Interessantes zu Theoretischer Physik

Multiversum, Stringtheorie, Weltenphysik

Das Multiversum der Stringtheorie

Wie Stringtheorie uns nahe legt, ist das Universum, in dem der Mensch existiert, nur eines unter sehr vielen:

Sie alle haben mehr oder weniger verschiedene Physik, d.h. mindestens individuelle Krümmung des Raumes und ein jeweils individuelles Spektrum von Elementarteilchen.

Sich diese Landschaft von Universen vorzustellen, denke man an eine sich in jeder Richtung scheinbar grenzenlos weit erstreckende recht hügelige Landschaft. Wo immer die Oberfläche dieser Landschaft tiefste Punkte hat (wo sich also Pfützen bilden würden, wenn es regnet), findet sich — einer solchen Pfütze vergleichbar — eines der Universen im Sinne der Stringtheorie.

Es ist grundsätzlich 10-dimensional, wobei aber 6 seiner 9 Raumdimensionen "aufgerollt" sind (d.h. kompaktifiziert im Sinne auch der Mathematik).

Jedes solche Universum ist demnach — als mathematischer Raum — das Kreuzprodukt aus einem 4-dimensionalen euklidischen Raum R(e) und einem 6-dimensionalen kompakten Raum R(k).

R(e) ist die Raumzeit wie wir sie beobachten.

Geht man davon aus, dass R(k) stets eine Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit sein muss (wie man bis vor wenigen Jahren noch dachte), so ergeben Abschätzungen, dass man es mit etwa 10500 denkbaren Alter­nativen für den kompakten Teilraum R(k) der stringtheoretischen Raumzeit zu tun hat, d.h. mit ebenso vielen "Pfützen" in der Landschaft der Stringtheorie.

Die Krümmung eines Universums ist gegeben durch seine kosmologische Konstante Λ. Ihr Wert für unser Uni­ver­sum — das haben verschiedene Experimente der Astrophysik schon ergeben — hat die Größen­ordnung 10-120 (gemessen in Einheiten der Planckschen Masse).

Wenn wir also annehmen, dass der Absolutbetrag von Λ für kein Universum der Stringtheorie größer als 1 wird und in der Stringlandschaft jeder Wert zwischen -1 und 1 etwa gleich oft auftritt, so ergibt sich, dass von all dem 10500 möglichen Universen etwa 10500/10120 (= 10380) eine kosmologische Konstante haben, die sich von der unseres Universums kaum unterscheidet.

Um aus dieser großen Zahl von Varianten möglicher Weltenphysik jene herauszufinden, die nun wirklich unser Uni­ver­sum regiert, sind noch weitere Bedingungen zu stellen. Hierzu rechnen vor allem sämtliche Eigen­schaften der Elementarteilchen unseres Universums, welche Experimentalphysik (natürlich nur mit begrenzter Genauigkeit) zweifelsfrei kennt. Nur  e i n  Beispiel hierfür wäre die Masse des Elektrons.

Es wird also nur ein kleiner Bruchteil der mindestens 10380 Varianten Kandidat für ein treffendes Modell der Elementarteilchen unseres Universums sein.

Wie groß dieser Anteil ist, weiß derzeit niemand zu sagen.


Der ultimative Beweis, dass alle Eigenschaften des Standardmodells unserer Elementarteilchen durch mindestens eines der stringtheoretischen Modelle wirklich erfüllt sind, steht noch aus.

Doch auch wenn das wirklich der Fall sein sollte, muss man davon ausgehen, dass die Chance, den ent­sprechenden Raum R(k) zu finden, deutlich kleiner sein wird als die eines Hauptgewinns im Lotto.

Das Bild der "Pfützen" in der Stringlandschaft ist auch deswegen so schön, weil die zwischen den Pfüt­zen liegenden "Hügel" Potentialbarrieren darstellen, die

Interessant ist, dass in der Landschaft der Stringtheorie nur die Gravitionen Teilchen sind, die sich auch zwischen den Universen (den "Pfützen") bewegen können.

Alle anderen Elementarteilchen leben — mit jeweils pfützenspezifischen Eigenschaften — nur in jeweils einer dieser Pfützen (= Welten = Universen = Branen).

Jede der Pfützen existiert als p-Brane ( 2 ≤ p ≤ 6 ).

Sie kann 1-Branen enthalten, die Endpunkte von Strings darstellen, die von der Brane weg und wieder zu ihr hin führen. Strings dieser Art scheinen Gravitonen darzustellen, deren Eigenschaften noch teilweise durch die der Brane mitbestimmt werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen:

So wie jede biologische Zelle ihren Möglichkeiten nach durch einen individuellen genetischen Code bestimmt ist, hat auch jede Brane einen solchen: Er besteht aus den geometrischen Eigenschaften des kompaktifizierten Raumes R(k) und seiner Topologie.

Die Hauptaufgabe der Stringtheoretiker wäre nun, diesen "genetischen Code" unseres Universums zu finden, zu knacken und der Öffentlichkeit zu erklären.


Quelle (inhaltlich, aber nicht wörtlich): Dieter Lüst: Quantenfische, dtv 2014, S. 320-327



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zusammengestellt durch Gebhard Greiter