Materie





welt-verstehen/Dunkle+Materie+Galaxien+GMm , stw4049DMGGM

Wie könnte dunkle Materie beschaffen sein?

   


Materie, Antimaterie, virtuelle Materie

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-494
Wie macht sich Dunkle Materie bemerkbar?

 
 

 
Dunkle Materie — weswegen?



Sabine Hossenfelder erklärt (2018):
 
Das Universum verbirgt etwas vor uns. Man weiß das seit 1930, als Fitz Zwicky das Hooker-Telekop mit einem Spiegel von 2,5 Meter Durchmesser auf den Coma-Galxienhaufen richtete: ein paar hundert Galaxien. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit, die abhängt von der Gesamtmasse, deren Gravitationskraft sie als haufen zusammenhält.
 
Zu seinner Überraschung stellte Zwicky nun aber fest, dass sie sich deutlich schneller bewegen, als mit dieser Masse erklärt werden kann. Und so vermutete er, dass der Haufen weitere Materie enthielt, die kein Licht abgab: Dunkle Materie (daher also der Name).
 
Als Vera Rubin — 40 Jahre später — die Rotation von mehr als 60 Galaxien untersuchte, stellte sie fest, dass in jeder von ihnen die äußeren Sterne schneller als erwartet ums Zentrum der jeweiligen Galaxi kreisen.
 
Das Tempo aber, das ein Stern benötigt, um in einer stabilen Umlaufbahn zu bleiben, hängt ab von der Gesamtmasse im Zentrum seiner Bewegung, und dass sich die äußeren Arme jener Galaxien so schnell drehen, konnte nur bedeuten, dass jene Galaxien mehr Masse enthalten musste als sichtbar war.
 
Inzwischen weiß man, dass die Schwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung nur zu den Daten passen, wenn mehr Materie vorhanden ist als sichtbar.
 
Sie ist auch nötig, um die Bildung galaktischer Strukturen im Universum unseren Beobachtungen anzupassen.
 
Weitere Hinweise auf dunkle Materie liefert der Gravitationslinsen-Effekt: Galaxienhaufen krümmen den Weg des Lichts mehr, als man nach ihrer sichtbaren Masse erwarten müsste.
 
 
 
Damit scheint klar:
 
Dunkle Materie existiert.
 
Aus was aber könnte sie bestehen?

 
Hier die wichtigsten Vermutungen dazu:
     
  • Die erste Vermutung war, dass Galaxien unerwartet viel schwer erkennbare stellare Objekte enthalten, wie etwa Schwarze Löcher oder Braune Zwerge. Sie aber müsste es dann aber auch in der Milchstraße geben, und sie müssten häufig Gravitatonslinseneffekte auslösen, die man so nicht beobachtet.
     
  • Der Gedanke, dass der Raum bevölkert ist von zahlreichen recht kompakte Objekten, die kleiner sind als Sterne, ist noch nicht völlig verworfen, allerdings ist unklar, wie sie entstanden sein könnten.
     
  • Daher favorisiert man derzeit eine andere Art dunkler Materie: Teilchen, die sich in Wolken sammeln und in nahezu kreisförmigen Halos um die sichtbaren Scheiben galaktischer Materie schweben.
     
    Teilchen bekannter Art interagieren jedoch fast alle zu heftig und verklumpen zu sehr, als dass sie solche Halos formen könnten — mit Ausnahme von Neutrionos, aber die sind zu leicht, bewegen sich zu schnell und verklumpen zu wenig.

Was also ist jene unbekannte Dunkle Materie? Sie muss etwas bisher noch Unbekanntes sein.
 
Seit 1990 gab es etwa 25 unterschiedliche Ideen, die in Beobachtungsprojekte mündeten, mit dem Ziel, eine Antwort zu finden — bisher ohne jeden Erfolg.
 


 
Quelle: Sabine Hossenfelder: Das hässliche Universum (2018), S. 259-263
 
Lies auch: Was lässt sich über Dunkle Materie sagen?
 
Ein Lösungsvorschlag aus 2019


 

 Beitrag 0-499
Wie sich zeigt, dass Galaxien in einen Halo Dunkler Materie eingebettet sind

 
 

 
Wie man die Masse von Erde und Sonne errechnet

und warum Galaxien in » Dunkle Materie « eingettet zu sein scheinen



Helmut Satz (2016) rechnet vor:
 
Nach Isaac Newton ist die Anziehungskraft F zwischen zwei Massen M und m im Abstand R von einander gegeben durch
 
 
F  =  GMm / R2  ,

 
 
wobei G = 6.7 × 10-11 m3/kg s2 die universelle Newtonsche Gravitationskonstante ist.
 
Dieses Gesetz ist Spezialfall des ersten Newton'schen Hauptsatzes der Mechanik, welcher lautet:
 
 
F = ma  ,

 
 
worin a die Beschleunigung ist, die eine Masse M unter Einwirkung einer Kraft F erfährt.
 
Auf der Erdoberfläche können wir die durch die Schwerkraft erzeugte Beschleunigung messen. Sie ist — wie schon Galilei durch seine Fallstudien gezeigt hat — für alle Massen gleich ( 9.8 m/s2 ).
 
Wenn wir den Radius der Erde kennen ( 6.4 × 106m ), erhalten wir durch Zusammenführen beider Gleichenungen
 
 
M  =  aR2 / G  =  5.3 × 1024 kg

 
 
für das Gewicht der Erde. Wir haben sie nun also "gewogen".
 
Die Planetenbahnen werden bestimmt durch das Wechselspiel der anziehenden Schwerkraft der Sonne und der ihr entgegengesetzt wirkenden, durch die Kreisbewegung hervorgerufenen Zentrifugalkraft
 
 
K  =  mv2 / R  ,

 
 
wobei hier m die Masse des Planeten ist, R der Radius seiner als kreisförmig angenommenen Bahn um die Sonne und v seine Umlaufgeschwindigkeit.
 
Zusammen mit der ersten Gleichung liefert uns das
 
 
v2 = GM/R  ,

 
worin M die Erdmasse ind R = 4 × 108 km den Abstand zwischen Erde und Mond bezeichnet.
 
Mit Hilfe von 2πR für die wieder als kreisförmig angenommende Umlaufbahn kommt daraus
 
 
T2  =  (2π)2 R3 / ( GM )

 
für die Umlaufzeit T von bekanntlich 30 Tagen.
 
Eben diese Gleichung gilt auch für den Umlauf der Planeten um die Sonne, wenn wir M als Sonnenmasse nehmen.
 
So also ergibt sich die Keplersche Regel v2 ∼ GM/R, die von allen Planeten des Sonnensystems respektiert wird. Die darin als M auftretende Sonnenmasse kann man bestimmen aus unserem Wissen über Umlaufzeit (1 Jahr) und Abstand zur Sonne ( 1.5 × 1011 m ) im Fall der Erde: MSonne = 2 × 1030 kg.
 
Wir sehen: Die Sonnenmasse ist etwa 500 000 Mal so groß wie die Erdmasse.
 
 
Wenn nun, wie bei den Randsternen von Spiralgalaxien, die Umlaufgeschwindigkeit unabhängig vom Abstand zum Schwerkraftzentrum wird, bei steigendem R also konstant bleibt, so muss nach der letzten Gleichung (6) die Galaxienmasse innerhalb der Umlaufbahn dieser Randsterne linear mit R wachsen. Da sich nun aber weiter außen kaum noch Sterne finden, muss da wohl tatsächlich dunkle Materie sein (bzw. dazu äquivalente Konzentration von Energie).
 
Die Dichte der » Dunklen « Materie ( Mdm/R3 ) fällt mit R-2 ab, wenn die Masse linear mit R ansteigt.
 


 
Quelle: Helmut Satz: Kosmische Dämmerung (2016), S. 179-180


 

 Beitrag 0-360
Der bisher interessanteste Versuch, Dunkle Materie zu erklären

 
 

 
Wie man sich ein Quark-Gluonen-Plasma vorzustellen hat

 
Nukleonen — Protonen und Neutronen — in ihre Bestandteile, die jeweils 3 Quarks, zu zerlegen, ist ihrer so extrem starken Wechselwirkung wegen (sie wirkt wie ein Gummiband, das nicht zerreißen kann) unmöglich. Wie aber muß man sich dann ein Plasma vorstellen, dessen Teilchen nur Quarks und Gluonen sind?
 


Hans Jörg Fahr in » Mit oder ohne Urknall «, S. 252-253 :
 
Die Kraft, welche — als sog. starke Wechselwirkung — in Protonen und Neutronen die Quarks zusammenhält, hat die erstaunliche Eigenschaft, dass sie mit zunehmendem Abstand der Quarks stärker (statt schwächer) wird. Eben deswegen lässt sich kein einzelnes Quark aus einen Proton oder Neutron herausbrechen.
 
Je näher Quarks nun aber zusammenrücken, desto schwächer wird jene Kraft. Man nennt das asymptotische Freiheit.
 
Dieses Verschwinden der Kraft macht sich bemerkbar, sobald Protonen und Neutronen auf extrem engen Raum zusammengedrückt werden — wie etwa in Neutronensternen und Schwarzen Löchern.
 
Dabei können die Mitglieder dieser Dreierverbände von Quarks einander so nahe kommen, dass die Kraft praktisch gar nicht mehr vorhanden ist, sie also gar keine Bindung an ihre Verbundpartner mehr spüren. Sie erkennen in einem solchen Zustand ihren eigenen Verbund vom Typ Proton oder Neutron nicht mehr, sondern verhalten sich mehr oder weniger wie absolut freie Teilchen.
 
Als solch freies Quark-Gluonen-Plasma hat die kosmische Materie direkt nach dem Urknall tatsächlich vorgelegen.
 


 
 
 
Gibt es Himmelskörper, die nur aus Quarks bestehen?

Sie wären dunkel und die ältesten überhaupt:



Hans Jörg Fahr in » Mit oder ohne Urknall «, S. 255-257 :
 
Etwa 10-6 sec nach dem Urknall (= 1 Mikrosekunde) war das Quark-Gluonen-Plasma so weit abgekühlt, dass es zu kondensieren begann. Es war dies der Zeitpunkt, zu dem sich Protonen und Neutronen gebildet haben — vielleicht aber auch größere ladungsfreie farbneutrale Verbände von Quarks.
    Zum Vergleich: Wenn man Wasserdampf schnell und stark abkühlt, bilden sich winzige Schneeflocken.

Wie Crawford und Greiner ( 1994: The Search for Strange Matter ) errechnet haben, sind bei diesem Zerfall des Plasmas in schneeflockenartige Gebilde als Ergebnis am wahrscheinlichsten Teilchenverbände, die zu etwa gleichem Anteil aus up-, down- und strange-Quarks bestehen und sich nach einem inneren Schalenmodell unter Wahrung von Paulis Ausschließungsprinzip aufbauen lassen.
 
Man schätzt, dass sich auf diese Weise Multi-Quark-Kokons ergeben haben könnten, deren Durchmesser zwischen 10-7 cm bis hin zu 10 Zentimertern gereicht haben könnte. Edward Witten sagt voraus, dass sie i.W. zwischen 109 bis 1018 Gramm schwer sein sollten mit einem durchschnittlichen Durchmesser von dem einer Billardkugel. [ Bei einer zufälligen Kollision eins solchen Körpers mit der Erde würde er sie einfach durchschlagen und dabei lediglich eine Schockwelle im Erdkörper auslösen, mit der eventuell fürchterliche Verheerungen und Erdbeben einhergingen. ]
 
Die ganz normalen, uns heute bekannten Protonen und Neutronen würden sich dann sozusagen erst aus dem noch nicht kondensierten Rest der Quarks ergeben haben — nachdem die meisten strange-Quarks bereits in die leichteren Ups und Downs zerfallen waren und sich deswegen danach nur noch die üblichen farb­neutralen Dreier-Verbände bilden konnten.
 
Solche nur aus Quarks bestehen Mammutobjekte — weit kleiner, aber gut vergleichbar mit Neutronensternen — müssten sich heute noch auffinden lassen und könnten sogar den überwiegenden Teil aller Dunklen Materie darstellen. Sie wären sozusagen dunkle Sterne mit maximal wenigen Zentimetern Durchmesser: Winzige Staubkörner verglichen mit leuchtenden Sternen.
 
Unmengen von ihnen könnten sich gravitativ verklumpen, ohne dass dabei elektromagnetische Strahlung entstünde.
 
So wäre z.B. zu erklären, dass der Hydra-Zentaurus Galaxien-Haufen (ein Nachbar des Virgo-Clusters, in dem wir zuhause sind) mit seinen nie gesehenen 1015 Sonnenmassen nur wenig leuchtende Materie enthält.
 



 

 Beitrag 0-279
Wieso Dunkle Materie als schon relativ gut quantifiziert gelten kann

 
 

 
Dunkle Materie: 3 Wege, sie zu quantifizieren

 
 
Weg 1:
    Galaxien finden sich meist in größere Strukturen — sog. Galaxienhaufen — eingebunden. Man erwartet, dass diese Gebilde durch ihre eigene Schwerkraft gebunden Systeme sind. Nun sind aber die Geschwindigkeiten der Galaxien in diesen Haufen so groß, dass sie auseinander fliegen müssten, wenn es darin nicht etwas gäbe (dunkle Materie), welches zusätzliche Gravitationskräfte zur Folge hat.
     
    Durch Vermessung der Geschwindigkeiten von Galaxien wurde für eine ganze Reihe von Haufen eine Massenbilanz aufgestellt, die dazu zwingt, einen hohen Anteil an unsichtbarer Materie für diese Objekte anzunehmen.
     
    Die nicht leuchtende Masse, die einzelne Galaxien in einem sphärischen » Halo « umgibt, reicht hierfür jedoch bei weitem nicht aus. Mindestens das 10-fache an dunkler Materie ist nötig.

 
Weg 2:
    Beobachtung der mittels Satelliten registrierbaren starken Röntgenstrahlung der Galaxienhaufen:
     
    Sie stammt — so nimmt man an — von einem 100 Mio Grad heißen Gas zwischen den Galaxien, das wohl nur durch die Schwerkraft nicht sichtbarer Massen gebunden sein kann, da es sonst aus dem Haufen verdampfen müsste. Der Wert der Dichte passt zu dem aus der Bewegung der Galaxien erschlossenen.

 
Weg 3:
    Viele Galaxienhaufen wirken als Gravitationslinsen, d.h. sie lenken Lichtstrahlen ab, die von weiter entfernten Galaxien zu uns gelangen, so dass wir hinter dem Haufen liegende Galaxien mehrfach sehen. Die Art der Verzerrung erlaubt Rückschlüsse auf die Massenverteilung in den Galaxienhaufen. Auch diese Beobachtung führt auf den gleichen hohen Anteil von (vermuteter) dunkler Materie.

 
 
Man kommt so auf 3 unterschiedlichen Wegen zum selben Ergebnis:

 
Etwa 15 Prozent — genauer: zwischen 12 und 18 Prozent — der kritischen Dichte unseres Universums scheinen Dunkle Materie zu sein.
 
Note: Die normale, aus uns bekannten chemischen Elementen bestehende Materie erreicht nur etwa 5 Prozent der kritischen Dichte.
 
Diese Schätzungen erfassen nicht über jeden der Haufen gleichmäßig verteilte Materie oder Energie, solche also, die noch keine Klumpung zeigt.

