Universum-Weltmodell





welt-verstehen/Qualität+Struktur+Universums+Begriff, stw4763QSUB

Universum

   


Unser Universum

   


Ein recht naheliegendes Weltmodell

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-411
Struktur im Universum

 
 

 
Zur großräumigen Qualität der Struktur des Universums

 
 
Immer zutreffendere Simulation der Entwicklung unseres Universums sagen uns viel über universelle Strukturen im Kosmos:
 
 
Video


 

 Beitrag 0-472
Das Universum — ein heute recht vieldeutiger Begriff

 
 

 
Universum — ein heute mehrdeutiger Begriff



Paul Davies (2006):
 
Die Zeit, in der man unter dem Universum noch den ganzen Kosmos verstand, ist lange vorbei. Heute gilt:
     
  • Das beobachtbare Universum ist der durch Menschen einsehbare Teil des Weltalls.
     
    Noch um 1900 herum war das kaum mehr als unsere Milchstraße mit einigen ihrer nächsten Nachbarn. Heute aber ist beobachtbar schon fast das ganze prinzipiel beobachtbare Universum:
     
  • Das prinzipiell beobachtbare Universum ist ein — seinem Radius nach — ständig größer werdender Teil des Weltalls: ein kugelförmiger Bereich, dessen Mittelpunkt die Erde ist. Sein Inhalt besteht aus allen Lichtquellen, deren Licht uns eben jetzt erreicht. Wir beobachten sie in dem Zustand, in dem sie waren, als sie jenes Licht abgestrahlt hatten.
     
  • Das gesamte Universum, als die Region des Weltalls, die gleiche Qualität hat wie das Innere unseres Beobachtungshorizonts.
     
  • Taschen-Universen: Man versteht darunter weit von einander entfernter Regionen des Weltalls, die von deutlich unterschiedlicher Qualität sind (in dem Sinne, dass dort sogar noch andere Naturgesetze gelten könnten — auch solche, die bologisches Leben ausschließen.
     
  • Das Multiversum: Das gesamte Weltall, welches man dann aber nicht mehr als von überall gleicher Qualität annehmen kann.

 


 
Der Theorie ewiger Inflation zufolge muss man sich den physikalischen Kosmos vorstellen als eine unendlich große Menge brodelnder Energie, in der sich — wie in kochendem Wasser — ständig Blasen bilden: die sog. Taschen-Universen. Heisenbergs Unschärfe-Relation zufolge ist die Länge des Zeitraums der Existenz einer solchen Blase umgekehrt proportional zur Menge der sie darstellenden Energie.
 
Wie Paul Davies in seinem Buch auf Seite 114 berichtet, sagt die Inflationstheorie voraus, dass die Größe einer typischen Blase weit über die Größe des beobachtbaren Universums hinausgeht: um einen Faktor, der — als ganze Zahl geschrieben — grob 10 Milliarden Dezimalstellen hat. Mit anderen Worten:
 
 
    Der durch Menschen beobachtbare Teil des Weltalls könnte Teil eines Taschenuniversums sein,
     
    welches deart groß ist, dass sein Volumen dividiert durch das Volumen unseres Universums eine Zahl ergibt,
     
    die vor dem Komma so um die 10 Milliarden (!) Dezimalstellen hat.

 
Wenn diese Rechnung grob richtig ist, würde das bedeuten, dass unser Universum im Vergleich zum Taschenuniversum, in dem es sich als kleine Region befindet, um viele Größenordnungen kleiner wäre als ein Atomkern verglichen mit dem gesamten durch Menschen beobachtbaren Universum.
 
 
Wie Davies in Fußnote 29 betont, hat man zudem zu berücksichtigen, dass nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie große Entfernungen ebenso wie große Zeitabschnitte von stets relativer Größe sind. Mit anderen Worten: Wer von großen Distanzen spricht, muss immer die Situation des Betrachters mit in Betracht ziehen: Die Blase, in der er selbst sich befindet, wird ihm unendlich groß erscheinen, selbst wenn sie von außen her betrachtet nur endlich groß sein sollte.
 
 
 
Quelle: Paul Davis: Der kosmische Volltreffer, Campus 2008, S. 53-54
 
Ausgaben dieses Buches in englischer Sprache sind
The Cosmic Jackpot. Why our Universe is just right for for life (2007) und The Goldilocks Enigma: Why is the universe just right for life? (2006)


 

 Beitrag 0-473
Warum die Gesamtenergie unseres Universums nahezu Null ist

 
 

 
Beim Aufsummieren von Energie

muss Bindungsenergie (z.B. Gravitation) negativ gewertet werden

 


Paul Davis (2006):
 
Das beobachtbare Universum enthält rund 1050 Tonnen an sichtbarer Materie in Form von Sternen Gasen und Staub, die alle zusammen ein gewaltiges Gravitationsfeld bilden.
 
Wie ich schon erklärt habe, verzerrt die Sonnen die Struktur des Raumes in ihrer Umgebung ein wenig. Andere Sterne erzeugen ähnlich kleine Verwerfungen.
 
In Summe gesehen können solche Verwerfungen sich ausmitteln mit dem Effekt, dass das Universum flache Geometrie besitzt (also weder Hyperkugel noch Hypersattel ist).
 
Wie aber findet man denn nun heraus, welcher dieser drei möglichen Fälle vorliegt?

     
    Die Winkelsumme in Dreiecken könnte uns darüber Auskunft geben, aber leider ist das Messen der Winkelsumme von Dreiecken über kosmische Entfernungen hinweg nicht mögöic.
     
    Man erinnert sich deswegen an eine andere Regel: Die Fläche eines Kreises wächst — bei flacher Geometrie — proportional zum Quadrat seines Radius. Auf der Oberfläche einer Kugel stimmt diese Regel aber nicht mehr: Die Fläche wächst dort mit größer werdendem Radius weniger schnell an. Das erkennt sofort, wer versucht, eine Baseballkappe platt zu drücken: Man muss Keile herausschneiden, d.h. eine flache Scheibe kann nicht mit einer Kugeloberfläche von gleichem Radius in Deckung gebracht werden. Umgekehrt wächst die Kreisfläche auf einer Satteloberfläche schneller als mit dem Quadrat des Radius an.
     
    Überträgt man das alles in 3 Dimensionen, so erkennt man schnell, dass in einem Universum flacher Geometrie das Volumen eines Körpers proportional zur 3-ten Pozenz seines Radius wächst, wohingegen es in einer Hyperkugel weniger schnell, in einem Hypersattel aber schneller wächst.
     
    Nun kann man das Volumen eines Raumbereiches aber annähernd dadurch bestimmen, dass man die dort existierenden Galaxien zählt.
     
    Einige Astronomen haben daher versucht, die Geometrie des Raumes auf diese Weise herauszufinden. Ihre Ergebnisse aber sind bislang nicht schlüssig, da es schwer ist, die Abstände zwischen von uns weit entfernten Galaxien hinreichend genau zu bestimmen.
     
    Die Antworten kann man aber auch den WMAP-Daten entnehmen (durch Bestimmung der der Größe der heißen und kalten Flecken in der kosmischen Hintergrundstrahlung).
     
    Die Theoretiker haben bereits vor dem Start des WMAP-Satelliten berechnet, wie groß die stärksten Fluktuationen sein sollten. Für die Umrechnung der Größe in den Winkel am Himmel ist die Raumstruktur entscheidend: Ist der Raum positv gekrümmt, erscheinen die Winkel größer, ansonsten aber kleiner.
     
    Für den Fall dass der Raum flache (= euklidische) Geometrie hat, sollte die Winkelgröße der stärksten heißen und kalten Fluktuationen bei etwa 1 Grad liegen.
     
    Das Ergebnis der Messungen ist eindeutig: Die Fluktuationen liegen sehr nahe bei 1 Grad (ein Ergebnis, das auch durch Messungen vom Boden aus oder von Ballonen bestätigt wird).
     
    Die Kosmologen stellen daher fest, dass der kosmische Raum mit einer Genauigkeit von 2 Prozent flach ist.

 
Warum aber kann das Universum als Ganzes flach sein, wo es doch vom Schwerefeld der Sonne und anderer Sterne lokal gestärt wird?
 
Es muss offensichtlich zwischen den Sternen etwas geben, das solch lokale Krümmung wieder zurechtbiegt (ausgleicht), so dass sie im Durchschnitt null beträgt.
 
Was aber ist dieses Etwas? Es ist Energie im Sinne von Einsteins Formel E = mc2, wobei aber Folgendes zu beachten ist:
 
Einstein hat diese Formel bewiesen für Ruhemasse m. In jedem anderen Fall muss man diese Gleichung lesen als Definition sog. relativistischer Masse.
 
Damit das Sinn macht, ist zu berücksichtigen, dass Bindungsenergie (z.B. Gravitation) negative Energie darstellt — einfach dswegen, da sie freizusetzen Arbeit notwendig ist.
 
 
Halten wir also fest:
    Zur totalen Massenenergie des Universums tragen auch die Wärme-Energie der kosmischen Hintergrundstrahlung, magnetische Felder und die kosmische Strahlung selbst bei und — keineswegs an letzter Stelle — auch das Gravitationsfeld.
     
    Auch Gravitation ist eine Form von Energie. Wer nun aber z.B. die Erde aus ihrer Umlaufbahn um die Sonne heraus bewegen möchte, muss Arbeit leisten, d.h. Energie aufwenden. Das aber bedeutet, dass die Gravitationsenergie, welche die Erde an die Sonne fesselt, negativ ist (da ja Arbeit notwendig ist, die Bindung zu lösen).
     
    Da das Gravitationsfeld negative Energie darstellt, hat es nach der Gleichung E = mc2 — per definitionem — negative relativistische Masse.

 
Der Teil der Messenenergie des Soonnensystems, der Gravitationsenergie darstellt, ist im Vergleich zur gewaltigen Masse der Sonne unerheblich (ganz so, wie es ja auch bei Atomen der Fall ist: Weniger als 1 Prozent ihrer Energie ist Bindungsenergie).
 
Die gesamte relativistische Masse des Sonnensystems ist deswegen positiv.
 
Untersucht man nun aber das gesamte Universum, sieht die Bilanz ganz anders aus: Eine der Besonderheiten der Gravitation ist, dass sie zwischen allen Materieteilchen im Universum wirkt.
 
Eine einfache Abschätzung der gesamten Gravitationsenergie im beobachtbaren Universum liefert etwa -1050 Tonnen, was — bis aufs Vorzeichen — der Masse aller Sterne und sonstigen Materie im All entspricht.
 
Die Tatsache, dass zwei so ungeheuer große Zahlen dem Betrag nach nahezu gleich sind, weckt den Verdacht, dass sie sich gegenseitig aufheben, die Nettomasse des Universums deswegen Null sein könnte.
 
Einsteins allgemeine Relativitätstheorie liefert folgende Beziehung zwischen der Masse (bzw. Energie) des Universums und der Geometrie des Raumes:
     
  • Ist die Gesamtenergie positiv, ist der Raum positiv gekrümmt (wie Einstein vermutet hat).
     
  • Ist die Gesamtmasse negativ, ist der Raum gekrümmt wie ein Sattel.
     
  • Nur wenn sie exakt Null sein sollte, wäre der Raum euklidisch, d.h. von flacher Geometrie.

Die durch WMAP gesammelten Daten legen nahe, dass mit einer maximalen Ungenauigkeit von nur 2 Prozent der dritte Fall vorliegt (und das ist — wie wir später noch sehen werden — eine notwendige Bedingung dafür, dass im Universum Leben existieren kann).
 


 
Quelle: Paul Davis: Der kosmische Volltreffer, Campus 2008, S. 64-68
 
Ausgaben dieses Buches in englischer Sprache sind
The Cosmic Jackpot. Why our Universe is just right for for life (2007) und The Goldilocks Enigma: Why is the universe just right for life? (2006)


 

 Beitrag 0-474
Über Gravitation, Druck, Zugspannung (= negativen Druck) und Antigravitation (= negative Gravitation)

 
 

 
Auch Druck, Zugspannung und Felder jeder Art

erzeugen Gravitation



Paul Davies (2006):
 
Man könnte annehmen, dass die Energie leeren Raumes Null ist, denn schließlich enthält er ja nichts. Das aber ist zu kurz gedacht, denn es kann im Raum ja unsichtbare Felder geben, die auch Energie darstellen.
 
