Logik





Logik und formale Logik

   





D i s k u s s i o n


  Beitrag 902-91
Logik, Expertensysteme, Wissensfindung

 
 
Chemo aus 902-20:
 
Meine Frage war, welcher Mittel sich ein Wahrheitsunkundiger bei der Wahrheitssuche bedienen kann.

Hi Chemo,

Meine Antwort auf deine Frage wäre:

Unter Logik versteht man die Summe aller Wege, die dem Menschen offen stehen,
sein Wissen gezielt, systematisch und zuverlässig zu erweitern.

Diese Wege sind von dreierlei Art:

    (1) Lernen, indem man beobachtet
    (2) Lernen, indem man Fragen stellt
    (3) Lernen, indem man Wissen gezielt konstruiert



Wege der Kategorie (1) sind eher selten besonders gezielt und besonders systematisch. Dafür decken sie aber ab, was ich als meinen Verstand von der Leine lassen bezeichne. Das Logische an Wegen dieser Art besteht vor allem darin, möglichst gezielt zu beobachten und sich in komplizierteren Situationen bewusst zu fragen, ob man denn auch wirklich genau genug hingesehen hat.


Wege der Kategorie (2) sind ausgesprochen gezielt und besonders leicht zu gehen. Sie logisch zu gehen bedeutet vor allem, sich bewusst zu sein, dass nicht alle Antworten, die man auf eine Frage erhält, auch wirklich richtig sein müssen (es gilt also, sie zu prüfen).

Interessant ist, dass es da aber einen — und wohl auch NUR einen — Gesprächspartner gibt, auf dessen Antwort wie uns zu 100% verlassen können: Dieser Gesprächs­partner ist die Logik selbst in Form eines Naturgesetzes, das man den Satz (besser: das Axiom) vom Widerspruch nennt. Es sagt:


Lässt sich aus der Annahme, irgendwelche Aussagen seien wahr, ein Widerspruch ableiten,
so ist wenigstens eine dieser Aussagen falsch oder nicht wohldefiniert.


Einzusehen, dass und warum eine Aussage nicht wohldefiniert ist, kann beliebig schwierig sein (siehe [R] und das Ende der Seite [G] für zwei ganz typische, aber recht unterschiedliche Beispiele).

Eben weil das recht schwierig ist, halte ich es für so wertvoll, dass das Axiom vom Widerspruch — hier in der Rolle einer Phytia — uns absolut zuverlässig antwortet. Wir müssen nur schlau genug sein, die Aussage, von deren Wahrheit unsere Überlegung ausgeht, so zu wählen, dass mit Ausnahme nur einer einzigen, uns alle anderen schon als WAHR bekannt sind.

Vorsicht aber: Sofern wir keinen Widerspruch konstruieren können, sind wir nicht klüger als vorher (Phytia hat dann nicht geantwortet).

Wir sehen also: Die Natur ist vergleichbar einer Mutter, die uns beim Lernen zuschaut, sich nicht einzumischen versucht, uns aber sofort hilft, wenn wir in eine falsche Richtung laufen. Ist das nicht schön?


Kommen wir jetzt zu Kategorie (3): dem Konstruieren wahrer Aussagen.

Es ist dies der Weg, den sog. Expertensysteme gehen, Computerprogramme also, deren Aufgabe es ist, logische Konsequenzen gegebenen Wissens zu errechnen.
Jedes Expertensystem
  • nimmt eine Menge A(0) von Aussagen, deren Wahrheit man voraussetzt,
  • und kennt eine Menge R von Regeln, mit deren Hilfe sich Konsequenzen gegebener Aussagen errechnen lassen.
Einmal gestartet, ergänzt das System pro Takt jede schon vorhandene Menge A(n) von Aussagen zu einer noch größeren Menge A(n+1): Die neu hinzukommenden Aussagen entstehen durch jeweils einmalige Anwendung des Regelwerkes R auf das in A(n) enthaltene Wissen und sind garantiert wahr unter der Voraussetzung, dass alle Aussagen aus A(0) wahr sind.

Wir sehen: Jedes Expertensystem arbeitet wie ein Berater, der seinem Klienten zunächst Fragen stellt, seine Situation A(0) kennenzulernen, und der dann — unter Nutzung seines eigenen Wissens R — dem Klienten Konsequenzen seiner Situation aufzeigt (z.B. mögliche Wege, geschickt zu handeln).

Jeder von uns hat schon mal ein Expertensystem konsultiert,
  • z.B. indem er an einen am Bahnhof stehenden Automaten nach einer komplizierten Zugverbindung gefragt hat.
  • Auch die Art und Weise, in der Juristen denken, ist ein recht treffendes Beispiel für gezielte Wissenskonstruktion.