 
 
Quelle: Gerhard Börner: Schöpfung ohne Schöpfer? (2006), S. 56-57


 

 Beitrag 0-133
Dunkle Materie: Die derzeit populärsten Hypothesen

 
 

 
Wie man versucht, sog. » Dunkle Materie « zu erklären

 
 
Die empirische Beweislage zugunsten dunkler Materie ist mittlerweile erdrückend:
 
Verschiedene astronomische Beobachtungen in Kombination mit Messwerten zur kosmischen Hintergrundstrahlung haben dazu geführt, dass man die heute vorhande Menge dunkler Materie recht genau zu beziffern weiß:
 
Die uns bekannte Materie — solche, die Licht ausstrahlt — stellt nur etwa 1/6 aller im All vorhandenen Gravitationsquellen dar.

 
 
Konkrete Indikatoren für Dunkle ( d.h. mit Licht  n i c h t  wechselwirkende ) Materie sind:
     
  • Die Sterne rotieren um galaktische Zentren zu schnell, ganz so, als ob da mehr Masse in der Galaxie wäre als wir sehen.
     
  • Galaxien in Galaxienhaufen bewegen sich so, als wären da deutlich mehr Massen beteiligt.
     
  • Gravitationslinseneffekte treten auch dort auf, wo wir keine Massen sehen.
     
  • Im Bulletcluster messen wir den Massenschwerpunkt an anderer Stelle als wir sichtbares Gas sehen.
     
  • in der kosmologischen Hintergrundstrahlung gibt es eine Resonanz, die nur mit zusätzlicher Masse zu erklären ist, die nicht elektromagnetisch wechselwirkt.

 
Galaxien scheinen eingebettet in jeweils eine Wolke dunkler Materie. Was aber ist dunkle Materie?
 
Zahlreiche mögliche Antworten auf diese Frage sind bisher als falsch erkannt worden.
 
 
Insbesondere kann man inzwischen mit Sicherheit ausschließen, dass dunkle Materie sich aus nicht leuchtenden Himmelskörpern zusammensetzt:
    Beweis hierfür sind Berechnungen zu Kernreaktionen im frühen Universum — dem etwa 380.000 Jahre alten Universum. Die nämlich sagen die derzeitige Dichte leichter chemischer Elemente, etwa die Dichte von Wasserstoff, Deuterium, Helium und Lithium, recht genau voraus, und diese Zahlen stimmen hervorragend überein mit dem, was Astronomen beobachten. Diese Übereinstimmung gilt als einer der spektakulärsten Erfolge der Urknalltheorie.
     
    Da diese Ergebnisse recht empfindlich reagieren auf leicht abgeänderte Annahmen über die damals vorhandene Menge an Protonen und Neutronen, sind sie unvereinbar mit der Annahme, dass Dunkle Materie einfach nur gewöhnliche, nicht leuchtende Materie sein könnte.
     
    Aus Planeten und kleinen Sternen bestehen kann die Dunkle Materie deswegen nicht. Untersuchung von Gravitationslinsen bestätigen das.

 
Noch nicht entschieden ist über zwei andere Hypothesen, deren eine von den Kosmologen und deren andere von den Kernphysikern kommt:

     
  • Möglichkeit 1:
     
    Die jede Galaxis einhüllende Wolke dunkler Materie könnte aus einer Vielzahl Schwarzer Löcher bestehen. Man hat keine klare Vorstellung davon, wie sie entstanden sein könnten. Diese Möglichkeit aber widerspricht nicht den Beobachtungen.
     
     
  • Möglichkeit 2:
     
    Dunkle Materie könnte aus Teilchen bestehen, die wir noch nicht kennen. Nennen wir sie DM-Teilchen. Sie müssten

       
    • massereich und stabil sein
       
    • und dürften keinerlei Ladung tragen (weder elektrische Ladung noch Farbladung im Sinne der QCD).

     
    Man stellt sich das so vor:
     
    Als das Universum noch sehr heiß und sehr dicht war, gab es recht häufig Kollisionen aller möglichen Teilchen, aus denen dann auch solche hervorgingen, die deutlich energiereicher waren als die von uns heute beobachteten.
     
    Als Folge der Ausdehnung des Raumes kühlte das Universum sich dann ab, so dass Kollisionen dann immer seltener die Kraft hatten, die schweren DM-Teilchen zu erzeugen. Da man annimmt, sie seine stabil, konnten sie dann nur noch durch Annihilation (sehr heftigen Zusammenprall) ausgelöscht werden. So ein Zusammenprall aber wurde immer unwahrscheinlicher, so dass DM-Teilchen dann — grob gesprochen — irgendwann weder zerstört noch neu geschaffen wurden. Physiker nennen das einen » Freeze out «.
     
    Die theoretische Physik kann die nach diesem (bisher nur hypothetischen) Freeze-out verbliebenen Reste berechnen und so die Menge der im heutigen Universum noch vorhandenen DM-Teilchen hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften vorhersagen. Man kommt so zum Ergebnis, dass DM-Teilchen über die schwache Kraft wechselwirken und eine Masse im Bereich von 0.1 bis 1 TeV haben sollten. Vertreter dieser Theorie nennen sie daher WIMPs weakly interacting massive particles «). Der LHC im CERN scheint gerade noch stark genug, sie zu entdecken.
     
    Für diese Theorie spricht, dass, falls unsere Welt supersymmetrisch sein sollte, die für diesen Fall vorhergesagten Neutralinos Kandidat für DM-Teilchen sein könnten:
     
    Ein WIMP nämlich ist einem Neutralino recht ähnlich, sollte aber auch deutlich mehr Masse haben — vermutlich bis hin zum 100-fachen einer Protonenmasse.
     
    Wie Neutrinos durchdringen WIMPs die Erde fast ohne jeden Zusammenstoß mit deren Teilchen. Die Bezeichnung » Dunkle Materie « wäre dann irreführend, denn dunkle Körper absorbieren Licht, ohne welches zu emittieren.
     
    Obgleich weit mehr dunkle als gewöhnliche Materie zu existieren scheint, wären WIMPs sehr dünn verteilt: In jedem Qubikkilometer Raum um uns herum erwartet man etwa ein halbes Milliardstel Gramm dunkler Materie. Sie umgibt uns wie eine Art extrem schwacher Geruch.
     
    Mit ihrer hohen Geschwindigkeit von etwa 1 Million km/h würden WIMPs, wenn sie mit einem Atomkern kollidieren, etwas Energie abgeben. Die aber ist so gering, dass man einen 1018 Tonnen (= 1% der Mondmasse) schweren Detektor bauen müsste, um mit der Stärke dieser Strahlung eine herkömmliche 100-Watt-Birne zu betreiben.
     
    Man sucht WIMPs deswegen mit Vorrichtungen tief unter der Erde, muss die Detektoren aber auch dort gegen die natürliche Radioaktivität des Felsgesteins abschirmen, da die deutlich intensiver ist als das erwartete Signal dunkler Materie. Mehr dazu in Kirko Stimmer: Suche nach WIMPs.
     
    Die Vermutung, dunkle Materie bestehe aus WIMPs, stützt u.A. eine Beobachtung aus 2015.
     
     
  • Möglichkeit 3: Bisher unbekannte große Gaswolken
     
    Am 18.4.2015 registrierte das Parkes-Radioteleskop in Australien einen nur eine Millisekunde andauernden Ausbruch von Radiostrahlung im All.
    Es war schon das 17. Mal, dass so ein Radioblitz beobachtet wurde. Bisher aber wusste niemand, woher sie kamen. Weil sie nur extrem kurz andauern, wurden sie oft erst Monate oder Jahre später in aufgezeichneten Daten entdeckt.
     
    Dieses Mal aber haben die Astronomen in Australien Kollegen auf der ganzen Welt sofort benachrichtigt, und so kam es, dass von mehreren Erdteilen aus sechs Tage lang ein Nachglimmen des Blitzes beobachtet werden konnte. Dies hat dazu geführt, dass man feststellen konnte: Der Blitz kam aus einer von uns etwa 6 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie. Er könnte entstanden sein bei einem Zusammenstoß zweier Neutronensterne.
     
    Noch interessanter: Die Astronomen konnten feststellen, dass die Strahlung auf dem Weg zu uns gebrochen wurde. Und so entdeckten die Forscher bisher unbekannte heiße Gaswolken zwischen uns und der Galaxie, aus der der Blitz kam. Die Dichte dieser Wolken passt zur bislang vermissten Materie.
     
    Quelle: Christian Endt: Astronomen finden verborgene Materie, SZ vom 26.2.2016

 
 
Quelle i.W. Gian Francesco Giudice: Qdyssee im Zeptoraum — Eine Reise durch die Physik des LHC, Springer 2012, S. 304-312.


 

 Beitrag 0-538
Dunkle Materie — Warum sie eben doch auch ganz normale Materie sein könnte

 
 

 
Dunkle Materie
 
— Warum sie eben doch auch ganz normale Materie sein könnte —

 
 
Über das wahre Wesen sog. Dunkler Materie gibt es bisher nur Spekulationen.
 
Gut zusammengefasst finden sie sich erklärt und nach Plausibilität eingeordnet in Sabine Hossenfelders Vortrag.
 
Letztlich steht Hossenfelder heute im Lager derer, die denken, Einsteins Gravitationstheorie bedürfe doch noch irgend welcher Korrektur.
 
Ich selbst bin da ganz entschieden anderer Meinung:
 


Gebhard Greiter (2021):
 
Meine ganz persönliche Meinung zu Dunkler Materie:
 
Dass Galaxien als Materietöpfe zu sehen in dem Sinne, dass sie in je einer Wolke kosmischen Staubes schwimmen, die in ihnen und nahe an ihnen dichter ist als anderswo (aber dennoch im Inneren der Galaxie von fast konstanter Dichte), könnte ich mir tatsächlich noch am ehesten als Erklärung für die Existenz dunkler Materie vorstellen, denn:
 
Es kann ja tatsächlich der gesamte Inhalt des Universums (soweit er Materie darstellt) als gigantische Staubwolke aufgefasst werden mit "Staubkörnern" jeder nur denkbaren Größe (angefangen bei einzelnen Elementarteilchen und Molekülen bis hin zu Sternen und Schwarzen Löchern). Galaxien sind Schwerpunkte dieser Wolke von "Staub": Regionen also, in denen sie deutlich dichter ist als anderswo. Hiervon beobachtbar sind aner nur kleine Teilwolken enthalten, die sich lokal so weit verdichtet haben, dass sie zu leuchten begannen: entweder als Gaswolke oder gar als Stern. Dennoch muss es da aber jede Menge weiteren Staubes geben, der noch weit davon entfernt ist, sich derart weit verdichtet zu haben, dass er sich entweder stark erhitzen konnte oder wenigstens so dicht wurde, dass er in der Lage ist, zu verstecken, was hinter ihm existiert.
 
Mein Verdacht: Dieser Rest des "Staubes" (vor allem soweit er aus ganzen Gesteinsbrocken besteht) macht in Summe das aus, was wir dunkle Materie nennen, besteht aber letzlich doch nur aus stark verdünnter ganz normaler Materie jeder nur denkbaren Art von Bruchstücken früherer Sterne: Man hat (was Astrophysiker heute aber NICHT glauben) möglicherweise nur unterschätzt, wie viel das insgesamt an Staub sein kann: an Staub, der zu dünn sind, um durch uns beobachtbar zu sein (sei es in Folge eigener Lichtabstrahlung oder da er für uns nennenswert verdunkeln könnte, was hinter ihnen liegt).
 
Wenn man sich eine solche Wolke aus Staub und nicht allzu großen Gesteinsbrocken vorstellt, wird – wenn sie im Inneren der Galaxie liegt – ihre Umgebung von Sternen sie in jede Richtung fast gleich stark zu ziehen bemüht sein, so dass sie sich weder auflösen noch groß in nur eine Richtung bewegen oder sich gar schnell weiter verdichten kann.
 
Dass man sich bei entsprechenden Berechnungen gewaltig irren kann, scheint mir jedenfalls durchaus möglich.
 
Denken wir dazu mal an interstellare Objekte:
 
Aufgrund der großen Entfernungen können sie in der Regel nur erkannt werden, wenn sie unser Sonnensystem passieren. Man hat bisher nur ganze zwei entdeckt. Wie will man da wissen, wie viele es wirklich geben könnte?
 
Mit anderen Worten: Ich kann mir bisher einfach nicht vorstellen, wie es gelungen sein sollte, für Gesteinsbrocken jeder nur denkbaren Größe deutlich unterhalb typischer Mond abzuschätzen, in welcher Dichte sie in Galaxien oder dem Weltraum tatsächlich vorkommen.
 
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Ich muss zugeben, dass ich von Modified Newtonian Gravity (MOND) rein gar nichts halte. Diese Theorie scheint mir — ihrer Qualität nach — gut vergleichbar mit der Theorie der Epizyklen aus dem Mittelalter: Sie konnte Beobachtungsergebnisse (die Bahnen der Planeten, wie wir sie von der Erde aus sehen) erstaunlich genau erklären, hat sich aber dennoch als falsch erwiesen (und war um Welten komplexer als die ganz einfache Newtonsche Theorie).
 
Ich würde mir wünschen, dass die Astrophysiker mal versuchen würden, zu quantifizieren, wie sich der Prozentsatz Dunkler Materie in sehr alten Regionen des Weltalls vergleicht mit dem in z.B. unserer Lokalen Gruppe. Mein Verdacht nämlich ist, dass die Dichte Dunkler Materie korrelliert sein könnte mit der Zahl der Supernovae, die in einer betrachteten Region des beobachbaren Universums schon stattgefunden haben. Jede Supernova nämlich zerstört lokal, was Gravitation an Verklumpung von Gas und Staub schon hat schaffen können und erhöht in einer wirklich großen Umgebung des explodierten Sterns die Zahl der "Staubteilchen" großer Granularität (= Gesteinsbrocken, welche die Macht der Explosion eines Sternes in seine Umgebung geblasen hat).
 
Mit anderen Worten: Würde man feststellen, dass der Prozentsatz Dunkler Materie für weit von uns entfernete (und daher jüngere) Galaxiencluster kleiner ist als für uns nahe liegende, wäre das starker Hinweis darauf, dass Dunkle Materie eben doch ganz normale, nicht leuchtende Materie ist bestehend aus dünnen, da weiträumig verstreuten Wolken von Gesteinsbrocken, wie Supernovae sie ja wohl zur Folge haben können.
 


 
Erstaunlicher Weise hat meine Vermutung, dass Galaxien des frühen Universums weniger Dunkle Materie enhielten, inzwischen Bestätigung gefunden: Man lese den Bericht » Kaum Dunkle Materie in frühen Galaxien « (2017):
 
 
 

 
 
VORSICHT aber: Selbst wenn es offenbar richtig zu sein scheint, dass Galaxien im frühen Universum kaum Dunkle Materie enthielten, so muss das noch lange nicht bedeuten, dass deswegen auch schon meine oben vernutete Begründung dafür richtig ist.
 
Man lese deswegen auf jeden Fall auch, welche Schlussfolgerungen man aus der Beobachtung des Bullet Clusters zieht (in dem sich zwei mit einander kollidierende Galaxienhaufen mischen): Es sieht so aus als würde sich dort Dunkle und normale Materie mit anderer Geschwindigkeit vom Zusammenstoß befreien als die Gaswolken.
 
