Leben





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Biologisches Leben

   


Was genau sollten wir unter » Leben « verstehen?

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-26
Wie effektiv ist die moderne Schulmedizin?

 
 

 
Wie effektiv ist die moderne Schulmedizin?

 
 
Diese Frage zu beantworten, hilft die Lektüre folgender Artikel:
 
 
 
Wie effektiv ist die Schulmedizin?
 
Zahlen zur Wirksamkeit der Schulmedizin in Großbritannien

 
 

 
Bei Rückenschmerzen etwa sind Placebos empfehlenswerter


Werner Bartens, Arzt & Wissenschaftsjournalist (2017):
 
2016 hat ein Team um Gustavo Machadeo Daten aus 35 Studien mit insgesamt über 6000 Patienten mit Rückenschmerzen analysiert.
 
Dabei zeigte sich, dass Schmerzmittel aus der großen Gruppe der nichtsteriodalen Antiphlogistika (NSAID) — Verkaufsschlager wie Ibuprofen, Diclofenac, Metamizol und Acetylsalicylsäure zählen dazu — die Schmerzen nur wenig, und nie lange mindern konnten: Die Wirkung der Mittel war vergleichbar mit der von Placebos.
 
Im Vergleich zu Placebos handelt man sich mit Medikamenten dieser Art aber ganz erhebliche Risiken ein:
 
Wie die Analyse der Daten gezeigt hat, waren Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu bedrohlichen Blutungen bei Patienten, die das Medikament genommen hatten, 2.5 Mal häufiger als bei denen, die — natürlich ohne es zu wissen — ein Placebo bekamen.
 

Quelle: Werner Bartens: Hilft wenig, schadet viel: Schmerzmittel bei Rückenschmerzen, SZ vom 3.3.2017, S. 14.


 

 Beitrag 0-271
Je mehr man davon überzeugt ist, dass Heilung eintreten wird, desto eher ergibt sie sich

 
 

 
Welch heilende Wirkung feste Überzeugung haben kann

z.B. — aber nicht nur — als Placeboeffekt

 
 
In der FAZ vom 12.2.2017 findet sich ein Interview, bei dem es darum geht, dass ab März 2017 auch Cannabis für Schwerkranke auf Rezept erhältlich sein wird.
 
Befragt wurde Michal Popp, Inhaber und Geschäftsführer des Arzneimittelherstellers Bionorica aus Neumarkt in der Oberpfalz. Sein Unternehmen ist Deutschlands größter Cannabis-Produzent.
 


M. Popp (2017):
 
Unsere Gewächshäuser stehen in Österreich, wo wir eine Vereinbarung mit der zuständigen Behörde haben.
 
Die Anbaufläche messen wir nicht in Hektar, sondern in Quadratmetern. Mehr ist nicht nötig, denn der Wirkstoff, um den es geht, ist hochaktiv: Eige Tagesdos liegt zwischen 10 und 20 Milligramm, doch schon aus einiger einzigen Blüte gewinnen wir ein paar Gramm davon. Und wir ernten mehrmals im Jahr.
 
Alle anderen Heilpflanzen, die wir anbauen, wachsen unter freiem Himmel. Für Cannabis aber halten wir im Gewächshaus Luftfeuchtigkeit, Bewässerung, Temperatur und Lichtintensität ständig auf optimalem Niveau.
 
Während wir von allen anderen Heilpflanzen den gesamten Extrakt nutzen, holen wir aus Cannabis gezielt nur den einen Wirkstoff heraus — mit einer reinheit von 99 Prozent. Das ist Hightech.
 
Nun aber zur Wirksamkeit:
 
Dass Dronabinol [der Wirkstoff in Cannabis] gegen Übelkeit wirkt, den Appedtit anregt und beispielsweise Patienten mit multipler Sklerose hilft, ist eindeutig bewiesen.
 
In anderen Fällen ist es schwierig, den Beweis seiner Wirksamkeit zu führen, da der Placeboeffekt in den Patientenstudien mit Cannabis besonders stark auftritt:
 
Man bildet in solchen Studien ja immer zwei Gruppen. Die eine bekommt den Wirkstoff, die andere aber nicht — wobei die Leute aber nicht wissen, zu welcher Gruppe sie gehören. Nun sehen wir in den Versuchen mit Cannabis, dass hier ganz besonders viele Kranke, die den Wirkstoff nicht bekommen, von deutlicher Verbesserung ihres Leidens berichten.
 
Der Grund hierfür: Die Leute sehnen sich nach dem Stoff, weil sie ihn oft als ihre letzte Chance auf eine Linderung ihrer Leiden sehen. Deswegen fühlen sie sich schon besser, wenn sie bloß glauben, endlich damit behandelt zu werden. Es geht bei Cannabis ja immer um schon austherapierte Patienten, d.h. um solche, denen sonst nichts mehr hilft. Nur für sie kommt laut Gesetz Cannabis in Frage.
 
Das führt dazu, dass in einigen Studien der Unterschied zwischen den Patienten, die das echte Präparat erhalten und denen, die nur mit einem Placebo ohne Wirkstoff behandelt werden, nicht so deutlich ist.
 


 
Wir sehen also:
     
  • Die heilende Wirkung der Überzeugung der Patienten, gesund zu werden, kann fast so groß sein wie die Wirkung des echten Arzneimittels.
     
  • Und nicht nur das: Wo beides zusammenkommt, wird die Wirkung beider Einflüsse sich summieren.

 
 
Weiterer Beweis der Wirksamkeit fester, positiver Überzeugung ist
 
 
Simonton's Methode der Vorstellungstechniken:

 
In den 70-er Jahren war ein 61 Jahre alter Mann — nennen wir ihn Frank — an einer Variante von Halskrebs erkrankt, die fast immer tödlich verläuft. Als seine Ärzte ihn schon fast aufgegeben hatten — sein Gewicht war von 59 auf 44 kg zurückgegangen, er hatte Atembeschwerden und war schon so schwach, dass er kaum noch Speichel abschlucken konnte, zog man den Strahlenonkologen Carl Simonton hinzu. Simonton versicherte dem Patienten, dass jetzt nur noch er selbst den Verlauf seiner Krankheit beeinflussen könne. Hierzu brachte er dem todkranken Frank eine Reihe von Entspannungs- und Bildvorstellungsübungen bei, die Simonton und seine Kollegen am Cancer Counseling and Research Center in Dallas, Texas, entwickelt hatten.
 
Dreimal am Tag, so Simonton's Rat, solle Frank sich möglichst intensiv vorstellen, dass die Bestrahlung, die er erhielt, aus Millionen winziger Energiekügelchen bestünde, die seine Krebszellen bombardierten, so dass die von seinem Immunsystem ausgesandten weißen Blutkörperchen wie ein Heer römischer Soldaten über sie herfallen, sie abschlachten und die dann schließlich toten und sterbenden Krebszellen hin zu Leber und Niere schleppen konnten, damit sie von diesen beiden Organen aus dem Körper herausgeschwemmt würden.
 
Die Ergebnisse waren frappierend und überstiegen bei weitem die Behandlungserfolge, die sich in solchen Fällen bei einer reinen Strahlungstherapie einstellen: Frank blieb von den üblichen negativen Nebenwirkungen der Strahlentherapie — Schädigungen der Haut und der Schleimhäute — weitgehend verschont. Er gewann Kraft, sein früheres Gewicht stellte sich wieder ein, und nach nur 2 Monaten waren sämtliche Krebssymptome verschwunden.
 
Simonton war überzeugt, dass diese erstaunliche Genesung ohne die täglich durchgeführen Bildvorstellungsübungen nicht eingetreten wäre.
 
In einer Anschluss-Studie unterwiesen Simonton und seine Kollegen 159 Krebspatienten, die als unheilbar galten, in diesen Vorstellungstechniken — mit einem durchaus beeindruckenden Resultat:

     
    Die zu erwartende Überlebensdauer liegt in solchen Fällen bei etwa 12 Monaten.
     
    Nach 4 Jahren aber waren 63 dieser Patienten immer noch am Leben.
       
    • 14 von ihnen zeigten keine Krankheitssymptome mehr,
       
    • bei 12 war der Krebs rückläufig
       
    • und bei weiteren 17 hatte sich die Krankheit wenigstens nicht mehr verschlimmert.

     
    Die durchschnittliche Überlebenszeit der gesamten Gruppe war 24.4 Jahre — doppelt so lang wie der US-amerikanische Normwert.

 
Quelle: Stephanie Matthews-Simonton, Carl Simonton und James L. Creighton: Getting well again (New York: Bantam Books, 1980), S. 6-12.
 
 
Simonton hat noch eine Reihe ähnlicher Studien durchgeführt, stets mit positiven Resultaten.
 
Obgleich sein Verfahren umstritten blieb, fanden einige Forscher seine Versuchsergebnisse so überzeugend, dass er das Simonton Cancer Center aufbauen konnte, ein erfolgreiches Forschungs- und Behandlungszentrum in Pacific Palisades, Kalifornien, in dem Patienten mit unterschiedlichsten Erkrankungen seine Bild­vorstel­lungstechnik erlernen. Wie eine Bestandsaufnahme 1988 gezeigt hat, galt sie damals als die vierthäufigste  a l t e r n a t i v e  Krebsbehandlungsmethode.
 
Quelle: Jeanne Achterberg: Mind and Medicine: The Role of Imaginary in Healing, ASPR Newsletter 14, Juni 1988, Seite 20.
 
 
Heute wird seine Methode der Bildvorstellungstechniken nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Europa und Japan von aufgeschlossenen Ärzten angewandt, um die mit etablierten Therapien angestrebten Heilerfolge zu beschleunigen und nachhaltiger zu machen.
 
Wer Übungsanleitungen dazu sucht, findet sie z.B. in Jeanne Achterberg: Die heilende Kraft der Imagination, 1990.
 
In Deutschland werden auch Seminare dazu angeboten.

 

 Beitrag 0-24
Der Placebo-Effekt belegt: Was uns steuert — auch als Materie — sind Überzeugungen

 
 

 
Zum ganz erstaunlichen Stellenwert des Placebo-Effekts

 
 
Bruce Lipton, ein Zellbiologe, versucht schon seit etwa 1970 seinen Fachkollegen klar zu machen, wie wichtig es ist, dass die Biologie aufhört, jedes Lebewesen nur reduziert auf seinen rein materiell existierenden Teil zu betrachten. Er hat dafür sehr gute Argumente (wie mir die Lektüre seines Buches » Intelligente Zellen — Wie Erfahrungen unsere Gene steuern « klar gemacht hat). Vieles ist allein schon seiner zusammenfassenden Erklärung des Entstehens von Leben, Bewusstsein und Gehirn zu entnehmen.
 
Wer sich nicht die Mühe machen möchte, sein Buch zu lesen, um mehr darüber zu lernen, wie der Geist den Körper steuert und beinflusst, könnte dennoch daran interessiert sein, wenigstens über den allseits bekannten — auch von der Schulmedizin anerkannten — Placebo-Effekt etwas dazuzulernen:


Bruce Lipton (S. 135-140, etwas gekürzt)
 
Jeder Medizinstudent lernt, dass Patienten sich oft schon dann besser fühlen, wenn sie nur annehmen, dass man sie behandelt hat. Dieser Effekt ist erstaunlicher Beweis für die Heilkraft des Körper-Geist-Systems. Für den typischen Schulmediziner grenzt der » doch nur eingebildete « Placebo-Effekt an Quacksalberei oder wird von ihm darauf zurückgeführt, dass der Patient schwach und leicht beinflussbar sei. Medizinische Fakultäten erwähnen den Placebo-Effekt deswegen nur am Rande, um sich so möglichst schnell ihren » wirksameren « Heilmethoden zuwenden zu können.
 
Ich [ Bruce Lipton ] halte das für einen kapitalen Fehler. Der Placebo-Effekt sollte in der medizinischen Ausbildung eine ganz wichtige Rolle spielen. Man darf die Kraft des Geistes nicht unterschätzen: Sie ist nicht weniger wirksam als Chemikalien und Skalpelle. Die Schulmedizin sollte nicht mehr länger glauben, dass unser Körper dumm und unsere Gesundheit nur mit äußerer Hilfe aufrecht zu erhalten sei.
 
Der Placebo-Effekt bedarf gründlicher wissenschaftlicher Untersuchung, denn könnte man herausfinden, wie man ihn steuert, wäre er ein höchst effizientes, nebenwirkungsfreies Intrument zur Krankheitsbekämpfung.
 
Manche Historiker weisen darauf hin, dass der Placebo-Effekt in der Medizin seit jeher eine große Rolle gespielt hat. Das muss schon deswegen so gewesen sein, da die Mediziner ja noch bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts über gar keine wirksamen Methoden verfügten (Krankheiten wurden mit Aderlass behandelt, Wunden mit Arsen, und wenn gar nicht mehr half, kam als "Allheilmittel" Klapperschlangenöl zum Einsatz). Und doch ging es so manchem Patienten selbst nach solcher Behandlung besser — ganz so wie heute, wenn ein Arzt im weißen Kittel seinem Patienten im Brustton der Überzeugung die hohe Wirksamkeit der Pille erklärt, die er verschreibt und die doch nur ein Placebo ist.
 
Was uns heilt muss also doch in erster Linie unsere Überzeugung sein!
 
Obgleich die Frage danach, wie Placebos wirken, im Großen und Ganzen von der Schulmedizin ignoriert wird, haben sich in letzter Zeit doch auch ein paar angesehne Wissenschaftler damit beschäftigt. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass selbst Scheinoperationen Wirkung zeitigen können:
    Eine 2002 im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie der Baylor School of Medicine überwachte Patienten, die sich wegen schwerer Knieschmerzen operieren lassen wollten. Der Leiter der Untersuchung, Dr. Bruce Moseley, wollte herausfinden, welche Art von Operation seinen Patienten am besten half. Er ordnete seine Patienten jeweils einer von 3 Gruppen zu:
     
    • Denen aus Gruppe 1 wurde der geschädigte Knorpel abgeschliffen.
       
    • Denen aus Gruppe 2 wurde das Gelenk gespült und so alles Material entfernt, das eine Entzündung verursachen konnte.
       
    • Gruppe 3 aber wurde nur zum Schein operiert: Der Patient wurde betäubt, Moseley machte die 3 Standardeinschnitte und redete und bewegte sich so, als führe er eine Operation durch — er planschte sogar mit etwas Salzwasser, um die Geräusche der Kniewaschung nachzuahmen. Nach 40 Minunten nähte er die Schnitte wieder zu, ganz so, wie er es bei einer gewöhnlichen Operation auch getan hätte.

    Alle 3 Gruppen erhielten gleiche postoperative Behandlung, zu der auch ein Gymnastikprogramm gehörte.
     
    Die Ergebnisse waren schockierend:
     
    • Ja, die wirklich operierten Patienten aus Gruppe 1 und 2 erfuhren die erwartete Besserung.
       
    • Der Placebo-Gruppe aber ging es ebenso gut!

     
    Dr. Moseley » wusste «, dass die Knieoperationen helfen würden, und er » wusste «, dass es im Bereich von Operationen kein Placebo-Effekt zu erwarten war — und dennoch war genau der eingetreten!
     
    Im Fernsehen ausgestrahlte Reportagen stellten die erstaunlichen Ergebnisse ausführlich dar. Sie zeigten Mitglieder der Placebo-Gruppe, die nun wandern gingen bzw. Basketball spielten — alles Dinge, die ihnen vor ihrer Scheinoperation unmöglich waren.
     
    Man hat diesen Patienten erst 2 Jahre später mitgeteilt, dass man sie gar nicht operiert hatte. Ein Mitglied dieser Gruppe, Tim Perez, konnte vor der Operation nur mit einem Stock gehen — jetzt aber spielte er mit seinen Enkeln Fußball. Im Interview sagte er: In dieser Welt ist alles möglich, wenn man es sich in den Kopf setzt: Ich weiß jetzt, dass unser Geist Wunder vollbringen kann.

Auch bei der Behandlung anderer Krankheiten, darunter Astma und Parkinson, haben Placebo-Effekte schon starke Wirkung gezeigt. Und bei der Behandlung von Depressionen waren sie gar so effektiv, dass der Psychiater, Walter Brown, Placebo-Pillen als Erstbehandlung für leichte und mittlere Depressionen vorschlug [Brown 1998]. Browns Untersuchungen haben gezeigt, dass die Placebo-Pillen sogar dann funktionierten, wenn die Patienten wussten, dass sie kein wirkstoffhaltiges Medikament erhielten.
 
 
Ein weiter Hinweis auf die Macht der Placebos (d.h. die Macht positiven Denkens) findet sich in einem Bericht des amerikanischen Gesundheitsministeriums:
    Darin steht [ Horgan, 1999 ], dass sich in einer Studie die Hälfte der betrachteten depressiven Patienten nach der Einnahme eines Medikaments besser fühlten, während es bei der Placebo-Kontrillgruppe immerhin noch 32 Prozent waren.
     
    Angesichts solcher Effektivität des Placebo-Effekts ist es nicht erstaunlich, dass die 8.2 Mrd Dollar schwere Antidepressiva-Industrie sich der Kritik stellen muss, dass die Pharmakonzerne die Wirksamkeit ihrer Mittel recht schamlos übertreibt.
     
    Irving Kirsch, ein klinischer Psychologe, hat 2002 festgestellt, dass gemäß klinischer Studien etwa 80 Prozent der Wirkung von Antidepressiva auf den Placebo-Effekt zurückzuführen seien.
     
    Um Zugriff auf die Daten der Untersuchungen zu den meist verkauften Antidepressiva zu bekommen, musste er sich auf die verfassungsrechtlich garabtierte Informationsfreiheit berufen, denn die Gesundheitsbehörden wollten sie herausgeben.
     
    In einem Interview mit dem Discovery Channel sagte Kirsch: Der Unterschied zwischen der Reaktion auf das Medikament und der Reaktion auf das Placebo betrug im Durchschnitt weniger als 2 Punkte auf einer klinischen Skala, die 50 bis 60 Punkte erreicht. Kirsch sah diesen Unterschied als, wie er wörtlich sagte, » klinisch bedeutungslos «.
     
    Eine interessante Tatsache zur Wirksamkeit von Antidepressiva ist auch, dass sie in den klinischen Versuchen im Laufe der Jahre immer besser abschnitten. Diese lässt darauf schließen, dass ihre Wirkung zum Teil auf geschickter Vermarktung beruht (allein auf dem Glauben also, dass sie wirken).
     
    Dass oft nur der Glaube an ihre Wirkung die Wirkung zeitigt, beweist der Fall Janis Schonfeld aus 1997:
     
      Sie nahm an einem Test der Wirksamkeit des Mittels Effexor teil und war absolut verblüfft, als man sie später darüber informierte, dass sie nur ein Placebo bekommen hatte:
       
      Diese Pillen nämlich hatten sie nicht nur von ihrer jahrelangen Depression befreit, die EEGs zeigten auch, dass ihre Großhirnrinde nun viel aktiver war als zuvor [ Leuchter et al., 2002 ]. Zudem hatte Schonfeld während der Behandlung an Übelkeit gelitten, einer bekannten Nebenwirkung von Effexor, über die man sie informiert hatte.
       
      Schonfeld war, nachdem die Ärzte ihr eröffnet hatten, sie habe nur ein Placebo genommen, fest davon überzeugt, dass man sich geirrt haben müsse. Die Wissenschaftler mussten ihren Bericht zweimal überprüfen, bis sie ihnen glaubte.

 
Zitierte Quellen:
 
  • Kirsch I. et al (2002): The Emperor's New Drugs: An Analysis of Antidepressant Medication Data Submitted to the U.S. Food and Drug Association. Prevention & Treatment, American Phsychological Association 5: Article 23
     
  • Leuchter A.F. et al (2002): Changes in Brain Function of Depressed Subjects During Treatment with Placebo. American Journal of Psychiatry 159(1): 122-129
     
  • Moseley J.B. (2002): A Controlled Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee. New England Journal of Medicine 347(2): 81-88
     
  • Horgan J. (1999): Prozac and Other Placebos. The Undiscovered Mind: How the human Brain defies Replication, Medication, and Explanation. New York, The Free Press, pp 102-136
     


 
Besonders klar — und durch Messungen der Gehirnströme über jeden Zweifel erhaben — wurde der Placebo-Effekt und die Macht der Überzeugungen nachgewiesen durch ein im Jahr 2014 an der TU München durchgeführtes Expirement:


Prof. Markus Ploner, TU München (2015):
 
Zwanzig Probanden erhielten zuerst unterschiedlich starke schmerzhafte Laserpulse abwechselnd auf zwei Bereiche auf ihrem Handrücken. Die Wahrnehmung eines jeden Schmerzreizes wurde anschließend mündlich bewertet.
 
Im weiteren Verlauf des Experiments erhielten sie die gleichen Reize noch einmal mit dem Unterschied, dass vorher beide Bereiche eingecremt wurden. Obwohl beide Cremes ohne Wirkstoff waren, bekamen die Probanden gesagt, dass eine der Cremes eine schmerzlindernde Wirkung habe.
 
Das Ergebnis: Die Probanden bewerteten die Schmerzen auf dem Hautbereich mit der angeblich schmerzlindernden Creme signifikant schwächer als auf der anderen Hautstelle.
 
Die Wissenschaftler konnten das auch im Gehirn sichtbar machen: Trotzdem die Probanden die gleichen Schmerzreize erhielten, feuerten die Nervenzellen beim zweiten Durchlauf ein anderes Muster von Signalen.
 


 
 
 
Nocebos: Die Macht  n e g a t i v e r  Überzeugung

 
 
Wenn der Geist durch  p o s i t i v e  Suggestion zur Heilung beiträgt, nennt man das den Placebo-Effekt.
Wenn nun aber umgekehrt der Geist durch  n e g a t i v e  Suggestion die Gesundheit schädigt, spricht man vom Nocebo-Effekt.
 