Einige Felder — wie etwa das elektromagnetische — würden den Raum zum Schrumpfen bringen, andere würden Anitgravitation erzeugen und ihn anschwellen lassen.
 
Zu letzteren gehören die skalaren Felder, allen voran das durch Alan Guth postulierrte Inflatonfeld, aber auch das Higgsfeld.
    Bisher nachgewisen ist nur das Higgsfeld. Dennoch glauben die Physiker an weitere Skalarfelder, da es gute theoretische Gründe gibt, sie als existent anzunehmen.

Grundsätzlich muss es zu jedem Skalarfeld ein Trägerteilchen geben (so wie zum Higgsfeld das Higgsboson).
 
 
Nun aber sei erklärt, warum das Inflaton Antigravitation zur Folge haben muss:

    Nach Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie erzeugt jede Präsenz von Energie Gravitation.
     
    Somit ist auch Druck Gravitationsquelle — wenn auch nur ein recht schwache. Es trägt beispielsweise der uns so ungeheur groß erscheinende Druck im Inneren der Erde immerhin knapp 1 Mikrogramm zum Gewicht jedes 100 kg schweren Menschens bei.
     
    Vorsicht aber: Man darf die mechanische Kraft, die vom Druck ausgeht, groß ist und nach außen gerichtet, nicht verwechseln mit der Gravitationskraft, die jener Druck auslöst: Sie nämlich ist nach innen gerichtet und winzig klein.
     
    Note: Normalerweise werden Druck und Energie in verschiedenen Einheiten gemessen. Um den Zusammenhang zwischen beiden zu erkennen, muss man den Druck durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit dividieren, womit er sich dann als Massendichte darstellt.
     
    Nur wenn Druck wirklich sehr groß wird (wie etwa im Inneren kollabierender Sterne), kann die durch ihn erzeugte Gravitation groß werden.
     
    Der Druck skalarer Felder dagegen ist gut vergleichbar mit ihrer Energie.
     
    Warum aber erzeugt jedes skalare Feld Antigravitation (d.h. negative Gravitation) statt Gravitation?
     
    Das liegt am Druck, der bei einem skalaren Feld negativ ist. Negativer Druck ist nichts Exotisches: Er ist Zugspannung (wie sie z.B. auch in einem gedehnten Gummiband vorliegt).
     
    In einem 3-dimensionalen Gummiblock, an dem in jeder Richtung gezogen wird, herrscht negativer Druck, d.h. eine Kraft, die seiner Gravitation entgegen wirkt.
     
    Fazit also: Jedes skalare Feld erzeugt aufgrund seiner Energie Gravitation und aufgrund seines (negativen) Drucks Antigravitation.
     
    Rechnung zeigt, dass jene Antigravitation die Gravitation um den Faktor 3 schlägt, so dass im Endeffekt jedes skalare Feld antigravitativ wirkt.

 


 
Quelle: Paul Davis: Der kosmische Volltreffer, Campus 2008, S. 53-54
 
Ausgaben dieses Buches in englischer Sprache sind
The Cosmic Jackpot. Why our Universe is just right for for life (2007) und The Goldilocks Enigma: Why is the universe just right for life? (2006)


 

 Beitrag 0-476
Antigravitation

 
 

 
Über Antigravitation

und Einsteins kosmologische Konstante



Paul Davies (2006):
 
Einstein war zunächst — wie all seine Zeitgenossen — davon überzeugt, dass kosmischer Raum statisch sei, sich alo weder ausdehnen, noch in sich zusammenziehen würde. Nachdem dann aber Alexander Friedmann (1921) und auch George Lemaitre (um etwa die gleiche Zeit) eine ganze Reihe kosmologischer Modelle — alle Lösungen von Einsteins Gleichungen — fanden, die sich ausdehnende oder sich zusammenziehende Universen beschrieben, hat Einstein das zawr — wenn auch widerwillig — zur Kenntnis genommen und einen Weg gesucht, seine Gleichungen so abzuändern, dass sie wirklich nur ein statisches Universum beschreiben.
 
Ein Blick auf seine Feldgleichung zeigte ihm, dass seine Theorie mit einem zusätzlichen konstanten Tern je nach Wert dieses Terms den Raum als expandierend, statisch oder in sich zusammenschrumpfend beschreiben würde. Diesen Term, so wurde Einsteik klar, konnte man interpretieren als dem leeren Raum innewohnende Energie bzw. als der Gravitation entgegen wirkende Antigravitation (= negative Gravitation bzw. Zugspannung im Raum).
 
Antigravitation — Zugspannung also (= negativer Druck) — hat die ungewöhnliche Eigenschaft, mit zunehmendem Abstand anzuwachsen.
 
Eben das aber hat Einstein sich zunutze gemacht: Er argumentierte, dass diese abstoßende Kraft über die kurzen Entfernungen im Sonnensystem hinweg sehr schwach sein müsse, dort also vernachlässigt werden kann. Gehe es aber um den Abstand zwischen Galaxien, werde die Kraft stärker un zu einem echten Gegengewicht zur Gravitation.
 
Einsteins Feldgleichung gibt keine Hinweis auf die Stärke dieser abstoßenden Kraft, stellt also einen sog. » freien Parameter « seiner Theorie dar. Es konnte also Einstein diesen Parameter so wählen, dass der Raum weder expandieren noch schrumpfen würde. Nicht klar scheint ihm gewesen zu sein, dass diese statische Lösung instabil ist und kleinste Abweichungen von der idealen Materieverteilung das Universum doch wieder — je nach Vorzeichen der Störung — kollabieren oder expandieren lassen.
 
1930 reiste Einstein in die USA und traf dort Hubble, der ihm von seinen Beobachtungen berichtete, nach denen das Universum expandiert.
 
Einstein war sofort klar, welchen Fehler es bedeuten würde, am Modell eines statischen Universums festzuhalten.
 
Mit der Originalversion seiner Gleichung hätte er selbst zum Schluss kommen können, dass das Universum sich entweder ausdehen oder zusammenziehen müsse.
 
Nachdem ihm das bewusst wurde, soll Einstein die Einführung seiner sog. "kosmologischen" Konstante bereut und als » größte Eselei « seines Forscherlebens bezeichnet haben.
 
 
Heute stellt sich die Situation differenzierter dar:
 
Jene Konstante — so ist man heute der Meinung — entspricht im Vakuum enthaltener Energie und muss — der Größe dieser Energie entsprechend — eben doch in Einsteins Gleichung auftreten. Sie hat die Dimension einer Energiedichte.
 


 
Quelle: Paul Davis: Der kosmische Volltreffer, Campus 2008, S. 85-86
 
Ausgaben dieses Buches in englischer Sprache sind
The Cosmic Jackpot. Why our Universe is just right for for life (2007) und The Goldilocks Enigma: Why is the universe just right for life? (2006)


 

 Beitrag 0-Raum
Warum selbst kleinste Raumregionen niemals leer sind

 
 

 
Wie leer und kalt kann Raum werden?

 
 
Schon im 17. Jahrhunder gelang es dem italientischen Physiker Evangelista Toricelli zu beweisen,dass luftleerer Raum hergestellt existieren und sogar hergestellt werden kann. Sein Prinzip hat zur Erfindung der Quecksilber-Barometer geführt.
 
Mit extrem großem Aufwand lassen sich heute nahezu luftleere Räume tatsächlich herstellen: Bis hinunter zu etwa 10-13 Millibar, was einer Dichte von wenigen Hundert Molekülen pro Kubikcentimeter entspricht.
 
An Weltraumbedingungen kommt das aber noch nicht so ganz heran: Selbst kosmischer Raum ist nirgendwo frei von Teilchen — in jedem Kubikmeter findet sich wenigstens ein Wasserstoffatom, und in interstellaren Gaswolken können es schon 10 oder gar 100 sein.
 
 
Aber selbst kleine Raumbereiche ganz ohne Atomkerne und Elektronen sind keineswegs leer: Es gibt dort mindestens noch Neutrinos.
 
Durch jeden Quadratzentimeter der Erdoberfläche schießen in jeder Sekunde rund 66 Milliarden Neutrinos, von der Sonne abgestrahlt. Sie wären selbst durch Lichtjahre dicke Mauern aus Blei nicht aufzuhalten.
 
Abgesehen von ihnen — und vielleicht noch anderer Dunkler Materie — gibt es überall aber mindestens noch Bosonen darstellende Feldanregungen, also Strahlung, z.B. die Wärmestrahlung des kosmischen Hintergrunds, der eine Temeratur von 2,725 ± 0,002 Kelvin hat.

     
    Doch da sich elektromagnetische Wellen abschirmen lassen, sind noch tiefere Temperaturen möglich. So gibt es etwa im von der Erde etwa 5000 Lichtjahre entfernten Bumerang-Nebel einen noch 2 Grad kälteren Ort: Ein Stern dort verliert extrem rasch Gas — die Geschwindigkeit jener Teilchen beträgt bis zu 600.000 km/h, woraus sich ein Kühleffekt ergibt.
     
    Im Low Temperature Lab der TU Helsinki konnten Forscher einen noch kälteren Ort schaffen: Mit Hilfe magnetischer Felder wurden Atomkerne dort fast zum Stillstand bebracht. Die resultierende Temperatur betrug nur noch 10-10 Grad.

 
Selbst in Atomen und Atomkernen gibt es keinen absolut leeren Raum:
     
  • Atomkerne haben einen Durchmesser von grob 10-15 Meter und sind typischerweise 100 000 Mal kleiner als ihre Elektronenwolke: Wäre ein Atom so groß wie ein Fußballfeld, könnte man den Atomkern mit einem Schweißtröpfen im Mittelpunkt des Feldes vergleichen.
     
  • Auch der Kern selbst ist fast nur leerer Raum: Jedes Nukleon besteht aus 3 Quarks, welche — wie auch Elektronen — einen höchstens 10-18 Meter großen Durchmesser haben (noch genauer können die Physiker heute nicht "hinsehen").
     
  • Und denn ist diese scheinbare Leere ausgefüllt mit wabernden Energiefelder, die Bosonen darstellen und Quantenschaum.
     
    Note: Quantenschaum besteht aus extrem kurzlebigen, einzeln aber nicht beobachtbaren Elementarteilchen jeder nur denkbaren Art. Man nennt sie virtuelle Teilchen — eben weil sie einzeln nicht beobachtbar oder manipulierbar sind.

Ein wie kleines Stück Raum sich man auch vorstellt: Es wird nie ganz leer, d.h. ganz frei von Energieträgern sein.
 
Wie der Casimir-Effekt zeigt, ist es jedoch prinzipiell möglich, die Menge dieser schließlich nur noch virtuellen Energieträger kleiner und kleiner zu machen. Sie wird aber dennoch stets unendlich groß sein — dies ergibt sich aus Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation für das Paar Energie und Lebensdauer der einzelnen Teilchen.
 
Wir sehen: Mindestens Quantenschaum existiert überall. Wo er sich verklumpt, entstehen einzeln beobachtbare Elementarteilchen und daraus dann — wenn die Temperatur hinreichend weit absinkt — Atome, Sterne, Galaxien, und ganze Cluster von Galaxien.

 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Hawkings neues Universum (2008), S. 141-151.


 

 Beitrag 0-1
Quantenfluktuation plus Gravitation erzeugt Himmelskörper

 
 


Zitat von Helmut Satz (2013):
 
Wenn in einem Raumschiff, das sich mit einer hohen konstanten Geschwindigkeit v relativ zur Erde bewegt, die Lichtgeschwindigkeit c die gleiche ist, wie in einem irdischen Labor, dann muss aus unserer Sicht das Längenmaß des Raumschiffes kürzer sein als unseres oder deren Uhr muss langsamer sein als unsere oder beides.

In der Tat tritt beides auf. Ein festes Maß d0. ein Standardmeter, hat den gleichen Wert für uns hier wie für die Passagiere des Raumschiffs.

