Sabine Hossenfelder erklärt (2018):
Das Universum verbirgt etwas vor uns. Man weiß das seit 1930, als Fitz Zwicky das Hooker-Telekop mit einem Spiegel von 2,5 Meter Durchmesser auf den Coma-Galxienhaufen richtete: ein paar hundert Galaxien. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit, die abhängt von der Gesamtmasse, deren Gravitationskraft sie als haufen zusammenhält.
Zu seinner Überraschung stellte Zwicky nun aber fest, dass sie sich deutlich schneller bewegen, als mit dieser Masse erklärt werden kann. Und so vermutete er, dass der Haufen weitere Materie enthielt, die kein Licht abgab: Dunkle Materie (daher also der Name).
Als Vera Rubin — 40 Jahre später — die Rotation von mehr als 60 Galaxien untersuchte, stellte sie fest, dass in jeder von ihnen die äußeren Sterne schneller als erwartet ums Zentrum der jeweiligen Galaxi kreisen.
Das Tempo aber, das ein Stern benötigt, um in einer stabilen Umlaufbahn zu bleiben, hängt ab von der Gesamtmasse im Zentrum seiner Bewegung, und dass sich die äußeren Arme jener Galaxien so schnell drehen, konnte nur bedeuten, dass jene Galaxien mehr Masse enthalten musste als sichtbar war.
Inzwischen weiß man, dass die Schwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung nur zu den Daten passen, wenn mehr Materie vorhanden ist als sichtbar.
Sie ist auch nötig, um die Bildung galaktischer Strukturen im Universum unseren Beobachtungen anzupassen.
Weitere Hinweise auf dunkle Materie liefert der Gravitationslinsen-Effekt: Galaxienhaufen krümmen den Weg des Lichts mehr, als man nach ihrer sichtbaren Masse erwarten müsste.
Damit scheint klar:
Dunkle Materie existiert.
Aus was aber könnte sie bestehen?
Hier die wichtigsten Vermutungen dazu:
- Die erste Vermutung war, dass Galaxien unerwartet viel schwer erkennbare stellare Objekte enthalten, wie etwa Schwarze Löcher oder Braune Zwerge. Sie aber müsste es dann aber auch in der Milchstraße geben, und sie müssten häufig Gravitatonslinseneffekte auslösen, die man so nicht beobachtet.
- Der Gedanke, dass der Raum bevölkert ist von zahlreichen recht kompakte Objekten, die kleiner sind als Sterne, ist noch nicht völlig verworfen, allerdings ist unklar, wie sie entstanden sein könnten.
- Daher favorisiert man derzeit eine andere Art dunkler Materie: Teilchen, die sich in Wolken sammeln und in nahezu kreisförmigen Halos um die sichtbaren Scheiben galaktischer Materie schweben.
Teilchen bekannter Art interagieren jedoch fast alle zu heftig und verklumpen zu sehr, als dass sie solche Halos formen könnten — mit Ausnahme von Neutrionos, aber die sind zu leicht, bewegen sich zu schnell und verklumpen zu wenig.
Was also ist jene unbekannte Dunkle Materie? Sie muss etwas bisher noch Unbekanntes sein.
Seit 1990 gab es etwa 25 unterschiedliche Ideen, die in Beobachtungsprojekte mündeten, mit dem Ziel, eine Antwort zu finden — bisher ohne jeden Erfolg.
Helmut Satz (2016) rechnet vor:
Nach Isaac Newton ist die Anziehungskraft F zwischen zwei Massen M und m im Abstand R von einander gegeben durch
F = GMm / R2 ,
wobei G = 6.7 × 10-11 m3/kg s2 die universelle Newtonsche Gravitationskonstante ist.
Dieses Gesetz ist Spezialfall des ersten Newton'schen Hauptsatzes der Mechanik, welcher lautet:
F = ma ,
worin a die Beschleunigung ist, die eine Masse M unter Einwirkung einer Kraft F erfährt.
Auf der Erdoberfläche können wir die durch die Schwerkraft erzeugte Beschleunigung messen. Sie ist — wie schon Galilei durch seine Fallstudien gezeigt hat — für alle Massen gleich ( 9.8 m/s2 ).