Natürlich beruhen beide auf ein und demselben Mechanismus:


Bruce Lipton (S. 140-141, etwas gekürzt)
 
In der Medizin kann der Nocebo-Effekt ebenso mächtig sein wie der Placebo-Effekt. Wer ins Sprechzimmer eines Arztes spricht, sollte das wissen — und vor allem sollte der Arzt sich dieses Zusammenhangs stets bewusst sein. Wenn er einem Patienten sagt » Sie haben höchstens noch 6 Monate zu leben « (und wenn der ihm glaubt), wird das die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich so kommt, deutlich erhöhen. In der Sendereihe Placebo: Mind over Matter des Discovery Channel von 2003 wird über einige höchst interessante medizinische Fälle berichtet.
     
    Einer dieser Berichte handelte von einem Arzt aus Nashville. Clifton Meador hatte gut 30 Jahre lang den Nocebo-Effekt erforscht und war dabei 1974 auf einen Schuverkäufer inm Ruhestand gestoßen, Sam Londe, bei dem man Speiseröhrenkrebs diagnostiziert hatte — eine Krankheit, die damals als mit Sicherheit tödlich galt. Londes Krebs wurde behandelt, aber unter Medizinern war klar, dass er wiederkehren würde. Daher war niemand überrascht, als Londe wenige Wochen nach der Diagnose starb.
    Die Autopsie des Toten aber brachte eine große Überraschung: Man fand nur sehr wenig Krebs in seinem Körper, auf keinen Fall genug, um daran zu sterben: In seiner Leber und seiner Lunge fanden sich ein paar Flecken, aber keine überhaupt keine Spur von Speiseröhrenkrebs, der doch für seinen Tod verantwortlich sein sollte. Woran also war Londe gestorben, wenn nicht an Krebs? Starb er, weil er glaubte, dass er sterben würde?
     
    Dieser Fall verfolgte Meador noch drei Jahrzehnte nach Londes Tod. Ich dachte, er hätte Krebs. Er dachte, er hätte Krebs. Jeder um ihn herum dachte das. Haben wir ihm die Hoffnung genommen [und so seinen Tod verursacht]?

 


 
 
 
Und hier das allgemeine Prinzip:



Bruce Lipton, (S. 142-143, etwas gekürzt)
 
Unsere Überzeugungen — seien sie positiv oder negativ — beeinflussen nicht nur unsere Gesundheit, sondern jeden Aspekt unseres Lebens. Henry Ford hatte recht, als er sagte:
 
Ob du glaubst, du kannst es,
oder ob du denkst, du kannst es nicht
du wirst stets recht behalten.

 
Unsere Überzeugungen sind wie die Filter vor dem Objektiv einer Kamera — sie verändern unseren Blick auf die Welt, und unsere Biologie passt sich dem an, was wir sehen bzw. zu sehen glauben. Wenn wir anerkennen, dass unsere Überzeugungen solche Anpassung hervorrufen, dass sie also derart mächtig sind, haben wir den Schlüssel gefunden, unser Wohlbefinden in durchaus nennenswertem Umfang zu steuern.
 
Mit unserer genetischen Veranlagung müssen wir leben — unsere Meinung und Überzeugung aber  k ö n n e n  wir ändern.
 
In meinen Vorträgen verteile ich an dieser Stelle rote und grüne Plastikfilter an die Zuhörer. Jeder ist frei, den einen oder anderen zu wählen. Dann bitte ich sie, laut in den Raum zu rufen, ob sie die Bilder, die ich nun an die Wand projeziere, als friedlich oder angsterregend wahrnehmen.
  • Wer den roten » Überzeugungsfilter « gewählt hat, wird auf dem Dia das einladende Bild eines Häuschens, Blumen, und einen sonnigen Himmel sehen sowie die Botschaft » Ich lebe in Liebe und Frieden «.
     
  • Wer nun aber durch einen der grünen Filter sieht, wird eine bedrohlichen Himmel, Fledermäuse und Schlangen sowie ein dunkles Haus sehen mit der Aussage » Ich lebe in Angst «.

 
Es begeistert mich immer wieder, wie aus demselbem in roten und grünen Farben gehaltenen Bild die einen herauslesen » Ich lebe in Liebe und Frieden « während die anderen herauslesen » Ich lebe in Angst «.
 
Dann bitte ich die Teilnehmer. durch den jeweils anderen Filter zu schauen. Es geht mir darum, zu zeigen, dass wir  w ä h l e n  können, was wir sehen.
 
Sie, lieber Zuhörer, können in Frieden oder in Angst leben. Sie  h a b e n  die Wahl, zu was es kommt.
 
Wenn Sie sich für ein Leben voller Angst entscheiden, wird Ihre Gesundheit in dem Maße nachlassen, in dem Sie sich als Reaktion darauf hinter einen Schutzpanzer zurückziehen.
 
Lehrer wie Buddha und Jesus haben uns das schon seit Jahrtausenden erzählt. Jetzt ist es auch für die Wissenschaft nachvollziehbar:
 
 
Nicht unsere Gene,
 
sondern unsere Überzeugung — subjektive Wahrnehmungen — steuern unser Leben.

 
 
 
Leben in diesem Sinne umfasst unsere  u n b e w u s s t e n , aber auch all unsere  b e w u s s t e n  Reaktionen auf unsere Umwelt.


 


Östliche Philosophie sprach es so aus (war sich aber wohl nicht bewusst, dass man unter den » Gewohnheiten « hier  a u c h  das zu verstehen hat, was jede einzelne Zelle unseres Körpers sich angewöhnt hat):


Deine Überzeugungen werden deine  Gedanken
Deine Gedanken werden deine  Worte
Deine Worte werden dein  Handeln
Dein Handeln wird zu deinen  Gewohnheiten
Deine Gewohnheiten formen deine  Werte
Deine Werte werden zu deiner  Bestimmung



 

 Beitrag 0-30
Wie Zellen aus quantenchemischer Sicht funktionieren

 
 

 
Aufbau und Funktion biologischer Zellen

 
 
Jede Zelle besteht aus zwei wichtigen Teilen:
  • dem Zellkern: Er sicher das Überleben der Zelle.
  • und einer Zellmembran, d.h. einer Hülle, die sozusagen das Gehirn der Zelle darstellt: Die Membran empfängt Umweltsignale, so dass jene — mehr oder weniger modifiziert — den Zellkern erreichen und dort zur Produktion von Produktion von Proteinen führen.

Die Umweltsignale treffen auf Proteine (sog. Regulationsproteine), die bewirken, dass ein und dasselbe Gen gut 2000 verschiedene Varianten eines Proteins erzeugen kann.
 
 
 
Warum aber will die Zelle denn überhaupt Proteine erzeugen?
 
Jede Zelle besteht aus 4 Typen großer Moleküle: Polysacchariden (Zucker), Lipiden (Fett), Nukleinsäuren (DNS/RNS) und Proteinen.
 
Die Zellen brauchen alle, aber am wichtigsten und weit zahlreicher als alle anderen sind die Proteine: Unser Körper braucht etwa 100.000 verschiedene Proteine, um zu funktionieren (kann aber, potentiell, bis zu 25.000 • 2.000 = 50.000.000 verschiedener Varianten davon erzeugen. Wir werden noch sehen, warum.
 
Jedes Protein ist eine lange Kette wie über Kugelgelenke miteinander verbundener Moleküle, die Aminosäuren sind. Die meisten tragen positive oder negative Ladung, und so bewirken elektromagenische Kräfte, dass sie einander abstoßen oder anziehen, wodurch es dann dazu kommt, dass die gesamte Kette sich biegt und letztlich die Form eines Fadens hat, den man zusammengeknüllt hat. Da die beiden End-Aminosäuren des Fadens negative Ladung haben, sich also abstoßen, haben sie die Tendenz, sich möglichst weit voneinander zu entfernen, so dass die Kette keinen beliebig kompakten zusammengeknüllten Zustand annehmen kann.
 
Die genaue räumliche Verteilung der Anordnung der Aminosären in der Kette spiegelt einen ausgeglichenen Zustand seiner elekromagnetischen Ladungen wider (eine Art Gleichgewichtszustand des Protein-Moleküls, den die Biologen seine Konformation nennen.
 
Diese sehr gelenkigen, beweglichen Proteine stellen aufgrund ihrer Bauweise ein noch eindrucksvolleres Wunder dar, die ihre präzisen 3-dimensionalen Formen erlauben jedem Protein, sich mit anderen zu verbinden: Wenn sich Proteine begegnen, sie physisch und energetisch zu einander passen, verbinden sie sich bis schließlich etwas entsteht, das an das Getriebe oder Räderwerk einer alten Taschenuhr erinnert.
 
 
 
Doch zurück zu Zelle, Zellkern und Zellmembran:
  • Wird einer Zelle ihre Membran genommen, ist die Zelle sofort nur noch totes Material.
     
  • Nimmt man ihr jedoch den Zellkern, so kann sie noch bis zu einem Monat weiter Umweltsignale aufnehmen und verarbeiten, stirbt danach aber dennoch, denn ohne Zellkern
     
    • kann sie sich nicht teilen (also fortpflanzen)
       
    • und kann defekt gewordene Proteine auch nicht mehr durch neue ersetzen (denn nur die Gene in der RNA können das, die RNA aber residiert im Zellkern als » Arbeitskopie « der DNA.
       
    • Die DNA wiederum hat man als » Sicherungskopie der Erbinformation « zu sehen. Kopien in diesem Sinne sind logische Kopien, denn chemisch unterscheiden sich DNA und RNA sehr wohl.

 
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass es  U m w e l t s i g n a l e  sind, die Protein-Erzeugung anstoßen (indem sie die Regulationsproteine in der Schutzhülle um die DNS beeinflussen, die DNA dann Information an die RNA weiterleitet und deren Gene dann neue Protein-Moleküle erzeugen).
 
Inzwischen gilt als gesichert, dass ein sehr viel dünnerer Fluss von Information auch in umgekehrter Richtung stattfindet, so dass die RNS gelegentlich auch den genetischen Code, die DNA, umschreiben wird. Howard Temin, der das in den 60-er Jahren entdeckte, wurde zunächst verlacht, bekam aber später den Nobelpreis für eben diese Entdeckung ( der reversiven Transkriptase, wie man das heute nennt ).
 
Reversive Transkriptase erlangte traurige Berühmtheit, als klar wurde, dass die RNS des AIDS-Virus über diesen Weg die DNS der infizierten Zelle manipuliert.
 
 
Genetik beschreibt den Einfluss der DNS, Epigenetik den Einfluss der Umweltsignale auf die Produktion der Proteine.
 
Da ankommende Umweltsignale durch die Regulationsproteine modifiziert werden, ist jedes neu produzierte Protein-Molekül in der nun konkret entstehenden Variante Funktion aller drei an seiner Produktion beteiligten Instanzen:
  • dem ankommenden Signal (das ein Molekül oder ein Boson sein kann),
  • dem Regulationsprotein (das mit dem Signal kollidiert) und
  • dem Gen (das zusammen mit dem neuen Zustand des Regulationsproteins zur Bildung des Proteins führt, welches die Zelle weiter entwickelt).
Ein und dasselbe Gen kann so zur Bildung von gut 2000 unterschiedlichen Varianten eines Proteins führen.
 
Damit wird klar:
 
Wie ein Körper sich fortentwickelt
 
bestimmt neben seinen Genen ganz wesentlich auch die  U m w e l t , in der er lebt
 
( d.h. nahezu alles, was daraus mit seinen Zellen in Berührung kommt )

 
 
Quelle: Lipton, B. (2006): Intelligente Zellen, Kap. 2 (S. 49-74)
 
 
 
DNS-Moleküle sind fadenförmig und bestehen aus vier stickstoff-haltigen Basen: A, T, C, G = Adenin, Thymin, Cytosin, Guanin. Die Sequenz, in der diese Basen auftreten, bestimmt die Sequenz der Aminosäuren in jedem einzelnen Protein. Zudem sind die DNS-Fäden in Segmente unterteilt, die man Gene nennt: Kopiervorlage für je ein bestimmtes Protein.
 
Nebenbei: Selbst die erst nach der Jahrtausendwende entstande Literatur zum Umfang des meschlichen Genoms, ist sich keineswegs darüber einig, um wie viele Gene genau es sich denn hierbei eigentlich handelt. Sicher scheint jetzt nur zu sein, dass kaum 25.000 sind (also viel weniger als die rund 150.000, die man noch Mitte der 90-er Jahre erwartet hatte).
 
Der Nobelpreisträger David Baltimore, einer der weltweit angesehensten Gentechniker überhaupt, schrieb 2001: F a l l s  im menschlichen Genom nicht noch viele Gene gibt, die unsere Computer bislang nicht erkennen konnten, müssen wir zugeben, dass wir unsere im Vergleich zu Würmern und Pflanzen zweifellos größere Komplexität nicht durch zusätzliche Gene gewonnen haben ...
 
Noch erstaunlicher [Bruce Lipton: Intelligente Zellen (2006) S. 64-65]:
  • Der primitive Fadenwurm — der ein aus exakt 969 Zellen bestehender, schnell wachsender, sich rasch vermehrender Organismus mit einem Gehirn aus nur etwa 300 Zellen ist — verfügt über ein Genom aus etwa 24.000 Genen.
     
  • Die Fruchtfliege aber, die einen weit weniger primitiven Organismus darstellt, hat ein nur halb so umfangreiches Genom.

Wir müssen daraus wohl schließen, dass die Komplexität und Entwicklungsstufe, die einem biologischen Wesen zugeordnet sind, kaum etwas mit der Zahl G seiner Gene zu tun hat. Allerdings korrespondiert die Zahl B der Basenpaare, die sich in einem Genom finden, auch nicht unbedingt mit der Zahl der Gene: Nach Wikipedia ist
  • ( G, B ) = ( 30.907,    200.000.000 )  beim gemeinen Wasserfloh, aber
  • ( G, B ) = ( 22.500, 3.000.000.000 )  beim Menschen


 

 Beitrag 0-25
Wie es zu biologischer Intelligenz, Leben und Bewusstsein kommt

 
 

 
Wie es zu biologischer Intelligenz, Leben und Bewusstsein kommt

 
 
In seinem Buch Intelligente Zellen — Wie Erfahrungen unsere Gene steuern beschreibt der Zellbiologe Bruce Lipton
  • welche Art von Intelligenz allein schon jeder einzelnen Zelle biologischer Wesen innewohnt,
  • nach welchem Prinzip sie funktioniert
  • und auch, dass die Natur sie nicht im Zellkern, sondern in der Zellmembran implementiert:
     
Die Membran ist — ebenso wie ein Chip im Computer — ein flüssiger, kristalliner Halbleiter mit Toren (bei Zellmembranen sind das Rezeptor-Proteine) und Kanälen (das sind spezielle Proteine, die es der Zelle erlauben, Nährstoffe aufzunehmen und Abfallstoffe auszuscheiden).
 
Lipton skizziert dann auch, wie es zu Leben, Bewusstsein, Gehirn und zunehmend mehr Intelligenz kommt:


Bruce Lipton (S. 126-129, etwas gekürzt)
 
In den vorangehenden Kapiteln wurde gezeigt,
  • dass schon die Membran jeder Zelle gewisse Intelligenz enthält,
  • dass die Membran nach Struktur und Funktionsweise einem Computer-Chip vergleichbar ist
  • und wie die Funktionen der Zellen infolge molekularer Bewegungen des "Protein-Gewebes" aufgerufen werden.

Die Bewegung der Protein-Bausteine wird durch Umweltsignale ausgelöst, wobei die Umweltsignal-Stoffe (aus der Umgebung der Zelle kommend) sich mit den in der Zelle existierenden verhaltenserzeugenden zytoplasmischen Proteinen an der Zellmembran treffen: Die Membran empfängt Reize und erzeugt in Reaktion auf jedes solche Signal eine angemessene lebenserhaltende zelluläre Reaktion. In diesem Sinne kann die Zellmembran als » Gehirn « der Zelle gesehen werden, dessen physikalische Untereinheiten die integralen Rezeptor- und Effektor-Proteine der Membran sind (IMPs).
 
Wo ein Rezeptor-Protein R einen Reiz an ein Effektor-Protein E weiterleitet, startet das einen reaktionserzeugenden Protein-Prozess.
 
Jede Zelle reagiert auf in dieser Weise auf eine Vielzahl grundlegender » Wahrnehmungen « in ihrer Welt. Sie bemerkt z.B. die Anwesenheit von Kalium, Calcium, Sauerstoff, Glukose, Histamin, Östrogen, Gift, Licht oder was auch immer für sie einen Reiz darstellen kann.
 
Die gleichzeitige Reaktion zehntausender solch reflexiver Wahrnehmungsschalter in der Membran, deren jeder einem bestimmten Umweltsignal zugeordnet ist, erzeugen gemeinsam das komplexe Verhalten einer lebenden Zelle.
 
 
Während der ersten 3 Milliarden Jahre des Lebens auf unserem Planeten bestand die Biospähre nur aus freilebenden Einzellern wie Bakterien, Algen und Protozäen. Traditionell betrachten wir diese Lebensformen als Einzelwesen, doch inzwischen weiß man, dass individuelle Zellen bestimmte Signalmoleküle freisetzen können, die das Verhalten anderer Organismen beeinflussen. Dies führt zu einem koordinierten Verhalten einer verstreuten Population einzelliger Organismen. Derartige Bildung primitiver Gemeinschaften verbesserte die Überlebenschancen der Einzeller.
     
    Die einzelligen Schleimpilz-Amöben sind gutes Beispiel dafür, wie Signalmoleküle zur Bildung einer Gemeinschaft führen: Sie leben vereinzelt im Boden und suchen nach Nahrung. Wenn jene aufgebraucht ist, erzeugen diese Einzeller einen Überschuss eines Stoffwechselproduktes namens cAMP, das sie an ihre Umgebung abgeben. Wenn diese freigesestzen Moleküle sich mit cAMP-Rezeptoren anderer Schleimpilz-Amöben verbinden, erzeugt es in ihnen ein Aggregationsverhalten, so dass ein mehrzelliger Körper (Fruchtkörper genannt) entsteht. Er stellt das Reproduktionsstadium des Schleimpilzes dar.
     
    Während der Hungerperiode teilen die alternden Zellen ihre DNS miteinander und erzeugen eine nächste Generation. Die jungen Amöben überdauern zunächst als inaltive Sporen. Sobald es aber wieder Nahrung gibt, bilden die Nahrungsmoleküle das Signal der Aktivierung und eine neue Population von Einzellern beginnt ihr Dasein.

Mir geht es hier vor allem darum, dass einzellige Organismen in einer Gemeinschaft leben, in der sie ihre » Wahrnehmung « einander mitteilen und ihr Verhalten koordinieren, indem sie Signalmoleküle freisetzen. Das cAMP war eine der evolutionär frühesten Formen eines regulativen, verhaltensgesteuerten Sekrets.
 
Lange Zeit nahm man an, die grundlegenden menschlichen Signalmoleküle (allen voran Hormone, Neuropeptide, Zytikine und Wachstumsfaktoren) seinen erst im Zuge der Bildung mehrzelliger Lebensformen entstanden. Die jüngste Forschung aber hat gezeigt, dass sich schon die Einzeller in den frühesten Stufen der Evolution solcher Botenstoffe bedienten.
 
 
Im Laufe der Evolution maximierten die Zellen die Zahl der Wahrnehmungsproteine (der IMPs) in der Membran: Um mehr wahrzunehmen und damit die Wahr­scheinlichkeit ihres Überlebens zu erhöhen, sammelten sich die Zellen zunächst in Form von Kolonien und später in Form hochorganisierter Zellverbände (die dann Organe und Gewebe des Körpers bilden). In gemeinschaftlichen Organisationsformen kommt es zur Spezialisierung der Zellen: Die intelligente Informationsverarbeitung der Zellmembran wird von den spezialisierten Zellen des Nerven- und des Immunsystems übernommen.
 
 
Erst vor etwa 700 Millionen Jahren erkannten die Zellen einen Vorteil darin, sich zu eng geknüpften mehrzelligen Gemeinschaften zusammenzuschließen, die wir als Pflanzen und Tiere bezeichnen. Die koordinierenden Signalmoleküle der freilebenden Einzeller behielten auch in diesen Gemeinschaften ihre Funktion und Rolle. Die Zellgemeinschaften aber konnten — durch Regulierung des Freisetzens und der Verteilung dieser steuernden Signalmoleküle — ihre Funktionen koordinieren und so als  e i n  Wesen agieren.
 
In Mehrzellern, die noch kein Nervensystem ausgebildet haben, implementieren die Signalmoleküle eine Art elementares "Denken", indem sie Information zwischen den Zellen transportieren. Nur in solchen Organismen nimmt noch wirklich  j e d e  Zelle sämtliche Reize der Umgebung wahr und reagiert darauf zielgerichtet.
 
Als die Zellgemeinschaften aber größer und komplexer wurden, musste eine neue Lösung gefunden werden: In zunehmend komplexeren Zellverbänden kann nicht jede Zelle einfach tun und lassen, was sie will — wirklich funktionieren kann die Gemeinschaft nur, wenn sich alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Plan einlassen. Ein Grund hierfür ist, dass jede Zelle nur wahrnehmen kann, was in ihrer unmittelbaren Umgebung an Reizen vorhanden ist, sie hat keine Wahrnehmung dessen, was weiter entfernt oder gar außerhalb des Organismus abspielt. Die komplexen Verhaltenkontrollen, die ein mehrzelliger Organismus braucht, mussten Aufgabe zentraler Informationsverarbeitung werden. Dies führte zu einer Spezialisierung, die schuf, was man heute Nervenzellen nennt.
 
Auch entstand eine zentrale Verarbeitungsstelle: das Gehirn. Es erhielt höchste Wahrnehmungsautorität: Jede Zelle muss sich ihr beugen.
 
Dieser wichtige Punkt sollte berücksichtigt werden, wenn wir die Zellen unserer Organe und Gewebe für unseren Gesundheitszustand verantwortlich machen. Er erklärt, warum positives oder negatives Denken unsere Gesundheit fördern oder zerstören kann ( Placebo- und Nocebo-Effekt ).
 