Gruß, grtgrt


PS: Wenn Mathematiker von einer Logik sprechen, so verstehen sie darunter
  • einerseits ein (meist nur gedachtes) Expertensystem ( A(0), R ),
  • andererseits aber auch die Menge ALLER über dieses System herleitbaren Aussagen (man nennt sie die durch jene Logik als WAHR nachweisbaren Aussagen).
Es kann Aussagen A geben, für die weder NOT A noch A als WAHR nachweisbar sind. Man sagt dann, A sei durch die Logik nicht entscheidbar.

Interessant ist, dass das oben diskutierte Axiom vom Widerspruch der Menge aller wahren Aussagen (jeder Logik also) eine ganz klare, zwiebelartige Struktur gibt. Wen das interessiert, der findet sie skizziert auf Seite Was Mathematiker und Logiker unter Logik verstehen.

 

  Beitrag 1107-16
Alle Kreter lügen — oder doch nicht?

 
Thomas der Große aus 1107-1:
Hallo,

das wohl berühmteste Beispiel für sprachlogisch Kritik ist der Satz
Zitat:
Ein Kreter sagt: "Alle Kreter lügen!".

Nach den mir bekannten Interpretationen ist er ein Widerspruch in sich.

Seht Ihr das auch so oder steckt vielleicht doch eine sinnvole Aussage dahinter?

Hi Thomas,

es handelt sich hier NICHT um einen Widerspruch in sich.

Eine ausführliche Begründung (und sonst noch einiges zum Thema Paradoxa) findet sich auf dieser Seite.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1107-17
Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern

 
Irena aus 1107-15:
Hallo,

Es gibt auch ein Klassiker - eine Paradoxie des Barbiers:

Alle Männer, die sich nicht selbst rasieren, werden vom Barbier rasiert

Frage: wer rasiert den Barbier? Er rasiert nur die Männer, die sich selbst nicht rasieren. Also, er dürfte sich selbst rasieren nur wenn er sich selbst nicht rasiert.

Es ist schon wieder ein Fall Selbstbezüglichkeit, ...

Gruß, Irena

Hi Irena,

diese Aussage ist nur scheinbar eine paradoxe — ihr Wahrheitswert ist FALSE, wie man leicht durch Anwendung des Axioms vom Widerspruch beweisen kann.

Details dazu finden sich auf Seite Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1107-19
Mathematik klärt Paradoxa

 
 
Liebe Irena,

bitte lies mal den Abschnitt   [Argument 3]  auf meiner Seite Mathematik im Spannungsfeld von Physik und Informatik.

Dort spreche ich über Russels Beispiel.

Bitte lass' dir auch die letzten beiden Absätze auf dieser Seite gut durch den Kopf gehen.

Danach dann nochmals (diesmal ganz in Ruhe, gründlch, und vor allem  u n v o r e i n g e n o m m e n ) die Seite Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern zu lesen, wird dir sicher klar machen, wovon ich spreche.

Die Lösung des Lügner-Paradoxons übrigens ist auch in Kommentar 1 auf Seite philo42 gut erklärt (umgangssprachlich und auch strikt formal).
Kommentar 2 und 3 auf jener Seite sind sicher auch hilfreich.

Beste Grüße,
grtgrt

PS: Darf ich fragen, welchen Beruf du hast (oder was dein Studienfach war oder ist)?

 

  Beitrag 1107-22
Wenigstens ein Kreter lügt nicht

 
Henry aus 1107-21:
Hi, Gebhard, Irena!

"Weniger ist manchmal mehr", Gebahrd! Das IST eine paradoxe Aussage, und ...

Hallo Henry,

was du hier sagst, zeigt mir, dass dir — wie so vielen Leuten — nicht klar ist, dass die Negation der Aussage


Alle Kreter lügen

eben NICHT die Aussage ist,
Alle Kreter sagen die Wahrheit

sondern NUR die Aussage
Wenigstens ein Kreter lügt nicht.


Wir anderen aber, denen das klar ist, sehen sofort, dass in der Situation, in der ein Kreter K sagt, "Alle Kreter lügen" nur folgt
  • dass K lügt (was bedeutet, dass mindestens ein Kreter nicht lügt),
  • denn die Annahme, K lüge nicht, führt zu einem Widerspruch (was nach dem ältesten und wichtigsten Beweisprinzip, das die Mathematik kennt, aber nur bedeutet, dass diese Annahme eben nicht zutrifft — er also doch lügt).

Wo also soll hier irgend etwas paradox sein?