Wenn wir den Radius der Erde kennen ( 6.4 × 106m ), erhalten wir durch Zusammenführen beider Gleichenungen
M = aR2 / G = 5.3 × 1024 kg
für das Gewicht der Erde. Wir haben sie nun also "gewogen".
Die Planetenbahnen werden bestimmt durch das Wechselspiel der anziehenden Schwerkraft der Sonne und der ihr entgegengesetzt wirkenden, durch die Kreisbewegung hervorgerufenen Zentrifugalkraft
K = mv2 / R ,
wobei hier m die Masse des Planeten ist, R der Radius seiner als kreisförmig angenommenen Bahn um die Sonne und v seine Umlaufgeschwindigkeit.
Zusammen mit der ersten Gleichung liefert uns das
v2 = GM/R ,
worin M die Erdmasse ind R = 4 × 108 km den Abstand zwischen Erde und Mond bezeichnet.
Mit Hilfe von 2πR für die wieder als kreisförmig angenommende Umlaufbahn kommt daraus
T2 = (2π)2 R3 / ( GM )
für die Umlaufzeit T von bekanntlich 30 Tagen.
Eben diese Gleichung gilt auch für den Umlauf der Planeten um die Sonne, wenn wir M als Sonnenmasse nehmen.
So also ergibt sich die Keplersche Regel v2 ∼ GM/R, die von allen Planeten des Sonnensystems respektiert wird. Die darin als M auftretende Sonnenmasse kann man bestimmen aus unserem Wissen über Umlaufzeit (1 Jahr) und Abstand zur Sonne ( 1.5 × 1011 m ) im Fall der Erde: MSonne = 2 × 1030 kg.
Wir sehen: Die Sonnenmasse ist etwa 500 000 Mal so groß wie die Erdmasse.
Wenn nun, wie bei den Randsternen von Spiralgalaxien, die Umlaufgeschwindigkeit unabhängig vom Abstand zum Schwerkraftzentrum wird, bei steigendem R also konstant bleibt, so muss nach der letzten Gleichung (6) die Galaxienmasse innerhalb der Umlaufbahn dieser Randsterne linear mit R wachsen. Da sich nun aber weiter außen kaum noch Sterne finden, muss da wohl tatsächlich dunkle Materie sein (bzw. dazu äquivalente Konzentration von Energie).
Die Dichte der » Dunklen « Materie ( Mdm/R3 ) fällt mit R-2 ab, wenn die Masse linear mit R ansteigt.
Hans Jörg Fahr in » Mit oder ohne Urknall «, S. 252-253 :
Die Kraft, welche — als sog. starke Wechselwirkung — in Protonen und Neutronen die Quarks zusammenhält, hat die erstaunliche Eigenschaft, dass sie mit zunehmendem Abstand der Quarks stärker (statt schwächer) wird. Eben deswegen lässt sich kein einzelnes Quark aus einen Proton oder Neutron herausbrechen.
Je näher Quarks nun aber zusammenrücken, desto schwächer wird jene Kraft. Man nennt das asymptotische Freiheit.
Dieses Verschwinden der Kraft macht sich bemerkbar, sobald Protonen und Neutronen auf extrem engen Raum zusammengedrückt werden — wie etwa in Neutronensternen und Schwarzen Löchern.
Dabei können die Mitglieder dieser Dreierverbände von Quarks einander so nahe kommen, dass die Kraft praktisch gar nicht mehr vorhanden ist, sie also gar keine Bindung an ihre Verbundpartner mehr spüren. Sie erkennen in einem solchen Zustand ihren eigenen Verbund vom Typ Proton oder Neutron nicht mehr, sondern verhalten sich mehr oder weniger wie absolut freie Teilchen.
Als solch freies Quark-Gluonen-Plasma hat die kosmische Materie direkt nach dem Urknall tatsächlich vorgelegen.
Hans Jörg Fahr in » Mit oder ohne Urknall «, S. 255-257 :
Etwa 10-6 sec nach dem Urknall (= 1 Mikrosekunde) war das Quark-Gluonen-Plasma so weit abgekühlt, dass es zu kondensieren begann. Es war dies der Zeitpunkt, zu dem sich Protonen und Neutronen gebildet haben — vielleicht aber auch größere ladungsfreie farbneutrale Verbände von Quarks.Zum Vergleich: Wenn man Wasserdampf schnell und stark abkühlt, bilden sich winzige Schneeflocken.