 
In höheren, bewussteren Lebensformen entwickelt das Gehirn eine Spezialisierung, die es dem Organismus ermöglicht, sich auf seine regulatorischen Signale einzuschwingen. Dieses sog. limbische System übersetzt die chemischen Kommunikationssignale in Empfindungen, die von wirklich allen Zellen der Gemein­schaft wahrgenommen werden.
 
Wegen seiner Fähigkeit, den Fluss aller verhaltensregulierenden Signale in der Zellgemeinschaft zu koordinieren, war das limbische System ein großer evolutionärer Fortschritt. Je effizienter sich das innere Signalsystem machte, desto größer konnte das Gehirn werden. Auch entwickelten die mehrzelligen Organismen immer mehr Zellen, die auf eine zunehmend größer werdende Zahl aus der Umwelt kommender Nachrichten reagieren konnten.
 
Eine einzelne Zelle kann nur auf einfache sensorische Nachrichten (wie etwa rot, rund, aromatisch, etc.) reagieren. Erst die zusätzliche Geisteskraft vielzelliger Lebewesen ist in der Lage, diese einfachen Empfindungen zu solchen höherer Komplexität zusammenzusetzen (um z.B. einen Apfel als solchen zu erkennen).
 
Evolutionär erlerntes, grundlegendes Reflexverhalten wird durch genetisch festgelegte Instinkte an die Nachkommen vererbt. Die Evolution des Gehirns mit seiner zunehmenden Anzahl von Neuralzellen bot dem Organismus die Chance, sich nicht nur auf instinktives Verhalten zu verlassen, sondern auch aus Lebenserfahrung zu lernen. Neues Reflexverhalten entsteht durch Konditionierung. Das klassische Beispiel dafür sind Hunde, denen Pawlow beibrachte, beim Klingeln einer Glocke zu geifern, da sie gelernt hatten, dass solches Klingeln die unmittelbar bevorstehende Ankunft von Futter bedeutete. Dies war ein eindeutig unbewusstes, erlerntes Reflexverhalten.
     
  • Es gibt sehr einfache Reflexverhalten (wie etwa das Ausschlagen des Beines, wenn das Reflexhämmerchen aufs Knie schlägt),
  • aber auch außerst komplexes Reflexverhalten (dann etwa, wenn wir mit 100 km/h bei dichtem Verkehr über die Autobahn fahren und gleichzeitig tief in Gedanken oder tief in ein Gespräch verwickelt sind).
Konditionierte Verhaltensweisen können so anspruchsvoll sein, wie sie wollen: Man braucht dabei dennoch  n i c h t  zu denken, denn die neuralen Verbindungen sind durch einen vorausgegangenen Lernprozess » fest verdrahtet «, so dass immer gleiche Reaktion sichergestellt ist.
 
Man nennt solche Reaktionsmuster » Gewohnheiten «.
 
Bei niedrigen Tieren dient das gesamte Gehirn der rein gewohnheitsmäßigen Reaktion auf Reize. Pawlows Hunde sabbern reflexartig, nicht absichtlich.
 
Das Unterbewusstsein handelt  i m m e r  reflexartig: Es unterliegt nicht der Vernunft oder dem Denken.
 
Menschen und höher entwickelte Tiere haben einen besonderen Bereich des Gehirns entwickelt, mit dem sie denken, planen und  b e w u s s t e  Ent­scheidungen treffen können: die vordere Großhirnrinde. Sie ist offenbar auch der Sitz des selbst-bewussten Denkvermögens — eine Art Sinnesorgan, mit dem wir uns selbst beobachten, unsere Gefühle überwachen können und auf langfristige Erinnerungen zurückgreifen können.
 
Die Fähigkeit des Bewusstseins, die vorprogrammierte Verhaltensweisen des Unterbewusstseins zu überschreiben, ist Grundlage unseres freien Willens.
 
Wenigstens beim Menschen ist die Lernfähigkeit des Gehirns so weit entwickelt, dass wir Wahrnehmungen — statt sie selbst zu erkennen — auch von unseren Lehrern übernehmen können. Sie verankern sich in unserem Gehirn und werden zu unser eigenen » Wahrheit «. Doch was, wenn unser Lehrer im Irrtum war (wir also mit Fehlinformation gefüttert werden)? Nun: Das Unterbewusstsein reagiert auf Reize gemäß seiner Programmierung und ist nicht in der Lage, sich über langfristige Konsequenzen Gedanken zu machen. Es arbeitet, wie eine Maschine. Unsere von anderen übernommene Fehleinschätzung zu überprüfen sieht es nicht vor. Und so kommt es, dass wir uns in manchen Dingen immer wieder unangemessen verhalten.
 
Kurz: Unsere Reaktionen auf Umweltreize werden durch unsere Wahrnehmungen gesteuert, doch nicht alle unserer » Wahrnehmungen « sind zutreffend. Daher wäre es richtiger, die steuernde » Wahrnehmung « eine Überzeugung zu nennen:
 
 
Was uns steuert, sind demnach  Ü b e r z e u g u n g e n .

 

 


 
Wirklich  ü b e r z e u g t  zu sein ist wichtig,
 
denn nur rein formal positiv zu denken — darauf weist Lipton auch hin — reicht nicht:


Lipton (S. 166-171, etwas gestrafft)
 
Die Evolution der höheren Säugetiere hat eine Wahrnehmungsebene hervorgebracht, die wir Selbstbewusstsein nennen. Sie stellt einen wichtigen evolutionären Fortschritt dar, denn unterbewusstes Denken (sozusagen unser » Autopilot «) ist fest konfiguriert, wohingegen unser bewusstes Denken (vergleichbar mit maunu­eller Steuerung eines Autos) sich dynamisch, d.h. von Fall zu Fall neu, konfiguriert. Wichtige Folge hiervon ist, dass
  • bewusstes Denken pro Sekunde nur etwa 40 von außen kommende Reize verarbeiten kann,
     
  • wohingegen unser Unterbewusstsein bis zu 20 Millionen pro Sekunde verarbeitet (als etwa 500.000 mal schneller ist).

Die beiden Arten unseres Denkens arbeiten unabhängig voneinander, was zur Folge hat, dass sich bewusstes Denken auf etwas konzentrieren kann (wie etwa auf die Party, zu der Sie am Freitag gehen wollen), während gleichzeitig Ihr Unterbewusstsein dafür sorgt, dass Sie Ihr Auto auch in dichtem Verkehr sicher und unfallfrei steuern.
 
Nur das  b e w u s s t e  D e n k e n  verfügt über die Möglichkeit, auf Umwelteinflüsse auch kreativ zu reagieren. Insbesondere kann es durch Selbstreflexion sein Verhalten beobachten, während es abläuft, und es kann vorprogrammiertes Verhalten unterbrechen und neue Reaktionen entwickeln. Dieser Fähigkeit wegen ist bewusstes Denken die Quelle unseres freien Willens.
 
Beide Denkarten zusammen sind ein wirklich phänomenales Gespann: Das bewusste Denken ist unser Selbst, die Quelle unserer Kreativität und unseres freien Willens. Doch wer kümmert sich in der Zwischenzeit um das Tagesgeschäft? Das Unterbewusstsein. Und wie geht es diesen Geschäften nach? Genau so, wie es programmiert wurde.
 
 
Das Verhalten, das unser Unterbewusstsein an den Tag legt, entspricht nicht immer unseren Zielen, denn die meisten unserer grundlegenden Verhaltensweisen wurden durch die Beobachtung, vor allem auch durch die  u n b e w u s s t e  (nicht willensgesteuerte) Beobachtung anderer Menschen programmiert. Dies ist der Grund, warum viele Menschen überrascht sind, wenn sie hören, dass sie » genau so, wie ihre Mutter oder ihr Vater « reagieren (wie die Menschen also, durch deren Vorbild sie programmiert wurden). Die Vergeblichkeit unseres Kampfes mit unserem Unterbewusstsein ist eine schwierige Botschaft, denn die meisten von uns haben schon früh gelernt, dass ein starker Wille etwas Bewunderswertes ist. Also versuchen wir immer wieder, unser unbewusstes Programm zu überrumpfen. Diese Bemühungen aber treffen auf Widerstand, da die Zellen verpflichtet sind, dem unterbewussten Programm zu gehorchen.
 
Der Kampf unseres bewussten Willens gegen die uns unbewusste Programmierung kann zu ernsten neurologischen Störungen führen.
    Im auf einer wahren Geschichte beruhenden Film Shine wird das thematisiert: Der australische Konzertpianist David Helfgott trotzt seinem Vater, indem er nach London geht, um Musik zu studieren. Sein Vater aber — ein Holocaust-Überlebender — hat das Unterbewusstsein seines Sohnes dahingehend programmiert, dass die Welt ein unsicherer Ort sei, der lebensgefährlich sein kann. Der Vater besteht deswegen darauf, dass es am sichersten sei, möglichst nahe bei der Familie zu bleiben. Helfgott aber, der wusste, dass er das Zeug zu einem großartigen Pianisten hatte, versuchte sich vom Vater zu lösen, um seinen Traum wahr zu machen.
     
    In London spielt Helfgott in einem öffentlichen Musikwettbewerb das besonders schwierige Dritte Klavierkonzert von Rachmaninow. Der Film zeigt den Konflikt zwischen seinem bewussten Denken (das erfolgreich sein will) und seinem Unterbewusstsein (das es für lebengefährlich hält, sichtbar und bekannt zu werden). Helfgotts Bewusstsein erzwingt sich die Kontrolle, bis er — nun schweißüberströmt — den letzten Ton gespielt hat. Dann wird er ohnmächtig, weil ihn der Kampf mit seiner unbewussten Programmierung zu viel Energie gekostet hat. Sein Sieg über sein Unterbewusstsein kostet ihn einen hohen Preis: Als er wieder zu sich kommt, ist er geistesgestört.
Zu den konventionellen Methoden, mit destruktivem Verhalten umzugehen, gehören Medikamente und Gesprächstherapien. Neuere Ansätze legen uns nahe, unsere Programmierung zu ändern, weil man erkannt hat, dass dem unterbewussten Tonband mit Vernunft nicht beizukommen ist. Diese Methoden bauen auf Erkentnissen der Quantenphysik auf und lassen sich unter dem Begriff Energetische Psychiologie zusammenfassen, ein aufkeimendes neues Feld, das auf der Neuen Biologie beruht.
 



Lipton (S. 126-126, nur der Hauptgedanke)
 
Bevor ich mich weiter über die unglaubliche Kraft unserer Gedanken und meine Studien über die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist auslasse, möchte ich noch eines klarstellen:
 
Ich bin keineswegs der Meinung, dass positives Denken immer körperliche Heilung bringt. Um Kontrolle über seinen Körper und sein Leben zu haben, bedarf es positiver  Ü b e r z e u g u n g  . Wenn Menschen bewusst nur so tun, als dächten sie positiv, schwächen sie sich dadurch eher, da ihnen dann ja bewusst ist, dass sie alle Möglichkeiten, Verbesserung ihres Lebens zu erreichen, erschöpft haben.
 
Da das Unterbewusstsein nun aber etwa 500.000 mal mehr neurologische Verarbeitungskapazität hat als das Bewusstsein, muss uns klar sein, welches der beiden Programme gewinnen wird: auf jeden Fall unser Unterbewusstsein (bei nur scheinbar positivem Denken also der Nocebo-Effekt ).
 



 

 Beitrag 0-27
Wie auch Geist den Körper steuert — und sich dabei durchsetzen kann

 
 

 
Wie das zentrale Nervensystem die Reaktion der Körperzellen auf Umweltreize korrigieren kann
 
kurz:
 
Wie der Geist den Körper steuert

 
Bruce Lipton erklärt es so:


Lipton (S. 134-135, gekürzt)
 
Die Erkenntnis, dass tiefe Überzeugungen Einfluss auf die Steuerung biologischer Prozesse nehmen, gewann ich aufgrund meiner Studien mit geklonten Endo­thelialzellen (Zellen aus der Innenwand der Blutgefäße): Die Zellen meiner Kulturen veränderten ihr Verhalten in Abhängigkeit der aus ihrer Umwelt kommenden Reize:
  • Wenn ich den Zellen Nährstoffe gab, bewegten sie sich darauf zu.
  • Wenn ich aber ihre Umgebung vergiftete, zogen die Zellen sich von diesem Reiz zurück, so als ob sie diese Moleküle fürchteten.

Meine Forschung konzentrierte sich auf die » Wahrnehmungsschalter « in der Membran der Zellen, die den Übergang vom einen zum anderen Verhalten steuern. Der wichtigste Schalter, mit dem ich mich befasste, hat einen Protein-Rezeptor, der auf Histamin reagiert (das der Körper als eine Art Alarmsystem einsetzt). Ich fand zwei Arten von Schaltern, H1 und H2, die auf das gleiche Histaminsignal reagieren:
  • Wenn aktiviert, rufen die H1-Schalter eine Schutzreaktion hervor ähnlich der der Zellen in den Kulturschalen mit vergifteter Umgebung.
  • Die H2-Histamin-Rezeptoren aber rufen einen Wachstumsimpuls hervor.

Nun ist es aber so, dass das Signal Adrenalin, mit dem der Körper auf allgemeine Notsituationen reagiert, ebenfalls zwei verschiedene, dieses Signal erkennende Rezeptoren hat: Alpha und Beta genannt. Die Andrealin-Rezeptoren führten zum gleichen Zellverhalten wie es bei den Histamin-Rezeptoren zustande kam:
  • Wenn in einem IMP-Schalter ein Alpha-Adrenalin-Rezeptor sitzt, löst die Anwesenheit von Adrenalin eine Schutzreaktion aus.
  • Wenn dort aber eine Beta-Andrealin-Rezeptor sitzt, aktiviert das gleiche Signal eine Wachstumsreaktion [ Lipton, Bensch, et al, 1992 ].

Wirklich aufregend aber wurde es, als ich meinen Zellkulturen gleichzeitig Histamin  u n d  Adrenalin zufügte: Ich konnte feststellen, dass die Adrenalinsignale (die im Körper vom Zentralnervensystem freigesetzt werden) stärker sind als die lokal freigesetzten Histaminsignale. Mit anderen Worten: Die Zellen in unserem Körper sind unterschiedlich einflussreich, wenn es darum geht, auf Signale zu reagieren.
 
Ich fand diese Beobachtung äußerst aufregend, da ich sie so interpretiere, dass der Geist — über das Adrenalin des zentralen Nervensystems — stärkerer Wirkung fähig ist als der Körper, dem das lokale Histaminsignal entspricht.
 
 
Ich wollte die Konsequenzen dieser Entdeckung in meinem Forschungsbericht erläutern, doch meine Kollegen traf fast der Schlag angesichts der Vorstellung, dass in einem zellbiologischen Bericht etwas über die Beziehung zwischen Geist und Körper stehen sollte. Sie wollten es nicht, da der Geist kein anerkanntes biologisches Modell abgibt. Biologen sind Newtonianer: Für sie zählt nur, was aus Materie besteht. Also fügte ich nur einen kryptischen Kommentar über die Bedeutung dieser Studie hinzu, ohne zu erklären, worin die Bedeutung zu sehen ist.
 
Mein Standpunkt: Die herkömmliche Überzeugung der Biologen, dass Geist — als örtlich scheinbar nicht lokalisierbare Energie — keine Wirkung auf Materie haben könne, ist eine erlernte Überzeugung, die nicht mehr haltbar erscheint für jeden, der die Erkenntnisse der Quantenphysik ernst nimmt. Biologen und Schul­mediziner weigern sich noch, das zur Kenntnis zu nehmen.
 


Referenzierter Forschungsbericht:
  • Lipton, Bensch, et al. (1992): Histamine-modulated Transdifferentiation of Dermal Microvascular Endothelial Cells, Experimental Cell Research 199: 279-291


 

 Beitrag 0-29
Über die — derzeit wahrscheinlichste — wahre Natur aller biologischen Organismen

 
 

 
Zur wahren Natur aller biologischen Wesen

 
 
Wie sich aus durch erarbeiteten Beobachtungen und Thesen als am wahrscheinlichsten ergibt, muss jeder biologische Organismus — angefangen bei einer einzigen Zelle bis hin zu Pflanzen, Tieren und schließlich Menschen — als eine Summe von Wellen im Sinne der Quantenmechanik verstanden werden.
 
 
Hieraus folgt, dass dieses Wesen
  • wenigstens in seinen nicht-materiellen Teilen weit länger existieren kann als sein Körper,
     
  • es in ganz extremen Ausnahmefällen sogar mehrfach mit gleicher biologischer Identität in körperliche Existenz hineingeboren werden kann
     
  • vor allem aber, dass es — wie schwach auch immer — über das gesamte Universum hinweg verteilt existieren kann.

 
Warum man von der Gültigkeit der ersten beiden dieser Aussagen ausgehen sollte sollte, wird gut erklärt auf Seite » Bruce Liptons Erkenntnisse und seine Schlussfolgerung daraus «.
 
Die dritte Eigenschaft aber wäre dann einfach nur triviale Folgerung gut gesicherter quantenphysikalischer Erkenntnisse nämlich:
  • Jede Welle breitet sich um die Stelle herum, an der sie erzeugt wurde, mit Lichtgeschwindigkeit kugelförmig ins gesamte Universum aus.
     
  • Wellenpakete, unter denen man ja die Summe sehr vieler Wellen versteht, haben i.A. nur an einer einzigen, stark lokalisierten Stelle im Universum wesentlich von Null verschiedenen Wert.
     
  • Dies impliziert, dass auch  n u r  dort eine irgendwie nennenswerte Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass dieses Paket von Wellen — das Wesen also, von dem wir sprechen — mit anderen Wellenpaketen so kollidiert, dass es zum Zeitpunkt dieser Kollision beobachtet und durch sie modifiziert wird.

 
Wichtige Folgerung aus all dem wäre dann auch, dass biologische Organismen, wirklich  g e n a u  betrachtet, kaum zueinander disjunkt sein können (aber auch das wissen wir ja schon: Wir brauchen da ja nur an uns selbst und an alle in unserem Körper lebenden Bakterien und/oder Viren zu denken, von einzelnen körpereigenen Zellen mal ganz abgesehen).
 
Wer Bruce Liptons Buch Intelligente Zellen gelesen hat, wird dann auch nicht mehr erstaunt darüber sein, dass jede Gemeinschaft biologischer Organismen — etwa die Gemeinschaft sämtlicher auf dieser Erde lebenden Menschen — ebenfalls biologischer Organismus im angenommenen Sinne ist. Kein Wunder also, dass die Evolution dieser speziellen Gemeinschaft durch die gleichen Naturgesetze getrieben wird, wie schon lange vor ihr (und natürlich auch jetzt noch) die Evolution großer biologischer Zellverbände ganz allgemein.

 

 Beitrag 0-127
Wie Genomvergleich uns den Weg der Evolution zu zeigen in der Lage ist

 
 

 
Was Genom-Vergleich uns zeigt

 
 
Seitdem der Mensch gelernt hat, sein eigenes Genom — ja sogar das Genom aller Lebewesen — zu kartieren, lässt sich durch den Vergleich der Genome auch der lange Weg der Evolution recht gut nachverfolgen.
 
Darwin (der Mitte des 19. Jahrhunderts lebte), hatte noch keine Möglichkeit, herauszufinden, über welchen Mechanismus Evolution durch Selektion möglich wird. Wir aber sehen heute, dass die Varianten, die er postulierte, durch natürlich auftretende Mutationen der DNA bewerkstelligt werden.
 
    Sie treten schätzungsweise mit einer Rate von 1 : 100 Millionen Basenpaaren pro Generation auf. Da jeder von uns zwei Genome zu je 3 Milliarden Basenpaaren hat — geerbt von Vater und Mutter — ergibt sich so, dass jeder von uns einzigartig wird durch etwa 60 Mutationen, die bei seinen Eltern noch nicht vorhanden waren.

 
Die meisten Mutationen treten in unwichtigen Teilen des Genoms auf und haben daher wenig oder gar keine Auswirkung. Der Grund hierfür: Mutationen in den wichtigeren Teilen des Genoms sind i.A. schädigend und werden schnell aussortiert, da sie die Fähigkeit zur Reproduktion beeinträchtigen.
 
Zu seltenen Gelegenheiten aber tritt eine Mutation auf, die einen leichten selektiven Vorteil bedeutet. Diese neue "Schreibweise" der DNA wird dann eine geringfügig höherer Wahrscheinlichkeit haben, an die Nachkommen weiter gegeben zu werden. Über sehr lange Zeiträume hinweg kann sie sich dann in allen Mitgliedern der Spezies durchsetzen und schließlich zu größeren Veränderungen der einen oder anderen biologischen Funktion führen.
 
    Sozusagen im Zeitraffer-Tempo kann man solche Evolution beobachten in Form schneller Variation krankheitserregender Viren, Bakterien und Parasiten, durch die es zu schneller Ausbreitung von Epidemien kommen kann. So sind z.B. die schnellen evolutionären Veränderungen des HIV-Virus, der AIDS verursacht, zu einer großen Herausforderung für die Entwicklung wirksamer Impfstoffe geworden.

 
Genomvergleich führt zur Erkenntnis, dass jedes Paar von Arten einen gemeinsamen Vorfahren hat, beispielsweise der Mensch und die Maus, deren Genome heute mit besonders hoher Genauigkeit bestimmt sind:
 
    Ihr Inventar protein-kodierender Gene ist bemerkenswert ähnlich, und auch die Länge der beiden Genome unterscheidet sich nur wenig. Auch die Ordnung der Gene — die Reihenfolge also, in der sie nacheinander auftreten — ist in wichtigen Abschnitter der DNA dieselbe, obgleich dazwischen durchaus mehr oder wenier nicht-kodierender Gene — sog. Junk DNA, Folgen sog. ancient repetitive elements (AREs) — zu finden sein kann. Sie entstammen "springenden Genen", die sich kopieren und an diversen anderen Stellen im Genom einfügen können, meistens ohne funktionelle Folgen. Genome von Säugetieren sind übersät mit solchen AREs, rund 45% des menschlichen Genoms bestehen aus solchem gegentischen Strandgut.
     