 
 
Einen erfolgreichen Versuch, Ströme Dunkler Materie in unserer nahen Umgebung zu beobachten skizziert das Video » Verborgenes Netz Dunkler Materie entdeckt « (2021).
 
 
Warum die meisten Astrophysiker heute vermuten, dass Dunkle Materie aus WIMPs (= "Weakly Interacting Massive Particles") besteht, bekommt man gut erklärt im Vortrag von Prof. Thomas Lohse (2017). Er erklärt auch, wie sich im Bullet Cluster normale und Dunkle Materie anders verschieben als das leuchtende Gas.

 

 Beitrag 0-539
Was Ursache dafür sein könnte, dass unser Universum mehr Materie als Antimaterie enthält

 
 

 
Was Ursache dafür sein könnte, dass

unser Universum mehr Materie als Antimaterie enthält

 
 
In Spektrum der Wissenschaft (1998) wird erklärt, aus welcher Richtung man sich heute eine Antwort auf die Frage erwartet, warum unsere kosmische Umgebung ganz offensichtlich mehr Materie als Antimaterie enthält (deutlich mehr sogar).
 
Im Folgenden sei ein Versuch unternommen, diese Tatsache von völlig anderer Seite her plausibel zu machen:


Gebhard Greiter (2021):
 
Wie der Astrophysiker Lawrence Krauss in seinem Buch A Universe from Nothing (2012) argumentiert, könne es gut sein, dass der Urknall, der unsere kosmische Umgebung schuf, Quantenfluktuation war.
 
Wenn Materie nun aber nicht durch kosmische Evolution entstand, sondern Ergebnis einer Quantenfluktuation war, so musste dieses Ergebnis ja — des Prinzips der Ladundungserhaltung wegen — zu gleichen Teilen aus Materie und Antimaterie bestanden haben. Genauer: Es müsste bestanden haben aus einem Paar gewaltig großer Teilchen, von denen eines i.W. Materie, das andere i.W. Antimaterie war.
 
Wenn nun aber das sofort einsetzende Inflationsgeschehen die beiden gleichermaßen expandiert hat zu ganzen Universen, könnte es doch gut sein, dass wir gerade in dem leben, das vor allem aus Materie bestand (und immer noch besteht): Die beiden hätten sich dann ja kaum vermischen können, da sich der Abstand zwischen ihnen ebenso schnell vergrößert hätte wie ihr jeweiliger Durchmesser.
 
Sabine Hossenfelder erklärt das recht schön gegen Ende ihres Vortrages How to create a Baby Universe (2021).
 


 
Vom Nichts und dem Ursprung von allem — Was andere überlegen.
 
A Big Bang in a Little Room (2017) — More Religion than Physics? — Read Hossenfelder's Review.


 

 Beitrag 0-312
Was Physiker heute under » Materie « und » Strahlung « verstehen

 
 

 
Was Physiker unter » Materie « verstehen



Leonard Susskind (2010) schrieb:
 
Unter Materie verstehen Physiker nicht nur Dinge, die aus Atomen bestehen.
 
Als Materie gelten auch andere Elementarteilchen wie Photonen, Neutrinos und Gravitonen.
 


 
Ausführlicher:
     
  • In der klassischen Physik wird unterschieden zwischen Materie, Vakuum und Kraftfeld. Hierbei haben Vakuum und Kraftfeld keine Masse, sondern beschreiben einen Zustand des leeren Raumes.
     
    Klassische Physik versteht unter » Materie « alles, was Raum einnimmt und Ruhemasse hat.
     
     
  • In der modernen Physik wurde der Materiebegriff durch die Relativitätstheorie und die Quantenphysik mehrfach erweitert.
    In den meisten Lehrbüchern der Physik wird er nun ohne eine genauere Definition einfach vorausgesetzt. Tatsache aber ist:
     
    Moderne theoretische Physik versteht unter » Materie « wirklich sämtliche Elementarteilchen (und auch alles daraus Zusammengesetzte).

 
 
Was Physiker unter » Strahlung « verstehen

 
Mit » Strahlung « kann Korpuskularstrahlung ebenso wie rein energetische Wellenstrahlung gemeint sein.

 

 Beitrag 0-313
Schwarzkörper richtig verstehen

 
 

 
Über Schwarzkörper und Schwarzkörper-Strahlung

 
 
Was Physiker unter einem » schwarzen Körper « verstehen, ist ein Objekt, welches
     
  • einfallendes Licht  v o l l s t ä n d i g  absorbiert (als nichts davon reflektiert)
     
  • und Licht wirklich  j e d e r  Wellenlänge absorbieren und später auch wieder abgeben kann.

 
Beispiel hierfür wäre ein rußiger Topf aus Gusseisen. Aber auch er wird strahlen, wenn man ihn erhitzt: Er wird zunächst rot glühen, bei weiterer Erhitzung dann mehr und mehr gelbes und schließlich sogar bläulich weißes Licht aussenden.
 
Selbst unsere Sonne ist ein Schwarzkörper, denn durch sie abgestrahltes Licht ist kein durch sie reflektiertes, sondern stets nur von ihr selbst abgegebenes.

 

 Beitrag 0-186
Warum man heute selbst das Licht noch als Materie einstuft

 
 

 
Was gilt heute als Materie?

 
 
Heute gilt als Materie tatsächlich alles, was Energieträger ist — sogar das Licht.
 
Das war nicht immer so, doch wie es dazu kam, erklärt der Physiker Prof. em. Josef Hohnerkamp so:
 


Hohnerkamp (2013, stark gekürzt):
 
Der englische Naturforscher Isaac Newton stellte fest, dass es bei verschiedenen Körpern auch einer verschiedenen Kraftanstrengung bedarf, ihre Bewegung zu ändern. Er führte als Maß für solche Trägheit den Begriff Masse ein und postulierte auch gleich, dass jene Masse dafür verantwortlich sei, dass Körper sich gegenseitig anziehen. Fortan galt die Eigenschaft, Masse zu besitzen, als Spezifikum materieller Objekte (und auch heute findet man das oft so formuliert, z.B. in Wikipedia).
 
Materielle Objekte sind danach alle Objekte, die Masse besitzen und daher Trägheit bei Bewegungsänderung zeigen sowie von anderen Objekten gleicher Art angezogen werden.
 
Erst Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie mache uns klar, dass dazu auch Licht gehört und man das Wort » Masse « besser durch » Energie « ersetzt, da ja Masse im Sinne Newtons nicht notwendig Ruhemasse ist.
 
 
Was aber wurde nun aus dem Begriff » Materie « ?
 
Offensichtlich bestehen alle Objekte, die man vor Einstein als materiell bezeichnet hatte, aus Elementarteilchen, d.h. aus Quanten. Auch das Licht — sich uns als Welle eines elektromagnetischen Feldes zeigend — ist auf mikroskopischer Ebene ein Strom von Quanten.
 
Somit musste man sich neu überlegen, was denn nun das Spezifikum eines materiellen Objekts sein solle.
 
 
Mit Hilfe der Relativitätstheorien und der Quantenphysik ist leicht einzusehen, wie die Definition des Begriffs » Materie « abzuwandeln ist, um diesen neuen Einsichten Rechnung zu tragen:
 
 
Was ein materielles Objekt kennzeichnet, ist nicht die Eigenschaft (Ruhe-) Masse zu haben,
 
sondern die Eigenschaft Energieträger zu sein.

 
 
Aber nicht nur das: Wer die Spezielle Relativitätstheorie kennt, der weiß, dass die Energie immer zusammen mit einem Impuls auftritt, diese beiden Größen also ebensowenig von einander trennbar sind wie Zeit von Raum.
 
Demnach sagt die Physik heute:
 
Materielle Objekte sind alle,
 
denen sich ein Energie-Impuls-Vektor zuordnen lässt.

 
 
Note: Da sich die neue Sprechweise noch nicht überall durchgesetzt hat — und alte Schriften ohnehin nicht abänderbar sind — wird häufig noch von Masse gesprochen, wo eigentlich Materie bzw. die sie darstellende Energie gemeint sind.

 
Sie ist relativ, d.h. aus der jeweils subjektiven Sicht unterschiedlicher, relativ zueinander bewegter Bezugssysteme heraus unterschiedlich groß.
 


 
Quelle: Josef Hohnerkamp: Was können wir wissen? (Springer, 2013), S. 53-59

 
 
 
Nicht-Pysiker verstehen unter Materie deutlich weniger: Für sie ist Materie nur das, was Summe von Elementarteilchen ist, die Ruhemasse haben (sich also nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen können).

 

 Beitrag 0-81
Warum wir ständig in einer Wolke virtueller Antimaterie leben

 
 

 
Virtuelle Antimaterie
 
 
Wie die Quantenelektrodynamik (QED) uns zeigt, lebt alle Materie ständig in einer Wolke virtueller Antimaterie:
 
 
 

 
 
 
Quelle: Pedro Waloschek: Besuch im Teilchenzoo (rororo 1996)

 
 
 
Das Bild zeigt — mit Hilfe eines Feynman-Diagramms — die Entstehung der virtuellen Elektron-Positron-Wolke in der Umgebung jeder elektrischen Ladung, z.B. eines Elektrons:
 
Vom Elektron immer wieder abgespaltene und sofort wieder mit ihm verschmelzende Photonen verwandeln sich hin und wieder (in etwa 1 von 137 Fällen) in Elektron-Positron-Paare noch kürzerer Lebensdauer.
 
Im Endeffekt also ist jedes Elektron (ja sogar jede Ladung) von einer Wolke virtueller Photonen und Ladungen umgeben. Da ein Elektron selbst negative Ladung trägt, werden die virtuellen Positronen angezogen, die virtuellen Elektronen abgestoßen. Feymans Diagramm symbolisiert das recht schön. Nebenbei:
 
 
 
Ganz analog dazu sind auch Gluonen ständig von virtueller Antimaterie begleitet: Könnte man einen Blick auf sie werfen, würde man grob jedes vierte oder fünfte Gluon in einem Quark-Antiquark-Zustand vorfinden:
 
 
 

 
 
 
Wie elegant und übersichtlich sich sich der Zerfall von Elementarteilchen mit Hilfe von Feynman-Diagrammen darstellen lässt, zeigt auch das folgende Bild:
 
 
 
Beispiel eines komplexeren Feynman-Diagramms


 

 Beitrag 0-100
Das Pauliprinzip — und sein Beweis

 
 

 
Das Pauliprinzip (und seine Begründung)

 
 
Jedes System von n Materieteilchen (1 ≤ n) ist letztlich eine Wolke aus Wirkpotential.
 
Deren Dichte, genauer: das Feld der Wahrscheinlichkeiten, welches für jeden Zeitpunkt t und jeden Ort x im Raum beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit man
dort spontan eintretende Wirkung erwarten kann — ist gegeben durch das Quadrat einer stetigen, komplexwertigen Wellenfunktion ψ( z1, ..., zn ), die nur von den Zuständen zj ( 1 ≤ j ≤ n ) der einzelnen Teilchen zu gegebener Zeit t0 abhängt.
 
Eine offensichtliche Folge dieser Tatsache ist:
 
 
Vertauscht man in der Parameterliste dieser Funktion zwei der Argumente, so ändert das nichts am Quadrat der Funktionswerte.
 
Anders ausgedrückt:

 
Jede solche Vertauschung wird ψ mit -1 multiplizieren ( man nennt das den  a s y m m e t r i s c h e n  Fall )
 
oder gar nichts an ψ ändern (  s y m m e t r i s c h e r  Fall ).

 
 
In der Natur werden beide Fälle beobachtet:

 
Teilchen mit ganzzahligem Spin haben symmetrische Wellenfunktion,
 
Teilchen anderer Art (dazu rechnen Protonen, Neutronen und Elektronen), haben asymmetrische Wellenfunktion.
 
Dies gilt für elementare Teilchen ebenso wie für zusammengesetzte (also z.B. auch für Atome).

 
 
Ein Wasserstoffatom etwa besteht aus zwei Spin-1/2-Teilchen (einem Proton und einem Elektron), deren Spinmomente sich zu einem ganzzahligen Gesamtspin addieren. Demzufolge ist die Wellenfunktion einer Menge von Wasserstoffatomen
  • hinsichtlich des Vertauschens der Zustände zweier Wasserstoffatome symmetrisch,
     
  • hinsichtlich der Zustandsvertauschung zweier Elektronen (oder zweier Protonen) aber antisymmetrisch.

 
Aus der Antisymmetrie der Wellenfunktion von Elektronen folgt das Pauliprinzip. Es besagt:

 
In keinem Quantensystem kann es zwei Elektronen geben,
die sich im selben Zustand befinden (d.h. hinsichtlich aller vier Quantenzahlen gleichen Wert haben).

Diese 4 Quantenzahlen sind:
 
n (= Energie),  l (= Bahnmoment),  ml (= Richtung des Bahnmoments),  ms (= Richtung des Spinmoments)
 
 
 
Beweis: Gäbe es im System zwei Elektronen gleichen Zustandes, so könnte man in der Wellenfunktion ψ( z1, ..., zn ) des Systems diese beiden Zustände miteinander vertauschen,
o h n e  dass sich an den Werten der Funktion irgend etwas ändern würde. Dies wäre ein Widerspruch zur Asymmetrie der Funktion.

 
 
 
Das Pauliprinzip hat zur Folge, dass sich in einem Atom mit mehr als zwei Elektronen nicht alle im energiemäßig vorteilhaftesten Zustand befinden können, dem mit (n,l,ml) = (1,0,0). Diesen Zustand können nur Elektronen besetzen, die unterschiedliches Spinelement ms haben. Dies aber kann nur 1/2 oder -1/2 sein.
 
Wenn ein Atom also mehr als nur 2 Elektronen hat, müssen durch sie auch energetisch höhere Zustände besetzt sein: (2,0,0), (2,1,0), (2,1,1), (3,0,0) usw.
 
Hieraus resultiert eine elektronische Struktur, die Grundlage des Periodensystems der Elemente und aller Chemie ist. Die einzelnen Elemente des Periodensystems sind chemisch deshalb verschieden, weil sie im Grundzustand unterschiedliche elektronische Struktur haben.
 
 
In Lothar Schäfers Buch » Versteckte Wirklichkeit « liest man auf Seite 250-251:
 


Lothar Schäfer (2004):
 
Wenn zwei Moleküle oder Gegenstände A und B weit voneinander entfernt sind, ist es für alle praktischen Anwendungen ausreichend, sich vorzustellen, dass ihre Wellenfunktionen unabhängig voneinander sind.
 
Wird der Abstand zwischen ihnen aber kleiner als etwa 10-10 Meter, so beginnen diese Wellenfunktionen deutlich miteinander zu interferieren, so wie man das bei Wellen immer beobachtet. Die Zustände von A und B verlieren dann ihre Eigenständigkeit, ja sogar ihre Identität, und das System { A, B } gelangt in einen Zustand, der stabilisierend oder destabilisierend sein kann:
 
Die Elektronen des Systems entdecken dann nämlich, dass die meisten von ihnen sich auf destabilisierende Zustände höherer Energie zurückziehen müssen, da vorteilhaftere schon besetzt sind.
 
Nach diesem Prinzip entstehen abstoßende Kräfte zwischen den Molekülen: Die Elektronen im einen Ding bemerken, dass die vorteilhaften Zustände im anderen schon besetzt sind und daher vermieden werden müssen.
 