Paradox ist höchstens, dass wir Menschen rein umgangssprachlich hin und wieder zu schlampig denken (!).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1107-29
Paradoxa: Zu wenig durchdacht und verstanden

 
Henry aus 1107-24:
Es gibt verschiedene Typen von Paradoxa, wie mein Beispiel (Weniger ist manchmal mehr) zeigt, und das ist inhaltlich - weil es gegensätzliche Aussagen vereinigt - sehr wohl ein echtes Paradoxon. Ja, es gewinnt seine Bedeutung erst aus der bewussten Gegenüberstellung der Gegensätze und ist gewollt paradox forumuliert. Aber selbstverständlich bedeutet es auch, dass aus einer "Metaebene" betrachtet die Gegensätzlichkeit sich aufhebt, wenn man sich klar ist, dass hier die Bedeutung von "weniger" und "mehr" nicht als Quantität, sondern als Qualität zu verstehen ist. Das ändert aber nichts am paradoxen Inhalt der Aussage, die - wie gesagt - genau so gewollt ist.

Hi Henry,

bitte entschuldige, dass ich deinen Beitrag 1107-21 zu schlampig gelesen hatte. Mir wird erst jetzt klar, was dein erster Teil dort sagen an mich rüberbringen wollte.

Dein Beispiel "Weniger ist manchmal mehr" zeigt deutlich, dass es tatsächlich eine Grauzone gibt (Aussagen also, die man sozusagen "zwischen den Zeilen" lesen muss — wie man im Deutschen so schön sagt). Mit rein nur mathematischer (sprich: formaler) Logik ist denen natürlich nicht beizukommen.


Es freut mich aber, dass auch dein Beispiel sich zwanglos einordnet in mein Schema, welches ja behauptet:

Zitat von grtgrt:
Jede paradoxe Aussage ist
  • falsch,
  • zu ungenau formuliert (also gar keine Aussage) oder
  • wahr, aber ganz besonders nachdenkenswert.

Dein Beispiel fällt hier ganz klar in die dritte dieser Kategorien.

Dies festzustellen hindert mich nicht daran, zu sagen, dass man dein Beispiel eigentlich gar nicht als Paradoxie sehen sollte.

Meine Faustregel lautet:

Wo man — formal begründet oder nur gefühlt — von Paradoxie spricht,
muss das als Anzeichen dafür gewertet werden, dass eine Situation vorliegt, die wir oder andere
noch zu wenig durchdacht und verstanden
haben.

Beste Grüße,
Gebhard
 

  Beitrag 1107-50
Auch ein Kreter kann sich irren

 
 
C... aus 1107-46:
Wenn K lügt, so ist das - wie du richtig sagst - gleichbedeutend mit "Mindestens ein Kreter sagt die Wahrheit".

Allein die Tatsache, dass K die Aussage: "Alle Kreter lügen." macht, würde somit wie von Geisterhand bedingen, dass mindestens ein Kreter die Wahrheit sagt, obwohl alle anderen Kreter doch frei sind, entweder die Wahrheit zu sagen oder zu lügen... ;-)

Hallo C...,

meine Beweisführung ist durchaus ok.

Aber bitte bedenke: Zu lügen bedeutet, das Gegenteil von dem zu sagen, was man denkt.

Da mein Beweis zeigt, dass K lügt, bedeutet das:

K denkt: Nicht alle Kreter lügen.


Was K denkt, muss aber nicht notwendig auch richtig sein (er kann sich ja irren — und dein Beispiel zugrundegelegt, irrt er sich halt wirklich).

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1107-35
Über das Axiom vom Widerspruch

 
C... aus 1107-33:
Grtgrt aus 1107-22:
Wir anderen aber, denen das klar ist, sehen sofort, dass in der Situation, in der ein Kreter K sagt, "Alle Kreter lügen" nur folgt
  • dass K lügt (was bedeutet, dass mindestens ein Kreter nicht lügt),
  • denn die Annahme, K lüge nicht, führt zu einem Widerspruch (was nach dem ältesten und wichtigsten Beweisprinzip, das die Mathematik kennt, aber nur bedeutet, dass diese Annahme eben nicht zutrifft — er also doch lügt).

Hallo Grtgrt,

ich sehe das ganz und gar nicht "sofort".
Meines Erachtens kann man aus Ks Aussage "Alle Kreter lügen" nicht ableiten, dass K lügt (vgl. hierzu auch meinen Beitrag 1107-5).

Begründung: Es könnte sich nach Prüfung der Aussagen aller übrigen Kreter herausstellen, dass ...