Aber von uns aus gemessen erscheint deren Standardmeter d0 auf eine Länge d geschrumpft

d  =  d0 • ( 1 – (v/c)2 )1/2


Und ein festes Zeitintervall t0 erscheint, von der Erde ais gesehen, länger geworden zu sein, den Wert

t  =  t0 • ( 1 – (v/c)2 )–1/2

zu haben.
 


Fast noch deutlicher wird Grtgrt bestätigt durch Bojowald:

Zitat von Martin Bojowald (2008):
 
Wenn wir uns beim Betrachten einer Situation schneller bewegen als ein zweiter Beobachter, so erscheinen uns räumliche und zeitliche Abstände in den beobachteten Ereignissen anders als diesem.

Wie ein Wechsel des Sichtwinkels die räumlichen Ausdehnungen ineinander überführt, so wandelt ein Ändern der Geschwindigkeit beim Beobachten räumliche in zeitliche Abstände um und umgekehrt.

Aus diesem Grunde ist die Unterscheidung zwischen räumlicher und zeitlicher Ausdehnung vom Standpunkt (oder genauer von der "Standbahn", wenn wir uns wirklich bewegen) abhängig und hat keine physikalische Basis unabhängig von Beobachtern. Anstatt Raum und Zeit zu trennen, gibt es nur ein einziges gemeinsames Objekt: die Raumzeit.
 



Quelle: Seite 24 des Buches Zurück vor den Urknall von Martin Bojowald (Fischer Taschenbuchverlag, 3. Auflage 2012)

Martin Bojowald lehrt Theoretische Physik an der Penn State University, USA.


 

 Beitrag 0-90
Der Inflationstheorie nach könnte unser Universum Teil einer Quantenfluktuation sein

 
 

 
Ist unser Universum eine Quantenfluktuation?

 
 
Man hält es heute nicht mehr für so ganz abwegig, dass unsere Universum eine jener Vakuumfluktuationen sein könnte, die es zulassen, dass Anhäufungen von Teilchen aus dem Nichts hervorbrechen, eine Weile existieren und sich dann wieder — wie der verglühende Funke eines Feuerwerks — in Nichts auflösen.
 
Diese Idee geht zurück bis auf Ludwig Boltzmann, den Begründer der modernen Thermodynamik. Sein Argument:
 
Das das Universum sich im thermodynamischen Gleichgewicht befinden müsste, es aber offensichtlich nicht ist, könnte sein gegenwärtiger Zustand das Ergebnis einer zeitweiligen Abweichung vom Gleichgewicht sein. Nach den Gesetzen der Statistik wäre sie zulässig, vorausgesetzt das Gleichgweicht ist im Mittel langfristig erhalten.
 
Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in der Größenordnung des Universums zu einer solchen Fluktuation kommt, extrem gering, aber falls der Kosmos seit unendlicher Zeit existierte, wäre es praktisch sicher, dass es schließlich auch zu so einem Ereignis kommt, und da nur eine derart extreme Abweichung vom Gleichgewicht Leben zulässt, wäre ist nicht erstaunlich, dass gerade wir uns darin vorfinden (in anderen Zuständen könnte es uns so einfach gar nicht geben (anthropischen Prinzip)).
 
 
Boltzmann fand mit diesen seinen Vorstellungen keinen Anklang (ja damals nicht mal mit denen zur Thermodynamik allgemein).
 
1971 aber kam JohnGribbin (in Nature, Bd. 232, S. 440) auf diese Idee zurück, indem er sich ausmalte, wie das Universum — durch eine extrem mächtige Quantenfluktuation geboren — sich zunächst ausdehnen und dann wieder in sich zusammenstürzen könnte.
 
Zwei Jahre später nahm Edward Tryon (City University, New York, 1973) den Gedanken auf und entwickelte ihn weiter (in Nature, Bd. 246, S 396). Er legte dar, dass das Universum — falls seine Energiebilanz Null ist — gemäß Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation
 
 
ΔE Δt  >  h/2π

 
tatsächlich auch als Quantenfluktuation praktisch beliebig lange existieren kann. Er schrieb (Zitat): Ich behaupte nicht, dass Welten wie die unsere häufig vorkommen, sondern nur, dass die zu erwartende Häufigkeit nicht Null ist. Aus der Logik der Sache ergibt sich jedoch, dass Beobachter sich stets in Welten befinden, die imstande sind, Leben hervorzubringen, und solche Universen sind von imponierender Größe.
 
 
Ein ganzen Jahrzehnt lang blieb die Idee unbeachtet. Schließlich begann man doch, sich ernsthaft mit ihr auseinanderzusetzen. Die Berechnungen aber zeigten — anders als Tryon zunächst erwartet hatt — dass ein als Quantenfluktuation entstandenes Universum winzig klein und ein sehr kurzlebiges Phänomen sein müsse.
 
Dann aber fanden Kosmologen doch eine Möglichkeit, wie dieses so winzige Universum in einer dramatischen Explosion aufgeblüht sein könnte: Unter Berücksichtigung der um 1980 entstanden Inflationstheorie nämlich kann es sich durchaus in weniger als einem Augenblick so vergrößert haben, dass es dem Universum, das wir heute kennen, entspricht.
 
Anzeichen dafür, dass die Inflationstheorie richtig sein könnte, hat man kürzlich gefunden. Zudem sprechen Simulationsergebnisse für ihre Richtigkeit.
 
 
Im übrigen haben die Kosmologen schon vorher nach der » fehlenden Masse « Ausschau gehalten, die dafür sorgen könnte, dass unser Universum ein geschlossenes ist.
 
Was sie besonders gut brauchen könnten, wären Gravitionos mit einer Masse von etwa 1000 eV pro Teilchen: Die nämlich würden nicht nur zu einem geschlossenen Universum führen, sondern wären nach den Gleichungen, die die Ausdehnung des Raumes nach dem Urknall beschreiben, genau das Richtige, um die Bildung von Materie-Ansammlungen von der Größe typischer Galaxienhaufen hervorzurufen.
 
 
In den letzten Jahren ist das Interesse der Kosmologen an der Teilchenphysik noch stärker gewachsen, da nach der neuesten Interpretation der Symmetriebrechung die gebrochene Symmetrie selbst die treibende Kraft gewesen sein könnte, die unsere Raumzeit-Blase in ihren Expansionszustand versetzt hat.
 
    Wir sprechen hier von den ganz frühen Anfängen des Universums, noch bevor es 10-35 sec alt (und wohl mehr als 1028 K heiß) war.
     
    Die durch den Bruch der Symmetrie hervorgerufene Expansion dürfte exponentiell gewesen sein und die Größe jeden Raumvolumens alle 10-35 sec ver­doppelt haben. Das entspricht der Vergrößerung eines Gebietes von der Größe eines Protons in sehr viel weniger als 1 sec auf die Größe des heute beobachtbaren Universums. Innerhalb diesen expandierenden Raumes werden sich dann wohl durch weiteren Phasenübergang ebenfalls Blasen gebildet haben, deren jede der von uns bewohnten Raumzeit entsprechen könnte.

 
Diese Theorie löst eine ganze Reihe kosmischer Rätsel und erklärt nicht zuletzt auch die sehr bemerkenswerte Tatsache, dass unsere Blase der Raumzeit sich in einem Tempo auszudehnen scheint, das gerade an der Grenze zwischen einem geschlossenen und einem offenen Universum liegt: Die Theorie vom sich auf­blähenden Universum  f o r d e r t , dass wegen des Verhältnisses der Masse/Energie-Dichte der Blase und der sie aufblähenden Kraft genau dieses Gleichgwicht erreicht wird.
 
Dieses Bild weist uns eine ganz unbedeutende Rolle im Universum zu, denn ihm zufolge befindet sich alles, was wir im Universum beobachten können, innerhalb einer Blase, die sich wiederum in einer sehr viel größeren, ebenfalls expandierenden findet.
 
Guth hat in seiner ersten Version des sich aufblähenden Universums nicht versucht, zu erklären, woher die erste winzige Blase kam. Es erscheint jedoch als nicht allzu weit hergeholt, sie mit einer Quantenfluktuation gleichzusetzen (so wie Tryon es beschrieben und vor ihm auch schon Boltzmann gedacht hat).

 
 
Quelle: John Gribbin: Auf der Suche nach Schrödingers Katze — Quantenphysik und Wirklichkeit, Piper 2004, S. 288-290.


 

 Beitrag 0-329
Pauldrachs erweiterte Higgs-Theorie (2017)

 
 

 
Adalbert Pauldrachs erweiterte Higgs-Theorie

 
 
Kosmologen ebenso wie Elementarteilchenphysiker beschäftigen immer noch 3 ungelöste Fragen:
     
  • (1)   Woher kommt die in unserem Universum beobachtete Asymmetrie zwischer Materie und Antimaterie?
     
  • (2)   Aus was besteht Dunkle Materie?
     
  • (3)   Wie ist Dunkle Energie zu verstehen?

Einen sehr interessanten Ansatz, wenigstens (1) und (2) zu beantworten — wenn nicht auch einen Teil der Frage (3) — stellt eine erst kürzlich durch A.W.A. Pauldrach skizzierte Theorie dar: Siehe Kapitel 18 seines Buches Das Dunkle Universum (2. Auflage 2017).
 
 
Note: Der Springer-Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass bei Erscheinen des Buches für diese Idee noch keinen Peer-Review-Prozess durchlaufen war.
 
Interessant scheinen mir Pauldrachs Darlegungen dennoch, denn selten hat man als Nicht-Fachmann die Gelegenheit, Fachleute dabei zu beobachten, wie sie eine neu vorgeschlagene Theorie diskutieren, die sich wohl erst Jahrzehnte später als durch fast alle Physiker akzeptiert oder als unhaltbar erwiesen haben wird.
 
 
Hier nun die Grundidee:

     
    Im Gegensatz zum Standardmodell der Elementarteilchenphysik kann Pauldrch sich vorstellen, dass das Antiteilchen des Higgs-Bosons ein vom Higgs-Boson verschiedenes Teilchen ist mit einer noch unbekannten Ladung.
     
    Wenn das richtig sein sollte, kann man nicht ausschließen, dass ihre Kopplung an Materie zahlreiche Higgs-Bosonen daran gehindert hat, sich mit ihren Antiteilchen in Nichts aufzulösen. Eben diese — dann natürlich auch übrig gebliebenen — Anti-Higgs-Teilchen könnte die Teilchen sein, die Dunkle Materie darstellen (eine uns bislang rätselhafte Gravitationsquelle).
     
    Da das Higgs-Boson etwa 125 Mal so energiereich ist wie ein Nukleon, kämen auf 1 Higgs-Boson (ebenso wie auf 1 Anti-Higgs-Teilchen) etwa 25 Teilchen baryonischer Materie.
     
    Diese Teilchen konnten nach Inflationsende — als die gewöhnliche Materie entstand — nicht annihilieren, da ihre Partner als Higgs-Bosonen an die gewöhnliche Materie gebunden waren und so für den Annihilierungsprozess nicht mehr verfügbar waren. Ihrer falschen Ladung wegen konnten sie auch nicht anderweitig vernichtet werden, und so könnte es sehr gut sein, dass ihre mittlere Lebenserwartung deutlich länger ist als eine Hubble-Zeit, sprich: das Alter unseres Universums.
     
    Letztlich wären diese Anti-Higgs-Teilchen dann auch dafür verantwortlich, dass Sterne und ganze Galaxien entstehen konnten.

 
Fußnoten:
     
  • Higgs-Bosonen werden primär aus Fluktuationen der Quanten des Higgsfeldes gebildet. Sie stellen Anregungszustände des Feldes dar, die mit einem fest vorgegebenen Energiewert verbunden sind.
     
  • Um gewöhlicher Materie Masse zu verleihen, sind stets eine bestimmte Anzahl von Higgs-Bosonen wie mit Handschellen an gewöhnliche Materie gekoppelt. Dies betrifft natürlich — wie bei allen Quantenfluktuationen — nur den Mittelwert der Higgs-Bosonen: Die individuellen Teilchen kommen und gehen entsprechend ihrer Lebensdauer.
     