Der begriffliche Zwang, besetzte Zustände zu meiden, ruft dann physikalische Kräfte hervor.

 
Man kann es auch so sehen:
 
Ein geistiges Prinzip wird in ein mechanisches verwandelt.

 



 

 Beitrag 0-107
Wie es zur Entdeckung von Antimaterie kam

 
 

 
Antimaterie

 
 
1929 fand Paul Dirac eine Gleichung zur Beschreibung von Elektronen, die sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegen.
 
Aus rein mathematischen Gründen enthielt sie nicht nur das Elektron als Lösung, sondern auch ein Teilchen mit gleicher Masse aber entgegengesetzter elektrischer Ladung.
 
Schon 3 Jahre später (1932) wurde so ein Teilchen durch Carl Anderson in einer Nebelkammer — ohne dass er gezielt danach gesucht hätte — dann auch tatsächlich entdeckt. Man nennt es heute das Positron.
 
 
Heute wissen wir, dass es zu jedem elektrisch geladenen Elementarteilchen T genau ein Antiteilchen gibt. Es unterscheidet sich von T allein durch das Vorzeichen seiner Ladung.

     
  • Antiprotonen konnten zum ersten Mal 1955 erzeugt werden (im Lawrence Berkely National Labaoratory, USA).
     
  • Wesentlich schwieriger war die künstliche Herstellung von Antiwasserstoff (dem Bindungszustand von einem Antiproton und einem Positron), einem aus Antimaterie bestehenden Atom. Sie gelang erstmals 1995 im CERN.
     
  • 2002 gelang es dann erstmals — ebenfalls im CERN — eine größere Menge von Anti-Wasserstoff-Atomen herzustellen (etwa 50.000).

 
 
Das Konzept der Dirac Sea war Diracs Versuch, sich Antimaterie zu erklären. Dieser sein Erklärungsversuch aber widerspricht der Tatsache, dass in unserem Universum sehr viel mehr Materie als Antimaterie zu existieren scheint. Die Quantenfeldtheorie — die als modernere Fassung (und als Verallgemeinerung) der Quantenelektrodynamik zu sehen ist — macht keinen Unterschied mehr zwischen Materie und Antimaterie.
 
Nebenbei: Richard Feynman war einer der letzten großen Physiker, die Teilchen eher als Teilchen, denn als Wellen sahen. Mit der Quantenfeldtheorie (QFT) wurde das anders: Elementarteilchen werden heute als Feldanregung verstanden, d.h. als Welle oder als Wellenpaket in einem physikalischen Feld analog dem elektromagnetischen Feld.
 
Unter Mitberücksichtigung von Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation existieren genau genommen noch nicht mal diese Wellen, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, sie in unterschiedlich starker Ausprägung (d.h. mit unterschiedlich großer Amplitude) an diesem oder jenem Punkt der Raumzeit vorliegen zu haben.
 
 
Lies auch: There are no particles, there are only fields
 
 
 
Seit Mitte der 60er Jahre wissen Physiker aus Experimenten mit sogenannten K-Mesonen, dass Materie und Antimaterie auch ihrem Verhalten nach leicht unter­schiedliche Eigenschaften haben. Den Effekt, dass sich ein Teilchen bei einem Zerfallsprozess anders verhält als sein Antiteilchen, nennen sie CP-Verletzung.
 
Quelle: CP-Verletzung — Verletzt ist die Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie.

 

 Beitrag 0-168
Antimaterie — wie man sie heute produziert und nutzt

 
 

 
Antimaterie — wie leicht produzierbar?

 
 
Antimaterie ist vor allem für die Grundlagenforschung interessant: Zum Ausloten der Naturgesetze.
 
Dennoch gibt es auch recht wichtige praktische Anwendungen von Antimaterie:
     
  • Beispiel 1: Untersuchung von Werkstoffen:
     
    Durch Bestrahlung mit Positronen lassen sich die Ermüdungserscheinungen von Metallen besser dignostizieren als mit anderen Verfahren. Konkret kommt das zum Einsatz bei der Überprüfung von Flugzeugturbinen. Der Vorteil hier: Höhere Flugsicherheit und Kosteneinsparung.
     
  • Beispiel 2: Die Positronen-Emissions-Tomographie:
     
    Recht erfolgreich sind die Methoden SPECT und PET: Radioaktiv markierte Moleküle werden ins Blut gespritzt, wo sie Millionen von Positronen emittieren (positiver Beta-Zerfall). Damit lassen sich dann im Körper Tumore lokalisieren, aber z.B. auch molekulare Andockstellen für chemische Botenstoffe des Nervensystems.
     
    Selbst Blutfluss und Sauerstoffverbrauch im Gehirn lassen sich so gut verfolgen. Neurologen haben mit PET-Scans schon zahlreiche Hirnfunktionen und deren Wechselspiel lokalisieren können.
     
  • Beispiel 3: Seit 2003 versucht man mit Antimaterie sogar Krebs zu bekämpfen (weltweit forscht man daran an mindestens schon 10 Instituten). Hoffnung machen Experimente mit Hamsterzellen, die gezeigt haben, dass bei Tumorzellen Antiprotonstrahlen eine 4-fach höhere Zerstörungskraft haben als Protonenstrahlen.

Was noch 1990 kaum vorstellbar war, ist Realität geworden:
 
 
Antimaterie kann heute — wenn auch nur in extrem kleinen Mengen — nicht nur produziert,
 
sondern auch gespeichert und manipuliert werden.

 
Mit "extrem kleinen Mengen" sind  M i l l i a r d s t e l  von Gramm gemeint — eine Menge,
     
  • die kaum ausreichen würde, eine Glühbirne wenige Minuten leuchten zu lassen
     
  • und deren Zusammenbringen mit Materie (zwecks Verstrahlung) nicht gefährlicher wäre, als ein Streichholz anzuzünden.

Mit der heute möglichen Antimaterie-Produktionsrate würde es 10.000-mal so lang dauern, wie unsere Universum alt ist, genügend zu bekommen, eine Bombe zu konstruieren, die mit einer einfach zu schaffenden Atombombe hinsichtlich Sprengkraft konkurrieren könnte.
 
Zudem ist Antimaterie schon allein von der Energiebilanz her waffentechnisch absolut uninteressant: Bei ihrer Zerstrahlung würde nämlich nur etwa 10-Milliardstel der zu ihrer Produktion nötigen Energie frei — und das, obgleich Annihilation (das gegenseitige Auslöschen von Materie und Antimaterie) der effizienteste Energielieferant ist, den die Natur kennt.
 
 
Die bisher ergiebigste Quelle von Antiprotonen sprudelte am Fermilab (in Chicago), wo man ab Juni 2007 monatlich etwa 1014 Antiprotonen gewann (rund 1.5 Milliardstel Gramm).
 
Zum Vergleich: Im CERN produziert man jährlich etwa 1/10 dieser Menge: nicht einmal genug, eine 40-Watt-Glühbirne 7 sec leuchten zu lassen.
 
Antiatome konnten erstmals 1995 (am CERN) erzeugt werden: Neun Antiwasserstoffatome mit einer Geschwindigkeit von 90% der des Lichts waren nachgewiesen worden als Resultat eines Prozesses, der Situationen schafft, in denen mit einer Häufigkeit von nur 1 zu 1019 so ein Atom entsteht.
 
Ein erstes Anti-Lithium-Atom zu produzieren gelang erst 2011. Es besteht aus 2 Antiprotonen, 2 Antineutronen und 2 Positronen.
 
 
Positronen in einer Penning-Falle einzusperren glückte erstmals 1984, Antiprotonen einzusperren war noch schwieriger, gelang aber 1986. Aber schon 1991 konnte man etwa 100 davon über Monate hinweg so aufbewahren. 1995 war es dann so weit: Man konnte Antiprotonen einzeln einsperren und so für experimentelle Zwecke bereitstellen. Ihre elektrische Ladung — so wurde jetzt mit einer Messgenauigkeit von 1 zu 10 Mrd. bestätigt — ist genau die der Protonen.
 
Da Antiatome elektrisch neutral sind, können sie nicht mit Hilfe elektrischer Felder bewegt und gespeichert werden. Nun hat Antiwasserstoff aber — seines inneren Drehimpulses wegen — ein magnetisches Moment. Dadurch lässt er sich — wenn kalt genug — in einer magnetischen Falle einsperren. Damit ist es 2011 gelungen, auch Antiatome für immerhin mehr als 1000 sec zu speichern (um so damit experimentieren zu können mit dem Ziel, weitere Bestätigung für die Gültigkeit des Standardmodells der Elementarteilchenphysik zu finden).

 
 
Auch die Natur produziert Antimaterie

 
Dass sich Positronen (= Antielektronen) in kosmischer Strahlung finden, hat ein Höhenballon schon 1964 entdeckt.
Selbst Gewitter auf der Erde erzeugen welche.
 
Antimaterie im All ist inzwischen ein großes Forschungsthema:
     
  • Sonneneruptionen setzen regelmäßig relativ große Mengen von Antimaterie frei: Positronen und Antiprotonen.
    So sind z.B. 2002 in einer einzigen, gewaltigen Eruption etwa 0.5 kg Positronen entstanden —wäre ihre Energie nutzbar gewesen, hätte sie gereicht, ganz Deutschland 2 Tage mit Strom zu versorgen.
     
  • Etwa 80 Gramm Antimaterie kreisen zwischen Venus und Mars um die Sonne, und ca. 20 kg vermutet man innerhalb der Bahn des Saturns.
     
  • Nahe des Zentrums unserer Milchstraße zerstrahlen ständig riesige Mengen von Elektronen mit Positronen. Es muss da also eine Positronenquelle geben, die man noch nicht gefunden hat. Dies signalisieren uns Photonen, deren jedes genau die Energieportion darstellt, die bei der Annihilation eines Elektrons mit einem Positron frei wird.

 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Vom Gottesteilchen zur Weltformel, Kosmos-Verlag 2013, S. 170-255
 
Nach Harald Lesch (2002) kommen heute auf je 5 Mrd. Teilchen Materie etwa 1 Teilchen Antimaterie.


 

 Beitrag 0-169
Quantenchromodynamik (QCD) beschreibt die Starke Wechselwirkung

 
 

 
Quantenchromodynamik (QCD)

 
 
Die QCD ist die Theorie der Starken Wechselwirkung — sie beschreibt die zwischen den Quarks wirkende Kraft.
 
Das Besondere daran:
     
  • Bei geringen Abständen und hohen Energien sind die Quarks » asymptotisch frei «, d.h. kaum aneinander gebunden.
     
  • Bei zunehmend größerer Distanz aber wirkt Kraft wie ein zunehmend gespanntes Gummiband, das sie verbindet (Stichwort: » Confinement «).
     
  • Es gibt deswegen keine isolierten Quarks.
     
  • Beim Versuch, ein Paar von Quarks zu trennen, entstehen spontan neue Quark-Antiquark-Paare (» spontane Paarbildung «).

Unmittelbar nach dem Urknall war die Materie im All so heiß und dicht, dass Quarks und Gluonen eine Art Plasma aus frei beweglichen Teilchen bildeten. Sein Verhalten war weniger das eines Gases, sondern eher das einer Flüssigkeit ohne innere Reibung (viel flüssiger als Wasser).

 

 Beitrag 0-364
Was uns heutige Physik über die Struktur aller Materie zu sagen weiß

 
 

 
Wie man zum heutigen Modell der Struktur aller Materie kam

 
 
Schon im 5. Jahrhundert v. Chr. waren Leukip und sein Schüler Demokrit der Meinung, alles Anfassbare müsse Summe kleinster, unteilbarer Teilchen sein.
 
Dass sie mit ihrer Auffassung recht haben könnten, begann der modernen Physik erst Ende des 19. Jahrhunderts klar zu werden:
     
  • Die entscheidenden Argumente dafür, dass Demokrits Atomidee richtig sein könnte, lieferten Experimente mit Gasentladungen in evakuierten Röhren, wie man sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts in zahlreichen Laboren durchführte. Dass die im Zuge dieser Experimente entdeckten negativ geladenen Teilchen — dann Elektronen genannt — nicht die einzigen kleinsten Teilchen sein konnten, wurde klar aus der Tatsache, dass sie elektrische Ladung trugen, Materie an sich aber elektrisch neutral ist.
     
  • 1896 hat dann Henri Becquerel entdeckt, dass Uran Strahlung aussendet. Wenig später wurde klar, dass es sich dabei in Radium verwandelt. Neben elektrisch geladenen Partikeln — Alpha- und Beta-Strahlung genannt — verließ auch energiereiche Strahlung extrem kurzer Wellebnlänge — Gamma-Strahlung genannt — das sich umwandelnde Uran. Wie etwas später klar wurde, besteht Beta-Strahlung aus Elektronen, Alpha-Strahlung aber aus positiv geladenen Helium-Atomkernen.
     
  • Insbesondere die Alphateilchen erwiesen sich als recht gut geeignet, die Struktut der Atome zu erforschen: Ernest Rutherford verwendete sie als winzige Geschosse, die er auf Materialien unterschiedlichen typs prallen lies. Hierbei erkannte er, dass die weitaus meisten dieser Geschosse das Material durchdrangen, als würde es kein Hindernis darstellen. Einige wenige aber wurde extrem stark abgelenkt, in seltenen Fällen sogar um mehr als 90 Grad.
     
    Gegen Ende 1910 war Rutherford klar, was das bedeuten musste: Der Sitz der elektrisch positiven Ladung des Atoms — heute Atomkern genannt — musste im Verhältnis zur ganzen Größe der Atome extrem klein sein.
     
    Rutherford verschiedenste Materialien und sah, dass die positiv geladenen Alphateilchen umso häufiger und stärker abgelenkt wurden, je größer die Ordnungszahl des jeweiligen Elements im Periodensystem war.
     
    Diese Beobachtung führte zu einem ersten abgesicherten Atom-Modell: Jedes Atom musste aus einem positiv geladenen Kern bestehen, der umso mehr Ladungen aufweist, je höher die Ordnungszahl des jeweiligen Elements im Periodensystem ist. Da Atome nu aber nach außen hin elektrisch neutral sind, waren im Atom wohl auch kompensierende negative Ladungen — Elektronen — vorhanden.
     
    Da sich nun aber Ladungen verschiedenen Vorzeichens gegenseitig anziehen, sah Rutherford sich gezwungen, den Elektronen kreisförmige Bewegungsbahnen zuzuschreiben, da sie sonst ja in den Kern des Atoms stürzen müssten. Damit war das Planetenmodell des Atoms geboren.
     
     
  • So ganz richtig konnte dieses Modell aber aus gleich 3 Gründen nicht sein:
       
    • Wenn sich negativ geladenen Teilchen um einen positiv geladenen Kern bewegen, müsste sich ein Dipol bilden, der ständig elektromagnetische Strahlung aussendet, so dass die Elektronen ständig Energe verlieren und daher schließlich doch in den Kern stürzen müssten.
       
    • Auch die damals schon längst bekannte Tatsache, dass in den Spektren der Gase diskrete Linien auftreten, jedes Atom also nur elektromagnetische Wellen ganz bestimmter Frequenzen abstrahlt, gab zu denken.
       
    • Heisenberg lieferte noch einen weiteren Einwand: Kein den Gesetzen der Newtonschen Mechanik folgendes Planetensystem würde jemals nach Zusammenstoß mit einem anderen in seine Ausgangskonfiguration zurückfinden. Kohlenstoff aber bleibt Kohlenstoff auch nach dem Zusammenstoß seiner Atome mit anderen.