Wie Crawford und Greiner ( 1994: The Search for Strange Matter ) errechnet haben, sind bei diesem Zerfall des Plasmas in schneeflockenartige Gebilde als Ergebnis am wahrscheinlichsten Teilchenverbände, die zu etwa gleichem Anteil aus up-, down- und strange-Quarks bestehen und sich nach einem inneren Schalenmodell unter Wahrung von Paulis Ausschließungsprinzip aufbauen lassen.
Man schätzt, dass sich auf diese Weise Multi-Quark-Kokons ergeben haben könnten, deren Durchmesser zwischen 10-7 cm bis hin zu 10 Zentimertern gereicht haben könnte. Edward Witten sagt voraus, dass sie i.W. zwischen 109 bis 1018 Gramm schwer sein sollten mit einem durchschnittlichen Durchmesser von dem einer Billardkugel. [ Bei einer zufälligen Kollision eins solchen Körpers mit der Erde würde er sie einfach durchschlagen und dabei lediglich eine Schockwelle im Erdkörper auslösen, mit der eventuell fürchterliche Verheerungen und Erdbeben einhergingen. ]
Die ganz normalen, uns heute bekannten Protonen und Neutronen würden sich dann sozusagen erst aus dem noch nicht kondensierten Rest der Quarks ergeben haben — nachdem die meisten strange-Quarks bereits in die leichteren Ups und Downs zerfallen waren und sich deswegen danach nur noch die üblichen farbneutralen Dreier-Verbände bilden konnten.
Solche nur aus Quarks bestehen Mammutobjekte — weit kleiner, aber gut vergleichbar mit Neutronensternen — müssten sich heute noch auffinden lassen und könnten sogar den überwiegenden Teil aller Dunklen Materie darstellen. Sie wären sozusagen dunkle Sterne mit maximal wenigen Zentimetern Durchmesser: Winzige Staubkörner verglichen mit leuchtenden Sternen.
Unmengen von ihnen könnten sich gravitativ verklumpen, ohne dass dabei elektromagnetische Strahlung entstünde.
So wäre z.B. zu erklären, dass der Hydra-Zentaurus Galaxien-Haufen (ein Nachbar des Virgo-Clusters, in dem wir zuhause sind) mit seinen nie gesehenen 1015 Sonnenmassen nur wenig leuchtende Materie enthält.
Gebhard Greiter (2021):
Meine ganz persönliche Meinung zu Dunkler Materie:
Dass Galaxien als Materietöpfe zu sehen in dem Sinne, dass sie in je einer Wolke kosmischen Staubes schwimmen, die in ihnen und nahe an ihnen dichter ist als anderswo (aber dennoch im Inneren der Galaxie von fast konstanter Dichte), könnte ich mir tatsächlich noch am ehesten als Erklärung für die Existenz dunkler Materie vorstellen, denn:
Es kann ja tatsächlich der gesamte Inhalt des Universums (soweit er Materie darstellt) als gigantische Staubwolke aufgefasst werden mit "Staubkörnern" jeder nur denkbaren Größe (angefangen bei einzelnen Elementarteilchen und Molekülen bis hin zu Sternen und Schwarzen Löchern). Galaxien sind Schwerpunkte dieser Wolke von "Staub": Regionen also, in denen sie deutlich dichter ist als anderswo. Hiervon beobachtbar sind aner nur kleine Teilwolken enthalten, die sich lokal so weit verdichtet haben, dass sie zu leuchten begannen: entweder als Gaswolke oder gar als Stern. Dennoch muss es da aber jede Menge weiteren Staubes geben, der noch weit davon entfernt ist, sich derart weit verdichtet zu haben, dass er sich entweder stark erhitzen konnte oder wenigstens so dicht wurde, dass er in der Lage ist, zu verstecken, was hinter ihm existiert.