Hallo C...,

das schöne an mathematischer Logik ist, dass wir mit ihrer Hilfe unser Problem lösen können auch OHNE alle Kreter befragen oder auch nur kennen zu müssen. Denn:

Wichtigstes Axiom mathematischer Logik ist der sog. Satz vom Widerspruch.
Er garantiert uns, dass, falls man aus gewissen Annahmen einen Widerspruch herleiten kann, wenigstens eine dieser Annahmen falsch sein muss.

Im vorliegenden Fall, haben wir 2 Annahmen (wobei wir die erste als Gewissheit sehen):
  • Annahme 1: K sagt: Alle Kreter lügen.
  • Annahme 2: K sagt die Wahrheit.
Aus Annahme 2 in Kombination mit Annahme 1 folgt, dass K lügt. Da das ein Widerspruch zu Annahme 2 ist, muss — so sagt der Satz vom Widerspruch — eine der Annahmen falsch sein. Da wir Annahme 1 als Gewissheit sehen, kann nur noch Annahme 2 falsch sein. Wir wissen also: K lügt.

Gruß, grtgrt

PS: Ich persönlich halte den Satz vom Widerspruch (Aristoteles hat ihn als erster formuliert und auf seine Bedeutung hingewiesen) für das wichtigste alle Naturgesetze.
 

  Beitrag 1107-38
Was zu lügen alles bedeuten kann

 
Irena aus 1107-36:
... es geht hier wieder um sprachliche "Feinheiten". Es geht nicht um mathematische Logik ...

Hallo Irena,
sofern man die Aussage

Ein Kreter K sagt: "Alle Kreter lügen."


nicht unter streng (formal-) logischen Gesichtspunkten betrachten will, sondern stattdessen in rein sprachlich-semantischer Hinsicht, kann man einfach nur festzustellen, dass sie zu ungenau formuliert ist. Vor allem ihrer Ungenauigkeit wegen erscheint sie uns paradox.

Die Ungenauigkeit besteht darin, dass zu lügen, auf gleich fünf unterschiedliche Weisen etwas ganz Unterschiedliches bedeuten kann, wobei aber nicht geklärt ist, was K gemeint hat:
  • meint er, dass alle Kreter stets lügen, oder nur hin und wieder?
  • meint er, dass ihre Lüge eine objektive Lüge ist (oder eine nur subjektive)?
  • meint er, dass jede ihrer Lügen derselben dieser Kategorien zuzurechnen ist, oder meint er, dass die Kategorie von Fall zu Fall eine andere sein kann?
Sollte dir nicht klar sein, was eine objektive Lüge von einer subjektiven unterscheidet, lies bitte nach auf Seite Falsches, Korrektes und Nachdenkenswertes: Es findet sich dort ein Beispiel (das mit dem Semmelpreis).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1997-155
Das unfruchtbare (mittelalterliche) Denken und das neue (wissen

 
 
Harti in 1997-153:
 
Der Hinweis auf irgendwelche Autoritäten, die anderer Ansicht sind, überzeugt mich nur, wenn ich aus deren Darlegungen folgern kann, dass meine Ansichten falsch sind.


Genau so soll man sich verhalten!

Nebenbei: Es gilt heute — im Gegensatz zum frühen Mittelalter — als unwissenschaftlich, Argumente, die man sich zutraut nachzuprüfen, im Zweifelsfalls nicht auch 
w i r k l i c h  nachzuprüfen und ggfs. zu  v e r w e r f e n :  Natürlich nur unter Vorlage schlüssigerer Argumente.


Wer das nicht zulassen will, denkt wie die kirchlichen Inquisitoren, welche die Begründer modernen wissenschaftlichen Denkens eingesperrt, gefoltert oder sogar am lebendigen Leibe verbrannt haben.

 

  Beitrag 2016-43
Was es bedeutet, wie ein Wissenschaftler zu denken

 
 
Henry aus 2016-41:
 
Keine (physikalische) Theorie ist beweisbar, sondern nur falsifizierbar.

Na ja: Zumindestens durch Beobachtung zu bestätigen ist so mache Theorie doch (weswegen denn auch Einstein so scharf drauf war, dass damals jemand sich die Mühe machen sollte, zu beobachten, ob man anläßlich einer Sonnenfinsternis die durch seine Theorie vorhergesagte Ablenkung des an der Sonne vorbeiziehenden Lichts im von ihm vorhergesagten Ausmaß bestätigt fände).

Nebenbei: Einstein hatte Glück, dass das deutsche Team auf der Krim damals — der Spionage verdächtigt — am Arbeiten gehindert wurde.
Zu dem Zeitpunkt nämlich, war seine Vorhersage noch um einen Faktor 2 falsch. Erst zwei britische Teams konnten ihn anlässlich einer in Afrika und Südamerika beobachtbaren späteren Sonnenfinsternis bestätigen — hinsichtlich seiner dann schon korrigierten Vorhersage.

