Praktisches & Grundsätzliches zur Informatik

Charakterisierung wissensbasierter Systeme

Wissensbasierte Systeme – Was man darunter versteht

Wenn ich mich richtig erinnere, hat man vor allem so etwa um 1990 herum viel von "wissensbasierten" Systemen gesprochen. Eine klare Definition des Begriffs ist mir allerdings nie begegnet.

Wo man sie am ehesten finden könnte, wäre wohl das Buch Brauer, W., Wahlster, W. (1987) (eds.): Wissensbasierte Systeme. 2. Internationaler GI-Kongress, Oktober 1987, Informatik-Fachberichte 155, Heidelberg: Springer.

Prof. Wolfgang Wahlster war um jene Zeit tatsächlich als KI-Experte in aller Munde. Er hat Beachtliches geleistet:

Nachträglich betrachtet definiert sich der Begriff "wissensbasiertes System" so:

Unter einem wissensbasierten System versteht man ein Datenhaltungs­system, das man – anders als Datenbanken – nicht einfach nur nach Daten fragen kann, sondern – vor allem – nach im Datenbestand über die Daten hinaus implizit mit enthaltenem Wissen.

Errechnet, d.h. explizit gemacht, wird solches Wissen erst – und immer nur in dem Umfang –, in dem Anwender des Systems nach ihm fragen.



Einfachste (und zunächst allein erfolgreiche) Beispiele wissensbasierter Systeme waren – bis zu Googles Erfindung einer Suchmaschine fürs Internet – die sog Expertensysteme.

Sie aber sind etwas ganz Simples, indem ihre Aufgabe einfach darin besteht, aus einer gegebenen Menge von Fakten F(0) mit Hilfe wiederholter Anwendung eines gegebenen Regelsystems R endlicher Kardinalität ständig weitere Fakten F(n) zu errechnen, die sich – unter diesem Regelsystem – als logische Schlussfolgerung aus Faktenmenge F(0) ergeben.

Mit anderen Worten: Man versucht die transitive Hülle von F(0) unter R schrittweise zu errechnen nach der Formel

F(n) = F(n-1) mal R

für alle positiven ganzen Zahlen n.


Soweit mir bekannt, hat als erster Prof. Rudolf Bayer (TU München) – etwa 1980 – gemeinsam mit einer Gruppe seiner Studenten ein Expertensystem gebaut. Gegeben einen MVV-Fahrplan und 2 beliebige Haltestellen A und B im MVV, konnte es in Windeseile sämtliche in einem gegebenen Zeitfenster nutzbaren Verbindungen errechnen (Pünklichkeit sämtlicher im Fahrplan genannter Verkehersmittel vorausgesetzt).

Man hat die Idee dann fortentwickelt zu dem System, mit dem die Deutsche Bundesbahn schließlich sämtliche Beamten ersetzen konnte, die bis dahin Reisenden Auskunft über mögliche Zugverbindungen geben können mussten. Kurz: Wo man sich heute im Internet über denkbare Reisepläne von A nach B informiert, befrägt man ein Expertensystem.

Da es auf unserer Erde nur endlich viele denkbare öffentlich nutzbare Verkehrs-Verbindungen gibt, exis­tiert eine natürliche Zahl N, sodass F(n) = F(n-1) ist für alle n> N. Natürlich funktioniert dieses Verfahren der Expertensysteme aber auch noch für Fälle, wo N nicht existiert, die transitive Hülle von F(0) unter R also unendlich groß ist.

Weitere Verallgemeinerung des Verfahrens bestünde darin, dass Mengen F(n) von Fakten auftauchen, mit deren Hilfe sich sogar noch das Regelsytem R schrittweise erweitern lässt.

Soweit mir bekannt ist, hat man unter dem Begriff "Expertensystem" aber nie etwas noch Allgemeineres verstanden.

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Note: Der Autor der Seite Knowledge-Based Systems (Artificial Intelligence) könnte so verstanden werden, dass der Titel seines Aufsatzes sagen möchte, dass KI-Systeme und wissensbasierte Systeme ein und dasselbe seien. Das aber wäre falsch, da viele KI-System — anders als nur wissensbasierte Systeme — über eine sehr leistungsfähige Komponente für Muster-Erkennung verfügen. Zudem darf nicht davon ausgegangen werden, dass sie sich nicht irren kann in der Art dessen, was sie zu erkenen glaubt. Für Gesichtserkennungssysteme etwa soll die typische Fehlerrate heute immer noch bei knapp 10 Prozent liegen (!).

Kurz: Wo wissensbasierte System in Daten implizit enthaltenes Wissen aufdecken, sind entsprechende Aussagen wahr. Dies gilt nicht unbedingt für Wissen, zu dem uns KI-Systeme anderer Art führen. Sie können sich im selben Umfang irren wie auch denkende Menschen sich irren können.



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