     
  • Erst Niels Bohr gelang es, wenigstens für Wasserstoff ein widerspruchsfreies Atommodell zu entwerfen: Er vereinigte die Ideen von Rutherford, Planck und Einstein, indem er den Elektronen innerhalb des Atoms kreisförmige Bahnen zuschrieb, die sie — entgegen den Gesetzen der klassischen Physik — strahlungslos durchlaufen. Jeder Behn, so Bohr, entspricht eine bestimmte Energiestufe, die Bohr durch eine Quantenzahl charakterisierte. Nur wenn Elektronen die Bahn wechseln, geben sie Energie ab oder nehmen Energie auf.
     
  • Obgleich Bohrs Modell auch heute noch das bekannteste ist, gilt es als überholt. Es kann keineswegs alle Fragen beantworten:
       
    • Sofort nach seinem Entstehen wurde klar, dass es selbst Wasserstoff — das aller einfachste Atom — Spektrallinien kennt, die sich so nicht erklären lassen. Sommerfeld hat deswgen zusätzlich zu de hauptquantenzahlen noch Nebenquantenzahlen eingeführt, womit dann auch die Feinstruktur der Spektren gedeutet werden konnte.
       
    • Dennoch funktionierte auch das nur für Wasserstoff, für Atome also, in denen nur ein einziges Elektron den Kern umkreist.

     
  • 1932 hat dann James Chadwick ein weiteres Teilchen entdeckt: Nahzu so schwer wie ein Proton, aber ohne eletrische Ladung, nennt man es heute das Neutron.
     
  • Schon 1930 aber kam Wolfgang Pauli zur Überzeugung, dass es ein weiters — ganz besonders leichtes, auch elektrisch neutrales — Teilchen geben müsse, welches Enrici Fermi dann das Neutriono (= "kleies Neutron") nannte. Es sollte noch 25 weitere Jahre dauern, bis man es tatsächlich nachweisen konnte.
     
  • 1936 fand man in kosmischer Höhenstrahlung dann noch ein Teilchen, das — wie das Elektron — negetive elektrische Ladung trägt, aber etwa 200 Mal so schwer ist: Man nannte sie Mesonen und hat später erkannt, dass es in zweierlei Varianten auftritt: Heute nennt man sie das Myon und das Pion.
     
  • 1970 schließlich hat man Protonen mit sehr energiereichen Elektronen beschossen und so erkannt, dass alle Nukleonen (= Protonen wie Neutronen) aus 3 noch kleineren Teilchen bestehen, die nie einzeln auftreten. Man nennt sie Quarks. Neben elektrischer Ladung tragen sie auch noch sog. Farbladung (was nichts mit Farbe zu tun hatn sondern einfach nur eine hilfreiche Analogie suggerieren soll).

 
Da es neben den Materieteilchen nun aber auch noch Energieportionen gibt, die man Kraftteilchen nennt, hat man schließlich und endlich sie alle in einem einzigen Modell zusammengeführt: dem sog. Standardmodell der Elementarteilchenpysik.
 
Seine — jetzt rein geschichtlich — letzte Ergänzung erfuhr dieses Modell, nachdem Experimentalphysik das sog. Higgs-Boson nachweisen konnte: Higgs-Bosonen sind Energieportionen, die anderen Elementarteilchen sozusagen "im Weg stehen" und so Ruhemasse verleihen: Je mehr sie Teilchen einer bestimmten Art "im Wege stehen", desto mehr Ruhemasse haben Teilchen jener Art.
 
 
Interessant ist, dass jede physikalische Theorie selbst definiert, wie man sich Elementarteilchen vorzustellen hat:
     
  • Das Standardmodell sieht sie als ausdehnungslose Punkte.
     
  • Experimentalphysik (man denke an die Streuexperimente von Rutherford) sieht sie meist als Teilchen mit wenigstens grob definiertem, artspezifischen positivem Durchmesser (man nennt ihn die Compton-Wellenlänge des Teilchens).
     
  • Stringtheorie sieht sie als die einem String — einem Faden oder einer Membran — möglichen Schwingungszustände.
     
  • Quantenfeldtheorie aber sieht sie als Pakete von Wellen, die Anregung abstrakter Kraftfelder sind (jedem Typ von Elementarteilchen entspricht ein eigenes, in der gesamten Raumzeit defiertes Feld).

 
Hält man sich an das Bild der Quantenfeldtheorie, kommt man unweigerlich zum Schluss, dass
     
  • unteilbar ( atomar im Sinne von Demokrit ) wirklich nur sinusförmige Feldanregungen sind,
     
  • und alles, was man heute ein einzelnes Elementarteilchen nennt, genau genommen nur ein aus einer bestimmten Perspektive heraus gesehener Aspekt des gesamten art-spezifischen Feldes ist.

 
Wer sich dieses Bild — als das der Wirklichkeit wahrscheinlich am ehesten entsprechende — zu eigen macht, den wundert es dann auch nicht mehr, dass über die Materieteilchen hinaus auch einige der Kraftteilchen Ruhemasse haben (das Higgs-Boson und die Bosonen, welche die sog. schwache Wechselwirkung vermitteln).
 
 
Nebenbei:
 
Interessant ist, dass Teilchen, die Summe von Fermionen sind, dennoch Bosonen sein können (Spin ist additiv, und bosonisches Verhalten hat alles, was ganzzahligen Spin hat).

 

 Beitrag 0-108
Quarks, Gluonen, QCD, und die Struktur der Hadronen

 
 

 
Wie Quarks die Struktur der Hadronen erklären

 
 
Die Quarks waren schon vor ihrer Endeckung von Gell-Mann und George Zweig theoretisch postuliert worden, um die sog. Hadronen (= Teilchen, die der starken Wechselwirkung unterliegen) zu erklären.
 
Die meisten Hadronen (wörtlich: dicke Teilchen) zerfallen binnen sehr kurzer Zeit in leichtere. Stabil ist einzig und allein das Proton.
 
Das Neutron, wenn frei auftretend, hat eine mittlere Zerfallszeit von etwa 11 Minuten. Beim Zerfall wird daraus ein Proton, ein Elektron und ein Neutrino. Im Atomkern dagegen, im Verbund mit Protonen, ist auch das Neutron stabil.
 
Hadronen sind entweder Baryonen ("schwere" Teilchen) oder Mesonen ("mittelschwere" Teilchen).
 
Viele davon wurden in den 50-er und 60-er Jahren entdeckt. Man dachte zunächst, all ihre Eigenschaften über das sog. Resonanzmodell erklären zu können. Es lief darauf hinaus, die Hadronen als eindimensionale Objekte (sog. "Strings") aufzufassen. Und in der Tat war genau dies die Geburtsstunde der Stringtheorie: Man schuf sie, das Spektrum der Hadronen zu erklären.
 
Die Baryonen traten als Gruppe von 10 verschiedenen Fermionen auf, die Mesonen aber als Gruppe von 8 unterschiedlichen Bosonen.
 
Es gehörte schon Genialität gepaart mit sehr guten mathematischen Kenntnissen dazu, um — wie Gell-Mann 3 Jahre später — zu erkennen, dass sich dieses Muster durch das Postulat einer Existenz von 3 unterschiedlichen Quarks mit Spin 1/2 erklären lässt:
 
    Rein nur aus Symmetriegründen dachte Gell-Mann, dass

    • die Baryonen aus 3 Quarks,
    • die Mesonen dagegen aus einem Quark und einem Antiquark

    zusammengesetzt sein müssten.
     
    Einige Jahre lang wurde seine Idee als zu abstrakt — als zu weit hergeholt — angesehen.

 
1968 aber änderte sich das schlagartig: Streuexperimente im Stanford Linear Beschleuniger (SLAC) hatten bewiesen, dass Protonen und Neutronen nicht strukturlos sein konnten. Man beschoss sie mit Elektronen und konnte sie so bis tief in ihr Inneres hinein abtasten. Festgestellt wurde:
 
 
Jedes Proton wie auch jedes Neutron besteht i.W. aus 3 noch kleineren Bestandteilen:
 
aus Quarks, wie Gell-Mann sie wenige Jahre vorher schon postuliert hatte.

 
 
Jedes Quark kommt in der Natur in 3 unterschiedlichen Varianten vor, die man "blau", "rot" und "grün" nennt.
 
Es ist dies eine zusätzliche Eigenschaft der Quarks, die man bei anderen Leptonen, wie etwa beim Elektron, nicht findet. Sie führt ziemlich direkt zu den Gluonen und den Anziehungskräften, die zwischen den Quarks wirken: Gluonen sind der Klebstoff, der Nukleonen zusammenhält.
 
 
Im Vergleich zu anderen Bosonen besitzen die Gluonen eine zusätzliche Eigenschaft: "Farbe" (auch "Farbladung") genannt:
 
So kann sich z.B. ein "rotes" Quark durch Abstrahlen eines Gluons in ein "blaues" verwandeln. Dies Gluon trägt dann positive "rote" Farbladung und negative "blaue". Analog ist das mit den anderen "Farben".
 
Es sind hierbei alle denkbaren Kombinationen unterschiedlicher Farbladung erlaubt (nur Gluonen, die jede der "Farben" in sich selbst überführen würden, kennt die Natur nicht).
 
Und so kann man sich durch einfaches Abzählen vergewissern: Es gibt genau 8 unterschiedliche Gluonen.
 
 
Bei nicht allzu hoher Temperatur sind Quarks stets eingesperrt in Hadronen, doch stets nur in Gruppen, bei denen die Summe all ihrer Farbladung sich neutralisiert zu "weiß" = "rot" + "grün" + "blau" in Nukleonen bzw. zu Null in Mesonen, denn jedes Meson enthält ein Quark mit positiver Farbladung und ein Antiquark mit der entsprechenden negativen Farbladung (also z.B. "rot" + "antirot").
 
 
Dieses "Rechnen" mit den Farbladungen nennt man Quantenchromodynamik (QCD).
Mit echten Farben allerdings, d.h. mit elektromagnetischer Strahlung, hat sie rein gar nichts zu tun.
 
Das sogenannte Confinement — die Tatsache, dass man in der Natur keine freien Quarks oder Gluonen beobachtet, sondern ausschließlich farbneutrale Objekte — kann die QCD bisher nicht erklären.
 
 
Quelle: Dieter Lüst: Quantenfische, DTV 2014, S. 92-105

 

  Beitrag 1924-1
Wie aus Platonischen Ideen (sämtliche) anfassbare Materie wird

 
 

Erst Platonische Ideen machen Energie zu anfassbarer Materie


In Anhang 14 seines Buches "Versteckte Wirklichkeit" erklärt Lothar Schäfer, wie es zum Pauli-Prinzip kommt:

Es ist Folge der Tatsache, dass Elementarteilchen gleichen Typs ununterscheidbar sind und ihre Wellenfunktion deswegen gewisse Symmetrie-Eigenschaften hat. [Es gibt für dieses Identitätsprinzip keinen Beweis, doch wird es als Axiom allgemein anerkannt.

Wie Schäfer durch recht einfache Argumente zeigt, folgt aus dem Identitätsprinzip, dass die Wellenfunktion eines Systems von N gleichen Teilchen beim Vertauschen von zwei Teilchenzuständen höchstens ihr Vorzeichen ändert, ansonsten aber gleich bleibt.

Je nachdem, ob Vertauschen zweier Teilchenzustände das Vorzeichen ändert oder nicht, nennt man die Wellenfunktion antisymmetrisch bzw. symmetrisch.
In der Natur beobachtet werden beide Fälle: Teilchen, deren Spin durch ganzzahlige Quantenzahlen bestimmt ist, haben symmetrische Wellenfunktion, alle anderen haben antisymmetrische.

Da nun aber jedes Quantum durch nur 4 Zahlen (n = Energie, l = Bahnelement, m = Richtung des Bahnelements, s = Richtung des Spinmoments) eindeutig charakterisiert ist, erkennt man: Jeder über so ein Quadrupel gegebene Zustand eines Elektrons kann durch ein Elektron besetzt sein oder nicht, kann aber nie mit mehr als nur einem besetzt sein.
    Beweis: Wenn nämlich zwei Elektronen denselben Zustand hätten, würde Zustandsvertauschung die Wellenfunktion nicht ändern im Gegensatz zur Tatsache, dass Elektronen (als Fermionen) antisymmetrische Wellenfunktion haben.

Aus verschiedenen Gründen, die Blochinzew in "Grundlagen der Quantenmechanik" (1963) erörtert hat, gilt diese Formulierung des Pauliprinzips nur näherungsweise: Der Begriff "Zustand eines einzelnen Elektrons in einem N-Elektronen-System" ist nämlich nur unscharf definiert, da ein Heraustrennen des Zustandes eines Elektrons ohne Änderung des Gesamtsystems unmöglich ist. Genauer formuliert sagt das Pauliprinzip: "Die Wahrscheinlichkeit, in einem System von Spin-1/2-Teilchen zwei zu finden, für die die Messergebnisse aller den Teilchenzustand charakterisierenden charakteristischen Größen gleich sind, ist null."

Für die Elektronen eines Atoms folgt daraus, dass sie nicht alle den energiemäßig vorteilhaftesten Zustand besetzen können, denn dieser Grundzustand (n,l,m) = (1,0,0) ist voll besetzt, sobald ihn zwei Elektronen mit unterschiedlichem Spinmoment eingenommen haben. Wenn ein Atom also mehr als nur 2 Elektronen hat, so müssen diese — wie auf einer Stufenleiter — energetisch immer höhere Zustände besetzen: (2,0,0), (2,1,0), (2,1,1), (3,0,0), usw.

Daraus resultiert eine elektronische Struktur, welche Grundlage des Periodensystems der Elemente ebenso wie aller chemischen Gesetze ist.

Wichtig ist nun (siehe H. Margenau in "The Miracle of Existence", 1963):

Die Vermeidung besetzter Zustände ist NICHT eine Folge elektrostatischer Abstoßung — wie man meinen könnte —
oder irgendeiner anderen mechanischen Eigenschaft,

sondern beruht lediglich auf der Antisymmetrie der Wellenfunktionen der Elektronen (!).


Wenn nun zwei Moleküle oder Gegenstände weit voneinander entfernt sind, kann man für alle praktischen Anwendungen davon ausgehen, dass ihre Wellenfunktionen ψA und ψB unabhängig voneinander sind.

Erst wenn diese Objekte einander sehr nahe kommen (ihr Abstand etwa die Größenordnung 10-10 m erreicht), kommt es zu nicht mehr vernachlässigbarer Interferenz beider Wahrscheinlichkeitswellen, so dass man dann nicht mehr von zwei getrennten Zuständen sprechen kann. Die durch diese neue Wellenfunktion definierten Zustände des Gesamtsystems können stabilisierende oder destabilisierende Wirkung haben. Auf jeden Fall entdecken die im System vorhandenen Elektronen sofort, wo sie sich auf Zustände höherer Energie zurückziehen müssen, weil vorteilhaftere schon besetzt sind.