Mein Verdacht: Dieser Rest des "Staubes" (vor allem soweit er aus ganzen Gesteinsbrocken besteht) macht in Summe das aus, was wir dunkle Materie nennen, besteht aber letzlich doch nur aus stark verdünnter ganz normaler Materie jeder nur denkbaren Art von Bruchstücken früherer Sterne: Man hat (was Astrophysiker heute aber NICHT glauben) möglicherweise nur unterschätzt, wie viel das insgesamt an Staub sein kann: an Staub, der zu dünn sind, um durch uns beobachtbar zu sein (sei es in Folge eigener Lichtabstrahlung oder da er für uns nennenswert verdunkeln könnte, was hinter ihnen liegt).
Wenn man sich eine solche Wolke aus Staub und nicht allzu großen Gesteinsbrocken vorstellt, wird – wenn sie im Inneren der Galaxie liegt – ihre Umgebung von Sternen sie in jede Richtung fast gleich stark zu ziehen bemüht sein, so dass sie sich weder auflösen noch groß in nur eine Richtung bewegen oder sich gar schnell weiter verdichten kann.
Dass man sich bei entsprechenden Berechnungen gewaltig irren kann, scheint mir jedenfalls durchaus möglich.
Denken wir dazu mal an interstellare Objekte:
Aufgrund der großen Entfernungen können sie in der Regel nur erkannt werden, wenn sie unser Sonnensystem passieren. Man hat bisher nur ganze zwei entdeckt. Wie will man da wissen, wie viele es wirklich geben könnte?
Mit anderen Worten: Ich kann mir bisher einfach nicht vorstellen, wie es gelungen sein sollte, für Gesteinsbrocken jeder nur denkbaren Größe deutlich unterhalb typischer Mond abzuschätzen, in welcher Dichte sie in Galaxien oder dem Weltraum tatsächlich vorkommen.
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Ich muss zugeben, dass ich von Modified Newtonian Gravity (MOND) rein gar nichts halte. Diese Theorie scheint mir — ihrer Qualität nach — gut vergleichbar mit der Theorie der Epizyklen aus dem Mittelalter: Sie konnte Beobachtungsergebnisse (die Bahnen der Planeten, wie wir sie von der Erde aus sehen) erstaunlich genau erklären, hat sich aber dennoch als falsch erwiesen (und war um Welten komplexer als die ganz einfache Newtonsche Theorie).
Ich würde mir wünschen, dass die Astrophysiker mal versuchen würden, zu quantifizieren, wie sich der Prozentsatz Dunkler Materie in sehr alten Regionen des Weltalls vergleicht mit dem in z.B. unserer Lokalen Gruppe. Mein Verdacht nämlich ist, dass die Dichte Dunkler Materie korrelliert sein könnte mit der Zahl der Supernovae, die in einer betrachteten Region des beobachbaren Universums schon stattgefunden haben. Jede Supernova nämlich zerstört lokal, was Gravitation an Verklumpung von Gas und Staub schon hat schaffen können und erhöht in einer wirklich großen Umgebung des explodierten Sterns die Zahl der "Staubteilchen" großer Granularität (= Gesteinsbrocken, welche die Macht der Explosion eines Sternes in seine Umgebung geblasen hat).
Mit anderen Worten: Würde man feststellen, dass der Prozentsatz Dunkler Materie für weit von uns entfernete (und daher jüngere) Galaxiencluster kleiner ist als für uns nahe liegende, wäre das starker Hinweis darauf, dass Dunkle Materie eben doch ganz normale, nicht leuchtende Materie ist bestehend aus dünnen, da weiträumig verstreuten Wolken von Gesteinsbrocken, wie Supernovae sie ja wohl zur Folge haben können.
Gebhard Greiter (2021):
Wie der Astrophysiker Lawrence Krauss in seinem Buch A Universe from Nothing (2012) argumentiert, könne es gut sein, dass der Urknall, der unsere kosmische Umgebung schuf, Quantenfluktuation war.
Wenn Materie nun aber nicht durch kosmische Evolution entstand, sondern Ergebnis einer Quantenfluktuation war, so musste dieses Ergebnis ja — des Prinzips der Ladundungserhaltung wegen — zu gleichen Teilen aus Materie und Antimaterie bestanden haben. Genauer: Es müsste bestanden haben aus einem Paar gewaltig großer Teilchen, von denen eines i.W. Materie, das andere i.W. Antimaterie war.