  • Pauldrach weist explizit darauf hin, dass seine Argumentation auf zwei Annahmen aufbaut, zu denen die Elementarteilchenphysiker noch nicht ja gesagt haben:
       
    • 1. dass Materieteilchen aufgrund ihrer eigenen Higgsladung nur an positive, aber nicht an negative Higgsladungen ankoppeln können, und
       
    • 2. dass an Materieteilchen gekoppelte Higgs-Bosenen — wegen eben dieser Kopplung — nicht zerfallen können (und so nur noch Annihilation mit einen Anti-Higgs sie beseitigen kann).


 

  Beitrag 2030-2
Über den Beginn des Urknalls (Bojowalds Theorie)

 
 
Bravesteufelchen aus 2030-1:
 
Viele schreiben wegen des "Urknalles" aber der Punkt, den es wohl da geben sollte, muss doch irgendwo herkommen und wie kann sich was aus "Nichts" bilden, es ist kein Raum, es hat keine Materie, keine Moleküle, was is es dann Nichts. Ich komm nicht weiter, alles muss sich doch irgendwie bilden, oder?
 


Eine in den Jahren 2002 bis 2007 von Martin Bojowald auf Basis von Loop Quantum Gravity entwickelte Theorie — Quanten-Kosmologie — verspricht, uns ein viel genaueres Bild vom Urknall zu verschaffen:

Nach dieser Theorie hat schon lange vor dem Urknall "eine Art Spiegelbild" unseres Universums existiert, welches dann immer mehr zusammengeschrumpft ist bis hin auf einen Durchmesser von nur noch etwa 0.36 Planck-Längen. Ab da, so sagt die neue Theorie, habe es begonnen, sich neu auszudehnen (so dass jener Zeitpunkt — wenn man ihn so nennen will — das wäre, was wir bisher als den Beginn des Urknalls gesehen haben: die Geburt von Raum und Zeit im Sinne der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Was hier mit "eine Art Spiegelbild" gemeint ist, war ein Universum, dessen physikalische Gesetze sich als Spiegelbild der heute durch uns beobachtbaren physikalischen Gesetze darstellen (so z.B. in dem Sinne, dass die Zeit vor dem Urknall in umgekehrter Richtung verlief).

Ausführlicher wird all das dargestellt auf den ersten 4 Seiten von The inverted Big Bang (2004).


Siehe auch: Quanten-Kosmologie behebt Sigularitäten Allgemeiner Relativitätstheorie.

 

  Beitrag 1209-40
-

 
 
Haronimo in 1209-39:
... habe ich das gefunden:

" Vor einigen Jahren fand Martin Bojowald, ein ehemaliger Forscher des Albert-Einstein-Instituts im Rahmen einer vereinfachten Version der Schleifen-Quantengravitation Hinweise darauf, dass sich Zeit und Raum eventuell durch den Urknall hindurch zurückverfolgen lassen. "

Was meinst du dazu?


Hallo Haronimo:

Bojowalds Buch werde ich erst noch lesen müssen — bis dahin kenne ich seine Theorie nur aus einem 2-seitigen Papier, das ich noch nicht mal wiederfinde, aus dem ich aber den Eindruck mitnahm, dass es sich dabei um eine kleine Verfeinerung von Einstein Gleichungen der ART handelt, die sich ergab als Bojowald — so etwa 2002 — mit Einsteins Gleichungen herumgespielt hat.

Bojowalds Ergebnis scheint ein wichtiger Beitrag im Bemühen, eine Theorie der Quantengravitation zu schaffen.
Er scheint dabei eng mit Ashtekar zusammengearbeitet zu haben (beide forschen und lehren an der Penn University).

Sollte ich jemals mehr dazu erfahren, werde ich nicht vergessen, das hier im Forum kund zu tun.

Beste Grüße,
grtgrt


PS: Siehe auch meinen Beitrag 2030-2 und eine Notiz aus 2005, die sagt: » Freed from the singularity, Bojowald can now look back to a time "before" the Big Bang. He finds an inverted universe on the other side — a mirror-image of ours — expanding outwards as time runs backwards. «

Bojowalds eigene Zusammenfassung seiner Theorie (Update 2008) ist mir zu mathematisch — ich verstehe praktisch nichts davon.

 

  Beitrag 1057-71
Wie das Universum anschwillt (und eben nicht explodiert)

 
Grtgrt aus 1057-69:
Man stelle sich einen Film vor, in dem sich zwei Objekte aufeinander zu bewegen. Wenn wir jetzt den Abstand zwischen dem Projektor und der Bildleinwand zunehmend schneller vergrößern, wird das Bild immer schnell immer größer und deswegen irgendwann (auf der Leinwand wenigstens) auch der Abstand der aufeinander zufliegenden Objekte immer größer — und das, obgleich sie weiter aufeinander zufliegen.

Der Raum, den unser Universum aufspannt, ist vergleichbar mit jener Leinwand.

 

Hallo Grtgrt,
das mit dem Verschieben vom Projekter hinkt aber noch mehr als das mit dem aufblasen vom Ballon. Das ist ja nur eine Änderung des Blickwinkels. Dabei könnten die Galaxien sogar relativ zu einander völlig still stehen. Wenn ich meinen Blick ihrer Mitte annährer (ob durch eigene Bewegung oder Bewegung des Bildes per Projektor) wirkt es nur so, als ob die Galaxien auseinander driften bis sie aus meinem Blickfeld verschwinden. Und dabei wirken die Galaxien auch optisch größer werdend und nicht wie bei der Ausdehnung vom Universum kleiner.
LG Peterchen


Hallo okotombrok,

danke für die doch sehr ausführliche Antwort, auf meinen eigentlich nicht so total ernsten Text. *zwinker*


Okotombrok aus 1057-70:
Nun ist beim Ballonmodell nur die Oberfläche zu betrachten, das Innere und Äußere denke man sich weg (zwar kann das Modell erweitert und das Innere, den wachsenden Radius, als das Vergehen der Zeit betrachtet werden, aber das lasse ich für meine Betrachtungen 'mal außen vor). Nun kann man am Modell zwei Sachverhalte erkennen:
1.) es gibt keinen Rand
2.) es gibt keinen Mittelpunkt

Und drittens könnte man, bei einer derartigen Gestaltung, ausgesendete Signale die um den Ballon herum wandern, selber wieder empfangen. Zumindest wenn man lange genug leben könnte und die mit Lichtgeschwindigkeit beweglichen Signale jemals ein Objekt das sich selbst mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt umrunden können ;-)

Okotombrok aus 1057-70:
Kein Punkt einer Kugeloberfläche ist gegenüber einem anderen ausgezeichnet, und nur Oberfläche wollen wir betrachten.

Na ja, ich würde die Stelle wo man den Ballon aufpusten kann schon als eine Besondere sehen und durchaus als das Zentrum der Ballon-Ausdehnung *lächel* (Bitte nicht zu ernst nehmen ;-))

Was ich damit schon sagen möchte ist, dass dies ja nur ein Model ist und das mir diese Gewissheit von keinem Rand und keinem Zentrum eigentlich nicht so gewiss ist. Natürlich liegt das auch daran, dass man es sich einfach sehr schwer vorstellen kann.

Okotombrok aus 1057-70:
Natürlich hast du recht, dass sich auf kleineren Skalen oder lokal betrachtet Galaxien durch Gravitation aufeinander zubewegen (oder besser aufeinander zufallen, schließlich besitzen sie keinen Raketenantrieb um zu beschleunigen). Das tut aber der Expansionstheorie keinen Abbruch.

Ja das stimmt schon, man könnte sagen, durch die globale räumliche Ausdehnung, entfernen sich alle Galaxien tendenziell von einander und dies wirkt auch lokalen Gravitationsannäherungen zumindest entgegen.
Aber es hebt sie nicht überall auf, schließlich kollidieren Galaxien ineinander und bilden gemeinsame kugelförmige Galaxien. Wenn das Ballon-Model erklärt wird kommt jedoch immer eine knappe Aussage das sich alle Galaxien von einander entfernen und das stimmt so absolut gesehen nicht wie es die Aussage suggeriert.

Okotombrok aus 1057-70:
Auf größeren Skalen oder global betrachtet driften die Galaxien auseinander. Das kann und wird, egal in welche Richtung wir schauen, auch in der Natur beobacht, durch eine Rotverschiebung, die nach Abzug der gravitativen Rotverschiebung übrig bleibt.

Ja ok, je weiter weg, um so mehr Rotverschiebung, was die globale Ausdehnung beweist und wodurch nun auch eine stetige Geschwindigkeitszunahme angeommen wird. Aber bei der uns nahen Andromedagalaxie ist nun mal eine Blauverschiebung, da sie uns näher kommt. Der große Zusammenstoß wird in etwa 2,5 Milliarden Jahren erwartet. Zum Glück noch lange hin ;-)

Okotombrok aus 1057-70:
Bedenke einmal Folgendes: Die Beobachtung, dass alles sich von der Erde entfernt, lässt doch nach deinen Vorstellungen nur den Schluss zu, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums und der Ort des Urknalls wäre. Das sollte man als halbwegs nüchtern denkender Mensch heutzutage nicht mehr in Betracht ziehen.

Das ist ja wieder nur eine Frage des Blickwinkels. Egal wo man ist, sieht es beim Blick in weit entfernte Galaxien so aus als ob sie sich von einem immer weiter entfernen, im räumlichen oder gravimetrischen Zentrum sähe es so aus (und dort würde es dann sogar stimmen), aber auch außerhalb eines solchen Zentrums sähe das nicht anders aus, denn wir wissen ja inzwischen das sich die Erde doch auch selber drehen tut, obwohl wir davon nichts merken ;-)

Aber man kann dieses Gedankenspiel auch anders aufziehen. *lächel* Vorm Urknall soll unser Universum ja eine Singularität in der Größe eines Sandkorns gewesen sein. So einen kleinen Ort in der Größe eines Sandkorns kann man sich als Mensch ja nun prima als das ursprüngliche Zentrum vorstellen.
Allerdings ist da alle Materie schon drin gewesen, zwar in einer so großen Dichte die man sich wieder ganz schlecht vorstellen kann, aber alles also auch die Materie der Erde war da schon in diesem Sandkornmittelpunkt. Womit wir also schon immer im Mittelpunkt waren. Das hätte Galileo Galilei bei seinem Prozess mal wissen sollen :-) Allerdings trifft das auch auf alles andere im Universum zu womit alles im Zentrum wäre oder auch nix. ;-)

LG Peterchen
Beitrag zuletzt bearbeitet von Peterchen am 12.08.2012 um 20:39 Uhr.

 

  Beitrag 1057-73
Wie das Universum sich vergrößert

 
Zitat von Peterchen:
Hallo Grtgrt,
das mit dem Verschieben vom Projektor hinkt aber noch mehr als das mit dem aufblasen vom Ballon. Das ist ja nur eine Änderung des Blickwinkels.

Hi Peterchen,

du hast meinen Vergleich missverstanden. Er sollte dir sagen, dass die Expansion des Universums einer Skalierung gleichkommt in dem Sinne, dass sie alle Entfernungen darin um denselben Faktor vergrößert.

Eben deswegen gibt es auch kein Zentrum, von dem diese Vergrößerung ausgeht.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-77
Die Ausdehnung hat kein Zentrum!

 
Hallo Grtgrt,

Grtgrt aus 1057-76:
Zitat von Henry:
Und um es zu wiederholen: Falls der Urknall der Beginn von Allem ist, KANN es gar keinen Mittelpunkt geben.

Henry,

kannst Du da bitte genauer werden. Ich nämlich sehe keine wirkliche Begründung für diese Aussage.

Gruß, grtgrt


die Frage war zwar an Henry gerichtet, aber ich denke, ich verstehe ihn in seiner Aussage richtig und seine Ansichten dazu teile ich.

