Interessantes zu Theoretischer Physik

Grenzen Physikalischer Modelle

Die Grenzen physikalischer Modelle verstehen

Alle Modelle sind falsch, einige aber sind nützlich.
George Box & Norman Draper, 1987


Vor allem Niels Bohr hat seine Studenten immer wieder darauf hingewiesen:


Kein physika­lisches Modell kann uns erklären, wie die Natur funktioniert:
Es kann stets nur — in gewissen Grenzen — das Verhalten der Natur simulieren.


Damit ist so gut wie sicher: Jedes unserer physikalischen Modelle wird irgend wann als überholt ein­zustufen sein in dem Sinne, dass es dann erkannt worden ist.

Beispiel für den ersten Fall ist Newtons Gravitationsmodell (sein Nachfolger war Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie).

Beispiel für den zweiten Fall ist Keplers Planetenmodell — ein ganz besonders lehrreicher Fall:

Johannes Kepler hatte sich 1595 die Frage gestellt, warum es 6 Planeten gebe (Uranus und Neptun waren damals noch nicht entdeckt). Diese Frage gleicht derjenigen, die wir heute stellen: Warum gibt es 3 Generationen von Quarks und Leptonen?

Keplers Antwort — gegeben in seinem Werk Mysterium Cosmographicum — wurde ihm nahegelegt durch Symmetrie­überlegungen: Die Planetenbahnen, so dachte Kepler, lägen auf aufeinanderfolgenden Himmelssphären, die in die 5 platonischen Körper eingebettet seien.

Platonische Körper sind konvexe Körper mit regelmäßigen Seitenflächen: Körper hoher Symmetrie also. In der Antike schrieb man ihnen magische Eigenschaften zu.

Da es nur fünf Körper dieser Art gibt — Tetraeder, Hexaeder, Okteaeder, Dodekaeder, Ikosaeder —, könne es, so Kepler, nur sechs Planeten geben.

Bemerkenswert an Keplers Modell ist, dass er damit die Entfernungsverhältnisse der Planeten im Rahmen damaliger Beobachtungsmöglichkeiten tatsächlich recht genau vorhersagen konnte.

Noch interessanter: Kepler spann diesen Gedanken weiter und kam in seinem Werk Harmonicus Mundi zum Schluss, dass sämtliche Proportionen der natürlichen Welt den musikalischen Harmoniegesetzen folgen müssten. Dies brachte ihn dazu, sein Drittes Gesetz der Planetenbewegung zu formulieren:

Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich
wie die Kuben der großen Halbachsen ihrer (elliptischen) Bahnen um die Sonne.


Wir wissen heute, dass Mich erinnert Keplers Harmonielehre an den Ansatz der Stringtheorie. Auch er, so vermuten selbst Physiker, könnte spä­ter mal als zufällig und irrelevant erkannt werden. Aber zu wie vielen neuen, über­raschenden, tatsächlich richtigen Einsichten könnte man seinetwegen bis dahin gelangt sein?

Der Weg zu neuer Erkenntnis — das zeigt sich oft — führt fast immer auch über zahlreiche gedankliche Irrwege.



Physikalische Modelle sind Werkzeuge, vorherzusagen,

wie wir die Natur erleben.


Wir dürfen nicht glauben,

dass sie uns die Natur ihrem eigentlichen Wesen nach enthüllen.



Und tatsächlich: Wir haben inzwischen sogar eine Theorie, die uns das beweist. Nach Einstein nämlich wird jedes Bild, das sich ein Beobachter von der Natur macht, wenigstens im Detail abhängig sein vom Punkt der Raumzeit, an dem der Beobachter sich befindet. Das mag wenig erstaunlich sein, zeigt aber deutlich:

Ein allgemein verbindliches Bild ihrer selbst stellt die Natur uns nicht zur Verfügung.

 



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