Nach diesem Prinzip enstehen auch die abstoßenden Kräfte zwischen zwei Molekülen oder anderen Gegenständen, die sich hinreichend nahe kommen. Der einzig und allein aus der Symmetrie-Eigenschaften der Wellenfunktion kommende Zwang, besetzte Zustände zu meiden, ruft dann physische Kräfte hervor: Platonische Ideen — die Symmetriegesetze — erzeugen dann also fühlbare Kraft, und so entsteht aus etwas, das nur gedanklich existiert, in der Tat anfassbare Materie — z.B. der Stein, von dem in Beitrag 949-59 die Rede war.


Deswegen sage ich mir:

Die durch uns bisher übersehene, in der Raumzeit fehlende zusätzliche Dimension unserer Welt ist gar nicht wirklich transzendent — es ist eine rein geistige Dimension, die aus sämtlichen mathematischen Gesetzen besteht, deren einige man als Eigenschaften mathematischer Objekte gut kennt (z.B. die Symmetrie-Eigenschaften der Wellenfunktionen).

Neu ist das alles nicht, denn schon 1995 schrieb Hans-Peter Dürr, vormals Leiter des Max-Planck-Institutes für Physik und Astrophysik in München:

... An manchen Stellen verdickt sich der Geist, gerinnt, und wird zu dem, was wir die Materie nennen.
Materie ist geronnener Geist, ...


Nüchterner und genauer ausgedrückt:

Der physische Teil unserer Welt wird geschaffen, geformt, und regiert durch nur gedanklich Existierendes.


Gebhard Greiter (grtgrt)
einer Darstellung von Lothar Schäfer folgend

 

  Beitrag 1955-150
Virtuelle Materie — viel davon ist Antimaterie

 
 
Keen aus 1955-82:
Da hätte ich noch eine Frage, die mich schon längere Zeit beschäftigt:

Ist Materie immer gegenständlich? Schon dieses Wort Materie, verstehen zu wollen fasziniert mich!

Hi Keen,

unter Materie versteht man Fermionen (d.h. Elementarteilchen, die so beschaffen sind, dass sich keine zwei davon an genau demselben Ort aufhalten können).
Ganz klar aber sollte sein:

Materie darf man sich nicht unbedingt schon als Substanz vorstellen.
Sie kann auch einfach nur sog.  v i r t u e l l e  Materie sein.



So richtig aufgegangen ist mir das erst, als ich im Buch "Antimaterie" von Frank Close (auf den Seiten 116-117) las:

Zitat von Close:
 
Richard Feynman und andere hatten [basierend auf Diracs Theorie des Elektrons gezeigt, dass sich das elektromagnetische Feld selbst in [virtuelle Elektronen [= Materie und [virtuelle Positronen [= Antimaterie umwandeln kann — eine der vielen bizarren Folgerungen aus der Unbestimmtheitsrelation der Quantentheorie. Diese "virtuellen" Teilchen und Antiteilchen im Vakuum hatten für das Elektron zur Folge, dass seine unmittelbare Umgebung nicht einfach leerer Raum ist, sondern dass es dort vor Aktivitäten brodelt.

... es zeigt sich nämlich, dass  das Elektron einen Einfluss auf das Vakuum hat  und die Leere in seiner Umgebung in einen Schwarm aus Teilchen und Antiteilchen verwandelt.

... Wir leben zwar in einer Welt der Materie, doch das Vakuum enthält sowohl "virtuelle" Materie als auch "virtuelle" Antimaterie.

Virtuell bedeutet hier, dass diese Teilchen nicht zu materieller (oder antimaterieller) Substanz werden; ihre Gegenwart hat aber trotzdem einen Einfluss auf die anwesenden Materieteilchen.


Das Elektron, von dem Close da spricht, ist ein in einer Penning-Falle gefangenes:

Zum Mechanismus der Penning-Falle: Ein sehr starkes Magnetfeld kann Teilchen (z.B. auch solche, die Antimaterie sind) auf kleine Kreisbahnen zwingen und so davon abhalten, die Röhre bis zum anderen Ende zu durchqueren, zumindest in einem perfekten Vakuum. Hans Dehmelt hat so 1984 ein einzelnes Positron — Antimaterie also — über 3 Monate hinweg aufbewahren können.

 

  Beitrag 1955-156
Wie symmetrisch sind Materie und Antimaterie?

 
 
Keen aus 1955-82:
 
Wenn Gas oder Sauerstoff ebenfalls Materie sind, wie verhält sich dabei Antimaterie?


Ihrem Verhalten nach ist Antimaterie von Materie überhaupt nicht unterscheidbar (Atome und Antiatome entsprechenden Typs haben gleiches chemisches Verhalten, ja sogar dieselben Spektrallinien, da sämtliche für ihre Elektronen bzw. Positronen möglichen Energie-Niveaus einander exakt entsprechen).

Leichte Brüche der Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie existieren erst auf Ebene der Quarks und Antiquarks (aus denen Protonen, Neutronen und ihre Antipartner aufgebaut sind).


Nebenbei: Alle durch Physiker bislang erzeugten Antiatome waren vom Typ Antiwasserstoff (dem einfachsten Typ also).

Frank Close schreibt (auf Seite 199 seines Buches):

Zitat:
 
Der Einfang von Positronen durch Antiprotonen ergibt Antiwasserstoff, wovon am CERN pro Sekunde einige 100 Atome hergestellt werden.

Für ein Nanogramm benötigt man 100000 Jahre, und für die Menge in einem Kinderballon bzw. für 1 Gramm benötigte man sogar länger als das Alter des Universums.

 

  Beitrag 1955-220
Was im Quantenvakuum existiert (und neuerdings sogar gezielt real gemacht werden kann)

 
 
Henry aus 1955-216:
 
Aber es gibt im Quantenvakuum keine Teilchen, wenn sich im "realen" Kosmos Teilchen zeigen   und das tun sie eben nur in Zeitbruchteilen   können sie das nur "quantisiert", das ist das, was die Quantenmechanik aussagt.

Und "quantisierte" Energie lässt sich als Teilchen interpretieren, grob ausgedrückt.
 

... und somit gibt es im Quantenvakuum eben doch Teilchen (die virtuellen).

Wörtlich genommen ist der Begriff "Quantenvakuum" deswegen irreführend, bedarf also einer Definition:



Unter dem Quantenvakuum versteht man den Zustand niedrigster Energie des absolut leeren Raumes.


Diese Nullpunktsenergie ist immer größer als null,

d.h. selbst wenn sich makroskopisch in einem physikalischen System scheinbar nichts tut, so ist es mikroskopisch doch immer in Bewegung



so wie kochendes Wasser immer in Bewegung ist:

Was im kochenden Wasser das "Sprudeln", ist im Quantenvakuum das Entstehen und Vergehen virtueller Teilchen.



Mehr dazu findet sich z.B. in Wissenschaft Online und auf einer Seite der Gesellschaft für Raumzeitforschung.

Interessant ist, dass man langsam lernt, wie sich virtuelle Teilchen gezielt in reale umwandeln lassen.

 

  Beitrag 1955-214
So ganz klar lassen sich virtuelle von realen Teilchen gar nicht unterscheiden

 
 

Zum Begriff virtueller Teilchen



V i r t u e l l  nennt man ein Teilchen dann, wenn es nicht voll on mass shell ist, d.h. wenn seine Bewegung  d e u t l i c h  abweicht von einer, die man über klassische Bewegungsgleichungen beschrieben kann.

In Feynman-Diagrammen werden virtuelle Teilchen repräsentiert durch die nur endlich langen,  w e l l e n f ö r m i g  gezeigten Kanten des Diagramms.

Virtuelle Teilchen sind vor allem solche, die kaum länger als nur ein kleines Vielfaches der Planckzeit leben.
Genau deswegen liest man oft: Virtuelle Teilchen sind jene, die man ihrer allzu kurzen Lebensdauer wegen nicht einzeln beobachten kann.


Feynman drückt die Tatsache, dass eine klare Grenze zwischen real und virtuell gar nicht zu ziehen ist, so aus:

Zitat von Feynman:
 
A real particle is "on mass shell", which basically means that it has the mass it is supposed to have, no less, no more. A virtual particle is "off mass shell". In a Feynman diagram, the virtual particles are those that connect vertices; they are the internal lines like the wavy one in the diagram. Actually, they represent internal propagators, but you may think of them as the tracks of the particles. The real particles are those that enter and those that leave the diagram.

In fact, the longer the line, the more the represented particle is "on mass shell", and if it is infinitely long (never again interacts), it is perfectly "real".
 


Dass selbst im Vakuum ständig virtuelle Teilchen existieren, ist nachweisbar über den sog. Casimir-Effekt.

Dass Atome häufig virtuelle Photonen emittieren und absorbieren, zeigt die sog. Lamb-Verschiebung.

 

  Beitrag 1955-157
Virtuelle Teilchen

 
 
Hans-m aus 1955-155:
 
Schon die Tatsache, dass wir sie [die virtuellen Teilchen messen/nachweisen können, zeigt, dass sie mit "normaler" Materie interagieren. Was eine Messung anzeigt, ist ja nichts anderes, als eine physikalische Wirkung auf die Messanordnung. Und alles, was im Labor eine Wirkung hat, das hat auch die gleiche Wirkung irgend wo anders im Universum.
Selbst wenn die Wirkung des Einzelteilchens verschwindent klein ist, so ist sie jedoch nicht null. Nach der Chaostheorie kann die endgültige Wirkung verheerend sein.

Hi Hans-m,

deinen Hinweis auf die Chaostheorie finde ich gut, richtig, und sehr interessant.

Deine Aussage allerdings, dass man virtuelle Teilchen messen kann, scheint falsch zu sein, denn Steven Hawking schreibt in Does God play dice? explizit:

Zitat von Hawking:
 
These pairs of particles occur for all varieties of elementary particles.
They are called virtual particles, because they occur even in the vacuum, and they can't be directly measured by particle detectors.

However, the indirect effects of virtual particles, or vacuum fluctuations, have been observed in a number of experiments, and their existence confirmed.

Mit anderen Worten:

Virtuelle Teilchen lassen sich nur nachweisen durch die Wirkung, die ihre Anwesenheit auf andere, direkt beobachtbare Quanten hat.


Beste Grüße,
grtgrt

 

  Beitrag 1955-167
-

 
Grtgrt aus 1955-157:
Mit anderen Worten:

Virtuelle Teilchen lassen sich nur nachweisen durch die Wirkung, die ihre Anwesenheit auf andere, direkt beobachtbare Quanten hat.

 

......und die Quanten haben wiederum Wirkung auf etwas anderes, und nach "n" Schritten der Wirkungslinie hat dann das Objekt "X" Wirkung auf normale Materie.

Wenn auch über Umwege hat das Virtuelle Teilchen somit mittelbar Wirkung auf das Universum.

So wie der Schmetterling in China über "n" Zwischenschritte einen Einfluss auf das Wetter in Europa hat (Chaostheorie)

Alles, was ein Wissenschaftler im Univerum messen/nachweisen kann, hat eine Wechselwirkung auf "normale" Materie, wenn auch über "n" Zwischenschritte. Alles was keine Wechselwirkung hat, lässt sich auch nicht nachweisen, denn es ist letztendes immer die Wechselwirkung die ein Objekt verrät.
Objekte ohne Wechselwirkung, wenn es sie denn gibt, bleiben den Wissenschaftlern auf ewig verborgen. Wenn sie aber keinerlei Wechselwirkung haben, so ist deren Existenz für unser Universum unerheblich, da sie es in keinster Weise beeinflussen.
 

  Beitrag 1955-171
Beispiel einer nicht messbaren Interaktion von Materie mit einem virtuellen Teilchen

 
 
Henry und schrieb in Beitrag Henry 1955-168 und 1955-169 :
 
Dass die virtuellen Teilchen nicht direkt zu messen sind, ist der eindeutige Beleg dafür, dass nicht mit "realen" Teilchen wechselwirken, sonst könnte man sie nämlich direkt messen.

Wenn sie auf "reale" Teilchen wie auch immer wirken würden, wäre das eine Verletzung des Energieerhaltungssatzes, einer der Grundlagen der gesamten Physik.


Dass diese Auffassung falsch ist, wird bewiesen (z.B.) durch die sog. Hawking Strahlung:

Sie entsteht, da es vorkommen kann, dass – wo virtuelle Teilchen in unmittelbarer Nähe des Ereignishorizontes eine Schwarzen Loches entstehen – eines dieser Teilchen im Loch verschwindet, das andere aber entkommt.

Dennoch, da bin ich sicher, hat noch niemand diesen Vorgang direkt beobachten können (da die Interaktion des ins Loch fallenden virtuellen Teilchens mit einem dort vorhanden Teilchen entgegengesetzter Ladung ja schon im Schwarzen Loch stattfindet — dort also, wo wir nicht mehr messen können).

 

  Beitrag 1968-68
Quanten

 
 
Wrentzsch aus 1968-64:
 
Wenn die Kleinste Energieeinheit (das Quant) ausgedehnt wird weil außen herum nichts an Energie ist, entsteht der Zusammenhalt des Quants mit gleich großen Energiemangel im Zentrum wie Energiemangel außen.
Das Photon oder Quant in Bewegung wirkt als Impuls oder Welle.
Das Transportmedium für die Welle ist fast immer gegeben.

Hi Wrentzsch,

ein Quant ist ein Wellenpaket, d.h. Summe von Produkten zahlreicher,  n i c h t - l o k a l  existierender Sinuswellen.

Lokal ist lediglich das Interagieren zweier Quanten (worunter man, im Gegensatz zu Multiplikation und Addition sie beschreibender Wellen, beobachtbare Nebeneffekte spontaner Neukonfiguration einiger dieser Wellen — meist auch Entstehung zusätzlicher — zu verstehen hat).


Ein Transportmedium existiert nach heutiger Auffassung NICHT.

Was da "schwingt" — genauer gesagt: "an jedem Punkt des Raumes pulsiert" — ist schlicht und einfach die Stärke von "Kraft".

( "pulsieren" meint "ständiges Auf- und Abbauen von durch Kraft gegebenem Wirkpotential" )



Ein Quant kann sich also nicht wirklich "ausdehnen". Ausdehnen kann sich nur der Raum, in dem eine Welle präsent ist (dieser "Ort" der Existenz der Welle bildet eine Kugel um den Punkt herum, von dem sie ausgeht; ihr Radius kann höchstens mit Lichtgeschwindigkeit wachsen).

Natürlich hat eine mehrfach an Spiegeln reflektierte Welle auch entsprechend viele Punkte, von denen sie ausgeht. Die "Kugel", die sämtliche Punkte, an denen sie existiert, umfasst, kann also schon auch etwas komplizierter ausfallen, als man so zunächst mal denkt.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2039-1
Prä-Materie und Emergenz — Hans-Peter Dürrs Erkenntnisse (und sein Weltbild)

 
 
Wie es zur Illusion anfassbarer Objekte kommt, und wo der Anfang von Leben zu finden sein könnte, wurde hier im Forum schon mehrfach gefragt und zu beantworten versucht.

Eben aber finde ich in Hans-Peter Dürrs Buch "Geist, Kosmos und Physik" einige ganz besonders interessante Feststellungen dazu. Sie sind Kern seines modernen, holistischen Weltbildes, welches sich auf die Erkenntnisse der Quantenphysik gründet:


Zitat von Dürr (S. 36-37, etwas gekürzt):
 
Die neue Weltsicht ist im Grunde holistisch, nicht atomistisch: Es existiert eigentlich nur das Eine, das Ungetrennte, das Untrennbare. ...

