Interessantes zu Theoretischer Physik

Emergenz, Quarks, Selbstorganisation, Natur, Physik

Wie sich Emergenz ergibt

Emergenz — das spontane Entstehen von Ordnung — ist der sich akkumulie­ren­de Effekt wiederholter spontaner Symmetriebrechung:

Was man als den 2. Hauptsatz der Thermodynamik bezeichnet, ist die Tatsache, dass ein geschlosse­nes System einer sehr hohen Zahl frei gegeneinander beweglicher Teilchen beim spontanen Übergang von einem Zustand z1 in einen Folgezustand z2 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für z2 eine Zustand wählen wird, der weniger geordnet ist als z1.

Der Grund hierfür: Es gibt weit mehr Zustände, die ungeordneter denn geordneter als z1 sind.

Das Fehlen jeglicher Ordnung macht den Zustand des Systems absolut symmetrisch (d.h. symmetrisch in JEDER Hinsicht).

Wenn ausnahmsweise z2 geordneter ist als z1 (was mit extrem kleiner Wahrscheinlichkeit natürlich auch eintreten kann), spricht man von "spontaner Brechung der Symmetrie" (da absolut ungeordnete Zustände absolut symmetrisch sind, die Herstellung von Ordnung demnach Symmetrie zerstört).

Uns gut bekannte Beispiele spontan brechender Symmetrie sind die Kondensation von Wasserdampf beim Sinken seiner Temperatur sowie das Gefrieren von Wasser zu Eis.

Die Vorstellung der heutigen Kosmologie ist nun, dass die Evolution des Universums vom gleichen Prinzip getrieben stattfand: Am Anfang war maximale Unordnung, primordale Gleichheit, keinerlei Form. Schritt für Schritt entstanden daraus spontan (emergent) verschiedenartige Kombinationen und Wechselwirkungen bis hin zur Vielfalt unser heutigen Welt.

So wie sich Tiere, die in der Sonne frei herumlaufen, bei am Abend eintretender Kälte aneinander drän­gen, sich zu wärmen, so hat sich das Netz über Gluonen miteinander verbundener Quarks schrittweise aufgelöst in kleine Gruppen von Quarks, die Protonen und Neutronen formten, so haben sich Atome gebildet, und so verbinden sich Atome zu Molekülen um bei sinkender Temperatur einen energetisch günstigeren Zustand zu erreichen: Temperatur entspricht Bewegungsenergie, und wo die sinkt, muss sie sich als Energie in anderer Form wiederfinden.

Es ist also letztlich der Energie-Erhaltungssatz, der bei sinkender Temperatur Emergenz zur Folge hat. Natürlich werden sich so vor allem Konfigurationen ergeben, die sich durch möglichst viel Gleichgewicht auszeichnen, denn stabiles Gleichgewicht zu zerstören erfordert Kraft zum Überwinden entsprechenden Widerstandes. Und je mehr Kraft das ist, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit sein, dass sie sich spontan — rein zufällig also — ergibt.


Quarks sind verbunden durch Bosonen, die die sog. starke Kernkraft vermitteln und daher Glounen heißen (von: Glue = Leim). Da jedes Gluon Quarks unterschiedlicher Farbladung miteinander verbindet, betrachtet man es als zweifarbig.

Unter der sog. Farbladung eines Quarks versteht man eine als Vektor modellierbare Ladungsportion. Die vektorielle Summe der 3 Farbladungen — in einem Neutron ist sie Null — ist das, was man dann als Ladung (oder müsste man genauer sagen: als Ladung und Spin (?)) des entsprechenden Hadrons zu messen in der Lage ist.

Unter dem Phänomen des Confinements (engl. Einsperrung) versteht man die Tatsache, dass Teilchen mit Farbladung nie einzeln auftreten können, sondern stets nur als Gruppe, die insgesamt farbneutral ist.



Die Tatsache, dass ein Quark stets nur gebunden an andere Quarks existieren kann, erinnert an den Naturphilosophen Lukrez, der (etwa 55 v.Chr.) in seinem Werk Über die Natur der Dinge schrieb:

Und so muss es von Allem einen kleinsten Teil geben, jenseits der Erkenntnis unserer Sinne.
Dieser kleinste Teil ist unzerlegbar, ist die kleinstmögliche Einheit.
Er kann nie für sich allein existieren,
sondern immer nur als Unterbestandteil eines größeren Körpers,
von dem keine Kraft ihn je trennen kann.

Ich fände es interessant zu wissen, wie Lukrez zu dieser Auffassung kam.


Ein System ungebundener geladener Teilchen nennt man ein Plasma. Das elektromagnetische Plasma enthält positive oder negativ geladene Teilchen und Photonen, die von einem der Teilchen abgegeben und von einem anderen aufgenommen werden können.

Gänz ähnlich das Plasma der starken Wechselwirkung: Es besteht aus Quarks und Gluonen. Anders als Photonen können die 2-farbigen Gluonen aber miteinander wechselwirken, und so bezeichnet man dieses System treffender als Quark-Gluon-Plasma. Es entsteht aus der normalen hadronischen Materie, wenn die heißer wird als eine bestimmte Entkopplungstemperatur TH (= 150 MeV). Interessanterweise war schon vor der Erfindung des Quarkmodells vermutet worden, dass hadronische Materie nur bis hin zu einer bestimmten Maximaltemperatur existieren könne.

Das Verhalten beim Übergang von hadronischer Materie zu Quarkmaterie erinnert an das Verhalten von Wasser in der Nähe des Siedepunkts: Kurz unterhalb von 100 Grad Celsius gibt es Luftblasen im Wasser und kurz über diesem Punkt Wassertröpfchen in der Luft. Ganz analog dazu findet man in hadronischer Materie, kurz bevor sie kritische Dichte erreicht, zunehmend mehr "Tröpfchen", in denen sich farbige Quarks zu größeren farbneutralen Einheiten binden, während es oberhalb des Übergangs, dort also, wo die kritische Dichte nur wenig übeschritten ist, noch ein kleine Anzahl nur endlich großer "Tröpfchen" des leeren Raumes im Meer farbiger Quarks gibt. Der Farbhorizont (das ist der Horizont, über den hinaus sich Quarks nicht voneinander entfernen können) wird demnach bestimmt durch die Dichte der Materie.

Kleinstmögliche Gruppen von Quarks scheinen genau die Dreiergruppen zu sein, welche — zusammen mit der jedes Quark umgebenden Gluonenwolke — je ein Hadron darstellen (ein Teilchen also, das durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten wird). Die Masse jeden Quarks scheint sich als Folge der das Quark umgebenden Gluonenwolke zu ergeben: Es kann sich nur bewegen unter Mitziehen jener Wolke.


Hochenergetische Kollision zweier Hadronen führt mit zunehmender Energie zur Erzeugung einer immer größeren Anzahl weiterer Hadronen (im heute besten Teilchenbeschleuniger schon mal weit über 50). Aber nicht nur ihre Anzahl steigt – auch die Anzahl der dann auftretenden Sorten von Hadronen steigt, was dann natürlich in der Summe zu einer entsprechenden Vergrößerung der Anzahl aller existierenden Quarks führt.

Nebenbei: Vor allem Resonanzen immer größerer Masse und immer höheren Spins werden so entstehen. (Unter Resonanzen versteht man Hadronen, die nach sehr kurzer Zeit wieder zerfallen.)


Quarks und Quarkmaterie sind gut erklärt in: Helmut Satz: Gottes unsichtbare Würfel — Die Physik an den Grenzen des Erforschbaren, Verlag C.H.Beck 2013 (Kapitel 5 und alle folgenden).


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