Alles unter der Premisse der Urknall war der Anfang.
Allein die Formulierung, der Urknall habe irgendwann und irgendwo stattgefunden, ist an sich schon falsch.
Irgendwann heißt zu einem bestimmten Zeitpunkt und irgendwo heißt an einem bestimmten Ort im Raum.
Wenn der Urknall als Anfang des Universums gesehen wird, dann ist nicht nur Materie, sondern auch Raum und Zeit erst entstanden.
Es gab kein Vorher und kein Woanders und man kann sich den Urknall nicht als von außen betrachtet denken. So gesehen kann man nun darüber streiten, ob das Universum keinen Mittelpunkt hat oder dieser sich überall befindet, weil das Universum überall entstanden ist. Und wenn das Universum unendlich ist, so muss es das auch schon im Moment des Urknalls gewesen sein.

mfg okotombrok
 

  Beitrag 1057-79
Big Bang ist: ultraschnelle Ausdehnung des Raumes (bzw. der Raumzeit)

 
Hi Okotombrok,

alles, was du sagst, sehe ich ebenso.

Keine dieser Tatsachen aber begründet, was Henry glaubt: Dass nämlich der Urknall (wenn es ihn gab), ausschließt, dass das Universum einen Mittelpunkt hat.

Hätte Henry recht, müsste aus der Annahme, ein aus einem Big Bang entstandenes Universum könne einen Mittelpunkt haben, ein Widerspruch ableitbar sein (wie auch immer man sich diesen Mittelpunkt defniert denkt). Nach diesem Widerspruch frage ich Henry.

Gruß, grtgrt


PS: Ich sehe gerade, dass Henry geantwortet hat. Seine Antwort aber überzeugt mich nicht (ich empfinde sie, als Logiker, nicht schlüssig).

Davon abgesehen sollte man aber doch zur Kenntnis nehmen, dass rein gar nichts für die Existenz eines irgendwie gearteten Mittelpunkts spricht.
 

  Beitrag 1057-75
Darkness at the End of the Universe

 
Zitat von Peterchen:
Wenn es allerdings zutrifft das sich unser Universum mit Lichtgeschwindigkeit ausdehnt und es nichts gibt das sich schneller bewegen kann, dann können wir die Ausdehnung unseres Universums nie ermitteln ....

Hi Peterchen,

man weiß heute: Unser Universum hat sich den meisten Teil der ersten Hälfte seiner Geschichte mit abnehmender Geschwindigkeit ausgedehnt. Dann aber — als es etwa 7 Mrd. Jahre alt war — begann seine Expansionsgeschwindigkeit wieder zuzunehmen. Das ist bis heute so geblieben.

Leider weiß ich nicht, wie groß die Geschwindigkeit ist, mit der unser Universum heute expandiert.

Wichtig ist: Seine Expansionsgeschwindigkeit hat nichts, aber auch gar nichts, mit der Lichtgeschwindigkeit zu tun. Brian Greene schreibt gegen Ende seines Aufsatzes Darkness at the Edge of the Universe explizit:

Although nothing can move through space faster than the speed of light, there’s no limit on how fast space itself can expand.


Die Frage allerdings, ob die Lichtgeschwindiggkeit oder andere Naturkonstanten nicht vielleicht doch irgendwann kurz nach dem Urknall etwas andere Werte hatten als heute, scheint mir noch nicht geklärt.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-83
Denkmodell Salatkopf

 
 
Hi Henry,

Zitat von Henry:
Die Theorie des Urknalls wurde aufgestellt, weil die Beobachtung des Kosmos auf einen Anfang desselben hindeutet, die Daten sind es also, die am Anfang standen und nicht die Theorie . Diese Beobachtungen beinhalten unter anderem, dass es keinen Mittelpunkt des Universums gibt.

Ein Widerspruch würde sich ergeben, weil .... Das aber würde jede Angabe über ein Alter des Kosmos als Ganzes unmöglich machen, die gesamte Kosmologie, die auf dem Urknall aufbaut, wäre nicht mehr haltbar.

Hi Henry,

hier eine Argumentationskette, welche mir mindestens die unterstrichenen Teile deiner Meinung zu widerlegen scheint:

George Smoot (der Vater des COBE Satelliten, Nobelpreisträger) schrieb 2010: "Die wahrscheinlichste Topologie des 3-dimensionalen Raumes ist einfach zusammenhängend wie ... eine komplette Himmelskugel, bei der kein Teil des Volumens fehlt."

Er schreibt weiter: "Die Beobachtung des ersten Lichtes [durch COBE] zeigt, dass die Ausdehnung des Universums unglaublich groß ist, dass es mindestens zwei Drittel unseres Hubble-Horizonts einnimmt, und sehr wahrscheinlich noch viel mehr."

Was Smoot hier unseren Hubble-Horizont nennt ist die Grenze des durch uns beobachtbaren Universums — die Grenze eines kugelförmiger Bereiches um uns herum also, der einen Radius von etwa 13.75 Mrd. Lichtjahren hat.

Es ist inzwischen gängige Meinung aller Astrophysiker, dass unser Universum flach (also unendlich groß) oder fast flach ist (d.h. endlich, aber nur extrem wenig gekrümmt). Genauer: Damit der Raum flach sein kann, müsste seine kritische Dichte Omega exakt 1 sein. Die genauesten bisher vorliegenden Messungen (erst 2010 vom WAMP-Team publiziert) zeigen, dass der wirkliche Wert von Omega mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo zwischen 0.991 und 1.173 liegt.

Es wird deswegen vermutet, dass unser Universum — als ein 3-dimensionaler Raum gesehen — fast flach ist, also endlich, dass aber dennoch keine durch uns denkbare Entfernung mit Gewissheit größer als sein Durchmesser ist.

Noch genauer: Man geht davon aus, dass der Raum lokal (also in vergleichsweise kleinen Teilen) durchaus flach sein kann, dass dies aber keineswegs global (also auf das ganze Universum bezogen) zutreffen muss.

Damit ist die wahrscheinlichste Form unseres Universums (betrachtet als 3-dimensionales Gebilde) wohl die eines mehr oder weniger verbeulten Fußballs, der — das ist nicht auszuschließen — einen Durchmesser haben könnte, der um Größenordnungen größer ist als die Kugel BU, die den vom Menschen im Prinzip beobachtbaren Teil des Universums darstellt.

Berücksichtigt man die Tatsache, dass unser Universum U einen Nebel darstellt, dessen Tröpfen Galaxien sind (ebenso wie jede Galaxie einen Nebel darstellt, dessen Tröpfen Sterne oder Sonnensysteme sind) und geht man jetzt mal davon aus, dass der Durchmesser von U z.B. um einen Faktor 101000 größer ist als der Durchmesser des durch uns maximal beobachtbaren Teils BU von U, so scheint mir nicht ausgeschließbar, dass U nach Form und Wachstumsverhalten einem Salatkopf vergleichbar sein könnte. BU wäre dann — von seiner Größe her — noch deutlich kleiner als ein einziges Atom in einem Blatt dieses Salatkopfes.

Interessant an dieser Perspektive ist, dass, wenn der Salatkopf wächst, er von seiner Wurzel her wächst, man das als Bewohner von BU aber nicht mehr wahrnehmen kann: Wer sich, wie wir Menschen, im Zentrum von BU befindet und über seinen Hubble-Horizont (den Rand von BU) nicht hinauszusehen in der Lage ist, der wird das Anschwellen von BU, das dem Wachsen des Salatblattes geschuldet ist, tatsächlich so sehen und beurteilen, wie wir die Expansion des Alls sehen und beurteilen: als reine Skalierung also.

Dieses Beispiel zeigt: All unsere Beobachtungen, die uns dazu führen, an einen Big Bang zu glauben und dennoch daran, dass das Universum NICHT von einer einzigen Stelle aus wächst (die man dann sein Entstehungszentrum nennen könnte), sondern durch Schwellung, sind durchaus verträglich mit dem Bild eines Gesamtuniversums, welch entstanden, gewachsen sein könnte, und immer noch wachsen könnte wie ein Salatkopf.

Beste Grüße,
grtgrt


PS: Treibt man die Analogie weiter, so könnte man BU vergleichen mit einem atomartigen winzigen Teil einer pflanzlichen Zelle, die ihrerseits Teil eines Blattes des Salatkopfs ist. Sie wächst tatsächlich durch Schwellung (also nicht von einem Zentrum her), der Salatkopf als Ganzes aber wächst von seiner Wurzel her durch Bilden von immer mehr pflanzlicher Zellen.

Könnte ein durch einen Big Bang entstandenes Universum also vergleichbar sein mit einer Pflanze?

Zu versuchen, diese These zu untermauern oder zu widerlegen, könnte spannend sein.
 

  Beitrag 1057-88
Nochmals: Denkmodell Salatkopf

 
 
Hi Henry,

zunächst einmal habe ich einen kleinen Fehler gemacht, indem ich sagte, das Salatkopfmodell widerlege deine Schlußfolgerung. Was ich sagen wollte (und immer noch will) ist:

Ein Beispiel gefunden zu haben, bei dem man nicht ausschließen kann, dass U von einer bestimmten Stelle her wächst (eben so wie ein Salatkopf von seiner Wurzel her wächst) — und ohne dass das aus BU heraus erkennbar wäre — zeigt eine Beweislücke deiner Argumentation. Der Versuch, sie zu beheben, könnte dazu führen, dass das Ergebnis deiner Überlegung sich ins Gegenteil kehrt.

Desweiteren: Den Stand gegenwärtiger Erkenntnis (teilweise in Form von Zitaten) habe ich nicht beschrieben, weil ich denken würde, er sei dir unbekannt — nein: ich habe ihn skizziert als Ausgangspunkt meiner Betrachtung (die ja sonst völlig aus der Luft gegriffen erschiene).

Mit Ausgangspunkt meiner Betrachtung ist die Annahme, dass U tatsächlich in einem Big Bang zur Welt kam. Wie wahrscheinlich das ist, möchte und brauche ich nicht zu diskutieren, da ich ja nur nach einer Situation suche,
  • die man einerseits nach gegenwärtigem Wissensstand nicht ausschließen kann,
  • und die andererseits, wenn sie denn zuträfe, dein Denkergebnis als falsch zeigen würde.

Kurz: In der Diskussion, die wir hier führen, siehst du alles aus den Augen eines Physikers, während ich alles aus den Augen eines Logikers sehe (bescheidener: aus den Augen eine Informatikers).


Nun aber zur Sache selbst. Du sagst:

Zitat von Henry:
In deiner Schlussfolgerung vergisst du eins: Dein Salatkopf hat viele Brüder, nämlich alle anderen Beobachter in welchen Galaxien auch immer. Das heißt, viele Bezugsräume, wenn man so will, die aber letztlich auch nur darauf zurückzuführen sind, dass es keinen universellen Mittelpunkt gibt.

Es ist richtig: Neben dem atomartig kleinen BU irgendwo in einem der Blätter des Salatkopfes gibt es Abermillionen weiterer mit BU vergleichbarer kugelförmiger Teilregionen von U. Sie können sich beliebig überlappen, denn sogar um JEDEN Punkt von U herum kann man sich so eine Kugel denken. Interessant sind natürlich nur jene dieser BU, in deren Mittelpunkt sich tatsächlich ein Beobachter findet. Seine Position in U ist sein Bezugspunkt.


Zitat von Henry:
Es geht nicht darum, was jeder Beobachter von seinem Bezugspunkt her wahrnehmen – messen – kann, sondern was allgemeingültig ausgesagt werden kann.

NEIN, denn Kern meiner Argumentation ist ja gerade, dass wirklich relevant ist, was jener Beobachter wahrnehmen und messen kann (genauer noch: was er NICHT wahrnehmen und daher auch NICHT messen kann).

Ich sage nämlich: Da in meinem Beispiel das betrachtete Universum U um eine Faktor von grob 101000 größer als BU ist, kann der Beobachter aus BU heraus nicht mehr erkennen, dass U von einer Stelle X her wächst, die extrem weit außerhalb seines Horizonts liegt — möglicherweise 101000 Mrd. Lichtjahre von ihm entfernt (!).

Diese besondere Stelle X in U könnte man dann sehr gut als das Zentrum Z( U) von U bezeichnen und als das Loch sehen, aus dem alles kam, was ein Beobachter zu beobachten und zu messen in der Lage ist, sofern es ihm hinreichend nahe kommt.