Man sieht: Auch mit dem Falsifizieren ist das so ein Sache ....


Henry aus 2016-41:
 
... oder um nicht ganz abzuheben, es lässt sich nicht entscheiden, ob die Raumzeit real ist oder nicht, ob Raum und Zeit tatsächlich eine Einheit bilden oder nicht, ob es ein Blockuniversum ist oder nicht. Man kann die eine oder die andere Ansicht vertreten, ohne gegen physikalische Gesetze zu verstoßen.

Als mathematisches Objekt betrachtet (oder auch als physikalisches Modell) ist die Raumzeit durchaus hinreichend real, um sagen zu können, ob durch sie Raum und Zeit untrennbar verschmelzen oder ob nur ihre Beziehung zueinander — wie kompliziert auch immer die sein mag — Gegenstand des Modells ist.


Worauf es mir ankommt: Es ist unerheblich, ob man sich als Philosoph, Physiker, Informatiker, oder sonst was sieht — was zählt ist einzig und allein, dass man keiner Aussage einen Wahrheitswert zuordnet, den gültige Logik als falsch oder auch nur als derzeit unbegründet sehen müsste.

Mindestens unterscheiden sollte man hierbei die folgenden 4 einander jeweils ausschließenden Fälle
  • WAHR
  • FALSCH
  • UNENTSCHEIDBAR
  • derzeit keinem dieser Fälle hinreichend gut begründbar zuzuordnen.

Was man da als "hinreichend gut begründbar" zu sehen hat, hängt davon ab, wie sicher man sein möchte (oder anderen suggeriert zu sein).

 

  Beitrag 2016-50
-

 
 
Henry aus 2016-48:
Zitat von Gebhard:
Na ja: Zumindestens durch Beobachtung zu bestätigen ist so mache Theorie doch (weswegen denn auch Einstein so scharf drauf war, dass damals jemand sich die Mühe machen sollte, zu beobachten, ob man anläßlich einer Sonnenfinsternis die durch seine Theorie vorhergesagte Ablenkung des an der Sonne vorbeiziehenden Lichts im von ihm vorhergesagten Ausmaß bestätigt fände).

Nebenbei: Einstein hatte Glück, dass das deutsche Team auf der Krim damals — der Spionage verdächtigt — am Arbeiten gehindert wurde.
Zu dem Zeitpunkt nämlich, war seine Vorhersage noch um einen Faktor 2 falsch. Erst zwei britische Teams konnten ihn anlässlich einer in Afrika und Südamerika beobachtbaren späteren Sonnenfinsternis bestätigen — hinsichtlich seiner dann schon korrigierten Vorhersage.

Man sieht: Auch mit dem Falsifizieren ist das so ein Sache ....

Das ist keineswegs "so eine Sache", denn es ist nur EIN Experiment, aber um die Theorie zu beweisen müsste man unzählige Experimente durchführen, und zwar unter exakt den selben Bedingungen. Das hört sich manchmal nach Spitzfindigkeiten an, aber so wird nun mal in den Naturwissenschaften gearbeitet. Zudem ist jedem, der sich ein wenig damit befasst, klar, dass auch die Relativitätstheorie nur annähernd richtig ist, denn sie kann keine Prozesse der Quantenmechanik erklären.


Nun Henry,

es ist halt doch "so eine Sache" mit der Falsifikation:

Hätte man das Team in Kiew nämlich seine Beobachtungen durchführen lassen, hätten seine Zahlen dem widersprochen, was Einstein damals voraussagte.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man dann seine Theorie als widerlegt betrachtet hätte (und nicht einfach nur seine Rechnung, die den Fehler wirklich enthielt).
Wer nämlich macht sich die Mühe, etwas Kompliziertes zu verstehen, wenn andere ihm sagen, es gäbe schon ein Gegenbeispiel?

Und noch eine Sache: Zutreffende Theorien kann man natürlich niemals (zurecht) falsifizieren. Aber genau diese Theorien sind ja die wertvollen (!).

Logisch korrekte Falsifikation ist demnach nicht mehr als ein Weg, Sackgassen schnell als solche zu erkennen.

Gruß, grtgrt

 

  Beitrag 2016-52
-

 
 
Henry aus 2016-48:
 
Du wirst mit deinem reinen Bezug zur Logik nicht weiter kommen.

Tatsache aber ist: Fehlt dieser Bezug, so ist man von Anfang an auf dem Holzweg.