    Wenn man nun längere Abschnitte des Menschen- und Mausgenoms so ausrichtet, dass sich entsprechende Folgen kodierender Gene neben einander liegen, findet man häufig auch zwei identische AREs an etwa derselben Stelle, und weiß daher, dass sie als Mutation in einem gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Maus entstanden sein müssen.

 
Die der Spezies Mensch am nächsten verwandten Arten sind Schimpansen (gefolgt von Orang-Utan und Makake): Die Genome von Schimpanse und Mensch sind, von Junk DNA mal abgesehen, zu 96% gleich. Man lese dazu auch die Meldung: Nur der Mensch verfügt über ein spezielles Gen, das nach Meinung der Forscher dafür verantwortlich sein könnte, dass wir sprechen können. Es sorgt für die Produktion einer speziellen Nukleinsäure, der sogenannten microRNA miR-941.
 


Francis S. Collins (2006):
 
Neuerdings interessiert man sich sehr für das Gen FOXP2, welches die Sprachentwicklung zu beeinflussen scheint:
 
Die Geschichte von FOXP2 begann mit der Beobachtung einer Familie in England, deren Mitglieder über drei Generation starke Schwierigkeiten beim Sprechen hatten. Sie hatten Schwierigkeiten, Worte entsprechend grammatikalischen Regeln anzuordnen oder komplexe Satzstrukturen zu erfassen. Die Muskeln ihrer Münder, Gesichter und Kehlköpfe hatten zu kämpfen, sich so zu bewegen, dass bestimmte Laute hervorgebracht wurden.
 
Mit schier unglaublicher genetischer Spürarbeit fand man heraus, dass bei den betroffenen Mitgliedern dieser Familie nur ein einziger Buchstabe des DNA-Codes im FOXP2-Gen auf Chromosom 7 falsch war. Die Tatsache, dass ein so kleiner Fehler solch tiefgreifende Sprachschwächen verursacht, ansonsten aber keine Folgen hat, war erstaunlich.
 
Noch erstaunter aber war man, als sich zeigte, dass die Sequenz desselben FOXP2-Gens bemerkenswert stabil in allen Säugetieren vokommt. Die dramatische Ausnahme ist der Mensch, bei dem sich vor etwa 100.000 Jahren zwei bedeutsame Veränderungen in der kodierenden Region des Gens ereigneten. Man nimmt nun an, dass diese Veränderung in FOXP2 zur Sprachentwicklung beim Menschen beigetragen hat.
 


 
In diesem Zusammenhang ist interessant:
 
Populationsgenetiker, die mit mathematischen Methoden die Geschichte von Tier, Pflanzen- und Bakterien-Populationen rekonstruieren, glauben durch Genom­vergleich erkannt zu haben, dass sich alle heute lebenden Menschen auf eine gemeinsame Gruppe von Vorfahren zurückführen lassen, die aus nur etwa 10.000 Personen bestand und vor 100.000 bis 150.000 Jahren gelebt haben muss.
 
Dies passt zu fossilen Befunden, die zu zeigen scheinen, dass der Aufenthaltsort dieser unserer Vorfahren Ostafrika war.
 
 
 
Quelle: Francis S. Collins: Gott und die Gene (2006), S. 100-114.

 
 
 
Ganz erstaunlich ist auch, dass die Komplexität des Genoms stark unterschiedlicher Spezien keineswegs der Komplexität ihrer durch uns beobachtbaren typischen Eigenschaften entspricht. Hier einige Beispiele:
     
  • Das menschliche Genom besteht aus nur etwa 25.000 Genen.
     
  • Schon ein Seeigel hat etwas mehr: ca. 26.000.
     
  • Das Genom von Pflanzen kann sogar deutlich mehr haben. Reis z.B. verfügt über etwa 38.000 Gene.

 
Seit 2016 denkt man Hinweise darauf zu haben, dass alles irdische Leben einen gemeinsamen Vorfahren hat.

 

 Beitrag 0-373
Wie sich unsere Erde — und Leben darauf — entwickelt haben

 
 

 
Geschichte der Erde

und des biologischen Lebens darauf

 
 
Kurz nachdem sie entstanden war — vor etwa 4,6 Mrd. Jahren — war unsere Erde ein gluflüssiger Ball mit Oberflächentemperaturen von bis zu 1200 Grad. Es gab da noch keine dauerhafte Atmosphäre, auch keine Ozeane. Die Strahlungsleistung der Sonne betrug nur etwa 70% ihrer heutigen Leistung, steigerte sich aber ständig bis in unsere Tage hinein.
 
Die Oberfläche der Erde kühlte sich langsam ab, und durch Abgasung entstand eine Atmosphäre. Sie war dicht und bestand zum größten Teil aus Kohlendioxid. Der damals noch extrem große Luftdruck glich die geringe Strahlungsleistung der jungen Sonne aus.
 
Nachdem sich die Oberfläche der Erde langsam abgekühlt hatte, konnten sich Erdkruste und erste Kontinente bilden, und schließlich begann ein etwa 1000 Jahre andauernder heftiger Regen, der Vertiefungen in der Erdkruste mit Ozeanen füllte. Zusätzlich wurde durch den nun einsetzenden Silikat-Karbonat-Kreislauf über Verwitterung und Kalkbildung sehr viel Kohlendioxid gebunden, in der kontinentalen Kruste abgelagert und dem atmosphärischen Recycling durch das Abtauchen vieler Teile der Erdkruste dauerhaft entzogen. Genauer:
 


Harald Lesch (2016):
 
So wie das Wetter heute ist, kann es früher nicht gewesen sein. Die Uratmosphäre der Erde war ganz anders: In organischen Sedimenten und in Kalkstein ist der Anteil an Kohlenstoff etwa 100 000 Mal so hoch wie in der heutigen Atmosphäre. Das kann nur bedeuten, dass
  • die sehr dichte und mit Wolken verhangene Uratmosphäre zu etwa 95% aus Kohlendioxid bestand,
  • das bei einem Druck, der 80 bis 100 Mal höher war als der Luftdruck heute
  • und deswegen die Entstehung des Lebens auf der Erde unter ganz anderen Bedingungen stattfand, als wir sie heute kennen:

Der hohe Konzentrationsgehalt an Kohlendioxid verringerte sich zunächst fast ausschließlich durch Verwitterung und den Aufbau von Kalkgestein.
 
Wegen der im Lauf der Erdgeschichte fortschreitenden Evolution trat dann aber die Biosphäre als treibender Motor für den Kohlenstoffkreislauf und die Klimaentwicklung immer stärker in den Vordergrund. Die Menge der Biomasse erhöhte sich gewaltig — vor allem im Zuge der Ausbildung der Waldsysteme.
 
Zusätzlich entwickelten die Primärproduzenten — Bakterien, Plankton und Landpflanzen — immer stabilere Zell- und Stützgewebe. Ihre Zersetzung hat sie nur zum Teil wieder in Kohlenstoff und Wasser zurückverwandelt. Ein eben so großer Teil blieb unzersetzbar und wurde langfristig im Erdboden gespeichert. Aus diesem organischen Material — Kerogen genannt — wurde über die Jahrmillionen hinweg fossiler Brennstoff.
 
    Kerogen ist die häufigste Form von organischen Kohlenstoffen in der Erdkruste. Gelangt das von den Bakterien allmählich gebildete Kerogen tiefer in das Erdinnere, wird zunächst das darin enthaltene Wasser herausgepresst.
     
    Wenn Temperaturen um 100 °C oder mehr herrschen und durch darüber liegende Sedimentschichten größerer Druck aus das Kerogen ausgeübt wird, setzen Stoffumwandlungsprozesse ein, die Erdöl und Erdgas freisetzen. Der größte Teil des Kohlenstoffs auf der Erde ist aber nicht in den fossilen Brennstoffen gebunden, sondern im Kalkstein (CaCO3) und im Schiefer.
     
    Kerogen macht dennoch selten mehr als ein Prozent des Sediments aus, so dass pro Tonne Kerogen 100 Tonnen Gestein abzubauen und 99 Tonnen Asche zu entsorgen wären.

In der Urzeit blieben nur Spuren von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Nur ihretwegen ist der Treibhauseffekt nicht völlig zusammengebrochen. Wäre das geschehen, hätte eine dann anbrechende unumkehrbare Eiszeit unseren Planeten für immer zu einem Eisklumpen gemacht.
 


 
Die eben beschriebene Phase der langsamen Abkühlung und des steten Kohlendioxidverbrauchs hielt bis vor etwa 2,5 Mrd. Jahren an — eben so lange, bis das Energiebudget der Erde einen kritischen Wert unterschritt und die erste große Eiszeit einsetzte. Sie dauerte 200 Mio. Jahre. (Zum Vergleich: Die erst viel später, vor etwa 170 Mio. Jahren, entstandene Spezies der Dinosaurier hat nur 135 Mio. Jahre existiert.)
 
Höchstwahrscheinlich handelte es sich nicht um eine durchgehende Eiszeit, sondern um mehrere, sich mit Warmzeiten abwechselnde Folge von Vereisungsphasen, während derer die bakterielle Produktion ebenso wie die chemische Verwitterung jeweils fast zum Stillstand kam und der Kohlendioxid-Wert der Atmosphäre wieder anstieg, so dass sie wärmer wurde und die Vereisung zum Stillstand brachte.
 
Dieses Wechselspiel wiederholte sich, bis die Sonneneinstrahlung, die inzwischen auf etwa 85% ihres heutigen Wertes angestiegen war, den Mangel an Kohlendioxid wieder ausglich.
 
Zu Ende jener großen Eiszeit traten erstmals Sedimente auf, die durch Schichtungen und Ablagerungen entstanden waren. Da sie auffällig rote Farbe hatten, nimmt man an, dass hier erstmals der Sauerstoff frei in der Atmosphäre vorkam, denn die rote Farbe der Sedimente ergibt sich schlicht und einfach durch Rost, d.h. durch Eisen, welches freiem Sauerstpff ausgesetzt ist.
 
 
Nun, vor etwa 2,5 Mio. Jahren, kam es zur nächsten großen Veränderung der Erde — wieder getrieben durch einzellige Lebewesen: Die Photosynthese war entstanden. Sie brachte nahzu dramatische Veränderungen mit sich.
 
    Die Photosynthese ist ein physiologischer Prozess zur Erzeugung von energiereichen Biomolekülen aus energieärmeren Stoffen mithilfe von Lichtenergie. Er wird von Pflanzen, Algen und einigen Bakterien in Gang gesetz und getrieben.

Zunächst hielt damals vor allem der Stoffwechsel der Bakterien den Kohlendioxidanteil der Atmosphäre auf einem Vielfachen, etwa dem 20-fachen seines heutigen Wertes.
 
Der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre und im Oberflächenwasser der Ozeane stabilisierte sich auf etwa das 0,5 bis 1 Prozent seines heutigen Wertes und lies so vielfältige Stoffwechselwege — mit und ohne Sauerstoff — zu.
 
Zudem entstanden autotrophe Bakterien. Es sind dies solche, die auf organische Stoffe verzichten und anorganische Substanzen in körpereigene organische verwandeln können. Autotroph sind
 
  • die grünen Pflanzen (sie ernähren sich von Mineralien und Photosysthese)
  • und viele Zellen ohne Zellkern, die sog. Prokayoten.

Andererseits erschienen zum ersten Mal heterotrophe Organismen, die zum Aufbau ihrer Zellsubstanz und ihren Energiestoffwechsel organisches Substrat (= Kohlenstoffverbindungen) benötigen, was sie von der Existenz anderer Lebewesen abhängig macht. Heterotroph sind
 
  • die meisten Bakterien,
  • aber auch sämtliche die Pilze und Tiere.

 
Von nun an hieß es » Fressen und gefressen werden «. Die Bakterien entwickelten die Fähigkeit, sich zu vielzelligen, aber überwiegend undifferenzierten Aggregaten zusammenzuschließen.
 
Den entscheidenden Impuls für solche Höherentwicklung gab der nun möglich gewordene Einbau heterotropher und autothropher Bakterien als funktionale Einheiten in andere bakterien.
 
Durch solche Kooperation entstanden vor etwa 2,3 Mio Mrd. Jahren tierische und pflanzliche Eukaryoten mit deutlich stabileren Zellwandstrukturen als bei den bakterien. In der Folgezeit wurde durch die gesteigerte organische Produktion und Einbettung der zersetzungsresistenten Zellwandstrukturen in die Erdkruste der Atmosphäre erneut viel Kohlöendioxid entzogen. Noch verstärkt wurde dieser Trend durch die vor etwa 1,5 Mrd. Jahren auftauchenden mehrzelligen Organismen.
 
Vor etwa 900 bis 600 Mrd. Jahren vermehrten sich Bakterien und Plankton ganz enorm, und zudem begann das langsame Aufblühen der Algen. Die damit einhergehende Verringerung des atmosphärischen Kohlendioxids hat das Erdklima deutlich abgekühlt. Diese Eiszeitperiode — obgleich auch durch längere Warmzeiten unterbrochen — war vermutlich die gravierendste, die es je auf der Erde gab. Selbst niedrige Breiten bis fast hin zum Äquator waren betroffen. Sie endete vor 580 Mio Jahren.
 
Die Sonne strahlte damals schon mit 96% ihrer heutigen Kraft.
Der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre war damals nur noch 15 bis 20 Mal höher als heute.
 
Der Sauerstoffgehalt der Luft betrug schon einige Prozent und erlaubte so vielfältiges pflanzliches und tierisches Leben.
 
In diese Phase viel auch die Entwicklung der Hartteile — Knochen, Kalkschalen und pflanzliches Stützgewebe —, was in der Folgezeit zu einer starken Zunahme der Artenvielfalt und Individuengröße geführt hat.
 
 
Die nächste Vereisungsperiode war weniger gravierend und auf die Südpolregion beschränkt. Ursache für sie war wohl, das vor ca. 450 Mio Jahren Landpflanzen ent­standen, die dann schnell das Festland eroberten. Zu dieser Zeit sank der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre auf nur noch etwa das 10-fache seines heutigen Wertes.
 
Schon bald nach der ersten Besiedlung des Festlandes durch Landpflanzen entstanden vor etw 400 Mio Jahren verholzte Gewächse, die bald Bäume und ganze Wald­kolonien bildeten. Hierdurch wuchs die Biomasse nochmals stark an auf Kosten des Kohlendioxid-Gehalts der Atmosphäre.
 
Vor etwa 300 Mio Jahren näherte sich der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre seinem heutigen Wert. In diese Zeit fällt eine vierte Vereisungsperiode, die weite Teile des damaligen Südkontinents Gondwana betraf.
 
Durch Kollision der Kontinente formte sich schließlich der Superkontinent Pangäa.
 
Ab da kamen die plattentektonische Aktivität in der Erdringe für einge Zeit zum Stillstand, was den Kohlendioxid-Ausstoßm durch Vulkanismus verringerte ind den Treibhauseffekt abschwächte.
 
 
Vom ausgehenden Erdaltertum vor 270 Mio. Jahren bis vor etwa 35 Mio. Jahren gab es kaum noch Vereisungen. Eine wichtige Rolle beim Produzieren von Kohlendioxid durch Recycling des organischen Materials übernahm jetzt die damals entstehende Landtierwelt (Amphibien, Reptilien, Insekten, ...). Zudem wirkten sich auf das Klima aus
  • die stärker gewordene Sonneneinstrahlung
  • und auch die mit dem Zerbrechen von Pangäa einhergehende Erhöhung vulkanischer Aktivitäten, die Kohlendioxid ausstießen.

Solange Pangäa existierte (bis vor etwa 180 Mio Jahren) war das Klima extrem kontinental geprägt und die Kontinente von riesigen Wüstengebieten durchsetzt.
 
Nach dem Zerbrechen von Pangäa wurde das Klima warm und feucht bis in hohe Breiten hinauf. Diese Periode erreichte vor etwa 100 Mio Jahren ihren Höhepunkt mit Temperaturen von 14 bis 16 Grad Celsius im tiefen Ozean.
 
Damals setzten sich im Meereswasser die Phytoplankontypen durch (Kieselalgen, Grünalgen und Blaualgen) und auf dem Land die Blütenpflanzen.
 
 
Wie wir rekapitulierend feststellen, hat immer wieder der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre eine ganz wesentliche, stark steuernde Rolle gespielt. Wer heute über den Klimawandel nachdenkt (der diesen Gehalt massiv beeinflusst), sollte das nicht vergessen.
 
 
 
Quelle: Lesch & Kummer: Wie das Staunen ins Universum kam, Patmos-Verlag 2016, S. 170-176


 

 Beitrag 0-163
Was zum — sehr plötzlichen — Aussterben der Saurier geführt hat

 
 

 
Was (wahrscheinlich) das Aussterben der Saurier verursacht hat

 


Mathias Bröckers, 1998 :
 
1980 erschien eine Arbeit des Nobelpreisträgers Louis Alvarez und seiner Mitarbeiter in der Zeitschrift » Science «, in der die bisher plausibelste Erklärung für das Aussterben der Saurier präsentiert wurde:
 
Die Autoren, darunter auch sein Sohn Walter Alvarez, gehen davon aus, dass am Ende der Kreidezeit — vor etwa 65 Mio Jahren — ein riesiger Astereoid auf der Erde einschlug: ein Himmelkörper von etwa 10 km Durchmesser, der
     
  • mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/sec auf der Höhe von Yukatan (Mexiko) ins Meer stürzte
     
  • und hierbei etwa das 5-Milliardenfache der Sprengkraft der Hiroshima-Bombe freigesetzt haben könnte.

Nach Vorstellung der Autoren müssten sich die Staubwolken der Explosion auf der gesamten Erde verbreitet haben und müssten — anhand von Gesteins­ablagerungen — selbst heute noch nachweisbar sein: vor allem Iridium, ein Material, das auf der Erde kaum vorkommt, aber Bestandteil von Astereoiden ist.
 
Und in der Tat: Eben diesen Nachweis von Iridium in den entsprechenden Gesteinsschichten an vielen Stellen der Erde konnten sie erbringen.
 


 
 
Quelle: Mathias Bröckers: Das sogenannte Übernatürliche, Eichborn 1998, S. 250-251

 
Der Einschlag eines Asteroiden vor 65 Millionen Jahren gilt als gesichert, allerdings gab es zu dieser Zeit auch eine Phase intensiven Vulkanismus im Hochland von Dekkan (Indien). Die dabei freigesetzten Staubteilchen und Asche könnten zu einer starken Absorption des Sonnenlichtes geführt haben und damit zu einer globalen Abkühlung. Einige Hypothesen gehen sogar davon aus, dass dieser Vulkanismus mit dem Asteroideneinschlag in Verbindung stehen könnte, also praktisch durch ihn ausgelöst wurde.
 
Das Aussterben der Dinosaurier vor 65 Mio Jahren ist nicht die einzige Episode von Massensterben in der Erdgeschichte. Innerhalb der vergangenen 500 Mio Jahre gab es mehrere Einschnitte, bei denen jeweils bis zu 80 Prozent allen tierischen und pflanzlichen Lebens vernichtet wurde.
 
Dass die Gattung » Mensch « die nächste dieser planetarischen Katastropen überleben wird, kann bezweifelt werden.

 

 Beitrag 0-394
Wo entsteht Leben?

 
 

 
Wo beginnt Leben?

 
Es erscheint sinnvoll zu behaupten:
 
 
Leben beginnt, wo abstrakter Information Bedeutung zugeordnet wird,
 
so dass Wissen entsteht (= etwas, das gewusst werden kann).

 
 
 
 
Über Monismus und Dualismus

 
 
Dualismus ist eine Denktradition, die von zwei Grundsubstanzen ausgeht: Materie und Geist.
 
Monismus aber — in der heutigen Weltsicht vorherrschend, vor allem wo sie sich als naturwissenschaftlich fundiert begreift — geht von nur einer Grundsubstanz aus: Energie.
 
 
Wer den Monismus ernst nimmt, kann das aber aus zwei ganz unterschiedlichen Gründen tun:
     
  • Der eine — heute in der Naturwissenschaft weit verbreitete — besteht darauf, Geist als eine eigenständige Größe ganz zu leugnen.
     
  • Man kann aber auch daran glauben, dass der Unterschied zwischen Geist und Materie ein eher nur pragmatischer sei (ganz so wie der zwischen Materie und Energie).
     
    In der von C.F. v. Weizsächer vorgeschlagenen Urtheorie — so Görnitz — lasse sich nämlich zeigen, dass masselose Information übergehen kann in Materie mit Ruhemasse.
     
    Quelle: Görnitz u.A. in Intern. Journ. Theoret. Phys. 27 (1988), S. 527-542 und S. 659-666 sowie 28 (1989) S. 651-657 und 31 (1992) S. 1929-1959.
     
    In der Urtheorie werde Information mit Wissen gleichgesetzt: Mit allem, was gewusst werden kann.
     
    Note: In der Urtheorie würde z.B. sämtliche mathematische Wahrheit (die durch Menschen heute ja erst in kleinen Teilen entdeckt wurde) Information sein. Die etablierte Physik aber ignoriert Information solcher Art, da sie alles ignoriert, was nicht beobachtet werden kann. Und so ist Geist ein Begriff, den sie nicht kennt, obgleich doch jeder von uns weiß, dass belebte Materie sich von unbelebter gerade dadurch unterscheidet, dass ihr Geist innwohnt als etwas, das sogar über sich selbst nachzudenken in der Lage ist.


 

  Beitrag 1999-46
Görnitz über Leben, Information und Entropie

 
 

Görnitz über

Leben, Information, Entropie


Zitat von Görnitz, S 173:
 
Information ist zu begreifen als eine Entität, die dadurch definiert ist, letztlich auf sich selbst bezogen zu sein.


Information ist wesentlich Codierung, also Information über Information.