Gruß, grtgrt


Das U in meinem Sinne ist übringens noch lange nicht der gesamte Kosmos (oder muss es jedenfalls nicht sein). Ich betrachte U einfach nur als ein aus einem Big Bang heraus entstandenes oder entstehendes Universum. Es scheint mir nicht ausschließbar, dass der gesamte Kosmos vergleichbar sein könnte mit einem nie sterbendem Feuerwerk, derart dass jeder einzelne Funken darin einem Big Bang entspricht und ein U ist.

 

  Beitrag 1057-93
Schlauchartige Dimensionen (Rolle-up Dimensions)

 
Zitat von Peterchen:
Mir gefällt im weiteren Verlauf die Aussage, dass wir eigentlich nur den "kleinen" BU Teil beurteilen können und nicht ganz U. ...
Doch irgendwie stellen wir uns damit auch ins Zentrum dessen was wir sehen können, als seien wir doch im Mittelpunkt des Universums und es ist eine Kugel mit einem Radiusvon 13,75 Millarden Lichtjahren um uns herum. *schmunzel*

Hi Peterchen,

stell dir vor, du stehst in einem Flur, der weit hinten am anderen Ende (und nur dort) ein Fenster hat. Ich bin sicher, du würdest niemals auf den Gedanken kommen, den Mittelpunkt des kleinen Teiles der Welt, den jenes Fenster dir sichtbar macht, für den Mittelpunkt der Welt zu halten.

Entsprechend naiv wäre es, den Mittelpunkt von BU für den Mittelpunkt des Universums U zu halten.

Gruß, grtgrt
 

PS: Meine Aussage übrigens, der Radius von BU betrage 13.75 Mrd. Lichtjahre, ist nicht ganz richtig. Er beträgt in Wirklichkeit etwa 42 Mrd. Lichtjahre.
Warum das so ist, erklärt die Redaktion der Zeitschrift SPEKTRUM in Beantwortung des ersten Leserkommentars zum Artikel Multiversum in Beweisnot.
 

  Beitrag 1057-107
Eine Frage

 
H... aus 1057-106:
Guten Tag,

Gegenwärtig glauben wir ja, dass das U. stets weiter expandiert (wegen akt. Materiedichte ~3*10-31g/cm3 < kritische Dichte 10-29g/cm3. Das impliziert auch eine neg. räuml. Krümmung (= Raum erstreckt sich ins Unendliche, es gibt unendlich viele kosmische Objekte). Da ist jedoch noch das Problem mit der "dark matter" ...

Hi H...,

kannst du näher begründen, warum negative Krümmung Unendlichkeit zur Folge haben sollte?

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-109
Beantwortet Wikipedia sie richtig?

 
H... aus 1057-108:
Hi grtgrt,

ich kann es versuchen. Die negative Krümmung bewirkt eine pseudosphärische Form (im 3-dim. so etwas wie ein "Sattel"), im Gegensatz zur sonst flachen oder spärischen. Damit entsteht ein offenes U.. Bildlich gesprochen kann man sich hier auf Geodäten bewegen und nie an den Ausgangspunkt zurückkehren, was zum Beispiel bei pos. Krümmung nicht der Fall ist. Letztlich kann man die Friedmann-Gl. in Ω-Darstellung nutzen, der "Ωq -Term ist dabei der Krümmungsterm,
der positiv ist bei Annahme der Nichtexistenz von dunkler Materie (gemäss aktueller Einsicht).

Ich glaube, vorstellen kann man sich hier nicht viel, und mein Beispiel hinkt natürlich. Denn schliesslich krümmt sich der Raum nicht als Objekt
in irgendeinem anderen Raum, sondern die Krümmung ist inhärent und nicht "von aussen" beobachtbar.

Danke, H...,

bisher habe ich das ebenso gesehen. Mich verwirrt aber, dass in Wikipedia (im Abschnitt: Zusammenhang zwischen Massendichte, lokaler Geometrie und Form) klar und deulich gesagt wird: "Das Gesamtvolumen eines hyperbolischen Universums kann sowohl unendlich als auch endlich sein".

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-111
Einfaches Beispiel eines Raumes mit hyperbolischer Geometrie

 
 
Danke, H...,

dein Beispiel überzeugt mich (ein Universum hyperbolischer Geometrie ist vergleichbar mit der Oberfläche des Rotationskörpers — kann also, wie er, unendlich weit sein).

Damit können wir jetzt zur Frage zurückkehren, wie es passieren könnte, dass ein Urknall in endlicher Zeit (wie wir denken) ein Universum zur Folge haben kann, in dem es Entfernungen gibt, die jede nur denkbare Länge übertreffen.

Gruß,
Gebhard
 

  Beitrag 1057-113
Antwort darauf

 
 
Hi H...,

das ist mir alles durchaus bekannt. Aber meine Frage ist nicht die, ob eine (bestimmte) besonders große Ausdehnung zustandekommen kann, sondern wie es denn sein könnte, dass wirklich zu JEDER noch so großen Zahl X in unserem Universum zwei Punkte A(X) und B(X) existieren, deren Abstand größer als X ist.

Wenn dem so wäre, müsste sich unser Universum wenigstens kurze Zeit mit unendlich großer Geschwindigkeit ausgedehnt haben — was nicht denkbar ist.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-121
Geometrie ist keine Frage der Sicht

 
 
Zitat von Harti:
Hallo H...,
ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass die Beschreibung eines Objektes als hyperbolisch oder sphärisch keine Eigenschaft des Objektes ist, sondern lediglich die Beobachterposition zu dem Objekt festlegt. ...

Hi Harti,

was du da sagst, ist völlig falsch, denn ob eine Fläche hyperbolische, euklidische oder sphärische (elliptische) Geometrie hat, hängt einzig und allein von ihr selbst ab, genauer: davon, ob es darin zu einer Geraden durch einen Punkt außerhalb der Geraden stets mindestens zwei Parallelen gibt, genau eine, bzw. gar keine.

Bitte lese dazu den Abschnitt Grundlagen in Wikipedia.

Zwei Geraden heißen parallel zueinander, wenn sie sich nicht schneiden (was Nicht-Mathemaiker unter Parallelität verstehen, ist die Parallelität im Sinne euklidischer Geometrie).


PS: Welches der 3 möglichen Parallelenaxiome in unserem Universum denn nun wirklich gilt (sprich: welche Geometrie es hat), hängt ab von seiner Materie-Dichte (ganz so wie Henry das in Beitrag 1057-119 erklärt).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-123
Klarstellung zu unvorstellbar großer Geschwindigkeit

 
 
E... aus 1057-115:
Grtgrt aus 1057-113:
(...)
Wenn dem so wäre, müsste sich unser Universum wenigstens kurze Zeit mit unendlich großer Geschwindigkeit ausgedehnt haben — was nicht denkbar ist.
(...)
Hallo Grtgrt, sei gegrüßt.

Ungeachtet dessen was Dir denkbar erscheint, versuch es mal hier (als groben Überblick)
http://de.wikipedia.org/wiki/Alan_H._Guth und hier http://de.wikipedia.org/wiki/Inflation_%28Kosmologie%29
Weitere Links stehen mannigfaltig zur Verfügung.

Sei gegrüßt, E...,

aber glaube mir: Selbst die Verfechter der Inflationstheorie behaupten nirgendwo, dass sich das Universum — wann auch immer und über wie kurze Zeit auch immer — mit unendlich großer Geschwindigkeit ausgedeht hätte.

Der Grund hierfür: Es gibt einfach keine unendlich große Geschwindigkeiten.

Genauer: Es gibt sie nur in der Umgangssprache (als wenig genaues Synonym zum Begriff unvorstellbar großer Geschwindigkeit). Aber selbst eine unvorstellbar große Geschwindigkeit ist eine endlich große Geschwindigkeit.

Wo in der Physik eine Größe gegen Unendlich (oder gar nicht) zu konvergieren scheint, bedeutet das einfach nur, dass unser Modell an dieser Stelle versagt und durch ein genaueres ersetzt werden müsste. Es zu finden, ist das große Problem.

Interessant ist übrigens, dass die Stringtheorie Modelle kennt, die in dem Sinne zueinander dual sind, dass sie
  • einerseits identische physikalische Gesetzmäßigkeit darstellen,
  • andererseits aber so zueinander "isomorph" sind, dass, was im einen Modell seiner Größe nach gegen Null geht im anderen seiner Größe nach gegen Unendlich geht.
Mir legt das den Verdacht nahe, dass die Natur die Begriffe unvorstellbar klein und unvorstellbar groß irgendwie als gleichwertig betrachtet.

Wie Heisenbergs Unschärferelation uns zeigt, macht es keinen Sinn, beliebig kleine physikalische Objekte zu erwarten (die Planck-Skala scheint eine untere Grenze für ihre Größe darzustellen). Manchmal frage ich mich, ob es nicht dual dazu auch eine obere Grenze für die Größe physikalischer Objekte geben könnte.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1057-125
Endlich, aber doch ohne Grenzen

 
Wie ich sehe, bist du meiner Meinung:

Unser Universum kann nicht unendlich weite Ausdehnung haben (auch wenn es grenzenlos sein sollte).

 

  Beitrag 1057-142
Eine treffende Feststellung — sollte man sich merken

 
Harti aus 1057-136:
Grtgrt aus 1057-123:
Mir legt das den Verdacht nahe, dass die Natur die Begriffe unvorstellbar klein und unvorstellbar groß irgendwie als gleichwertig betrachtet.

Hallo Grtgrt,

ich bin der Meinung, dass der Gegensatz klein-groß eine Folge unserer Methode zur Erfassung der Natur ist und keine Eigenschaft von Objekten.

Hi Harti,

das finde ich sehr treffend - muss ich mir merken.

Danke, grtgrt
 

  Beitrag 1057-149
Hat auch die Zeit ein sie erzeugendes "Higgs"-Teilchen?

 
 
Hi Thanninger,
  • Wenn ich Higgs richtig verstehe, glaubt er, dass Elementarteilchen gewisser Art irgendwie dadurch gebremst werden, dass sie sich ständig durch ein Meer sog. Higgs-Teilchen bewegen (und das eine Art Reibung versursacht, wodurch dann ihre Geschwindigkeit reduziert wird und sie somit etwas bekommen, das wir als ihre Ruhemasse deuten).
    Was ich dabei nicht verstehe: Auch das Higgs-Teilchen selbst hat Masse — man könnte also auf die Idee kommen, dass die Teilchen sich gegenseitig Masse geben.
    Frage an die Physiker also: Worin genau unterscheidet sich das Higgs-Teilchen — seiner Qualität nach — von anderen Teilchen, die ähnlich große Ruhemasse haben?
  • Was auch immer Teilchen gewisser Art verlangsamt, wenn sie sich durch den 3-dimensionalen Raum bewegen (das Higgsfeld etwa?), könnte mit dafür verantwortlich sein, dass auch die Zeit einem Teilchen (oder Objekt) umso langsamer vergeht, je mehr es sich durch den 3-dimensionalen Raum bewegt. Auf jeden Fall wäre das konform zu meiner Theorie, die ja sagt, dass die Zeit genau dort voranschreitet, wo Teilchen zusammenstoßen (also aufgehalten werden).
  • Wenn dem so wäre, könnte man die Zeit, die einem Objekt vergeht, interpretieren als analog zur Abnutzung, die es erfährt, allein dadurch, dass es mit anderen interagiert. Und tatsächlich: Auch das Altern eines Lebewesens ist ja nichts anderes als ein Abnutzungsprozess, der etwas verbraucht, was nicht wieder-erlangbar ist: Zukunft des Lebewesens.
  • Natürlich ist das bisher nicht mehr als eine Frage — es würde mich aber interessieren, ob ihr schon mal jemand nachgegangen ist.

Gruß, grtgrt

PS: Wie schon Okotombrok würde auch ich es vorziehen, wenn wir Fragen zum Wesen der Zeit in einem eigenen Thread unterbringen würden. Warum eröffnest du nicht einfach ein Thema Fragen zum Wesen der Zeit ?
 