Das untrennbare Eine ist Prozesshaftes, Potentialität, aber nicht nur Möglichkeit, sondern auch das Vermögen zur Schaffung von Realität und von greifbar Seiendem [bestehend aus anfassbaren Objekten].

Die zeitliche Evolution besteht in einem fortschreitenden Prozess der Differenzierung dieses Untrennbaren durch Errichtung von Grenzzäunen (physikalisch: auslöschende Überlagerung von Potentialwellen).

Man ist an Zellteilung erinnert, wo sich eine Zelle ja auch vermehrt durch Neubildung von Zellwänden.

Dies imitiert die Entstehung unabhängiger Subsysteme, die als Teile des Gesamtsystems fungieren und aus denen dieses Gesamtsystem "zusammengesetzt" erscheint. Dies ist aber nie der Fall, weil der Zusammenhang viel tiefer geht, so wie etwa die sichtbar getrennten weißen Schaumkronen auf stürmischer See ja auch nicht die Betrachtung rechtfertigen, das Meer sei aus Wellen und Schaumkronen zusammengesetzt.

Das Sinnstiftende im Zusammenwirken der Als-ob-Teile entsteht immer aus dem Ganzen, das sie einschließt. Dieses Ganze, Eine, ist immer da.

Auch wir, die wir alle hier im Raum leben, sollten uns nicht vorstellen, dass wir wirklich getrennte Teile dieser Wirklichkeit sind, lose zusammengehalten durch einige Licht-, Laut- und andere von der Physik identifizierbaren Signale, die wir uns zur Verständigung wechselseitig zuwerfen. Wir sind alle Teile dieses selben Einen, derselben Potentialität, und spüren das auch: Wie sonst nämlich könnten ein paar hingeworfene Worte und Sätze mit ihrem dürftigen, abzählbaren Informationsgehalt sich in unserem jeweiligen Bewusstsein so reich entfalten.
 


Hier wird ganz klar deutlich, dass alles materiell Existierende seiner wahren Natur nach nur Wellenpaket ist.

Und so schreibt Dürr denn auch:


Zitat von Dürr, S. 44:
Ich habe als Physiker 50 Jahre lang — mein ganzes Forscherleben — damit verbracht zu fragen, was eigentlich hinter der Materie steckt. Des Endergebnis ist ganz einfach:

Es gibt keine Materie!


Diese so provokativ klingende Aussage Dürrs soll aufrütteln und uns klar machen:

Was unsere Interpretation der Wirklichkeit als Materie kennt, kennt sie auch als Wellenpaket im Feld der 4 physikalischen Grundkräfte.



Interessant ist ferner wie sich Dürr vorstellt,
  • dass es zu Leben kam,
  • dass materielle Objekte, Lebewesen und Anderes, nur endlich langes Leben haben und
  • wie sich Emergenz erklärt (er benutzt dieses Wort nicht, erklärt ihr Zustandekommen aber wenigstens ansatzweise):


Zitat von Dürr, S. 39-42, einiger Kürzungen wegen nicht ganz wörtlich:
 
Unsere Mesowelt ist eine statistisch ausgemittelte Mikrowelt (vergleichbar einem Ameisenhaufen, der von Ferne wie ein statischer Hügel aussieht, der beim genauen Hinsehen aber ungeheuere Beweglichkeit zeigt: Dass sich dies Gewimmel nicht auch im Großen ausprägt, liegt daran, dass für jede Ameise, die in einer Richtung läuft, es immer auch eine andere gibt, die das Umgekehrte macht, weshalb dann im Durchschnitt keine Bewegung des Ganzen sichtbar ist).

Dass diese Ausmittelung so vollständig gelingt, liegt wesentlich am 2. Hauptsatz der Thermodynamik, welcher besagt, dass in einem sich selbst überlassenen System jede Besonderheit, jedes Ausgezeichnetsein, im Laufe der Zeit zerstört wird (man denke an einen Schreibtisch, der, wenn wir nicht aufräumen, immer unordentlicher wird).

Deshalb verstehen wir nicht, wie es in der Natur mit ihrem starken Hang zur Unordnung überhaupt dazu kommt, dass sich bei der Evolution hochdifferenzierter Systeme (wie uns Menschen etwa) Unordnung über lange Zeit hinweg hinweg nicht durchsetzen kann.

Was also ist da passiert? Hat die Natur für ihren lebendigen Teil nicht vielleicht doch bei einer höheren Instanz eine Ausnahmeregelung den Zweiten Hauptsatz betreffend erwirkt?

Nach heutiger Einsicht scheint es keine solche Ausnahmeregelung zu geben. Die unbelebte wie die belebte Natur basieren auf derselben Art von Prä-Materie, die im Grunde eigentlich keine Materie ist. Sie kann sich auf verschiedene Weise organisieren:
  • Einmal ungeordnet und unkorreliert. Dann wird das resultierende Gesamtsystem stumpf, langweilig, apathisch (und wir nennen es unbelebte Materie).
  • Prä-Materie kann sich aber auch auf differenziertere, raffiniertere Weise formieren. Es entstehen dann Stukturen, in denen das im Grunde embryonal Lebendige selbst noch in der Mesowelt zum Ausdruck kommt und so lebendiger Organismus wird. Die eingeprägte Potentialität wird makroskopisch sichtbar. Das Gesamtsystem muss dazu weit weg von seinem Gleichgewichtszustand sein, um ein Ausmitteln seiner inneren Lebendigkeit zu vermeiden.
    Stellen Sie sich ein physikalisches Pendel vor (als herabhängenden, beweglichen Stab mit einem Gewicht unten). Es pendelt beim Anstoßen vorhersehbar und berechenbar um seine unter stabile Gleichgewichtslage. Dreht man aber Stab und Gewicht weit weg von unteren, stabilen Gleichgewicht nach ganz oben, so gibt es dort eine weitere Gleichgewichtslage. Sie ist instabil, und so wissen wir nicht, ob das Pendel auf die eine oder die andere Seite fallen wird. In diesem Instabilitätspunkt wird die inhärente Lebendigkeit des Systems sichtbar, weil es von winzig kleinen Unterschieden abhängt, ob der Pendel zum einen oder zum anderen Bewegungsablauf veranlasst wird. Die Naturwissenschaft kennt viele Systeme mit solch eingeprägten, dynamischen Instabilitäten. Sie führen zu, wie man sagt, "chaotischem" Bewegungsverhalten: Kleine Veränderungen in den Ursachen bewirken extrem große Unterschiede in den Folgen: Der Schlag eines Schmetterlings kann einen Taifun auslösen.

Leben — belebte makroskopische Oranismen — erfordern Strukturen in der Nähe inhärenter Instabilitäten. Aber Instabilitäten kippen. Um sie also lange in der Balance zu halten, müssen sie dauernd nachjustiert werden durch etwas, das sie neu austariert (intelligente Zuführung von Energie).

Diese Situation steht nicht im Widerspruch zum 2. Hauptsatz der Thermodynamik (d.h. zur allgegenwärtigen, dominanten Tendenz zur Unordnung). Denn es ist ja auch unsere ordnende Hand, die unseren Schreibtisch immer wieder in Ordnung bringen kann. Sie darf dabei aber nicht nur werkeln; sie muss darauf achten, was sie tut: Sie muss intelligent sein, den sonst beschleunigt sie nur den Prozess hin zur Unordnung.

Lebendige Systeme brauchen deswegen ... Intelligenz, eine geistige Führung, die prinzipiell im immateriellen Form-Grund verankert ist und sich in der Milliarden Jahre langen Evolution des Biosystems durch ein Plus-Summen-Spiel in komplexen Verästelungen immer höher entwickelt hat.
 

 

 Beitrag 0-338
Warum Dürr kein Esoteriker war und es tatsächlich Materie nur als Illusion gibt

 
 

 
Wie berechtigt ist Kritik an H. P. Dürrs Argumentation?

 
 
Im Buch Relativer Quantenquark von Holm Gero Hümmler werden auch einige Aussagen von Hans-Peter Dürr als Esoterik eingeordnet — meiner Ansicht nach aber völlig unberechtigt. Dürrs Aussage etwa » Es gibt keine Materie « darf nicht so verstanden werden, dass es Materie — als Begriff — nicht gäbe.
 
Dürr wollte lediglich darauf hinweisen, dass mit Materie nur der Eindruck gemeint ist, den gewisse physikalische Kraftfelder in uns hervorrufen. Was ich damit meine, wird verstehen, wer sich vor Augen führt, was Farbe denn nun eigentlich ist: Farbe ist ein in unserem Bewusstsein entstehender Eindruck, den elektromagnetische Wellen in uns hinterlassen: Eine bestimmte Farbe entspricht einer bestimmten Wellenlänge elektromagnetischer Strahlung. Niemand wird das heute noch bezweifeln wollen, aber ganz Ähnliches gilt für Materie.
 
 
Lies hierzu auch: Schon Max Planck hat festgestellt: Es gibt keine Materie.
 
 
Klar sein sollte auch: Wenn tatsächliche Esoteriker — Leute also, die wissenschaftliche Aussagen nicht wirklich verstehen, sich aber dennoch in irreführender Weise auf sie berufen —, so diskrediert das nicht die Wissenschaft. Dürr jedenfalls war durch und durch Wissenschaftler. Eben das haben Leute wie Holm Gero Hümmler so gar nicht verstanden.
 
 
 
Thomas Görnitz — ein in der Tradition von C.F. v. Weizäcker denkender theoretischer Physiker — schrieb (siehe z.B. sein Buch Quanten sind anders, S. 237):


Thomas Görnitz (1999, 2011):
 
"Die Meinung, dass wir verstünden, was Materie ist, kann zur Zeit wohl nur schwerlich ernsthaft vertreten werden.
 
In den naturwissenschaftlich orientierten Teilen der Biowissenschaften und Medizin wird noch vielfach ein historisch gewachsener und heute überholter Materiebegriff verwendet.
"
 
Er kann als Verfeinerung dessen angesehen werden, was wir im Alltagsleben unter Materi verstehen: Etwas, das feiner sein kann als Sand, aber doch nicht wesentlich verschieden davon.
 
Dieser [naive] Materiebegriff erfasst aber nur klassische Eigenschaften.
 
Es gibt sie selbstverständlich schon an kleinen Molekülen, und nur mittels dieser klassischen Eigenschaften werden heute biologische Vorgänge erklärt.
 
"Für den Teil der biologischen Probleme aber, für welche die Erklärungskraft dieser einfachen Modelle nicht ausreicht, konnte ich bei vielen Kontakten selten Bereitschaft erkennen, sich die Beschränktheit der klassischen Erklärungsmuster zu verdeutlichen."
 


 
Thomas Görnitz ist einer der (noch) wenigen Naturwissenschaftler, der — wie auch Rupert Sheldrake — immer wieder auf die zunehmend offensichtlicher werdende Tatsache hinweist, dass unser materialistisches, noch ausschließlich an den Prinzipien der klassischen Physik orientiertes Weltbild ausgedient hat. Man lese dazu sein neuestes Buch Thomas & Brigitte Görnitz: Von der Quantenphysik zum Bewusstsein: Kosmos, Geist und Materie (Springer 2016).

 

  Beitrag 2039-11
Ein Gleichnis

 
 
Den teilweise recht emotionsgeladenen Bemerkungen von Stueps, Henry und E... möchte ich  folgendes Beispiel  entgegensetzen:

Wenn jemand eine Karnevalssitzung oder einen Faschingsball besucht und sich dort als Neptun verkleidet zeigt, bedeutet das noch lange nicht
  • dass der Meeresgott tatsächlich existiert
  • oder dass jene Person auch überall dort, wo sie sich sonst noch lebt und mit anderen interagiert, als Neptun eingestuft sein möchte.

Bei einem Paket von Potentialwellen ist es ebenso:

Es existiert im gesamten Raum, hat aber nur in einer ganz kleinen Teilregion davon (als ortsabhängige Funktion betrachtet) so großen Absolutwert, dass das Plancksche Wirkungsquantum ihm gestattet sich dort — und NUR dort — im "Faschingskostüm Materie" zu zeigen.

Das Schienbein, von dem Stueps spricht, ist also nur dort sichtbar und anfassbar, es zeigt sich nur dort verkleidet als Materie, wo das Wirkungsquantum ihm gestattet, mit seiner Umgebung zu interagieren (zu "wirken"). Solche Wirkung erzeugt Lichtwellen, die uns das Schienbein sichtbar machen, und erzeugt Kraft, die uns glauben macht, wir könnten es fühlen und anfassen.

Das Schienbein als Materie ist also nicht identisch mit dem Schienbein als Wellenpaket.
  • als Wellenpaket existiert jenes Schienbein praktisch im gesamten Universum,
  • als Materie aber ist es nur Anschein: Es will uns suggerieren, Neptun (= Materie) zu sein, Neptun aber existiert nur in des Betrachters Phantasie.
 

  Beitrag 2039-2
Unsere Welt als Wahrnehmung und als Wirklichkeit

 
 

Unsere Welt als Wahrnehmung und als Wirklichkeit



Dürr macht uns klar, dass wir nicht mehr umhin können,

die  w a h r g e n o m m e n e n  Welten von der  w i r k l i c h e n  zu unterscheiden:


Zitat von Dürr:
 
Wenn wir von der Welt sprechen, in sie hineinsehen, dann vergleichen wir unsere Bilder miteinander und sind oft verschiedener Meinung. Wir machen den Fehler zu glauben, dass das, was jeder von uns in dieser Welt sieht, dasselbe sei, das auch der andere sieht. Aber es ist durch unsere spezielle Wahrnehmung gefiltert und deformiert. Denn dort, wo wir sehr empfindlich sind, nehmen wir mehr wahr, und dort, wo wir unempfindlich sind, nehmen wir überhaupt nichts wahr.

Die wahrgenommene Welt ist demnach eine ganz andere als die da draußen (die wirkliche).


Ein Hauptstreit, den wir untereinander führen, kommt daher, dass wir nie in Betracht ziehen, dass wir verschiedene Dinge sehen, weil wir auf verschiedene Weise sensibilisiert sind. Es ist uns gar nicht bewusst, was wir weglassen, uns dazu denken, oder wirklich echt sehen.

Keiner von uns merkt z.B. dass wir in unserem Auge, in unserem Gesichtsfeld, einen schwarzen Fleck haben. Wir sind gewöhnt daran, ihn ohne Nachzudenken mit Erinnerungen oder Schlussfolgerung zu übermalen, mit dem, was da gar nicht hingehört. Wer wirklich einen schwarzen Fleck sieht, gehe besser zum Augenarzt, denn da ist irgendetwas nicht in Ordnung. Wir alle haben diesen schwarzen Fleck, aber niemand spricht davon, weil wir alle unbewusst gelernt haben, den Mangel an Sehfähigkeit — diesen schwarzen Fleck — durch gespeicherte Information zu kompensieren.


Und so kommt es dass, wo fast jeder Materie sieht, die Quantenphysiker nur Potenzialschwankungen sehen und zunehmend nur noch in Gleichnissen sprechen können.
Die wirkliche Welt zu sehen bedeutet, einzusehen, dass Materie nur in der wahrgenommen Welt existiert, in Wirklichkeit aber (als Erscheinung) Ausmittelung sich ständig auf- und abbauender Kräfte ist: sich ständig neu gestaltende strukturierte Form.