 


  • Die Alltagssprache meint mit Information meist den Informationsgehalt. Streng genommen aber kommt man zu dem erst durch Decodierung.
  • Unter Bedeutung ist etwas zu verstehen, was erst der Empfänger der Information ihrem Informationsgehalt zuordnet.
  • Leben, so Görnitz, zeichnet sich dadurch aus, dass nur Lebendes in der Lage ist, einer Information Bedeutung zuzuordnen:


Zitat von Görnitz, S 173 (leicht komprimiert):
 
Der wichtigste Gesichtspunkt für eine Erklärung von Leben ist aus unserer Sicht


aktive interne Informationsverarbeitung:

Lebewesen sind dadurch ausgezeichnet, dass sie auf Information aus ihrer Umwelt reagieren können [ und in der Lage sind, ihr Bedeutung zuzuordnen ].



... Dies geschieht, indem Lebendes eingehende Information mit schon vorhandener Information verknüpft (vor allem mit solcher, die Abläufe in ihm steuert).

... Dann wird aufgrund der entstehenden Verbindung von neuer und vorhandener Information eine Reaktion erfolgen können.
 


Konsequenz daraus:
 
Leben beginnt, wo abstrakter Information Bedeutung zugeordnet wird,
 
so dass Wissen entsteht (= etwas, das gewusst werden kann).



Grtgrt aus 1948-1:
 
Interessant ist auch, was Görnitz auf Seite 172 sagt:

Zitat von Görnitz:
 
Entropie ist Information, die unbekannt ist, entweder weil eine Kenntnisnahme zu aufwändig oder zu uninteressant wäre (wie beispielsweise das Schicksal eines einzigen Atoms in einem Gas).

Entropie ist — salopp gesagt — Informationsmüll, wie Akten nach dem Schreddern: alle Buchstaben sind noch da, aber man kann nichts damit anfangen. Man muss sie aber los werden, um Platz für Neues zu schaffen.

Problematisch an dieser seiner Aussage aber scheint mir, dass sie nicht unterscheidet zwischen
  • Information, die man  i g n o r i e r t , und
  • Information, die uns prinzipiell  u n z u g ä n g l i c h  ist (wie etwa die in einem Schwarzen Loch oder die in Daten, zu denen die Natur uns noch keinen Decodierungsschlüssel zur Verfügung gestellt hat).


Seitenangaben beziehen sich auf Görnitz' Buch "Die Evolution des Geistigen" (2008)

Früher kaum dargestellte Aspekte der Quantenphysik erläutert Görnitz auch in seinem anderen Buch: "Quanten sind anders" (1999, 2006).


 

 Beitrag 0-437
Definition von: Leben, Wirklichkeit und Realität

 
 

 
Definition von

Leben, Wirklichkeit und Realität

 
 
Unter Berücksichtigung von dem, was in den  Notizen  zu
tags: stw2472S: Schulmedizin+Rückenschmerzen+Placebos+Wirkung
href='/zfo/Realismus.htm#msgnr0-35'>[Realismus] und [Information] gesagt wird, erscheint es sinnvoll zu definieren:
     
  • Leben ist, was die Fähigkeit hat, seiner Wirklichkeit Bedeutung zuzuordnen.
     
  • Die Wirklichkeit W(L,Z) eines Lebewesens L zum Zeitpunkt Z ist alles, was sich L spätestens zum Zeitpunkt Z bekannt gemacht haben kann. Es ist dies die Summe aller Signale, die L spätestens zum Zeitpunkt Z erreicht haben können.
     
  • Die Realität R(L,Z), in der ein Lebewesen zum Zeitpunkt Z lebt, ist seine — mehr oder weniger subjektive — Interpretation der Summe aller Signale, die L spätestens zum Zeitpunkt Z tatsächlich erreicht haben.

 
Wie Einsteins Relativitätstheorie uns klar macht, ist
 
— der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit wegen —
 
W(L,Z) Funktion des Ortes, an dem L sich zum Zeitpunkt Z befindet.


 

 Beitrag 0-286
Was ist Leben?

 
 

 
Was ist Leben?



Freeman Dyson:
 
Life [may be] defined as a material system that can acquire, store, process, and use information to organize its activities.
 
In this broad view, the essence of life is information, but information is not synonymous with life.
 
To be alive, a system must not only hold information but process and use it. It is the active use of information, and not the passive storage, that constitutes life.
 


 
Quelle: Freeman Dyson: » Is Life analog or digital? «
 
 
Lies auch: » Leben ist Definitionssache « — Wie Biologen Leben definieren


 

 Beitrag 0-324
Leben ist, was Wille hat — wie schwachen auch immer

 
 

 
Leben ist, was wollen kann

 
 
Unter Leben — so könnte man definieren — versteht man jede Verteilung von Energie (z.B. Materie), deren Fortentwicklung nicht allein nur durch physikalische Gesetze bestimmt ist.
 
 
Um zu verstehen, warum diese Definition Sinn macht, lese man, was der Astrophysiker Paul Davies uns klar macht:

Paul Davies (2006):
 

(1) Die Struktur eines Kristalls ist von geometrischen Symmetrien bestimmt, die aus den Gesetzen des Elektromagnetismus folgen. Der Prozess, durch den eine diffuse Salzlösung zu Salzkörnchen auskristallisiert, ist genau definiert und verläuft gemäß Ursache und Wirkung, ist also deterministisch.
 
(2) Gleiches gilt für das Streben jeden Gases hin zum thermodynamischen Gleichgewicht: Füllt man Gas in einem beliebigen Zustand in einen geschlossenen Behälter, um es dann sich selbst zu überlassen, erreicht es schnell einen Endzustand, in dem Temperatur und Druck im gesamten Behälter gleich sind und die Geschwindigkeit der Gastmoleküle einem wohlbekannten mathematischen Verteilungsgesetz folgen: der Maxwell-Boltzmann-Verteilung. Wieder ist der Endzustand ganz und gar vorhersagbar und der Prozess wiederholbar.
 
In (1) und (2) scheint daher alles durch physikalische Gesetze bestimmt zu sein.
 
Man könnte also fragen, on das Gleiche nicht auch für Leben und Bewusstsein gilt. Könnte also das Enstehen von Leben aus Nicht-Leben ebenso vorhersagbar und unvermeidlich und nur den physikalischen Gesetzen geschuldet sein?
 
Die Antwort ist ein ganz klares NEIN.
 
Das Verhalten biologischer Systeme liegt zwischen den beiden Extremen (1) und (2), denn sie sind weder so einfach strukturiert wie ein Kristall, noch so chaotisch wie ein Gas. Eine lebende Zelle ist durch große, wohlorganisierte Komplexität gekennzeichnet und ein ganz besonderer Zustand von Materie, der sehr viel Information enthält. Das Genom der kleinsten Bakterienart, die man bisher gefunden hat, speichert Information,
     
  • zu deren Darstellung mehrere Millionen Bit notwendig sind
     
  • und die keineswegs schon in physikalischen Gesetzen steckt.

Die physikalischen Gesetze nämlich sind mathematische Beziehungen, die nur recht wenig Information (im Sinne von Shannon) darstellen. Sie gelten für alles und können schon allein deswegen keine Information enthalten, die nur für eine ganz bestimmte Klasse physikalischer Systeme charakteristisch ist, etwa für biologische Systeme.
 
Wir sehen also: Um den hohen Informationsgehalt lebender Organismen verstehen zu können, müssen wir uns daran erinnern, dass er nicht nur Produkt physikalischer Gesetze ist, sondern auch der Geschichte des Objekts. Das Leben hat seine ungeheuere Komplexität erworben als Resultat eines Prozesses, der Milliarden von Jahren andauerte und eine ungeheuer große Zahl informationsverarbeitender Schritte bedurfte. Jeder biologische Organismus ist deswegen Produkt einer komplexen, verschlungenen Entwicklungsgeschichte. und so gilt:
 
 
Fast alles Leben, dem wir heute begegnen, besteht zu 1% aus Physik und zu 99% aus Geschichte.

 
 
Wenn nun aber nicht schon die Gesetze der Physik Leben formen, welches andere Ordnungsprinzip wirkt denn hier?
 
So ein Prinzip ist tatsächlich vorgeschlagen worden, wurde und wird aber immer noch von der klassischen Wissenschaft aufs Heftigste bekämpft, da viele es als esoterisches Gedankengut einordnen: Teleologie. Das Wort kommt aus dem griechischen telos, was "Ende", "Ausgang" oder "Ziel" bedeutet. Eine teleologische Entwicklung ist deswegen eine Entwicklung, die zielgerichtet ist, und der Wissenschaft verdächtig ist sie deswegen, weil etwas auf ein Ziel hin zu treiben, entsprechenden Willen erfordert, die Mehrzahl aller Wissenschaftler sich ab weigert, daran zu glauben, dass auch scheinbar unbelebte Materie wenigstens einen Spur von Willen haben kann.
 
Doch schon Aristoteles war der Meinung, dass es verschiedene Arten von Zielen gibt, von denen einen das » letzte Ziel « ist: der Endzustand, auf den jede Handlung hin zielt.
 
Bei menschlicher Handling ist das einfach einzusehen: Ein Baumeister kauft Ziegel, um ein Haus zu bauen. Ein Koch gibt den Braten ins Rohr, um eine Mahlzeit zuzubereiten. In diesen Beispielen sind Haus und Mahlzeit das letzte Glied einer geplanten Kette von Ursache und Wirkung. Nur wenn wir diese » teleologische « Dimension mit betrachten, können wir verstehen, warum Baumeister und Köche so handeln, wie sie handeln.
 
Auch bei Tieren, ja selbst bei Pflanzen, ist diese Dimension ganz offensichtlich gegeben: Der Falke stößt herab, um die Maus zu fangen. Die Pflanze versucht, möglichst senkrecht nach oben zu wachsen, damit sie Licht bekommt. Und dennoch wird nun schon seit Newton die Teleologie aus der Physik verbannt.
 
In der Biologie kann man Teleologie kaum abstreiten, und doch hat Darwin in seiner Evolutionstheorie streng darauf geachtet, alles Teleologische herauszuhalten: Für ihn regierten nur Zufall und Lebenstauglichlichkeit (Selektionsdruck).
 
So gesehen steht Darwin in scharfem Gegensatz zur — heute diskredierten — Evolutionstheorie von Langmarck, nach der Organismen von sich aus bestrebt sind, sich anzupassen, um besser zu überleben, und auch erworbene Fähigkeiten vererben können.
 
Durchgesetzt hat sich Darwins Auffassung, und man kann fast sagen, dass die Wissenschaft eben dabei ist, sich auch von den letzten Resten teleologischen Denkens zu befreien.
 
VORSICHT aber: Teleologie hat nichts mit Theologie zu tun. Obgleich Aristoteles' Konzept eines letzten Zieles theologisch neutral war, erschien vielen Wissenschaftlern das teleologische Prinzip zu nahe am Gedanken einer führenden Hand Gottes bei der Gestaltung des Universums. [ Dass Laien die beiden Worte teleologisch und theologisch gerne verwechseln, mag auch eine Rolle gespielt haben. ]
 
Auf jeden Fall gilt: Das starke anthropische Prinzip flirtet mit der Teleologie, und Wissenschaftler, die sie aus der Physik heraushalten wollen, haben deswegen über derart "blauäugige Begriffe" ihren Spott ausgeschüttet.
 

Gell-Mann etwa schrieb (1994):
 
Das Leben kann sehr wohl aus den physikalischen Gesetzen in Kombination mit Zufällen entstehen, der Geist aus der Neurobiologie. Es ist nicht nötig, zusätzliche Mechanismen oder verborgene Ursachen anzunehmen.
 
In seiner stärksten Version würde
[ das anthropische Prinzip ] sich vermutlich auf die Dynamik der Elementarteilchen und den Anfangszustand des Universums erstrecken und diese grundlegenden Gesetze des Universums so zurechtschneidern, dass sie den Menschen hervorbringen. Diese Idee scheint mir derart lächerlich, dass sie keiner weiteren Erörterung bedarf.
 
 
Quelle: Murray Gell-Mann: Das Quark und der Jaguar. Vom Einfachen zum Komplexen — die Suche nach einer neuen Erklärung der Welt (1994), S. 303.
 



Paul Davies nennt als Gegenargument:
 
Es ist nicht einzusehen. dass die erweiterte Multiversumstheorie — das ist diejenige, die davon ausgeht, dass jedes nicht unmögliche Gesetz irgendwo im Multiversum auch tatsächlich herrscht — teleologische Gesetze ausschließen sollte: Sie sind ja schließlich möglich. Vertritt man also die erweiterte Multiversumstheorie, so muss man sich tatsächlich fragen, ob nicht vielleicht unser Universum Resultat teleologisch gesteuerter Prozesse ist und ob nicht auch in ihm solche Gesetze selbst da noch herrschen, wo wir es bisher weder bemerkt noch für möglich gehalten haben.
 


Die Teleologie ist bei Wissenschaftlern aber keineswegs nur aus ideologischen Gründen unbeliebt. Ihr scheinbar wichtigster Einwand: Wenn irgendwo neben den physikalischen Gesetzen auch teleologische wirken, wären doch Situationen denkbar, in denen es zu Zielkonflikten kommt. Wie aber lösen sich solche Konflikte?
 
Doch die Antwort liegt auf der Hand, wenn wir uns selbst betrachten — z.B. dann, wenn jemand am Reck turnt oder auch einfach nur einen Berg erklimmt:
 
Das physikalische Gesetz, ebenso wie unser Wille, üben dann einander entgegengesetzten Druck aus. Es gewinnt, wer von beiden den größeren Druck erzeugt.
 


 
Quelle: Paul Davies: Der kosmische Volltreffer (2008), S. 293-297 + Fußnote 28 auf S. 360

 
 
 
Wer sich all diese Argumente durch den Kopf gehen lässt, könnte gut auf den Verdacht kommen, dass die gesamte Natur Leben darstellt und biologisches Leben sich von scheinbar unbelebter Materie nur insofern unterscheidet, als der Wille der letzteren um Größenordnungen schwächer ist als der Wille von Mensch, Tier und Pflanze.
 
Ich sehe hier einen Zusammenhang mit Beobachtungen, die Kristallologen, gemacht haben und die Sheldrake zu seiner Theorie morphogenetischer Felder brachten.
 
 
 
Nebenbei noch:
 
Menschlicher Wille — aber selbst der von Pflanzen — kann erstaunlich zielgerichtet sein und hohen Druck ausüben. Wer von uns hat sich nicht schon mal darüber gewundert, wie selbst Grashalme gelegentlich eine Asphaltdecke heben und durch sie ans Licht wachsen. Ist also vielleicht auch Wille eine Grundkraft der Natur?
 
Aber können wir wirklich ausschließen, dass Physik sie nicht doch irgendwann zu modellieren lernt?
 
Wenn wir also definiert haben, dass Leben etwas sei, dem eine nicht-physikalische Kraft innewohne, könnte sich das sehr schnell als eine doch recht relative Aussage entpuppen.

 
 

 
 
Der eigentlich bedenkenswerte Einwand gegen Teleologie

 
Sich vorzustellen, dass schon Existierendes sich aus eigenem Antrieb Ziele setzen kann, um sie dann — mit viel Willensstärke entgegen dem Drang physikalischer Gesetze — auch gezielt anzusteuern, ist eine Sache. Sich solche Ziele aber überhaupt auszudenken ist eine ganz andere:


Paul Davies (2006, S. 306):
 
Die Teleologie wird nicht nur abgelehnt, weil sie mit den Gesetzen der Physik in Konflikt kommen kann. Sie leidet auch unter einem anscheinend unlösbaren Problem, das mit Ursache und Wirkung zu tun hat:
 
Sie nimmt per definitionem einen zukünftigen Zustand vorweg — z.B. die Existenz biologischen Lebens — und verwirklicht ihn über einen oft lange andauernden Prozess.
 
Dieses Element von Vorbestimmung steht nun aber in krassem Widerspruch zum normalen Konzept von Ursache und Wirkung, nach dem Ereignisse stets nur die Zukunft, aber nie die Vergangenheit beeinflussen können. Teleologie scheint dieses Verhältnis umzudrehen und zu erlauben, dass Zukunft die Gegenwart bestimmt. Wie aber kann das gehen? Wie konnte das frühe Universum von biologischem Leben wissen, um es dann gegen den Widerstand physikalischer Gesetze zu realisieren?
 


Auch dieses Argument scheint mir den Schluss zuzulassen, dass Willenskraft eine Kraft wie jede andere sein muss. Es wundert uns ja schließlich auch nicht, dass z.B. ein elektrisch geladenes Objekt durch die elektromagnetische Kraft in eine Richtung und durch die Gravitationskraft in eine ganz andere gezogen werden kann.
 
Nur wenn man annimmt, dass Willenskraft eine Kraft ist, die mit anderen Kräften konkurriert wie auch jene untereinander konkurrieren, kann Evolution im Sinne von Darwin zu biologischem Leben geführt haben ohne dass es vorweg schon hätte angedacht sein müssen.
 
So gesehen ist das Wirken eines teleologischen Prinzips dann tatsächlich weder notwendig noch plausibel. Es würde reichen, wenn überall in der Natur Wille und Willenskraft gegeben sind — aber natürlich ist auch das alles andere als selbst­verständlich, da wir beides bisher ja nur in schon relativ hoch entwickeltem Leben tatsächlich beobachten. Zu fragen bleibt, auf welcher Stufe der kosmischen Evolution erste Spuren davon gegeben waren (bzw. in welcher Art quantenphysikalischer Wellenpakete sie gegeben sind, ohne dass wir sie dort schon entdeckt haben).

 

 Beitrag 0-303
Eine weit konsquentere Definition des Konzepts » Leben «

 
 

 
Wie Tipler, Barrow und Dawkins » Leben « definieren

 


Frank J. Tipler (1994):
 
Um » Leben « anhand physikalischer Begriffe zu definieren, verstehe ich unter einem » Lebewesen « jedes Gebilde, das Informastion codiert und über natürliche Auslese bewahrt.
 
Nach einer Theorie des Biochemikers A.G. Cairns-Smith bestanden die ersten Lebewesen — unsere und auch aller Pflanzen Urvorfahren — aus Metallkristallen: Unsere ältesten Vorfahren waren sich selbst kopierende Muster von Defekten in Kristallen.
 
Doch ist Leben natürlich kein statisches Muster, sondern ein dynamisches, mithin ein Prozess. Aber nicht alle Prozesse » leben «. Das wichtigste Merkmal Leben darstellender Muster ist, dass ihr Fortdauern auf einem Feedback mit ihrer Umgebung beruht und die im Muster codierte Information ständig variiert in Reaktion auf jenes Feedback.

 
 
Somit ist Leben — wie schon erwähnt — durch natürliche Auslese bewahrte Information.

 
 
Einige Folgerungen, die sich aus dieser Definition ergeben, leuchten nicht ohne weiteres ein.
 
1986 wiesen John Barrow und ich darauf hin, dies bedeute unter anderen, dass Autos leben, denn:

     
    Sie reproduzieren sich in Fabriken und bedienen sich dabei menschlicher Mechaniker, aber Gleiches gilt für männliche Menschen: Zur Produktion ihrer Kinder benötigen sie über sich selbst hinaus eine Fabrik, genannt "Gebärmutter".
     
    Ähnliches gilt für blütentragende Pflanzen: Sie benutzen Bienen zu ihrer Befruchtung und Tiere, ihren Samen zu verbreiten. Viren benötigen die gesamte Maschinerie einer Zelle, um sich zu reproduzieren.
     
    Die Form von Autos entwickelt sich über natürliche Auslese, denn nur was gefällt und modischen Trends folgt, wird produziert (da anderes ja keine Käufer findet).

 
 
Interessant nun aber: Im gleichen Jahr, als Barrow und ich öffentlich verkündeten, dass Autos leben, erschien Richard Dawkins Buch The Blind Watchmaker, in dem man gleich zu Beginn liest: "Computer und Autos ... [werden] in diesem Buch wie biologische Gegenstände behandelt."
 
Und in seinem früheren Werk The Selfish Gene erklärt Dawkins, man solle Ideen des menschlichen Geistes, die durch natürliche Auslese bewahrt werden, als lebende Strukturen betrachten, und zwar nicht nur im übertragenen, sondern auch wirklich im technischen Sinne.
 
 
Der Biologe Dawkins ist also zur gleichen Definition von Leben gelangt, wie wir [ Tipler und Barrow ] auch.
 
Jeder Versuch, Leben auf Physik zu reduzieren, wird unweigerlich zu diesem Ergebnis führen.

 


 
 
Unter einer Person versteht Tipler ein informationsverarbeitendes Gebilde, welches den Turing-Test besteht.
 
Genau genommen, so schreibt Tipler, bestehe eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen einem Computerprogramm und der mittelalterlichen — durch Thomas von Aquin auf den Punkt gebrachten Vorstellung von dem, was wir Seele nennen:

     
    Jedes Computerprogramm — als formale Ursache einer Aktion des Computers — ist eine Folge von Zahlen, materielle Ursache sind die Eigenschaften der Materie, aus denen der Computer besteht, und wirkende Ursache ist das Öffnen und Schließen von Stromkreisen.
     
    Nach Thomas von Aquins bedarf die menschliche Seele eines Körpers um zu denken und zu fühlen, ganz so wie ein Computerprogramm einen Computer braucht, um arbeiten zu können.
     
    Seele, so Thomas von Aquin kennzeichnet sich durch zwei Fähigkeiten:
       
    • den agierenden Intellekt (intellectus agens), d.h. die Fähigkeit sich Vorstellungen anzueignen, und
       
    • den rezeptiven Intellekt (intellectus possibiles), d.h. die Fähigkeit, erworbene Vorstellungen zu bewahren und sich ihrer zu bedienen.

    In der Informatik ist es ganz ähnlich:
       
    • agierend sind die Regeln, welche die Verarbeitung der in Registern der CPU vorhandenen Information betreffen,
       
    • rezeptiv aber sind die im RAM oder auf sequentiellem Speicher codiert vorgefundenen Programme.

    Darüber hinaus leitet sich das Wort Information ab vom durch Aristoteles geprägten — und später von Thomas von Aquin übernommenen — Begriff der Form.
    Wir informieren uns, indem unser rezeptiver Intellekt neue Form annimmt.