Wenn nun aber das sofort einsetzende Inflationsgeschehen die beiden gleichermaßen expandiert hat zu ganzen Universen, könnte es doch gut sein, dass wir gerade in dem leben, das vor allem aus Materie bestand (und immer noch besteht): Die beiden hätten sich dann ja kaum vermischen können, da sich der Abstand zwischen ihnen ebenso schnell vergrößert hätte wie ihr jeweiliger Durchmesser.
Sabine Hossenfelder erklärt das recht schön gegen Ende ihres Vortrages How to create a Baby Universe (2021).
Leonard Susskind (2010) schrieb:
Unter Materie verstehen Physiker nicht nur Dinge, die aus Atomen bestehen.
Als Materie gelten auch andere Elementarteilchen wie Photonen, Neutrinos und Gravitonen.
Hohnerkamp (2013, stark gekürzt):
Der englische Naturforscher Isaac Newton stellte fest, dass es bei verschiedenen Körpern auch einer verschiedenen Kraftanstrengung bedarf, ihre Bewegung zu ändern. Er führte als Maß für solche Trägheit den Begriff Masse ein und postulierte auch gleich, dass jene Masse dafür verantwortlich sei, dass Körper sich gegenseitig anziehen. Fortan galt die Eigenschaft, Masse zu besitzen, als Spezifikum materieller Objekte (und auch heute findet man das oft so formuliert, z.B. in Wikipedia).
Materielle Objekte sind danach alle Objekte, die Masse besitzen und daher Trägheit bei Bewegungsänderung zeigen sowie von anderen Objekten gleicher Art angezogen werden.
Erst Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie mache uns klar, dass dazu auch Licht gehört und man das Wort » Masse « besser durch » Energie « ersetzt, da ja Masse im Sinne Newtons nicht notwendig Ruhemasse ist.
Was aber wurde nun aus dem Begriff » Materie « ?
Offensichtlich bestehen alle Objekte, die man vor Einstein als materiell bezeichnet hatte, aus Elementarteilchen, d.h. aus Quanten. Auch das Licht — sich uns als Welle eines elektromagnetischen Feldes zeigend — ist auf mikroskopischer Ebene ein Strom von Quanten.
Somit musste man sich neu überlegen, was denn nun das Spezifikum eines materiellen Objekts sein solle.
Mit Hilfe der Relativitätstheorien und der Quantenphysik ist leicht einzusehen, wie die Definition des Begriffs » Materie « abzuwandeln ist, um diesen neuen Einsichten Rechnung zu tragen:
Was ein materielles Objekt kennzeichnet, ist nicht die Eigenschaft (Ruhe-) Masse zu haben,
sondern die Eigenschaft Energieträger zu sein.
Aber nicht nur das: Wer die Spezielle Relativitätstheorie kennt, der weiß, dass die Energie immer zusammen mit einem Impuls auftritt, diese beiden Größen also ebensowenig von einander trennbar sind wie Zeit von Raum.
Demnach sagt die Physik heute:
Materielle Objekte sind alle,
denen sich ein Energie-Impuls-Vektor zuordnen lässt.
Note: Da sich die neue Sprechweise noch nicht überall durchgesetzt hat — und alte Schriften ohnehin nicht abänderbar sind — wird häufig noch von Masse gesprochen, wo eigentlich Materie bzw. die sie darstellende Energie gemeint sind.
Sie ist relativ, d.h. aus der jeweils subjektiven Sicht unterschiedlicher, relativ zueinander bewegter Bezugssysteme heraus unterschiedlich groß.
Lothar Schäfer (2004):
Wenn zwei Moleküle oder Gegenstände A und B weit voneinander entfernt sind, ist es für alle praktischen Anwendungen ausreichend, sich vorzustellen, dass ihre Wellenfunktionen unabhängig voneinander sind.
Wird der Abstand zwischen ihnen aber kleiner als etwa 10-10 Meter, so beginnen diese Wellenfunktionen deutlich miteinander zu interferieren, so wie man das bei Wellen immer beobachtet. Die Zustände von A und B verlieren dann ihre Eigenständigkeit, ja sogar ihre Identität, und das System { A, B } gelangt in einen Zustand, der stabilisierend oder destabilisierend sein kann:
Die Elektronen des Systems entdecken dann nämlich, dass die meisten von ihnen sich auf destabilisierende Zustände höherer Energie zurückziehen müssen, da vorteilhaftere schon besetzt sind.