  Beitrag 1057-156
Weitere Klarstellungen

 
Henry aus 1057-151:
...Es gibt tatsächlich zwei Vorstellungen darüber, was man mit "Urknall" meint. Die erste meint die urplötzlich auftauchende Expansion, die auch heute noch zu beobachten ist (dann wäre der Urknall noch gar nicht beendet), und die zweite meint den plötzlichen Ausbruch, der zur Expansion führte. Ich bevorzuge den zweiten Ansatz.
Ich eher den ersten, aber modifiziert. Der Urknall ist der Zeitpunkt des Expansionsbeginns. Über die Ursache können wir nur spekulieren. Die Expansion hält weiter an und beschleunigt sich, wie letztes Jahr die Nobelpreisträger nachwiesen.

Zitat:
Ich habe überhaupt nicht behauptet, dass Expansion und Explosion dasselbe wären,
Hmm, dann habe ich das hier falsch interpretiert:
Henry aus 1057-145:
Laut Theorie war es ein spontanes, äußerst heftiges Ereignis. Ich denke, man kann so etwas mit Fug und Recht als Explosion bezeichnen;...

...wenn sich etwas innerhalb einer Sekunde um 300000 km ausdehnt, was also in etwa der Entfernung Erde- Mond entspricht – ja, wenn DAS keine Explosion ist, dann muss dieser Begriff wohl neu definiert werden.
Du bestehst darin hartnäckig auf dem Begriff Explosion.

Zitat:
Wie wäre es denn mit explosionsartiger Expansion?
Jetzt sind wir uns einig.

Zitat:
Was mir mit dem Beginn des Kosmos vorliegen haben, ist eine plötzliche, durch starke Kräfte verursachte Ausdehnung.
Warst du dabei? :smiley32: Wir sehen, daß bei einer gleichmäßigen Ausdehnungsgeschwindigkeit, die Summierung vieler Teilgeschwindigkeiten dazu führt, daß sich in derselben Zeit weit entfernte Bereiche schnelller voneinander entfernen, als nahe beieinander liegende Bereiche.

Zitat:
Was hat die gleich bleibende Größe der Trümmerstücke mit der Expansion des Kosmos zu tun? Die Expansion des Kosmos ist eine Expansion der Raumzeit, die hat überhaupt keine "Trümmerstücke".
Ebend!
Ich schrieb:
Bei einer Explosion bleiben die Trümmerstücke gleich groß.
Bei der Expansion des Alls wachsen alle Teilbereiche gleich schnell an.

Das ist der Unterschied zwischen beiden Vorgängen; so wie ich auch in Beitrag 1057-148 an den anderen Beschreibungspaaren den Unterschied zwischen Expansion und Explosion gegenüberstelle.

Zitat:
Der Kosmos hat nur eine Geschwindigkeit, mit der er sich ausdehnt und keine Teilbereiche,
Das sehe ich anders. Die Ausdehnungsgeschwindigkeit steigt mit jedem Megaparsec Entfernung um 71km/s.
Natürlich ist die kosmische Expansionsgeschwindigkeit überall gleich, aber im Endeffekt wirkt es sich so aus, daß man von jedem Punkt des Universums ein anderes Bild erhält. Der Dopplereffekt des Schalls führt auch dazu, daß wir bewegte Sirenen eines Fahrzeugs anders hören, obwohl der ausgesandte Ton stets gleich bleibt. Ein stehender-, ein sich entfernender- und ein auf die Sirene zukommender Autofahrer hat von ein und demselben Ausgangston einen anderen Höreindruck.

Zitat:
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Trümmerteilchen hängt in einem kräftefreien Raum einzig von der Energie ab, mit sie jeweils beschleunigt wurden. Und die ist überhaupt nicht für jedes Teilchen dieselbe,
Ich behauptete ja auch nicht, daß sie für jedes Teilchen dieselbe ist. Ich schrieb:
Bei einer Explosion im kräftefreien Raum bleibt die Geschwindigkeit der Trümmerstücke gleich.
Jedes Explosions-Teilchen behält seine individuelle Geschwindigkeit bei, wenn keine Kräfte auf es wirken. Jeder Teilbereich des expandierenden Universums beschleunigt aber im laufe der Zeit, im Bezug zum Standort eines Beobachters. Das hatte ich ja eben gerade beschrieben.

Zitat:
...und es muss auch jeder Teilbereich dieselbe Geschwindigkeit haben, weil der Kosmos als Gesamtheit in einem winzigen Bereich entstand,
Muss er das?
Und ich erinnere mich an Deinen Satz: "...Der Kosmos hat nur eine Geschwindigkeit, mit der er sich ausdehnt und keine Teilbereiche...". Nun hat er also doch Teilbereiche?
Schwamm drüber.
Ich las in irgendeiner Ausgabe eines Wissenschaftsmagazins, daß man darüber nachdenkt ob das Universum sich vielleicht doch nicht insgesamt gleichmäßig ausdehnt. Warum sollte es auch? Daß es aus einer Singularität entstand, daran glaubt schon seit Mitte der 1980-er Jahre selbst Stephen Hawking nicht mehr (steht in "Eine kurze Geschichte der Zeit").
Wie ich schon früher beschrieben habe, stelle ich mir vor, daß das Universum schon vor dem Ereignis "Urknall" existierte, und eine sehr hohe Dichte und eine bestimmte Größe hatte. Sagen wir mal einen Radius von mindestens 16 Mrd Lj., so daß wir nicht in der "Mitte" sein müssen-, aber auch nicht die "Begrenzung" erkennen können. Das Universum war damals "anders" als heute. Irgendwann geschah eine Veränderung dieses Zustandes und es begann zu expandieren. Die gleichförmige Hintergrundstrahlung ergibt sich dabei nicht aus der Kleinheit am Anfang, sondern aus der überall gleich hohen Dichte. Wenn ich vor mir 2 Flaschen mit Mineralwasser stehen habe, die kurz hintereinander in derselben Anlage abgefüllt wurden, haben sie denselben Innendruck und einen gleichen Inhalt. Wenn ich nun den Verschluß öffne, werden in beiden Flaschen die gleichen Abläufe passieren, ohne daß sie miteinander verbunden sind. Natürlich wird es geringe Abweichungen geben, aber gleiche Ausgangssituationen ergeben auch gleiche Abläufe in den ersten Momenten. Die Chaosforschung zeigt, daß sich nach längerer Zeit natürlich Unterschiede ergeben. Aber wenn das Universum auf seine maximale Dichte zusammengepresst war (nicht auf eine "Singularität"), sollte es auch überall fast gleich expandieren. Fast! Es kann aber eben auch sein, daß die Expansionsgeschwindigkeit in verschiedenen Bereichen der RaumZeit unterschiedlich ist.

Schönen Sonntag noch
Bernhard
 

  Beitrag 52-19
Das Wenige, das wir über die Ausdehnung des vom Urknall geschaffenen Raumes wissen

 
 
Zeitreisender in 52-5:
 
Also das Universum ist nicht unendlich!
Ich meine, dies hat die Wissenschaft bereits geklärt. Die Größe des Durchmessers (unserers) Universums, findest du sogar auf dieser Website.


Nein, die Wissenschaft konnte das bislang noch  n i c h t  klären. Tatsache ist:
  • Unter dem Urknall versteht man das erste Ereignis, von dem wir mit Sicherheit wissen, dass es stattfand.
  • Wir wissen nicht, ob — und wenn ja, in welchem Sinne — ihm andere Ereignisse vorausgingen.
  • Auch die Urknalltheorie lässt völlig offen, ob unser Universum in  r ä u m l i c h e r  Hinsicht unendlich groß ist.
    Wo man vom endlichen Durchmesser unseres Universums spricht, meint man damit nur den Durchmesser des uns beobachtbaren Teiles eines Raumes, den der Urknall geschaffen zu haben scheint (des sog. Weltalls, das dem entspricht, was Physiker unsere Raumzeit nennen). Wir wissen nicht, ob es darin Entfernungen gibt, die deutlich größer als 46 Mrd. Lichtjahre sind oder gar unendlich große Entfernungen. Betrachtet man den uns sichtbaren Teil des Universums als einen kugelförmigen Bereich um uns herum, so reicht der bis hin zu Orten, an denen es Lichtquellen gab, deren Licht uns gerade noch erreichen kann. Dass die von uns (heute) deutlich weiter entfernt sein können als nur 13.8 Mrd. Lichtjahre, erklärt sehr schön der Physiker MartinB.

 

  Beitrag 52-35
Wie man sich die ständige Aufblähung des Weltraums vorzustellen hat

 
 
Quante in 52-30:
 
Wenn wir in alle Richtungen des Himmels blicken, so wird bei Messungen auf Grund der Rotverschiebung festgestellt, dass sich alle Objekte von uns entfernen. Nun, gut so, erst einmal, erklärt wird es u.a. mit der Expansion des Raumes. Das dumme daran ist nur, Andromeda vollzieht eine genau entgegengesetzte Bewegungsrichtung, sie kommt auf uns zu und wird in ein paar Mrd. Jahren mit unserer Galaxie kollidieren. Was kann also die Ursache dafür sein, daß Andromeda, im Gegensatz zu allen anderen Galaxien, auf uns zukommt, sie müsste doch gefälligst, entsprechend der Expansion des Raumes sich ebenfalls von uns entfernen.

Es gäbe eine ganz einfache logische Erklärung dafür, sie war nicht schon immer Bestandteil unseres Universums und ist als solche, vor langer Zeit, in unser Universum eingedrungen. Damit wäre die Eigenart ihrer Bewegungsrichtung erklärt ohne sich verbiegen zu müssen, bzw. eine unlogische Konsequenz zu erzeugen.


Hi Quante,

es gibt da noch eine viel einfachere Erklärung:

Die überall gleich schnelle Expansion des Raumes bedeutet, dass sich die Entfernung zwischen je zwei Orten im Raum mit ein und derselben Geschwindigkeit vergrößert.
Nun sind die Galaxien im Raum aber Objekte, die sich — analog zu Fahrzeugen auf der Erde —  z w i s c h e n  solchen Orten bewegen.

Wo sich zwei Fahrzeuge (Galaxien) aufeinander zu bewegen, kann der Abstand zwischen ihnen also durchaus ständig kleiner werden, selbst dann, wenn die Entfernung zwischen jenen Orten sich ständig vergrößert (die "Straße", die sie nehmen, sich also dehnt).

Der Abstand der Fahrzeuge voneinander wird genau dann ständig kleiner werden, wenn die Geschwindigkeit v1, mit der die Fahrzeuge sich relativ zur Straße bewegen, größer ist als die Geschwindigkeit v2, mit der die Straße sich verlängert.

Gruß, grtgrt

Noch ein Gleichnis: Vergleicht man den Raum mit der Oberfläche eines Luftballons, der aufgeblasen wird (so dass seine Oberfläche sich ständig vergrößert), würden die Galaxien z.B. Ameisen entsprechen, die auf der Oberfläche des Luftballons herumlaufen. Aus der Tatsache, dass zwei solcher Ameisen aufeinander zulaufen und sich schließlich treffen können, kann ja auch nicht geschlossen werden, dass die Oberfläche des Ballons sich nicht dennoch ständig vergrößert.

 

  Beitrag 2001-1
Entdeckung netzartiger Strukturen im All

 
 

Zur Entdeckung netzartiger Strukturen im All


Warum ich glaube, dass in unserem Universum die Zeit kein Pfeil, sondern vielmehr ein Netz darstellt, hatten wir schon mal diskutiert (siehe Diskussionsergebnisse und Kurzargumentation).

Nun finde ich aber gerade in FOCUS Online einen Bericht — und vor allem auch Fotos —, die zeigen, dass in astronomischer Dimension auch der Raum — oder sollte man sagen: was darin existiert? — netzartige Struktur hat.

Das scheint mir ja nun wirklich bemerkenswert.
  • Wie mag sich dieses Netz ergeben haben?
  • Besteht es wirklich nur aus Materie, oder könnte es sein, dass der Raum neben Schwarzen Löchern auch Strukturen kennt, die eher mit Gräben vergleichbar sind, in denen sich Materie sammelt ähnlich wie sich durch Wiesen fließendes Wasser in Bächen sammelt?

 

  Beitrag 2016-162
Wie schnell expandiert unser Universum heute?