 
Lebewesen also, so Tiplers Credo,
  • kennzeichnen sich durch agierenden und rezeptiven Intellekt (sog. Seele).
  • Sie können — und werden schließlich auch — überall dort existieren, wo die Gesetze der Physik Informationsverarbeitung erlauben.
     
  • Dass sie in nicht allzu ferner Zukunft zum großen Teil Von-Neumann-Sonden sein könnten — Roboter also, die in der Lage sind, weitere, mindestens so fähige Roboter zu bauen — will Tipler nicht ausschließen. Mehr noch: Er hält es für wahrscheinlich.
     
    So also sieht seine  p h y s i k a l i s c h e  Theorie der Unsterblichkeit aus.
     
    Dass sie nichts mit Religion zu tun hat, sollte nun offensichtlich sein ( obgleich Tipler uns anderes zu suggerieren versucht ).


 
 
Quellen: Frank J. Tipler: The Physics of Immortality (1994), in Deutsch: Die Physik der Unsterblichkeit, DTV (1995), S. 163-165.
 
A. Graham Cairns-Smith: Genetic Takeover and the Mineral Origin of Life, Cambridge University Press, 1982.


 

 Beitrag 0-28
Wie kam es zur Existenz erster reproduktionsfähiger biologischer Zellen?

 
 

 
Wie entstand eine erste reproduktionsfähige biologische Zelle?

 
 
In einem sehr ausführlichen Artikel mit dem Titel Hat die Biologie das Leben erklärt? befasst sich Siegfried Scherer (TU München) mit der Frage, ob Leben denn nun wirklich nur absolut zufällig entstanden sein kann.
 
 
Seine Ausführungen, so sagt er selbst, konzentrieren sich auf zwei Fragen:
  • Wie viele Proteine waren für eine primitive Urzelle mindestens erforderlich?
     
  • Wie hoch ist der Anteil funktionaler Proteine in Sequenzraum (und damit die Chance, dass solche Sequenzen unter präbiotischen Bedingungen entstehen können)?

 
Mir persönlich erscheint es sinnlos, der Betrachtung gerade diesen Schwerpunkt zu geben, denn:
  • Unser Universum ist eine Ansammlung sich — durch Quantenfluktuation und Dekohärenz — ständig neu konfigurierender Energie.
  • Dass Konfigurationen möglich sind, die wenigstens eine reproduktionsfähige Zelle (als Teilsystem) enthalten, ist offensichtlich (da wir selbst sonst nicht existieren würden).
  • Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich absolut zufällig eine solche Konfiguration ergibt, kann deswegen nicht Null sein.

 
Neben Zufall aber gibt es nur eine andere Möglichkeit: Einen bewusst eingreifenden Schöpfer.
  • Man kann also entweder Atheist sein (einen Schöpfungsakt ausschließen)
     
  • oder die Möglichkeit eines Schöpfers doch in Betracht ziehen (was dann zwingend zur Folge hat, dass für uns nicht mehr entscheidbar sein kann, auf welchem der beiden dann möglichen Wege es zur Existenz von Leben kam).

 
Ich persönlich schließe einen Schöpfer nicht aus, bin aber doch der Meinung, dass — nachdem das Universum existent war — ein expliziter Eingriff des Schöpfers gar nicht mehr notwendig war.
 
Vielleicht sind ja brodelnde Energie, die natürlichen Zahlen und die sie in ihren Beziehungen zueinander regierenden mathematischen Gesetze schon wirklich alles, was unser Schöpfer direkt zu schaffen hatte. Der ganze Rest, da bin ich mir sicher, kann sich dann sehr gut nur noch durch absoluten Zufall gesteuert ergeben haben.
 
Meine Meinung also:

 
Die Frage, ob Leben sich zufällig ergeben hat, ist unentscheidbar.
 
Es macht höchstens Sinn, der Frage nachzugehen,  w i e  es sich aus präbiotischen Zuständen entwickelt haben könnte.



 

 Beitrag 0-84
Wo findet sich die Wurzel allen Lebens?

 
 

 
Was ist und wo beginnt Leben?

 
 
Ganz offensichtlich gibt es Leben in mindestens drei Grundformen
     
  • Physikalisch:

      Aus Sicht der Physik lebt unsere Welt, da es Quantenfluktuation gibt: Sie ist dafür verantwortlich, dass ständig Neues entsteht, sich fortentwickelt und schließlich wieder im Formlosen verklingt.

     
  • Biologisch:


     
  • Spirituell:


 
Sollte spirituelles Leben stets nur Teil biologischen Lebens sein, wäre absolut ungeklärt, wo seine Wurzeln liegen.
 
Wer aber will so genau wissen, ob nicht vielleicht doch schon Geist selbst noch die Quantenfluktuation hervorruft?

 

 Beitrag 0-151
Wie extrem unwahrscheinlich das Entstehen von Leben war

 
 

 
Über die extrem geringe Wahrscheinlichkeit
 
Leben zulassender Universen

 
 
Ohne Licht gäbe es uns nicht.
 
Letztendlich sind wir Resultat eines allerersten Symmetriebruchs, zu dem es in einem anfangs raum- und zeitlosen Universum kam, welches einfach nur extrem dichte Ansammlung von Energie war ( wahrscheinlich plötzlich aufgetaucht aufgrund von Quantenfluktuation und/oder des Tunneleffekts der Quantenphysik ).
 
Schon die Tatsache, dass es zu 3 Raumdimensionen kam und zur Möglichkeit, dass ständig etwas geschehen konnte (uns also Zeit erzeugt hat), muss als ganz wesentlich eingestuft werden, denn nur so sind Kraftgesetze möglich, die Planetensysteme wie das unserer Sonne über lange Zeit erhalten können.
 
Nachdem der Zahn der Zeit nun erstmals dank des so extrem unwahrscheinlichen Vorfalls eines Auftauchens unserer Welt aus dem Nichts zu nagen begann (wohl wieder nur deswegen, weil es Quantenfluktuation gibt), war die Möglichkeit geschaffen, dass sich Materie bilden konnte.
 
Sie aber derart reichhaltig werden zu lassen, wie wir sie heute kennen, bedurfte es noch einiger weiterer — gar nicht selbstverständlicher — Bedingungen:
     
  • Erst Abkühlung und Ausdehnung verwandelte in unserem frisch geschlüpften Universum Photonen in erste Spuren von Materie (Quarks), womit es dann nicht nur erste Bosonen, sondern auch erste Fermionen gab.

     
  • Vor allem das zufallsgetriebene Auftauchen erster W- und Z-Bosonen führte zu einer Spezialisierung unter den Bosonen, d.h. zu einer Aufspaltung der Elementarkräfte und schließlich zu 4 Grundkräften, die deutlich unterschiedliche Reichweite haben.

     
  • Nur weil es in unserem Universum — wieder der Quantenfluktuation wegen — schon seit seinem plötzlichen Auftauchen aus dem Quantentunnel geringe Dichteunterschiede gab, konnten chemische Elemente entstehen: zunächst Wasserstoff, und dann sein eigenwilliger, bindungsunwilliger Freund, das Edelgas Helium.
       
    • Wäre unser Universum allerdings zu schnell expandiert — und damit zu schnell abgekühlt — hätten sich niemals Atomkerne bilden können: Es wären dann nämlich schon innerhalb von nur 15 Min sämtliche Neutronen ausgestorben, d.h. zu Protonen geworden ohne die Möglichkeit sich neu bilden und an andere Protonen klammern zu können, um zusammen mit ihnen Atomkerne zu bilden.
       
    • Es hätten sich dann auch nicht — so etwa 380 000 Jahre später — Elektronen zu den Atomkernen gesellen können, um so erste ungeladene Atome zu bilden mit dem Effekt, dass das Licht von nun an freie Bahn bekam, sich ungehindert auszubreiten (man ist daran erinnert, dass die Bibel uns berichtet: Und Gott sprach "es werde Licht".
       
    • Wäre auch an dieser wichtigen Schwelle die Expansion des Raumes schneller vorangeschritten, sähe unsere Welt heute völlig anders aus: Materie, wie wir sie kennen, gäbe es nicht. Strukturbildung hätte niemals in Gang kommen können. Das Universum wäre völlig gleichförmig, und abgesehen von einer ständigen Verdünnung der Ionenwolke bestehend aus Protonen und Elektronen, die es dann wäre, könnte nichts passieren.
       
    • Wäre die Expansion aber schleppender verlaufen, hätte sich Materie haufenweise derart schnell zusammenballen können, dass die kritische Dichte zugunsten eines geschlossenen Universums gekippt und so der gesamte Raum wieder auf quantenmechanisches Ausmaß in sich zusammenfallen hätte müssen.

     
  • Es erscheint daher als großes Wunder, dass unser Universum nun schon fast 14 Mrd Jahre lang fast exakt entlang der kritischen Dichte expandiert und daher schön flach ist — mindestens in dem durch uns noch beobachtbaren Bereich.
     
    Dass dem so ist, haben wir wohl Dunkler Materie und Dunkler Energie zu verdanken, denn bestünde unsere Welt nur aus den lächerlichen 4 Prozent, welche die leuchtende Materie ausmacht, hätten sich sie darstellende Sterne wohl niemals bilden können. Wie aber hätte es dann zur Fusion schwererer Elemente als Helium kommen können?
     
    Erst ständig Licht erzeugende Sterne haben uns das All erhellt, und erst das Entstehen erster Population-III-Sterne hat den Materiekreislauf in Gang gebracht: das Erbrüten immer schwererer Elemente durch die Kerne der Sterne.
     
    Immerhin 92 Prozent dieser Elemente sind heute Bestandteil unseres Körpers. Wir sind damit vor allem eines: Sternenstaub, Asche verbrannter Sterne, die gerade noch warm genug ist, Leben zu beherbergen.

     
  • Dieses Leben entstehen zu lassen, bedurfte es jedoch
       
    • einer einige Milliarden Jahre lang währender Abkühlung des Alls
       
    • und zudem noch des Entstehens eines Planetensystems, welches alle Eigenschaften besaß, jenes Leben zu schützen:
       
    • Hierzu war zunächst mal wichtig, dass unser Sonnensystem seit seiner Entstehung vor 4.6 Mrd Jahren noch keine einzige Supernova-Explosion in seiner näheren Umgebung miterleben musste — und wir reden hier immerhin von einem Bereich, dessen Radius mindestens 50 Lichtjare groß ist!
       
    • Nur dieser ruhigen Lage ist es zu verdanken, dass entstehendes Leben nicht schon früh wieder ausgelöscht worden ist.
       
    • Zudem ist unser Stern — unsere Sonne — insofern ein absoluter Glücksgriff, als sie recht langsam verbrennt, also recht lange existiert und insbesondere recht lange die angenehme Nestwärme garantiert, die Leben benötigt, sich zu entwickeln.
       
    • Der durch sie erzeugte Sonnenwind schützt uns vor kosmischer Strahlung, macht aber dank des Magnetfeldes unserer Erde ihr selbst nicht viel aus. So also kommt es, dass wir wärmendes Licht zwar bekommen, durch allzu harte Strahlung aber nicht ausgelöscht werden.
       
    • Die Tatsache, dass die Lichtgeschwindigkeit zwar groß, aber doch endlich ist, macht uns das Leben interessant, denn nur so können wir in die Vergangenheit und weit ins All hinaus blicken.
       
    • Und wie unglaublich wichtig für uns ist die Existenz der besten Freunde der Photonen: der Elektronen. Denn nur durch ihr ständiges Verschlucken und Wiederausspucken von Photonen wird unsere Welt für uns farbig und können wir Strukturen sehen. Ganz zu schweigen davon, dass sie notwendig waren, ungeladene Teilchen — die Atome — entstehen zu lassen und so der Raum durchsichtig werden konnte.
       
      Auch Moleküle, und letztlich uns, könnte es ohne Elektronen nicht geben.

     
  • Ferner ist von zentraler Bedeutung, dass die Gravitation weder stärker noch schächer ist, als wir beobachten:
       
    • Wäre sie schwächer, müssten die Sterne größer werden, um Kernfusion in Gang zu setzen.
      Ihre Strahlung wäre dann viel zu energiereich und ihre Brenndauer viel zu kurz, um Leben zu unterstützen.
       
      Wäre sie viel schwächer, hätten sich Sterne, Planeten, Galaxien und Filamente gar nicht erst bilden können.
       
    • Wäre sie jedoch stärker, wären die die Sterne kleiner und kurzlebiger, da ihre Kernfusion durch den stärkeren Druck ihrer eigenen Gravitationskraft schneller voranschreiten würde. Planeten könnten sie dann nur in viel engeren Bahnen lange umkreisen, was bewirken würde, dass auf ihnen Leben eher nicht möglich wäre.
       
      Wäre sie viel stärker, müsste das Universum schon längst wieder in sich zusammengefallen sein.

     
  • Von ganz besonderer Bedeutung für die Existenz unserer Welt sind jedenfalls die Gesetze der Quantenmechanik:
     
    Unschärfe-Relation, Tunneleffekt und Wirkungsquantum.

 
War es also Zufall oder Absicht, dass sich unser Universum — eine urplötzlich auftauchende Portion von Energie — so entwickelt hat, wie es sich entwickelte?
 
Warum sind die Naturgesetze so, wie sie sind?

 
Man weiß es nicht.

 
 
 
Quelle: Daniela Leitner: Als das Licht laufen lernte (Bertelsmann 2013, Seite 793-805)


 

 Beitrag 0-162
Was genau sind Leben und Intelligenz?

 
 

 
Wie definiert die Natur Leben und Intelligenz?



Mathias Bröckers, 1998 :
 
Mit der Frage » Was ist Leben? « verhält es sich wie mit der Frage » Was ist Intelligenz? « — je genauer man hinschaut, desto ungenauer fällt die Antwort aus.
     
  • Das Lexikon definiert die Dinge als lebendig, die wachsen, funktioniern und sich fortpflanzen. Aber auch Kristalle verfügen über diese Eigenschaften — sollte man sie deswegen als Leben einstufen?
     
  • Genauere Versuche, Leben als solches zu charakterisieren, beziehen die Fähigkeit zur Reaktion und Stoffwechsel mit ein — aber was ist mit dem 2000 Jahre alten Samen der Lotusblume, der erfolgreich ausgesät und gezüchtet wurde? War er während dieser 2000 Jahre tot oder lebendig? Oder was gilt für die Pilz-Spore, die Jahrmillionen durchs All schwebte und plötzlich, wenn Umgebung und Temperatur stimmen, zu wachsen beginnt?

Anfang der 80-er Jahre schlugen Gerald Feinberg (ein Physiker) und Robert Shapiro (ein Biochemiker) vor, das Problem einer präzisen Definition von Leben dadurch zu lösen, dass man die Unterscheidung zwischen Leben und Nichtleben aufgebe, weil   Leben nicht als isoliertes Einzelphänomen erkennbar  sei, sondern nir in Wechsewirkung mit einer Umgebung.
 
Sie gelangten zur Meinung, dass Leben stehe und falle mit dem Ausmaß der Ordnung, zu der Teile sinnvoll zusammengefügt sind und in ihrer Beziehung zueinander Information kodieren.
 
 
Es scheint, als ob die Frage » Was ist Leben? « ebenso wie die Frage » Was ist Intelligenz? « auf ein und dieselbe Antwort hinauslaufen: auf
 
die Fähigkeit zur Selbstorganisation.

 
Das Paradox der Selbstorganisation aber ist:
 
 
Je eigenständiger und kreativer ein Selbst ist, desto fester ist seine Einbindung in den Infomationszyklus des Ganzen —
 
und desto weniger kann es auf jenes Ganze als notwendiger Umgebung seiner selbst verzichten.

 
Kein Wunder also, dass James Lovelock zu seiner Gaia-Theorie gelangte, nach der die gesamte Erde als Lebewesen begriffen werden muss.
 
Die Erde lebt — und das auch ohne uns. Gaia, so Lovelock, ist weder die gütige, alles verzeihende Mutter, noch eine zarte zerbrechliche Jungfrau, die einer brutalen Menscheit hilflos ausgeliefert ist. Sie ist vielmehr streng und hart: Denen, die die Regeln einhalten, verschafft sie ein stets warmes, angenehmes Zuhause. Unbarmherzig aber vernichtet sie jene, die zu weit gehen. Ihr unbewusstes Ziel ist ein Planet, der Leben fördert. Steht der Mensch diesem Ziel entgegen, wird er eleminiert werden.
 
Gaias Grundgesetz und die erste Regel aller Selbstregulierung scheint zu sein: Alle Parasiten streben danach, zu Symbioten zu werden.
 


 
 
Interessant in diesem Zusammenhang ist das Beispiel der Schleimpilze.
 
Es sind dies einzellige Lebewesen, die in ihrer Lebensweise an Tiere und Pilze gleichermaßen erinnern, aber zu keiner der beiden Gruppen gehören.



Mathias Bröckers, 1998 :
 
Der sog. Schleimpilz ist kein Pilz, sondern ein amöben-ähnliches, einzelliges Lebewesen, das in verwesender Vegetation auf Waldböden vorkommt.
 
Es pflanzt sich durch einfache Zellteilung fort und kann sich so auch über größere Gebiete ausbreiten.
 
Sobald die Nahrung in seiner Umgebung erschöpft ist, geschieht etwas Außergewöhnliches: Die einzelnen Schleimpilze beginnen sich nach innen zu bewegen, rücken zusammen und verklumpen sich schließlich zu einem komplexen Organismus. Wie eine Art Schnecke kriecht dieses Wesen dann in ein neues Nahrungsgebiet und verwandelt sich dort erneut: Es errichtet einen Stengel, an dessen Spitze sich ein Fruchtkörper bildet, von dem sich in großer Zahl Sporen lösen und im Waldboden eine neue Kolonie bilden.
 
Woher aber » weiß « der individuelle Schleimpilz, wann es Zeit ist, seine Individualität aufzugeben und einen kollektiven Organismus zu bilden?
 
Die einfache Teilung, derer er sich zur Fortpflanzung bedient, zeigt, dass wir es bis heute mit einer seit den Frühzeiten des Lebens praktisch unveränderten Art zu tun haben — mit einer Art, die Selbstorganisation perfekt beherrscht, Leben darstellt und — ansatzweise wenigstens — sogar Intelligenz aufweist, da sie ja offensichtlich intelligent handelt.
 


Welches Regelsystem mag denn nun bewirken, dass es zu solcher Selbstorganisation, Leben und sogar Intelligenz kommt?
 
Statt von Selbstorganisation ( Autopoiesis = Selbsterschaffung & Selbsterhaltung ) spricht man oft auch von » Emergenz « (d.h. dem sich Herausbilden neuer Eigenschaften, die allein der Summe aller Teile zukommen, ohne dass man wüsste, wie einzele Teile zum Entstehen jener Eigenschaften beitragen).
 
Lies auch, was Joachim Sohns dazu erklärt.
 
 
Ursache von Emergenz scheinen sog. » dissipative Strukturen « zu sein. Es sind dies ganz erstaunlich häufig durch die Natur geschaffene Strukturen, die äußerst unwahrscheinliche Zustände darstellen. Obgleich höchst instabil, bleiben sie oft — dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik zum Trotz — über längere Zeit hinweg erhalten.
 
Ilya Prigogine (sprich "Prigoschin"), der sie 1967 entdeckt und beschrieben hat, erhielt hierfür 1977 den Nobelpreis für Chemie.
 
Was dissipative Strukturen aufrecht erhält ist ein ständiger Energie- und Materialdurchfluss. Ihre Entstehung und Entwicklung läßt sich mathematisch erfassen.
 
 
Note: Beispiele dissipativer Strukturen und ihrer nahezu unglaublichen Wirkung scheinen vor Prigogine schon andere gekannt, ja sogar gezielt genutzt zu haben. Dies gilt mit Sicherheit für Viktor Schauberger, der diese Kenntnis — wegen der er zunächst verlacht worden war — zum Bau besonders effektiver Holzschwemmanlagen genutzt hat (erst durch sie gelang es, auch noch das Holz von Bäumen, die in schwierigen Gebirgslagen wuchsen, erfolgreich und kostengünstig zu Tal zu bringen).
 
Man lese hierzu:
     
  • Callum Coates: Living Energies — Viktor Schaubergers brilliant work with natural energy (1996),
     
  • Michel Schiff: Das Gedächtnis des Wassers — Homöopathie und ein spektakulärer Fall von Wissenschaftszensur (1997),
     
  • Hans Kronberger und Siegbert Lattacher: Auf der Spur des Wasserrätsels (1995),
     
  • Richard Milton: Verbotene Wissenschaft (1994), ab Seite 39.
     
  • Wikipedia: dissipativ, Dissipation
     
  • Wikipedia: Energie = Exergie + Anergie. Unumkehrbar sind genau die Prozesse, die Exergie in Anergie wandeln.

 
 
Quelle: Mathias Bröckers: Das sogenannte Übernatürliche, Eichborn 1998


 

 Beitrag 0-233
Wurzel allen Lebens ist der ständige » Kollaps der Wellenfunktion «

 
 

 
Leben charakterisiert sich durch

die Fähigkeit, abstrakter Information Bedeutung zuordnen zu können

 
 
Wie in Notiz 0-230 erklärt, ist alle Information zunächst bedeutungslos (abstrakt, wie man auch sagt).
 
Görnitz schreibt:
 
 
Leben ist das Schaffen von Bedeutung aus bedeutungsloser Information.

 
Zudem gilt:
 
Je höher entwickelt eine Lebensform ist,
 
desto mehr Möglichkeiten für Erzeugung und Weitergabe von Bedeutung stehen ihr zu Verfügung:

 
     
  • Für erste Formen von Leben war nur genetische Weitergabe von Bedeutung möglich.
     
  • Schon bei Vögeln — und noch weit mehr bei Säugetieren — entwickelt sich Sozialverhalten, da hier Bedeutung im Rahmen der Brutpflege von Eltern an ihre Kinder — über bedeutungstragendes Verhalten und bedeutungstragende Zeichen — weitergegeben wird (soziale Entwicklungsstufe).
     