Nach diesem Prinzip entstehen abstoßende Kräfte zwischen den Molekülen: Die Elektronen im einen Ding bemerken, dass die vorteilhaften Zustände im anderen schon besetzt sind und daher vermieden werden müssen.
Der begriffliche Zwang, besetzte Zustände zu meiden, ruft dann physikalische Kräfte hervor.
Man kann es auch so sehen:
Ein geistiges Prinzip wird in ein mechanisches verwandelt.
Keen aus 1955-82:Da hätte ich noch eine Frage, die mich schon längere Zeit beschäftigt:
Ist Materie immer gegenständlich? Schon dieses Wort Materie, verstehen zu wollen fasziniert mich!
Zitat von Close:
Richard Feynman und andere hatten [basierend auf Diracs Theorie des Elektrons gezeigt, dass sich das elektromagnetische Feld selbst in [virtuelle Elektronen [= Materie und [virtuelle Positronen [= Antimaterie umwandeln kann — eine der vielen bizarren Folgerungen aus der Unbestimmtheitsrelation der Quantentheorie. Diese "virtuellen" Teilchen und Antiteilchen im Vakuum hatten für das Elektron zur Folge, dass seine unmittelbare Umgebung nicht einfach leerer Raum ist, sondern dass es dort vor Aktivitäten brodelt.
... es zeigt sich nämlich, dass das Elektron einen Einfluss auf das Vakuum hat und die Leere in seiner Umgebung in einen Schwarm aus Teilchen und Antiteilchen verwandelt.
... Wir leben zwar in einer Welt der Materie, doch das Vakuum enthält sowohl "virtuelle" Materie als auch "virtuelle" Antimaterie.
Virtuell bedeutet hier, dass diese Teilchen nicht zu materieller (oder antimaterieller) Substanz werden; ihre Gegenwart hat aber trotzdem einen Einfluss auf die anwesenden Materieteilchen.
Keen aus 1955-82:
Wenn Gas oder Sauerstoff ebenfalls Materie sind, wie verhält sich dabei Antimaterie?
Zitat:
Der Einfang von Positronen durch Antiprotonen ergibt Antiwasserstoff, wovon am CERN pro Sekunde einige 100 Atome hergestellt werden.
Für ein Nanogramm benötigt man 100000 Jahre, und für die Menge in einem Kinderballon bzw. für 1 Gramm benötigte man sogar länger als das Alter des Universums.
Henry aus 1955-216:
Aber es gibt im Quantenvakuum keine Teilchen, wenn sich im "realen" Kosmos Teilchen zeigen und das tun sie eben nur in Zeitbruchteilen können sie das nur "quantisiert", das ist das, was die Quantenmechanik aussagt.
Und "quantisierte" Energie lässt sich als Teilchen interpretieren, grob ausgedrückt.
Zitat von Feynman:
A real particle is "on mass shell", which basically means that it has the mass it is supposed to have, no less, no more. A virtual particle is "off mass shell". In a Feynman diagram, the virtual particles are those that connect vertices; they are the internal lines like the wavy one in the diagram. Actually, they represent internal propagators, but you may think of them as the tracks of the particles. The real particles are those that enter and those that leave the diagram.
In fact, the longer the line, the more the represented particle is "on mass shell", and if it is infinitely long (never again interacts), it is perfectly "real".
Hans-m aus 1955-155:
Schon die Tatsache, dass wir sie [die virtuellen Teilchen messen/nachweisen können, zeigt, dass sie mit "normaler" Materie interagieren. Was eine Messung anzeigt, ist ja nichts anderes, als eine physikalische Wirkung auf die Messanordnung. Und alles, was im Labor eine Wirkung hat, das hat auch die gleiche Wirkung irgend wo anders im Universum.
Selbst wenn die Wirkung des Einzelteilchens verschwindent klein ist, so ist sie jedoch nicht null. Nach der Chaostheorie kann die endgültige Wirkung verheerend sein.