Zitat von Dürr:
 
Diese Gestalt hat keinen Ort, an dem sie sich befindet; sie ist sozusagen über die ganze Welt ausgebreitet. Es gibt überhaupt keine Auflösung in Teile. Auch ist in der Physik die Wirklichkeit nicht Realität, sondern Potentialität. Sie ist nur Möglichkeit, die sich energetisch und materiell irgendwo manifestieren kann, sozusagen etwas noch nicht Entschiedenes, Schwebendes. Und diese Potentialität ist räumlich nicht lokalisiert.

Das führt dazu, dass die ganze Welt keine Ränder hat. Es gibt nur das Eine, und wir könnten sagen, das Ganze. Das "Ganze" aber ist auch nicht das richtige Wort. Es wäre dann ja etwas, dem kein Teil fehlt. Aber wenn es gar keine Teile gibt, dann können wir es auch nicht das Ganze nennen.


Dürrs Einsicht:

Unsere Welt — dieses Eine (mit uns darin) — lässt sich ebenso wenig in Einzelteile zerlegen,

wie die wogende See sich in einzelne Wellen und Schaumkronen zerlegen lässt.


Zitat von Dürr:
 
Das hat fantastische Konsequenzen und heißt beispielsweise, dass wir alle, die wir hier im Raum sitzen, zwar unterschiedlich und unterscheidbar, aber nicht getrennt sind. Wir befinden uns sozusagen in dieser Gemeinsamkeit, und das ist eine wesentliche Voraussetzung, dass wir überhaupt miteinander kommunizieren können.


In der Summe, so Dürr, sei festzuhalten:
  • Materie ist im Grunde nicht Materie: Was wirklich existiert, ist nur Form (strukturierte Gestalt).
  • Diese Gestalt ist nicht lokalisiert — sie ist gleichermaßen überall und macht die Welt unteilbar. Wo wir sie beschädigen, beschädigen wir uns selbst (!).
  • Die Zukunft ist offen, aber dennoch nicht völlig beliebig (da vom Vorausgegangenen beinflusst).
  • Unsere Welt (die wirkliche) kennt echte Kreativität, denn aus Nichts kann etwas entstehen.
  • Was entstanden ist, kann auch wieder ins Nichts verschwinden.

 

  Beitrag 2039-20
Die Wurzel aller Lebendigkeit und Kreativität

 
 

Worin Hans-Peter Dürr

die Wurzel aller Lebendigkeit und Kreativität

sieht


Zitat von Dürr, S. 116-118, hier etwas gekürzt:
 
Vom Standpunkt des Physikers bleibt es zunächst rätselhaft, auf welche Weise die in der Mikrophysik entdeckte Ur-Lebendigkeit [ er meint damit wohl Quanten­fluktuation in unserer makrospopischen Alltagswelt eine Chance haben soll, sich dort in der Gestalt viel größerer, höher entwickelter Lebensformen der Pflanzen- und Tierwelt, uns eingeschlossen, bemerkbar zu machen.

Und dies ohne dabei durch die erwartete  A u s m i t t e l u n g  ... zum scheinbar Unbelebten degradiert zu werden.


Hier bedarf es eines Verstärkungsmechanismus, einer Art Kettenreaktion bzw. eines Dominoeffekts, durch den gewisse Möglichkeiten bevorzugt und verstärkt wirksam werden können.

In der Physik sind es » statisch instabile Gleichgewichtszustände, singuläre Chaospunkte «, die eine solche bevorzugte Auslese ermöglichen.

Das klingt unverständlicher als es ist und lässt sich durch ein einfaches Pendel demonstrieren, dessen Hin- und Herschwingungen, wie beim langen Pendel einer alten Standuhr, uns allen vertraut sind. Physikalisch lassen sie diese Schwingungen leicht berechnen, außer in dem einen singulären Fall, wenn ich das Pendel exakt senkrecht nach oben richte, also auf den Kopf stelle. Für diese Lage ist nicht vorhersagbar, in welche Richtung es fallen wird, wenn ich es loslasse. Es bleibt zunächst schüchtern oben stehen: Wir nennen das ein instabiles Gleichgewicht.

Meditation und Versenkung heißt für mich, gleichnishaft, dass ich mich in einen solch statischen Instabilitätszustand begebe. Das Interessante an diesen Chaos-Systemen ist jedoch, dass die Hintergrundstörungen, die den chaotischen Ablauf bewirken, ihre Wurzeln im nicht auftrennbaren Beziehungsgefüge, der quantenphysikalischen Potenzialität, haben.

Dies hat zur Folge, dass das Chaos wegen dieser Ur-Verbundenheit kein Chaos mehr ist: "Der Alte würfelt nicht" sagte Einstein mal in seiner entschiedenen Ablehnung der Quantenphysik. Jetzt wird diese Aussage richtig, aber umgekehrt als Stütze der Quantenphysik.
 


Dürrs Argumentation seine beiden folgenden Feststellungen betreffend habe ich nicht wirklich verstanden (obgleich sie beide für sein Weltbild und seinen Appell an uns, natürliche Ressourcen nicht zu vergeuden, ganz zentral sind):

  • Dynamische Stabilisierung muss gefüttert werden.
  • Nachhaltigkeit bedeutet dynamisch: Das Lebende lebendiger werden zu lassen.

Gut nachvollziehbar aber finde ich, dass er instabiles Gleichgewicht für die Quelle aller Kreativität hält.

 

  Beitrag 2039-22
Ur-Religion neu hinterfragt im Lichte der Ergebnisse der Quantenphysik

 
 

Ur-Religion  neu zu hinterfragen  im Lichte der Quantenphysik


Dürr schreibt, er sehe sich
  • weder als Christ, noch als Nicht-Christ,
  • weder als Buddhist, noch als Nicht-Buddhist,
  • weder als Theist noch als Nicht-Theist:

Zitat von Dürr, S. 113:
 
Aus der Sicht der Quantenphysik — in meiner Interpretation — gibt es keinen isolierten Gott. In gewisser Weise sind Schöpfer und Schöpfung dasselbe: ein zeitlich offenes, lebendiges Beziehungsgefüge. ...

Mein "Ich" ist nicht im Raum lokalisiert, verbirgt sich nicht unter meiner Haut oder nahe an meinem Herzen, sondern ist unendlich ausgebreitet. Du und Ich kommunizieren nicht über räumliche Distanz miteinander, sondern sind in Kommunion, wo mein Ich und dein Du ausgedehnt sind, so dass beide sich nicht nur treffen, sondern den anderen mit einschließen ...

... eben so, wie Wellen und Wellenpakete sich überlagern und damit neue Form generieren.



Dürr betont, dass Ausgangspunkt seiner Weltanschauung nicht irgend eine Religion war, sondern sein Nachdenken über die heute zunehmend besser verstandenen Erkenntnisse der Quantenphysik. Dass sie zu interpretieren in die Nähe der Lehre asiatischer Religionen, wie Buddhismus oder Daoismus, führt, rühre seines Erachtens daher, dass jene (anders als die theistischen) nicht wirklich Religion sind, sondern mehr "auf einem tieferen mystischen Niveau angesiedelt". Er sagt deswegen folgerichtig:


Zitat von Dürr, S. 116:
 
Mich interessiert vor allem, wie wir die heutige Form der alten Religionen von all dem reinigen können, was von ihrem Ursprung bis heute meist durch machtpolitische Einflüsse [ oder unbeholfene Erklärungsversuche? geändert oder hinzugefügt wurde. Ich vermute, wenn man das alles abschält und diese Religionen auf ihren Ursprung zurückführt, werden alle sich wesentlich näher kommen.

Der Buddhismus befindet sich auf einer Stufe, die viel wirklicher ist als die der theistischen Religionen, die zur Erläuterung Abbildungen in die Realität vorgenommen und Trennungen überbetont haben.

Im Moment, zu dem man anfängt, etwas aufzuschreiben, wird die Versuchung groß, das Aufgeschriebene als das Wesentliche zu betrachten und Aussagen allzu wörtlich zu nehmen, statt darin mehr eine Sammlung gelungener Gleichnisse zu sehen.

Zur Unterstützung der Lernenden brauchen wir realistische Greifsprachen, doch wir sollten unsere Gespräche öfter mit den Nachsatz enden lassen: "Vergiss es, denn auch das war nur ein Gleichnis. Das letzte Stück des Weges zu weiterer Annäherung muss jeder für sich selbst suchen und gehen."
 

 

  Beitrag 2039-25
Auf dem Grunde dieser Welt verbirgt sich pure Lebendigkeit.

 
Hallo Irena,

Irena aus 2039-23:
Stueps, das Wellenpaket äußert sich, in dem eine der Möglichkeiten des Wellenpakets sich manifestiert. In dem Augenblick werden andere Möglichkeiten hinfällig. Also in Moment der Äußerung gibt es keine Welle bzw. Wellenpaket.

Akzeptiert! Da habe ich mich hinreißen lassen, Wellenpakete und daraus resultierende Materie sind nicht exakt das selbe.
Jedoch steckt in der Materie meines Erachtens immer noch die Natur des Wellenpaketes, sonst wäre Materie etwas Unveränderliches. Sie sind nach meiner Auffassung mindestens eng verwandt.

Was die Lebendigkeit angeht: Da ist Dürr ganz klar deiner Meinung: Auf dem Grunde dieser Welt verbirgt sich pure Lebendigkeit.

Grüße
 

 Beitrag 0-72
Zur wahren Natur dessen, was unsere Sinne uns als Materie erscheinen lassen

 
 

 
Über die wahre Natur aller (sog.) Materie

 
 
Materieteilchen sind in Wirklichkeit Stellen eines allgegenwärtigen Feldes von Kräften,
 
an denen die Feldstärke weit höheren Wert hat als um diese Stelle herum.

 


Stratis Karamanolis sagt auf Seite 49 seines Buches » Die Suche nach der Weltformel « (2006):
 
Jedes Materieteilchen, beispielsweise ein Elektron, ist ein winziger Bereich eines riesigen Feldes, in dem die Feldstärke extrem hohen Wert annimmt so dass eine vergleichsweise sehr große Feldenergie sich auf eine kleine Stelle des Raumes konzentriert.
 
Solch ein Energieknoten — der aber keineswegs klar gegen das übrige Feld abgegrenzt ist — breitet sich durch den leeren Raum aus wie eine Wasserwelle auf der Oberfläche eines Sees.
 


 
Wo die Summe all dieser Wellen — gegeben durch die ortsabhängige, gerichtete Feldstärke — einen besonders langen Vektor darstellt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich an dieser Stelle  W i r k u n g  ergibt, besonders hoch. Wo solche Wirkung dann wirklich eintritt, besteht sie im spontanen Ersetzen einer kleinen Menge M1 der Wellen durch eine andere Menge M2 solcher Wellen, wobei die Wellen aus M1 ihrer Summe nach ebenso viel Energie darstellen wie die aus M2.
 
Wenn M2 Lichtwellen enthält, glauben wir, an jener Stelle Materie zu sehen (bzw. Teilchen beobachtet zu haben).

 


Walter Thirring (Zitat):
 
Die moderne theoretische Physik hat unser Denken vom Wesen der Materie in neue Bahnen gelenkt. Sie hat den Blick vom zunächst Sichtbaren, den Teilchen, weitergeführt zu dem, was dahinter liegt, dem Feld:
 
Anwesenheit von Materie ist nur Störung des vollkommenen Zustandes des Feldes an dieser Stelle, etwas Zufälliges, ...
 
Dem entsprechend gibt es auch keine einfachen Gesetze, welche die Kräfte zwischen Elementarteilchen beschreiben. Ordnung und Symmetrie sind im dahinter liegenden Feld zu suchen.
 



Einstein (Zitat):
 
Wir können daher Materie als den Bereich des Raumes betrachten, in dem das Feld [von Kräften] extrem dicht ist. [...]
 
In dieser neuen Physik ist kein Platz für beides, Feld und Materie, denn das  F e l d  ist die einzige Realität.
 


 
 
Geschichtliches:
 
Das Konzept des Feldes geht zurück auf Michael Faraday: Er stellte sich Kraftlinien vor (heute würde man sagen: Kraft modellierende Vektoren), die sich aus Magneten und elektrisch geladenen Körpern ausbreiten und den gesamten Raum ausfüllen.
 
Die erste Feldtheorie stellen Maxwells Gleichungen für das Zusammenspiel von elektrischen und magnetischen Kräften dar.
 
Ihm folgend hat Einstein 1915 seine Gravitationstheorie (die sog. Allgemeine Relativitätstheorie) ebenfalls als Feldtheorie formuliert.
 
Um etwa 1970 wurden dann die sog. Young-Mills-Felder erarbeitet (zurückgehend auf frühere Arbeiten von C.N. Young und seinem Schüler R.L. Mills). Es sind dies Felder zur Beschreibung der Wechselwirkung sämtlicher subatomaren Teilchen.

 

  Beitrag 2039-57
Materie ist nur Quantenfluktuation

 
 
Grtgrt aus 2039-31:
 
Harti aus 2039-30:
 
Die Aussage "Es gibt keine Materie" ist nur sprachverwirrend.

Ein Beispiel dazu:

Wenn ich ein Auto zerlege, kann ich auch Einzelteile nicht mehr als Auto bezeichen. Daraus die Aussage zu folgern "Es gibt kein Auto" ist nicht sinnvoll.



Hallo Harti,

dein Beispiel finde ich recht gut.

Dennoch finde ich Dürrs Aussage » Es gibt keine Materie « keineswegs verwirrend. Mir ist klar, dass er hier überspitzt formuliert um aufzurütteln: Er will seine Zuhörer zwingen, darüber nachzudenken, wie diese Aussage denn gemeint sein könnte.

Was er uns mitteilt, ist einfach nur: Wir haben versucht, die Welt in immer kleinere Bausteine zerlegt zu sehen und sind schließlich auf Grundbausteine gestoßen, die man nicht mehr als Materie einstufen kann, da sie nur noch Schwingung sind (genauer: Schwingungsformen).

Gruß, grtgrt
 


Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein 2008 im NewScientist erschiener Artikel, der mit dem Statement beginnt


Matter is built on flaky foundations.

Physicists have now confirmed that the apparently substantial stuff is actually no more than fluctuations in the quantum vacuum.


 

  Beitrag 2039-29
Es kann beliebig lange dauern, bis ein Teilchen (ein Photon etwa) mit anderen wechselwirkt

 
 
Henry aus 2039-28:
 
Irena aus 2039-23:
 
Es kann aber passieren, dass ein Photon oder anderes Teilchen nie einen Wechselwirkungspartner findet.

Okotombrok aus 2039-27:
 
das glaube ich nicht.
Nach meiner Auffassung verletzt das den ersten Hauptsatz.

Es gibt Berechnungen die zeigen, dass selbst in den entferntesten Winkeln des Kosmos kein Teilchen die Chance hat, auch nur tausendstel Sekunden ohne Wechselwirkung zu überstehen.


Wieso gehen wir dann davon aus, dass durch uns registrierte kosmische Hintergrundstrahlung uns das Universum zeigt, wie es war, als es erst etwa 400.000 Jahre alt war?

Hätten jene Photonen sich inzwischen mit anderen gemischt (hätte also Wechselwirkung stattgefunden), könnten sie uns nur zeigen, wie die Welt zu dem Zeitpunkt aussah, an dem sie zum letzten Mal neu geprägt wurden.

Mir also scheint: Irena hat recht. Es kann beliebig lange dauern, bis ein Teilchen mit anderen wechselwirkt.