  • Wo Sprache entstand, wurde Erzeugung und Weitergabe von Bedeutung nochmals deutlich erleichtert und mit der Erfindung von Schrift sogar unabhängig vom direkten Kontakt: Die kulturelle Entwicklungsstufe war erreicht.

 
Da — wie ebenfalls in Notiz 0-230 erklärt — bedeutungstragende Information (konkrete, wie man auch sagt) klassische Information sein muss — solche also, die stets nur durch den Kollaps der Wellenfunktion entsteht —, muss er als die Wurzel allen Lebens gesehen werden.

 
 
Quelle: Thomas & Brigitte Görnitz: Der kreative Kosmos, Spektrum-Verlag (2002), S. 161-162.

 

  Beitrag 2060-9
Kirchliche Lehrmeinung oder Gewissen?

 
 
Hans-m in 2060-8:
 
Bei den christlichen Kirchen war bereits die Nutzung von Hilfmitteln (Kondom, Pille etc) zur Verhütung, eine Sünde.
Ich weiss nicht ob die Kirche heute offiziell die Nutzung erlaubt, oder nur duldet?

Zweck einer Kirche (= Religionsgemeinschaft) kann nur sein, ein Umfeld darzustellen, in dem man sein Gewissen bilden kann: Ein Umfeld, das Hilfe sein sollte, über moralische Vorstellungen nachzudenken und sie zu entwickeln.

Keine Kirche kann irgend einem von uns eine Gewissensentscheidung abnehmen!

Dass viele Vertreter von Kirchen das anders sehen, zeigt lediglich, wie begrenzt ihr Denkhorizont manchmal ist (bzw. aus machtpolitischen Gründen heraus wurde).

 

  Beitrag 1964-1
Unter Leben verstehe ich ...

 
 

Am Ende von Beitrag 1961-4 definiere ich:


Ein Ding D(Q) existiert in genau dem Ausmaß,

in dem — wie indirekt auch immer — Information darüber existiert.


( Information verstanden als Menge wahrer Aussagen )



Diese Definition zugrundegelegt, kann D(Q) als zeitlich variable Menge Info(D,Q) von Information verstanden werden.

Es macht dann Sinn zu definieren:


Ein Ding D(Q) stellt in dem Ausmaß Leben dar, in dem es in der Lage ist, sich selbst — als Menge Info(D,Q) — in einer Weise abzuändern,


die   d u r c h   k e i n   u n s   b e k a n n t e s   N a t u r g e s e t z   e r z w u n g e n   wird.


Grob gesagt:


Ein Ding lebt mindestens dann,

wenn es lernfähig ist oder in der Lage, sich zu informieren.



Gebhard Greiter (grtgrt)
 

  Beitrag 1964-4
... wonach dann z.B. auch Einzellern Leben zugesprochen wird

 
 
Hans-m aus 1964-2:
 
Trifft das auf Einzeller zu , denn die leben auch.

Hallo Hans,

die genaue Version meiner Definition war (siehe 1964-1):


Ein Ding D(Q) stellt in dem Ausmaß Leben dar, in dem es in der Lage ist, sich selbst — als Menge Info(D,Q) — abzuändern.


Und die spricht ja wohl tatsächlich auch Einzellern Leben zu.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-10
Zu leben bedeutet, sich selbst abändern zu können — und das (vielleicht) über ein gewisses Mindestmaß hinaus

 
 
Stueps aus 1964-9:
 
Vielleicht ist der Ansatz, den du wählst, schon falsch. M.E. macht es wenig Sinn, Leben über eine Menge von Qualitäten versuchen, zu definieren. Denn Leben ist m.E. schon eine eigenständige Qualität.

Hi Stueps,

ich bekomme jetzt den Verdacht, dass du das, was ich oben als die Qualität Q des Objekts bezeichne, mit als Teil meiner Definition von Leben siehst.

Das ist NICHT so, denn Q dient lediglich dazu, das Objekt selbst auch seiner Art nach hinreichend genau zu charakterisieren. Beispiel:

Eine Ziege aus Fleisch und Blut ist ganz was anderes, als eine Ziege, die mir im Traum erscheint. Und die wiederum ist ganz was anderes, als der Schatten einer Ziege an der Wand in Platons Höhlengleichnis, den die Gefangenen als die Ziege missverstehen.


In meiner Definition von Leben geht es nur um genau zwei Aspekte:
  • Leben muss in der Lage sein, sich selbst abzuändern,
  • und muss das können in einem bestimmten Mindestmaß, das eben es zu definieren gilt.

Wenn es hier also um irgend eine Qualität geht, dann ist es die Qualität der Möglichkeit solcher Selbst-Veränderung.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-13
-

 
 
Stueps aus 1964-12:
 
Leben in Qualitätsgüten zu unterteilen (also in welchem Mindestmaß es sich abändern können muss, um als Leben zu gelten), könnte problematisch sein. Da greift dann doch wieder mein Beispiel von den Viren.

Hi Stueps,

leider hat das Wort "Qualität" im Deutschen zwei grundverschiedene Bedeutungen, Wer es nutzt, kann damit meinen
  • eine Klassifizierung nach  G ü t e  (= je mehr Qualität etwas hat, desto besser ist es)
  • oder eine Klassifizierung nach  A r t  (= was von verschiedener Qualität ist, ist von verschiedener Art).

Im Kontext meiner Beiträge zur Frage » Was genau sollte man als Leben bezeichnen? « verstehe ich Qualität stets im zweiten Sinne.

Welcher Wert der einen oder anderen Art zukommt ist eine ganz andere, von mir völlig ausgeklammerte Frage. Sie müsste ganz sicher unter verschiedenen Aspekten verschieden beantwortet werden.

Kurz: Die Unterscheidungsmöglichkeiten, über die ich nachdenke, sind nicht als Werteskala zu verstehen, sondern als Skala zur Quantifizierung der Eigenschaft "kann sich selbst mehr oder weniger gezielt abändern".

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1964-16
Zwei Beispiele, an denen sich jede Definition von Leben gut testen lässt

 
Hallo grtgrt,

Beispiel 1: Ein Stern verbrennt mittels Kernfusion. Das notwendige Material hierfür trägt dueser also selbst bei. Der Stern ändert sich daher aus eigener Kraft. Zählt die Sonne damit nach deiner Definition zu den lebenden Dingen?

Beispiel 2: Ein Virus ohne Wirt ist nicht in der Lage, sich selbst (oder seinen eigenen Informationsgehalt) zu ändern.also Leben oder nicht?

Pepe
 

  Beitrag 1964-20
Stellt auch ein Virus schon Leben dar?

 
 
C... aus 1964-18:
Zitat von Grtgrt:
 
Ein Virus aber würde nach ihr Leben darstellen, da er sich ja mindestens in bestimmten Situationen so wandeln kann, wie kein uns bekanntes Naturgesetz ihm vorschreibt.

Welche "bestimmte" Situationen meinst du?

Hi C...,

wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es Situationen, in denen ein Virus sich in Kombination mit einer Wirtszelle — unabhängig von derem Genom und deren RNA — vermehren kann. Diese Situation habe ich gemeint.

Ich gebe dir aber recht, dass hier nicht klar ist, ob man diese Situation tatsächlich so interpretieren kann, dass der Virus sich selbst modifiziert. Eigentlich müsste man ja genauer sagen: Die Kombination aus Virus und Wirtszelle modifiziert sich selbst. Nach meiner Definition wäre es dann also erst sie, die lebt.

Deine beiden anderen Beispiele muss ich noch etwas überdenken. Ich hoffe, dann was dazu sagen zu können.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1964-21
Physikalische Freiheitsgrade sind nicht weniger wichtig als physikalische Gesetze (!)

 
 
Stueps aus 1964-19:
 
meines Wissens nach wird doch alles durch (uns auch schon weitgehend bekannte) Naturgesetze erzwungen.


Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Es scheint mir eher so zu sein, dass
  • das wichtigste aller Naturgesetze darin besteht, die Natur zu veranlassen, eben NICHT alles zu regeln.
  • und dass man als » Leben « all das bezeichnen sollte, was in der Lage ist, die so entstandenen Freiräume gezielt zu nutzen.

Mit anderen Worten: Es gibt
  • physikalische Gesetze,
  • daneben aber auch physikalische Freiheitsgrade.

Beide sind gleich wichtig — beide sollten wir genau kennen.


grtgrt
 

  Beitrag 1964-22
Kann man sagen, dass ein radioaktives Atom, den Zeitpunkt seines Zerfalls selbst bestimmt?

 
 
C... aus 1964-18:
 
Ein radioaktives Atom, dass jetzt zufällig zerfällt, lebt1). Menschen, die sich entscheiden, zu heizen, weil ihnen kalt ist, dagegen nicht2).

zu 1: Das Naturgesetz des radioaktiven Zerfalls in einer bestimmten Halbwertszeit gilt nicht für das einzelne Atom.
zu 2: Das Blockheizkraftwerk hat z.B. im Winter jeweils um 11.00 Uhr eine naturgesetzlich verlässliche, konstante Leistungsabnahme.
 

Hi C...,

meine Definition will Leben charakterisieren über seine Fähigkeit, gegebene Freiheitsgrade ( sich selbst zu modifizieren ) gezielt zu nutzen.

Wo Menschen sich entscheiden zu heizen, weil ihnen kalt ist, nutzen sie gezielt einen ihnen gelassenen Freiheitsgrad. Sie also fallen ganz klar unter meine Definition von Leben, wenn wir davon ausgehen, dass sie sich so selbst Wohlbefinden verschaffen (sich also selbst in einen Zustand versetzen, in den sie sonst nicht kämen).


Wirklich sprachlos allerdings macht mich dein Beispiel des radioaktiven Atoms:
  • es scheint ja ganz klar einen Freiheitsgrad zu nutzen (eben die Freiheit, den Zeitpunkt seines Zerfalls selbst zu bestimmen),
  • muss sich aber andererseits doch an die Regel halten, irgendwann auf jeden Fall zu zerfallen.

Meine Definition von Leben mal ernst genommen, könnte das aber zweierlei bedeuten:
  • Es könnte einerseits bedeuten, dass das Atom sich gar nicht selbst zum Zerfall entschließt
  • oder dass die Spitzen der Wurzeln allen Lebens eben doch schon quantenmechanisch begründete Freiheitsgrade sind.

Ich sehe mich nicht in der Lage zu sagen, was mir wahrscheinlicher erscheint.


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1964-27
Physikalische Entfaltungsfreiheit

 
 
Henry aus 1964-26:
Grtgrt aus 1964-25:
 
schließlich und endlich sind die Freiheitsgrade doch genau komplementär zu den Gesetzen.

Naturgesetze setzen Größen zueinander in Beziehung, ein Freiheitsgrad (also z. B. der Ort oder der Impuls eines Teilchens oder auch seine Ladung) ist kein Naturgesetz.

Hallo Henry,

schön, wieder von dir zu hören!

Aber was ich hier und in Beitrag 1964-21 unter "Freiheitsgraden" verstehe — bitte verzeih mir den Begriff, wenn er wirklich anders belegt sein sollte — ist schlicht und einfach die Freiheit, die die Naturgesetze den Dingen lassen, sich selbst in der einen oder anderen Richtung zu entwickeln: All das also, was Naturgesetze NICHT regeln.

Vielleicht wäre » physikalische Entfaltungsfreiheit « das richtige Wort dafür.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-33
Wie entsteht der dem Leben gegebene höhere Spielraum, sich zu entwickeln?

 
 
Zara.t. aus 1964-31:
Grtgrt aus 1964-21:
 
und dass man als » Leben « all das bezeichnen sollte, was in der Lage ist, die so entstandenen Freiräume gezielt zu nutzen.

Wie kann ich nun feststellen, ob ein Messergebniss "gezielt" gewählt wurde?

Hallo Zara.t,

sei zunächst mal willkommen geheißen: Es freut mich sehr, dass du dich an dieser Diskussion hier mit beteiligen möchtest.


Damit der Einstieg gut gelingt, sei zunächst mal auf eine Feinheit meiner Formulierungen hingewiesen das Wort "gezielt" betreffend:
  • Meine Definition von Leben in 1964-1 vermeidet es bewusst, solche Gezieltheit mit zu fordern.
  • Andererseits ist klar: Wo Freiraum  g e z i e l t  genutzt wird, sprechen wir von einer ganz besonders interessanten Form von Leben.

Wir sollten aber vielleicht sogar noch etwas weiter ausholen:

Dazu stelle ich zunächst mal fest, dass — wenn es überhaupt möglich sein sollte, die unbelebte von der belebten Natur klar abzugrenzen — die belebte sich dadurch auszeichnen sollte, dass ihr  m e h r  Freiraum zur Verfügung steht, sich eigenverantwortlich zu entwickeln, als das das für die unbelebte Natur der Fall ist.

Andererseits aber haben wir zu akzeptieren, dass wenigstens  e t w a s  Freiraum auch der unbelebten Natur gegeben ist (das folgt allein schon aus der Tatsache, dass ein Kollaps der Wellenfunktion den durch ihn selektierten konkreten Zustand des Quantenobjekts ja absolut zufällig zu wählen scheint).

Letztlich also bin ich der Meinung, dass die Frage, wo oder wodurch bei der belebten Natur der größere Freiraum (sich zu entwickeln) zustande kommt, die eigentlich wichtige ist. Solange wir sie nicht beantworten können, werden wir dem Geheimnis des Lebens wohl ganz grundsätzlich nicht auf die Spur kommen.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-42
Zur Doppelzüngigkeit der Natur: Selbst absoluter Zufall kann statistisch gesteuert sein

 
 
Zara.t. aus 1964-38:
 
sind wir uns einig, dass ... Leben nur von einer Quantentheorie beschrieben werden kann, da die nötigen Freiräume in klassischen Theorien nicht vorkommen?

Hallo Zara.t,

Leben über Quantentheorie zu beschrieben halte ich für unmöglich. Dennoch bin ich der Meinung, dass der Prozess, der zur Entwicklung von Leben geführt hat, seine Wurzeln in den Gesetzen der Quantenmechanik hat. Sie bestehen – meiner Meinung nach – in einem Zusammenwirken der beiden folgenden Tatsachen, die — da man sie nicht begründen kann — als durch die Natur gegebene Axiome zu sehen sind:

Wo ein Überlagerungszustand in einen realen Zustand kollabiert,
  • ist dessen Wert (einzeln betrachtet) absolut zufällig,
  • statistisch gesehen aber doch durch Wahrscheinlichkeiten gesteuert (jene sind gegeben durch die Wellenfunktion, die den kollabierenden Überlagerungszustand beschreibt).

Auf dieser "doppelzüngigen" Tatsache aufbauend setzt dann offenbar ein Evolutionsprozess ein, über dessen Gesetzmäßigkeiten nachzudenken mir durchaus sinnvoll erscheint.

Jener Prozess, so sehe ich das, wird
  • durch die eine Seite der Medaille (1: absoluter Zufall) in Gang gebracht und getrieben,
  • wird aber erst durch (2: gewisse Wahrscheinlichkeiten) so gesteuert, dass er nicht ständig sofort wieder rückgängig macht, was er zuvor an Fortschritt erzielt hat.

Mit anderen Worten: Die oben identifizierte "Doppelzüngigkeit" allen natürlichen Geschehens scheint essentiell (und des Pudels Kern) zu sein.

Sie scheint zu bewirken, dass zunehmend komplexere Strukturen aufbauende Schritte ein klein wenig wahrscheinlicher sind als jene, die Strukturen zerstören.

Gruß, grtgrt
 

PS: Dass absoluter Zufall statisch gesteuert sein kann, klingt zunächst widersprüchlich, ist aber letztlich nur eine Einschränkung des Begriffes "absoluter Zufall".
 

  Beitrag 1964-45
Es gibt 2 Arten von Komplexität ...

 
 
Zara.t. aus 1964-43:
 
Ich unterscheide zwischen Wirklicheit und Realität.

Wirklich ist alles, was auf als real definierte Probekörper wirkt. In diesem Sinne sind Möglichkeiten wirklich (und Realität streng genommen eine Definitionssache). Möglichkeiten können durch Wellenfunktionen dargestellt werden. Die durch diese Wellenfunktionen beschriebenen Möglichkeiten superponieren und können zB zu makroskopischen Interferenzmustern führen. Einem Elektron ist es nicht egal wieviel Möglichkeiten (Spalten, oder Gitterstruktur...) es hat ein ansonsten undurchdringliches Hinderniss zu passieren. Möglichkeiten wirken!

"Die Welt ist alles, was der Fall ist", sagt Ludwig Wittgenstein. " Und alles, was der Fall sein kann", ergänzt Anton Zeilinger.
 


All das sehe ich ebenso.

Zitat:
Es spricht aus heutiger Sicht nichts dafür, dass komplexere Strukturen wahrscheinlicher sind als einfachere. Im Gegenteil.


Auch hier kann ich nur zustimmen — allerdings nur dort, wo "wertvolle" Komplexität gemeint ist: Das ist solche kybernetischer Art.

Das Gegenteil davon ist Komplexität nachrichtentechnischer Art (oft als "Unordnung" bezeichnet). Hier gilt genau das Gegenteil: Je "ungeordneter" ein Zustand ist, mit desto größerer Wahrscheinlichkeit tritt er ein (2. Hauptsatz der Thermodynamik).

Leben zeichnet sich u.A. dadurch aus, dass bei lebenden Objekten der Quotient KkA/KnA besonders groß ist (aber eben leider nicht nur bei ihnen).

grtgrt
 

  Beitrag 1964-56
Was genau versteht man unter einer Zelle, die lebt?

 
 
E... aus 1964-53:
 
Was lebende Dinge von unbelebten unterscheidet:

A l l e s was lebt besteht ausschließlich aus lebenden oder noch abzutransportierenden ehemals lebenden Zellen.


Das scheint mir ein sehr schöner Ansatz,
da er das Problem, Leben zu definieren, darauf zurückführt, zu definieren, was wir denn nun eigentlich ganz genau unter einer "lebenden" Zelle verstehen wollen.

Sollte dieser notwendige zweite Teil der Definition mal gegeben sein, wird sich herausstellen, dass diese Definition von Leben ein Sonderfall meiner ist.


grtgrt
 

  Beitrag 1964-62
Was Chemiker als Leben definieren

 
 
Pepe aus 1964-61:
Organisch im Sinne "von Organismen herrührend" zu verstehen wäre natürlich tautologisch. Hier macht der Begriff Organisch nur wie der Chemiker es versteht Sinn, also "In der Natur vorkommende Kohlenstoffverbindung".

Hi Pepe,

das sehe ich ein, und demnach sagt uns die Definition der Chemiker:

» Leben besteht aus aktiven Aminosäureketten eingebettet in eine Hülle aus in der Natur vorkommenden Kohlestoffverbindungen. «



Zitat von Pepe:
Verstehe ich dich richtig, dass der Zweck, den die Definition von Leben für dich erfüllen soll, gleichsam eine Erklärung der Ursachen des Vorhandenseins (also der Wurzel) des Lebens erfassen soll? Inwiefern glaubst du, dass eine Definition hierfür das richtige Mittel ist?

Ja, du verstehst mich richtig. Meine Definition ist sozusagen der Versuch, die Stelle zu benennen, an der Leben beginnt — jene Stelle also, an der physikalische Dinge eine Qualität bekommen, die wir auch intuitiv nur lebenden Dingen zuordnen würden.

Dies erfolgreich zu tun, darf man nicht auf der Abstraktionsebene stehen bleiben, auf der Biologie erst beginnt. Man muss darunter weiter suchen (natürlich ergebnisoffen).


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-68
Zur Ursuppe

 
 
E... aus 1964-60:
 
sieh einmal bei "Ursuppe" nach (aber nicht kosten) und unter "Harold C. Urey" und "Stanley L. Miller", sowie bei "Uratmosphäre".

Hi E...,

das Experiment mit der Ursuppe ist vor allem deswegen interessant, weil es zeigt, dass die Entstehung von Leben aus Unbelebtem nicht auf einen einmaligen Schöpfungsakt zurückgeht (so nach dem Motto: Da kam jemand vorbei und hat erste Lebewesen geschaffen, die sich dann nur noch vermehrt haben), sondern dass die Fähigkeit, Leben zu schaffen, offenbar Teil der Natur unseres Universums ist.

Eigentlich muss unser Universum dann ja selbst schon als Lebewesen aufgefasst werden. Diese extremen Standpunkt aber will ich zunächst NICHT vertreten (z.B. deswegen nicht, weil sich auch dann die Frage stellt, wann und in welcher Weise es denn zum ersten Mal lebendig war).

Mir geht es darum, die Stelle im Evolutionsprozess zu finden, an der zum ersten Mal von Leben gesprochen werden kann. Das Experiment mit der Ursuppe kann dabei nur helfen, wenn man Leben nicht erst dort als gegeben sieht, wo Biologen das tun (deren Definition von Leben findet sich in 1964-62; sie versucht gar nicht erst, nach der Ursache von Leben zu fragen).

ber Viren nachzudenken — die ja erst in Kombination mit einem Wirt zu Leben zu erwachen scheinen — ist wohl am ehesten der Weg, der hin zu neuen Erkenntnissen führen könnte.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-70
Leben, das mehr ist als nur biologisches Leben

 
 
E... aus 1964-69:
 
Ferner definiert sich Leben durch...
1. ...die Nahrungsaufnahme und das Ausscheiden der Abfallprodukte des Stoffwechsels.

Hi E...,

mir erscheint dieses Kriterium ein allzu spezielles, da es viel ausschließt, was Leben sein könnte, von uns aber noch nicht als solches erkannt.

Nehme z.B, mal an, wir würden physikalische Objekte entdecken, die nicht organisch sind aber etwas haben, was man als rudimentäres Bewusstsein sehen könnte. Würde man die dann nicht auch als Leben einordnen wollen?

