Praktisches & Grundsätzliches zur Informatik

Unschärfe, Unbestimmtheit, Heisenberg

Heisenbergs Unschärfe-Relation (Uncertainty Relation)

Die klassische Physik ist eine Physik, in der das Plancksche Wirkungsquantum nicht vorkommt (man könnte sagen, es habe dort den Wert Null). Genau deswegen ist die klassische Physik blind für alle Prozesse auf atomarer Ebene. So etwas wie Quantenfluktuation kann sie nicht sehen und behandeln.

Alle anschaulichen und grundsätzlich messbaren Größen der Mechanik (wie etwa Ort, Impuls oder Energie eines Teilchens) werden in der Quantenmechanik durch mathematische Operatoren dargestellt. Sie operieren auf der Wellenfunktion ψ(t).

Jede solche Operation kann simple Multiplikation sein (wie etwa unter bestimmten Umständen beim Ortsoperator), kann aber z.B. auch Ableitung nach der Zeit bedeuten (wie etwa beim Impuls-Operator). Diese Operatoren bewahren jeweils einen Rest der Bedeutung, den Begriffe wie Ort, Impuls, etc. in der klassischen Physik haben. Auch die Energie eines Teilchen wird in der neuen Physik als Operator darge­stellt, und wie in der klassischen Physik ist der eine Kombination von Orts- und Impulsoperator.

Obgleich diese Verallgemeinerung zunächst nur eine formal mathematische Angelegenheit zu sein schien, hat Heisenberg schnell entdeckt, dass, wer zwei dieser Operatoren — A und B etwa — hintereinander anwendet, ein Ergebnis bekommt, dessen Wert davon abhängt, in welcher Reihenfolge die beiden Operationen angewandt wurden (Heisenberg hat sie damals übrigens als Matrizen dargestellt).

Den Unterschied im Ergebnis beschreibt man durch den sogenannten Kommutator

  A x B – B x A

Er stellt einen Ausdruck dar, der wiederum das Plancksche Wirkungsquantum enthält. Das kommt nicht unerwartet, denn für den Fall, dass man es zu Null definiert, sollte das Ergebnis wieder mit der klassi­schen Physik übereinstimmen (was es auch tut).

Die Nichtvertauschbarkeit der Operationen erschien zunächst seltsam, hat dann aber zu einem weit besseren Verständnis der Natur geführt. Aus der Gleichung für den Kommutator ließ sich nämlich jene Ungleichung für beobachtbare Größen ableiten, die man heute als Heisenbergs Unbestimmheits­relation (uncertainty relation) bezeichnet.

Um den richtigen Namen dieser Relation hat man lange gerungen, den man musste die Bedeutung der Ungleichung erst verstehen lernen.

Um sich klar zu machen, wie sie NICHT interpretiert werden darf, muss man sich vor Augen führen, was genau ein Messergebnis ist:

Da keine Messung — wegen unkontrollierbarer Einflüsse auf das Messgerät (Temperaturschwankung, Erschütterung, etc) — ganz genau sein kann, wird man sie stets mehrer Male wiederholen in der Hoff­nung, dass der Durchnitt der so erhaltenen leicht unterschiedlichen Messwerte dem tatsächlichen Wert sehr nahe kommt. Insbesondere wird man stets auch eine Abschätzung für die Genauigkeit der Messung mitzuliefern haben. Man berechnet daher aus den Daten nicht nur deren Mittelwert, sondern auch deren Varianz: ein sog. Vertrauensintervall. In graphischer Darstellung des Messergebnisses kann es dann als Fehlerbalken mit eingezeichnet werden. Je größer er ist, desto ungenauer und weniger brauchbar ist das Messergebnis.

Man kann sich also vorstellen, dass es einen wahren Wert der Messgröße gibt, dass die einzelnen Messergebnisse aber immer leicht von ihm abweichen werden (ihr Abstand vom wahren Wert ist der Messfehler). Da man den wahren Wert nicht kennt, wird man auch den Messfehler nie genau kennen.

Wenn man diese Vorstellung mit den Begriffen der mathematischen Statistik präzisiert, erkennt man, dass im oben erwähnten Vertrauensintervall der wahre Wert mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit liegen wird, die kleiner als 1 ist. Will man von Übereinstimmung mit einer Theorie reden, so kann man das berechtigter Weise nur dann, wenn auch der theoretisch vorhergesagte Wert in diesem Intervall liegt.

Während die klassische Physik davon ausgeht, dass es genau einen wahren Wert gibt, weiß die Quanten­physik, dass dem keineswegs so ist. Daraus folgt:


Die aus einem Kommutator kommende Unschärfe des wahren Wertes

— heute bewusst  Unbestimmheit  genannt —

darf nicht verwechselt werden mit der nur rein messtechnisch begründeten Unschärfe.



Quelle: Josef Honerkamp: Die Entdeckung des Unvorstellbaren (Spektrum-Verlag, 2010), S. 321-328



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