Zitat von Hawking:
These pairs of particles occur for all varieties of elementary particles.
They are called virtual particles, because they occur even in the vacuum, and they can't be directly measured by particle detectors.
However, the indirect effects of virtual particles, or vacuum fluctuations, have been observed in a number of experiments, and their existence confirmed.
Grtgrt aus 1955-157:Mit anderen Worten:
Virtuelle Teilchen lassen sich nur nachweisen durch die Wirkung, die ihre Anwesenheit auf andere, direkt beobachtbare Quanten hat.
Zitat von Gebhard:Der Unterschied zwischen deiner und meiner Auffassung liegt einfach darin, dass
- du denkst, zu wissen, was Hawking gemeint hat,
- wohingegen ich vorsichtiger bin und sage: Es kann da verschiedene Möglichkeiten geben.
Gruß, grtgrt
Henry aus 1955-162:
Der indirekte Nachweis besteht doch nicht im Einfluss auf andere Teilchen, sondern in den Zerfallsprodukten der virtuellen Teilchen, sie entstehen doch paarweise - Teilchen, Antiteilchen. Was anderes sagt Hawking doch nicht, wenn mich mein Englisch nicht ganz verlässt.
Zitat:Das Universum borgt sich dazu Energie, lebt ständig auf Pump und verhindert so ein absolutes Nichts.
Henry aus 1955-165:
Zitat von Gebhard:
Hawking spricht von indirekten Effekten ("indirect effects"), spezifiziert sie aber nicht weiter.
Willst du mich veralbern? Du zitierst ihn doch selbst in der Zeile vorher: Sie können nicht direkt gemessen werden!
Henry aus 1955-207:...die Teilchen stehen nicht im Widerspruch zum Energieerhaltungssatz (für Teilchen, die am Ereignishorizont von Schwarzen Löchern entstehen, wird es allerdings komplizierter). Die Teilchen haben auch keine Position im Quantenvakuum, dort gibt es keine Teilchen. Es gibt eine Beziehung - ist auch schon mal von okotombrok erwähnt worden - zwischen ihrer Energie (ihrer Masse) und der Zeit, die sie höchstens existieren können, und diese Zeit ist kleiner oder gleich der sogenannten Planckzeit. Je größer die Energie der Teilchen, desto kürzer "existieren" sie. Planckzeit und Plancklänge definieren die Grenze zur Kausaltiät, alles, was unterhalb von Planck-Länge und Planck-Zeit exitstiert, hat keinen kausalen Bezug zur "realen" Welt. Wenn du das einfach akzeptieren könntest, müsstest du dir nicht so unnötige Gedanken über Galaxien usw. machen.
Henry und schrieb in Beitrag Henry 1955-168 und 1955-169 :
Dass die virtuellen Teilchen nicht direkt zu messen sind, ist der eindeutige Beleg dafür, dass nicht mit "realen" Teilchen wechselwirken, sonst könnte man sie nämlich direkt messen.
Wenn sie auf "reale" Teilchen wie auch immer wirken würden, wäre das eine Verletzung des Energieerhaltungssatzes, einer der Grundlagen der gesamten Physik.
Henry aus 1955-172:Was im SL geschieht, kann niemand wissen, aber es ist nicht anzunehmen, dass dort irgendwelche interagierenden Teilchen existieren.
Zitat:Deswegen kann in diesem Fall ein virtuelles Teilchen mit negativer Energie in das Schwarze Loch fallen "und dort zu einem realen Teilchen oder Antiteilchen werden".
Henry aus 1955-169:Hans, wenn sie auf "reale" Teilchen wie auch immer wirken würden, wäre das eine Veletzung der Energieerhaltungssatzes, einer der Grundlagen der gesamten Physik.
Grtgrt aus 1955-170:Ja, so sehe ich das auch, denn das ist ein Spezialfall der Sinn machenden Auffassung:
Alles, was existiert, existiert nur in dem Ausmaß, in dem es Information darüber gibt.
Wem diese Ansicht zu radikal erscheint, ist frei, sie zu lesen als:
Alles, was existiert, existiert d e f a c t o nur in dem Ausmaß, in dem es Information darüber gibt.