Anders gesagt: Wenn Leben wirklich nur biologisches Leben wäre (sprich: etwas, das sich vor allem durch Vorhandensein eines Stoffwechselprozesses und gelegentliche Fortpflanzung charakterisiert), käme es mir doch reichlich uninteressant vor. Die bei weitem erstaunlichere Eigenschaft von wirklichem Leben ist doch, dass sich in ihm Materie mit Geist mischt. Und wo der herkommt, das sehe ich als die eigentlich interessante Frage.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-80
Leben(M)

 
 

Ein Ding D(Q) stellt in dem Ausmaß Leben dar, in dem es in der Lage ist, sich selbst in einer Weise abzuändern,

die   d u r c h   k e i n   u n s   b e k a n n t e s   N a t u r g e s e t z   e r z w u n g e n   wird.


Pepe aus 1964-79:
 
Das "uns" in der Nebenbedingung, da sind doch wir, die Mitglieder von Manus Zeitforum - die die Naturgesetze kennen - gemeint, oder?

Hi Pepe,

du hast recht: Das "uns" bezieht sich auf uns (z.B. auf alle heute lebenden Vertreter der Wissenschaft "Physik"), und somit ist eine ganz bestimmte Menge M von Naturgesetzen gemeint.

Den Mensch als solchen aber macht das noch nicht zum Teil der Definition. Es macht lediglich M zu einem Parameter der Definition, so dass wir eigentlich von "Leben(M)" statt einfach nur von "Leben" sprechen müssten.

Wird also M durch eine größere Menge M' wirklich gültiger Naturgesetze ersetzt, so wird das die Definition automatisch verschärfen. Es könnte dann schon sein, dass wir Dinge, in denen wir nach jener Definition heute noch Leben vermuten, als doch unbelebt erkennen. Ich kann darin kein Problem sehen, denn die Physik (als Wissenschaft) existiert ja einzig und allein zum Zweck, unser Wissen über die Welt, in der wir leben, zu vermehren und unsere Modelle zutreffender zu machen.

Insofern ist meine Definition von Leben wahrscheinlich das erste physikalische Modell, welches anerkennt, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann durch ein genaueres ersetzt werden wird.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1964-83
Ist unser Universum fortpflanzungsfähig? Vielleicht: siehe die Theorie der Baby Universes

 
 
Irena aus 1964-81:
grtgrt aus 1964-68:
 
Eigentlich muss unser Universum dann ja selbst schon als Lebewesen aufgefasst werden.

Nur in dem Fall, wenn du dem Leben sein spezifischen Merkmal zur Fortpflanzung aberkennst.

Nein Irena, da irrst du:

Denk doch bitte an die Theorie der Baby Universes: Nach ihr kann ein Schwarzes Loch aus unserem Universum sozusagen "heraustropfen", so dass jener Tropfen dann selbst ein Universum darstellt — gezeugt durch unser Universum.

Es  k a n n  sich also fortpflanzen!

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1964-104
Hawkings Kehrtwende 2004: Es gibt wohl doch keine Baby Universen

 
 
E... aus 1964-103:
 
Hi Grtgrt.
Deine Informationen sind nicht der aktuelle Stand.

Anläßlich der 17. internationalen Konferenz über allgemeine Relativitätstheorie und Gravitation in Dublin 2004, reichte Steven Hawking einen Vortrag ein, den er auch gehalten hat. ...

Am 21. Juli 2004 begann er also mit Hilfe seines Sprachcomputers vor zu tragen...

Zitat:
"Die Frage lautet: Geht Information bei der Verdampfung schwarzer Löcher verloren?"

Steven Hawking wörtlich:

Zitat:
" Es zweigt sich  k e i n  Baby-Universum ab, wie ich einst gedacht habe. Die Information bleibt fest in unserem Universum."

Quellen: ISBN 978-3-440-13431-3 alternativ Google.... Was war denn Deine Quelle?

Hi E...,

danke für diese Info. Wenn das so ist, gebe ich mich Dir natürlich geschlagen.

Mein Wissen kam aus Kapitel 11 des Buches "Stephen Hawking - Die Biographie" von Michael White & John Gribbin (1992, deutsch 1994).


Wie oben schon Irena wünsche auch ich Dir und allen anderen hier friedliche und gesegnete Weihnachten.

Mit besten Grüßen,
grtgrt
 

  Beitrag 1964-87
Warum es (fast sicher) KEINE eindeutige minimalste Form von Leben gibt

 
 

Schlusspunkt zu diesem Thema


In seinem Buch » Abschied von der Weltformel « macht Nobelpreisträger Robert B. Laughlin mit Nachdruck darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, einzusehen, dass die Natur sich per Emergenz selbst organisiert.

Emergenz
— verursacht durch eine Vielzahl zufällig eintretender Elementarereignisse, die den Drang nach Potentialabbau ständig stören —
ist dafür verantwortlich, dass komplexe Systeme mehr sind als nur die Summe ihrer kleinsten Teile.


Leben, so Laughlin, ist der extremste Fall emergierender Gesetzmäßigkeiten.

Damit wissen wir nun also ganz genau, wie Leben entsteht, und müssen daraus folgern:


Es gibt fast sicher KEINE eindeutig minimalste Form von Leben (!).


 

  Beitrag 2039-20
Die Wurzel aller Lebendigkeit und Kreativität

 
 

Worin Hans-Peter Dürr

die Wurzel aller Lebendigkeit und Kreativität

sieht


Zitat von Dürr, S. 116-118, hier etwas gekürzt:
 
Vom Standpunkt des Physikers bleibt es zunächst rätselhaft, auf welche Weise die in der Mikrophysik entdeckte Ur-Lebendigkeit [ er meint damit wohl Quanten­fluktuation in unserer makrospopischen Alltagswelt eine Chance haben soll, sich dort in der Gestalt viel größerer, höher entwickelter Lebensformen der Pflanzen- und Tierwelt, uns eingeschlossen, bemerkbar zu machen.

Und dies ohne dabei durch die erwartete  A u s m i t t e l u n g  ... zum scheinbar Unbelebten degradiert zu werden.


Hier bedarf es eines Verstärkungsmechanismus, einer Art Kettenreaktion bzw. eines Dominoeffekts, durch den gewisse Möglichkeiten bevorzugt und verstärkt wirksam werden können.

In der Physik sind es » statisch instabile Gleichgewichtszustände, singuläre Chaospunkte «, die eine solche bevorzugte Auslese ermöglichen.

Das klingt unverständlicher als es ist und lässt sich durch ein einfaches Pendel demonstrieren, dessen Hin- und Herschwingungen, wie beim langen Pendel einer alten Standuhr, uns allen vertraut sind. Physikalisch lassen sie diese Schwingungen leicht berechnen, außer in dem einen singulären Fall, wenn ich das Pendel exakt senkrecht nach oben richte, also auf den Kopf stelle. Für diese Lage ist nicht vorhersagbar, in welche Richtung es fallen wird, wenn ich es loslasse. Es bleibt zunächst schüchtern oben stehen: Wir nennen das ein instabiles Gleichgewicht.

Meditation und Versenkung heißt für mich, gleichnishaft, dass ich mich in einen solch statischen Instabilitätszustand begebe. Das Interessante an diesen Chaos-Systemen ist jedoch, dass die Hintergrundstörungen, die den chaotischen Ablauf bewirken, ihre Wurzeln im nicht auftrennbaren Beziehungsgefüge, der quantenphysikalischen Potenzialität, haben.

Dies hat zur Folge, dass das Chaos wegen dieser Ur-Verbundenheit kein Chaos mehr ist: "Der Alte würfelt nicht" sagte Einstein mal in seiner entschiedenen Ablehnung der Quantenphysik. Jetzt wird diese Aussage richtig, aber umgekehrt als Stütze der Quantenphysik.
 


Dürrs Argumentation seine beiden folgenden Feststellungen betreffend habe ich nicht wirklich verstanden (obgleich sie beide für sein Weltbild und seinen Appell an uns, natürliche Ressourcen nicht zu vergeuden, ganz zentral sind):

  • Dynamische Stabilisierung muss gefüttert werden.
  • Nachhaltigkeit bedeutet dynamisch: Das Lebende lebendiger werden zu lassen.

Gut nachvollziehbar aber finde ich, dass er instabiles Gleichgewicht für die Quelle aller Kreativität hält.

 

  Beitrag 2060-4
Wo beginnt schützenswertes (menschliches) Leben?

 
Es geht hier letztendlich um die Frage: Wann beginnt das Leben.
Da streiten sich Theologen, Politiker und sonstige, die meinen ein Mitspracherecht zu haben.
Ist ein Embryo bereits ein Mensch, der recht auf Leben hat?
Was ist, wenn ich ein Kondom benutze? Habe ich nicht dann bereits einem Menschen das Recht auf Leben verwehrt?
Was ist mit der "Pille danach"? Kurz gesagt: Wo beginnt das Recht des neuen Lebens?

Vielleicht wäre eine offizielle Legalisierung der Babyklappe die Lösung, die bisher noch eine rechtliche Grauzone ist.
Dann würden Abtreibungen überflüssig, denn jedes Leben könnte geboren werden und ein angemessenes Leben in einer Pflege- oder Adoptivfamilie führen.
Dann aber würde die Verantwortung zur Verhütung für manche Nebensache und es kämen Kinder am laufenden Band. Das wäre auch keine Lösung.

U...2 in 2060-3:
Zitat:
ich möchte nicht in der Lage einer Frau sein, die sich einer solchen Entscheidung stellen muss.

Ich auch nicht. Genau so wie ich hoffe, dass ich niemals gefragt werde, ob ich Sterbehilfe leiste.
dem Stimme ich zu.
 

  Beitrag 2060-6
Welches Recht auf Leben hat Leben welcher Art?

 
 
Hans-m in 2060-4:
 
Was ist, wenn ich ein Kondom benutze? Habe ich nicht dann bereits einem Menschen das Recht auf Leben verwehrt?


Sicher NICHT, denn hierdurch wird ja nur beeinflusst, welche der potentiell möglichen Varianten von Zukunft tatsächlich mal real werden wird.

Von zueinander konkurrierenden Varianten kann stets nur genau  e i n e  zu realer Gegenwart werden, und was sie für noch weiter in der Zukunft liegende Varianten bedeutet, ist völlig unklar. Beispiel: Wie vielen Menschen wäre Tod und noch Schlimmeres erspart geblieben, wenn Hitler oder Stalin niemals geboren worden wären?

Kurz: Meiner Ansicht nach beginnt das Problem erst dort, wo sich zwei Zellen zusammengefunden haben in der Absicht, ein Lebewesen werden zu wollen.
Ich sage absichtlich "Lebewesen", denn so ganz selbstverständlich erscheint es mir nicht, dass nur Lebewesen vom Typ Homo Sapiens ein Recht auf Leben haben sollten.

Vielleicht ist ja die Portion Leben, die irgendein Lebewesen darstellt aus Sicht der Natur vergleichbar mit einer Münze in einem großen Berg von Geld, in dem sich kleinere und größere Münzen oder sogar Scheine verschiedenen Wertes finden können. Die Tatsache, dass derartige Stücke unterschiedlichen Wert haben bedeutet ja nicht, dass sie von grundsätzlich verschiedener Qualität sind (in ihrer Rolle als Zahlungsmittel oder als Besitz, den es zu erhalten gilt).

Und wer sagt uns, dass es nicht irgendwo im Universum Leben geben könnte, aus dessen Sicht Homo Sapiens ebenso unbedeutend ist wie ein Bakterium aus Sicht von Homo Sapiens? Und warum sollte sich der Wert unterschiedlichen Lebens denn überhaupt in eine lineare Ordnung "steigender Wert" bringen lassen? Würden wir einem Menschen auf einen Schlag all seine Darmbakterien nehmen können, würde er doch wohl gar nicht mehr lebensfähig sein - oder?

In der Summe gilt:

Homo Sapiens denkt, einen Maßstab zu haben, nach dem bestimmtes Leben mehr oder weniger wert ist. Leider ist dieser Maßstab noch viel zu wenig bedacht und definiert worden — bisher besteht er ja in kaum mehr als der Annahme, dass allein menschliches Leben, das schon bewegungsfähig ist, ein Anrecht auf Leben hat. Und genau dieser Grundsatz geht auf Religion zurück, hat also eine Wurzel, die heute ein Großteil aller Menschen gar nicht mehr so richtig ernst nehmen möchte.

Wo also bleibt die Logik in dieser ganzen Diskussion um den Wert bestimmten Lebens?

In der Vergangenheit jedenfalls hat man immer gehandelt nach dem Prinzip: » Ein Recht auf Leben hat nur, was mir hinreichend ähnlich ist. «
Machen wir es heute wirklich besser?

 

  Beitrag 2060-15
Das gängige und das (vielleicht?) bessere Prinzip unseres Handelns

 
 
Hans-m in 2060-8:
Grtgrt in 2060-6:
 
In der Vergangenheit jedenfalls hat man immer gehandelt nach dem Prinzip: » Ein Recht auf Leben hat nur, was mir hinreichend ähnlich ist. «

Den negativen Höhepunkt hatte dieses "Maßstabnehmen" in der Nazizeit.


Ja, das ist ein sehr treffendes Beispiel dafür, was der Ansatz » Ein Recht auf Leben hat nur, was mir hinreichend ähnlich ist. « alles anrichten kann.

Das darf uns aber nicht glauben lassen, dass es nicht auch Situationen gäbe, in denen er vernünftig ist: Wir dürften sonst ja z.B. keinerlei Fleisch essen oder keinen Hund, der kaum noch gehen kann, einschläfern lassen.


Was uns der Vergleich dieser beiden Beispiele zeigt, ist demnach:

Jenes Prinzip zum Kern der Richtschnur unseres Handelns zu machen, ist falsch — wir brauchen einen ganz anderen Denkansatz, z.B. den, der Hans-Peter Dürr vorschwebt, wenn er den dringenden Verdacht äußert, dass alles, was in unserer Welt existiert — uns eingeschlossen — als Extremität eines einzigen großen Ganzen gesehen werden muss: als ein kleiner Teil jenes Ganzen, der stets so handeln sollte, dass das Ganze nicht beschädigt wird (weil man sich sonst ja letztlich auch selbst beschädigt).

    Mir fällt da folgender Vergleich ein: Keiner von uns würde sich selbst ein Auge ausstechen, aber jeder von uns schneidet sich hin und wieder die Haare oder die Fingernägel.
    Es kommt also letztlich darauf an, dass man einen Teil des großen Ganzen umso weniger beschädigen darf, je mehr dieser Teil für das Ganze wichtig ist oder werden könnte. Und wie wichtig ein Mitmensch für andere oder vielleicht sogar die gesamte menschliche Gemeinschaft werden kann (möglicherweise erst durch irgendwelche seiner Nachfahren), ist überhaupt nicht abschätzbar.

Vielleicht also könnte man es so sehen:

Der Wert eines Menschen für die Gemeinschaft,
auch eines noch ungeborenen oder eines extrem schwer behinderten Menschens,
ist vor allem darin zu sehen, dass er das  P o t e n t i a l  hat, für andere — wie indirekt auch immer — wertvoll zu sein.


Natürlich entspricht auch dieses Prinzip letztlich nur dem selbstsüchtigen Wunsch, möglichst gut wegzukommen — er geht in diesem Fall aber  n i c h t  auf Kosten anderer! Und genau das ist der Unterschied, auf den es ja auch aus moralischer Sicht heraus ankommt.

 

  Beitrag 2060-37
Noch Mensch oder schon weitgehend ein Computer?

 
 
U...2 in 2060-36:
Hans-m in 2060-35:
 
Der Mensch als Ware, mir graut vor dem Gedanken, was noch alles machbar sein wird.


Ja, Hans mir graut es auch. Aber was hilft es? Alles was möglich ist, wird gemacht. Wichtig ist, dass man sich selber nicht moralisch verbiegen lässt und solche Praktiken für sich selbst ausschließt.


Es könnte gut sein, dass in einigen hundert Jahren Menschen, die  n i c h t  per Gentechnik "verbessert" wurden, den anderen gegenüber gar nicht mehr konkurrenz­fähig sind.

Gleiches wird für Menschen gelten, die sich (als Individuum) weigern, zum großen Teil aus elektonischen bzw. elektronisch gesteuerten Ersatzteilen zu bestehen oder aus künstlich erzeugten, regelmäßig austauschbaren Organen oder Körperteilen.

Der Mensch, das zeichnet sich ab, wird — sofern er Wert auf einen bestmöglich funktionierenden Körper legt (und wer tut das nicht?) — wohl wirklich mit dem Computer verschmelzen.

 

 Beitrag 0-333
Warum konnte in unserem Universum Leben entstehen?

 
 

 
Warum konnte unser Universum Leben hervorbringen?

 
 
Denkbar sind 3 Möglichkeiten:
     
  • Die kausale Erklärung: Es könnte — uns noch unbekannte — physikalische Gründe (Naturgesetze) geben.
     
  • Die selektive Erklärung: Es gibt viele Universen unterschiedlichster Eigenschaft. Wir bewohnen eines, das Eigenschaften hat, die die Evolution von Leben begünstigen.
     
  • Die teleologische Erklärung: Dem sich selbst organisierenden Prozess, der unser Universum gestaltet, wohnt ein innerer Drang — ein Attraktor im Sinne der Theorie sich selbst organisierender Prozesse — inne, welcher zielgerichtet auf die Entwicklung von Leben hinsteuert.

 
Die neuzeitliche Wissenschaft präferiert die kausale Erklärung. Lediglich einige Forscher haben — angesichts ganz unglaublicher Koinzidenzen — Zweifel daran. Trotz methodologischer Bedenken erwägen sie ernsthaft auch die beiden anderen Möglichkeiten. Die Vielfalt der Lösungen der Stringtheorie etwa spricht für die selektive Erklärung.
 
Die teleologische Erklärung wird am wenigsten in Betracht gezogen, scheint mir aber eher nur Spezialfall der kausalen Erklärung zu sein.
 
 
Unsere Chancen, den richtigen Grund zu finden, scheinen gering zu sein, denn wie Brandon Carter 1974 ganz richtig festgestellt hat, ist alles, was wir als Beobach­tungsergebnis erwarten können, eingeschränkt durch die Bedingungen, die für unsere Existenz als Beobachter zwingend nötig sind (sog. anthropisches Prinzip).
 
Mit anderen Worten: Unserer Erkenntnisfähigkeit sind Grenzen gesetzt (= Erkenntnishorizont der Menschen).

 

 Beitrag 0-334
Wie entstand Leben in unserem Universum?

 
 

 
Wie entstand Leben in unserem Universum?

 
 
Obgleich Wissenschaftler der teleologischen (= auf ein Ziel hinsteuernden) Erklärung bei weitem am skeptischten gegenüberstehen, könnte genau sie die richtige sein: Es bliebe dann ja nämlich immer noch die Frage, welches Ziel genau die Natur sich gesetzt hat: Es könnte ja auch gut ein ganz abstraktes Ziel sein, etwa das, einfach JEDEN Attraktor anzusteuern — ganz gleich zu welchem Ergebnis das dann auch führt.
 
Menschen zu schaffen muss gar nicht das wirkliche Ziel gewesen sein (!).

 
 
Note: Systeme, die anfänglich weit außerhalb des Gleichgewichts sind, kommen oft nach gewisser Zeit in eine Phase, in der sie sich mehr und mehr stabilisieren, z.B. in dem sie nur noch regelmäßig schwingen (statt sich wie vorher in chaotisch erscheinender Weise zu bewegen). Jeden diesen vorläufigen Endzustände nennt man einen Attraktor.

 
Ziel der Evolution könnte also sehr gut sein, einfach nur in Systemen, die sich im Ungleichgwicht befinden, maximal viele stabile Teilsysteme zu schaffen.
 
Wenn man das so sieht, kann gegen teleologische Erklärung eigentlich nichts mehr eingewandt werden.

 
 
Tatsache ist:
 
Jedes Atom in unserem Körper hat eine lange Geschichte hinter sich: Es entstand in einem Prozess, in dem zunächst aus Strahlung Materie einfachster Struktur wurde: Wasserstoff und etwas Helium. Dann begann diese Materie sich zusammenzuballen zu mehr oder weniger dichten Gaswolken bis hin zu solch weit ausgedehnten, die Urzustand dessen waren, was wir heute Galaxienhaufen nennen. Darin wiederum kam es an vielen Stellen zu besonders starker lokaler Verdichtung, zu Gebilden also, die Vorläufer von Galaxien wurden. In ihnen wiederum entstanden Großsterne, die — unter dem Einfluß der Gravitation — immer dichter und heißer wurden: Sie wurden zu Backöfen, in denen sich nach und nach immer komplexere Atome bildeten bis hin zum Eisen. Wo immer so ein Stern dann in einer Supernova explodierte, entstanden auch Atome schwerer als Eisen (Gold und Uran etwa). Sie und auch alle anderen Atome wurden weit ins All hinausgeschleudert um sich dann irgendwann wieder zu Planeten zusammenzufinden.
 
Diese Geschichte zeigt, dass Neues nicht überall, sondern nur an bestimmten Orten unter besonders extremen Bedingungen entsteht: Überall dort, wo vorhandenes Gleichgewicht urplötzlich zerbricht in viele Teilsysteme, die sich dann selbst wieder — nun aber unabhängig voneinander — Gleichgewicht suchen.
 
Je mehr unterschiedliche Arten von Objekten nun aber entstanden sind, desto mehr können Ansammlungen solcher Objekte unterschiedlichste, mehr oder weniger stabile Konfigurationen schaffen, die neue, kompliziertere Attraktoren ermöglichen.
 
Nachdem einfachste einzellige Lebewesen recht früh in der Erdgeschichte entstanden waren, war eine Entwicklung von fast 3 Mrd. Jahren notwendig, bis mehrzellige Organismen existiert haben. Sie mussten sich noch Jahrmillionen weiterentwickeln bis dann schließlich Wesen mit Bewusststein entstanden: ein naturwissenschaftlich schwer fassbares Phänomen, das schließlich in der kulturellen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft eine neue Dimension bekam.
 
 
Auch kulturelle Prozesse sind selbstregulierend und können sich selbst verstärken um Attraktoren zuzustreben.
 
Wissenschaft — insbesondere auch die Naturwissenschaft — ist ein sich selbst organisierender kultureller Prozess.