dann will ich mit meinem Mundwerk erklären, wer ich bin, aber rechtfertigen muss ich mich nicht. Und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Nicht die Tasche, sondern das Reden über mich. Wenn am Abend die Sonne stirbt und das Dunkellicht vordringt, so meine Seele die Ruhe sucht, dann dem Sternenhimmel die Blicke zuwerfen will. Doch seh ich auf der Sternenwiese den ganzen Kummer, Schmerz und die ganze Last, verdrängt in benutzten Nadeln und kleinen, leeren Tüten, dann möcht ich nicht schweigen über aller Probleme. Doch wenns niemanden gibt, der was unternehmen will und keinen, der hinschaut, dann vergeht das Licht in meinem Herzen und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn in der Nacht mein müd’ gewordnes Herz Sich wieder in seine Hütte verkriecht, so fragt es den Sternenhimmel im stillen Augenblick, ob es das Gute noch gibt. Doch fällt mein Körper kraftlos, nicht wie am Morgen voller Energie, wieder in sein Schlafnest, dann wird mir, wie in jener Nacht, wieder bewusst, dass es kein Gut, kein Böse gibt. Es lebt in Schwach und Stark, doch zu welchem gehört das «Es» ? Meine Nachtgedanken will ich aussprechen, in diesem stillen Augenblick, doch weil jeder für sich lebt, lass ich mich und meine Gedanken still und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn ich vom Drang der Entleerung aus meiner Welt der Träume erwach, mit noch geschlossenen Augen mich ins Bad fortbeweg und mit dem Lichtschalter die Dunkelkeit erhell’, mit den Unterhosen bis zu den Knien runtergezogen auf dem Klo sitz’, in meinen Händen Zeitung von gestern halt’, dann die Meldung seh’, welche berichtet den Raub der Tasche einer älteren Dame, den erwischten Täter, der kein Daheim hatte, den Tod der Obdachlosen wegen Überdosierung, so will ich reden, doch erstarren meine müden Augen, mein müder Mund und in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » Wenn meine Seele in der Nacht zurück ins Schlafnest kehren will, mein Haustelefon am Klingeln ist, darauf eine unbekannte Nummer steht, dann nimm ich den Hörer ab, wobei mir eine Stimme sagt »Hättest du was gemacht!« Und ich antworten will, dass reden einfach, jedoch sich selbst teilen schwer ist. Aber in mir sagts « Das behalte ich besser für mich. » | ||
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Bade in Gedichten