 
 
Rockdee aus 2016-160:
 
Wie schnell expandiert das Universum?


Josef Hoell — vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Abt. Extraterrestik — schrieb(im Mai 2013):

Zitat:
 
Fast alle Galaxien entfernen sich von uns, und ihre Geschwindigkeit wächst linear mit der Entfernung. Nach heutigen Messungen hat die "Hubble-Konstante" — die Proportionalitätskonstante zwischen der Entfernung einer Galaxie und der Geschwindigkeit [ mit der sie sich von uns entfernt
 

  Beitrag 2035-22
Mehr zur Expansion des Universums

 
 
Okotombrok aus 2035-10:
Grtgrt aus 2035-7:
Dass die SRT auf sie nicht anwendbar ist, liegt wohl einfach daran, dass die davon ausgeht, dass sich kein Körper relativ zu einem anderem mit einer Geschwindigkeit höher als c bewegen kann.

Nun: Auch die ART geht davon aus. Warum aber sagen ihre Gleichungen uns dann, dass der Raum sich sehr wohl mit höherer Geschwindigkeit ausdehnen kann?

Hallo Grtgrt,

die ART sagt aus, dass der Raum sich beschleunigt ausdehnt und wir somit höhere Geschwindigkeiten als c ermitteln.
Nicht aber die Sterne bewegen sich mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander fort, und schon gar nicht beschleunigt.


Hi Okotombrok,

wie interpretiertst Du dann Brian Greenes Aussage, dass sich Raum-Regionen mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander wegbewegen können (was in meinen Augen impliziert, dass auch die Entfernung von einem Stern in einer dieser Regionen von einem Stern in einer anderen dieser Regionen entsprechend schnell größer wird)?


Zitat von Greene auf Seite 51 in The Hidden Reality:
 
The speed of light refers solely to the motion of objects through space. But galaxies recede from each other not because they are traveling through space — they do so because space itself is swelling and the galaxies are being dragged along by the overall flow ... Relativity places no limit on how fast space can swell, so there is no limit on how fast galaxies being pushed apart by the swell recede from one another: The rate of recession between any two galaxies can exceed any speed, including the speed of light.

Indeed, the mathematics of general relativity shows that in the universe's earliest moments, space would have swelled so fast that regions would have been propelled apart at greater than light speed.

As a result, they would have been unable to exert any influence on one another.
 


Konkreter noch (siehe den letzten Teil von Greenes Aufsatz » Darkness on the Edge of the Universe «):

Man hat errechnet, dass schon in etwa 100 Mrd. Jahren aus der Milchstraße heraus nur noch Sterne zu sehen sein werden, die in ihr selbst oder ihrer unmittel­baren Umgebung liegen; gemeint ist: in der sog. Lokalen Gruppe — diese Gruppe, bestehend aus nur etwa 30 Galaxien, wird dann eine Welt sein, in der nichts mehr darauf hindeutet, dass es über sie hinaus noch weitere Teile des Universums gibt.


Nur innerhalb der Galaxien expandiert der Raum kaum oder gar nicht:

Zitat von Lisa Randall in: Die Vermessung des Universums, S. 394-395:
 
Beispielsweise sind Atome durch elektromagnetische Kräfte eng aneinander gebunden. Sie werden kein bisschen größer. Dasselbe gilt für relativ dichte, stark aneinander gebundene Strukturen wie Galaxien: Die Kraft, die die Expansion [des Universums antreibt, wirkt zwar auch auf sie, aber weil andere Kraftbeiträge am Werk sind, wachsen die Galaxien nicht selbst mit der Gesamtexpansion des Universums. Sie unterliegen so starken Anziehungskräften, dass sie gleich groß bleiben, während ihre relative Entfernung voneinander größer wird.
 

Gruß,
grtgrt

 

  Beitrag 2031-25
Dunkle Energie

 
 
Kurt aus 2031-24:
 
Henry aus 2031-23:
 
Die Idee der Dunklen Energie ist gar nicht so neu,

Frage: was ist Energie?

Etwas das real existiert, oder nur eine Idee?


Was Dunkle Energie ist, weiß heute niemand (und so darf man auch das Wort "Energie" darin nicht allzu wörtlich nehmen).

Bis auf weiteres bezeichnet "Dunkle Energie" einfach nur den bisher noch unbekannten Mechanismus, der bewirkt, dass es eine der Gravitation entgegenwirkende Kraft gibt, die bewirkt, dass unser Universum expandiert.

 

  Beitrag 2035-25
Wie sich in der Relativitätstheorie Geschwindigkeiten addieren

 
Hallo Struktron,

herzlich wilkommen im Forum.

Struktron aus 2035-21:
Nun entfernen sich die Satelliten so voneinander, dass unsere Signale genau in gegengesetzte Richtung fliegen müssen, um die Satelliten zu erreichen. Bei der Ankunft sind beide wiederum von uns genau 300.000 km entfernt. Die Ankunftsmeldung kommt auch wieder nach einer Sekunde.
Mit welcher Geschwindigkeit haben sich die Wellenfronten voneinander entfernt?

Die Formel zum Addieren relativistischer Geschwindigkeiten lautet:

vr = ( v1 + v2 )/( 1 + (v1v2)/c2 )


wobei vr die resultierende Geschwindigkeit meint und v1 und v2 die zu addierenden Geschwindigkeiten.

Setzt man nun für v1 und v2 c ein, so lautet das Ergebnis c und nicht 2c.

mfg okotombrok
 

  Beitrag 2035-40
Kosmologie kennt zweierlei Arten von Geschwindigkeit und Beschleunigung

 
 
Hi Okotombrok,

nachdem Henry mich so gründlich missverstanden hat, will ich meine Festellung und meine Frage aus Beitrag 2035-31 hier nochmals deutlicher formulieren:


Die Physik unterscheidet — ganz anders als die Mathematik —
  • zwei verschiedene Arten von Beschleunigung und
  • korrespondierend dazu auch zwei verschiedene Arten von Geschwindigkeit.

Deine Aussage in Beitrag 2035-24 verstehe ich so, dass Du sagen wolltest:
  • Beschleunigung, die Trägheitskräfte zu überwinden hat, kann nur zu Geschwindigkeiten v < c führen.
  • Beschleunigung, die durch "dunkle Energie" hervorgerufen wird, erzeugt keine Trägheitskraft und kann zu Geschwindigkeiten führen, die größer als die Lichtgeschwindigkeit sind.

Nun also meine Frage:

Nach allem, was ich weiß, kennt die ART beide Arten von Beschleunigung und Geschwindigkeit. Wie aber unterscheidet sie zwischen ihnen?

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2042-21
Gibt es über unsere Welt hinaus noch weiteren Raum?

 
 
Harti aus 2042-16:
Hallo zusammen,
 
ich habe da mal eine grundsätzliche Frage zum Thema. Wohin dehnt der Raum (der Kosmos) sich denn aus ? Gehört nicht auch das, wohin er sich ausdehnt zum Raum ? Kann ich den Bereich, in den er sich ausdehnt, zunächst anders als Raum bezeichnen und anschließend, wenn der Raum sich dorthin ausgedehnt hat, dann erst als "Raum" ?
 


Hallo Harti,

mal abgesehen von einer zeitlichen Dimension, leben wir in einer Welt, die 3 (räumliche) Dimensionen hat.

Wir können uns zwar fragen, ob es mehr gibt, es könnte aber gut sein, dass diese Frage für uns unentscheidbar ist. Das heißt:
  • Es könnte gut sein, dass der 3-dimensionale Raum, in dem wir leben, in keinen höher dimensionalen eingebettet ist.
  • Es könnte aber ebenso gut sein, dass unser Raum wirklich in einen höher dimensionalen eingebettet ist (ob wir das dann erkennen oder ganz prinzipiell NICHT erkennen können, wäre eine zweite Frage). Nehmen wir mal an, ein Raum, der umfassender ist, aber unseren beinhaltet, habe N > 3 Dimensionen. Es würde sich dann aber sofort die analoge Frage nochmals stellen, die da wäre: Ist jener Raum eingebettet in einen, der mehr als N Dimensionen hat?
  • Wenn man so also jeden uns bewusst werdenden Raum in einen eingebettet sähe, der noch mehr Dimensionen hat, stünde man letztlich vor der Frage: Ist unsere Welt eingebettet in eine, die unendlich viele Dimensionen hat?

Das bedeutet: Es könnte gut sein, dass die Physiker irgendwann wirklich beweisen können, dass es über die 3 uns bekannten Raumdimensionen hinaus noch weitere gibt. Ob das dann aber schon alle sind, werden sie auch dann NICHT entscheiden können: Dass etwas existiert, das sich unserer Wahrnehmung entzieht, kann nie ausgeschlossen werden.


Betrachten wir jetzt umgekehrt ein Wesen,
  • das auf einer Kreislinie lebt
  • und zwar so, dass es denkt, seine Welt habe nur eine einzige Dimension. (Wir nehmen also an, es könne von nichts wissen, was nicht genau auf jener Kreislinie liegt.)

Wir, die wir erkennen können, dass es neben der Kreislinie (im Inneren des Kreises und auch außerhalb des Kreises) noch mehr Raum gibt, könnten jetzt auf den Gedanken kommen, den Radius des Kreises zu vergrößeren. Für jenes Wesen würde das bedeuten, dass der 1-dimensionale Raum, in dem es lebt, expandiert (und dass der Abstand zwischen bestimmten Orten seiner Welt, zunehmend größer wird).

Wenn wir also sehen, dass der 3-dimensionale Raum, in dem wir leben, expandiert, könnte das ganz analog sein: Wir kennen Orte darin — Galaxien — und sehen, dass deren Abstand sich ständig vergrößert. Dennoch können wir  n i c h t  entscheiden, ob es außerhalb unseres Raumes noch anderen Raum gibt.


Mit anderen Worten:

Uns steht — derzeit, und vielleicht sogar für immer — kein Freiheitsgrad zur Verfügung,
der uns aus unserem 3-dimensionalen Raum hinaus führen würde.


Solange uns aber so ein Freiheitsgrad nicht wenigstens gedanklich gegeben ist, können wir nicht wissen, ob es auch außerhalb unseres Universums noch "Raum" gibt.

Gruß, grtgrt


PS: Interessant ist auch: Selbst wenn wir irgendwann erkannt haben würden, dass der Raum, in dem wir leben, eingebettet ist in einen, der unendlich viele Dimensionen hat, stünden wir doch weiter vor der Frage, ob jener Raum nicht wieder eingebettet sein könnte in einen, der noch mehr Dimensionen hat (Mathematiker nämlich wissen: Für jede Kardinalzahl — und sei es eine unendlich große — existieren unendlich viele Kardinalzahlen, die noch weit größer sind).

 

  Beitrag 2042-25
Steven Hawkings 5-dimensionales Universum

 
Grtgrt aus 2042-23:
...mir ist nicht klar, von welchem 5-dimensionalen Modell Du da sprichst. Wo kann man was dazu nachlesen?

Hallo Grtgrt,

Das kann man nachlesen in [1]. Stephen Hawking schreibt dazu auf Seite 175 folgendes:

Zitat:
Legt man die Keine-Grenzen-These zugrunde, so zeigt sich, dass man die Wahrscheinlichkeit der meisten möglichen Geschichten des Universums vernachlässigen kann, dass es aber eine bestimmte Familie von Geschichten gibt, die wahrscheinlicher sind als die anderen. Diese Geschichten kann man sich vorstellen wie die Oberfläche der Erde, wobei der Abstand vom Nordpol der imaginären Zeit entspricht und die Größe eines Kreises mit gleichbleibendem Abstand vom Nordpol die räumliche Ausdehnung des Universums angibt. Das Universum beginnt als ein einziger Punkt am Nordpol. Je weiter man sich südlich bewegt, desto größer werden die Breitenkreise mit gleichbleibendem Abstand zum Nordpol, die der Ausdehnung des Universums mit der imaginären Zeit entsprechen (Abb. 27).

Am Äquator würde das Universum seine maximale Größe erreichen und sich mit fortschreitender imaginärer Zeit am Südpol wieder zu einem einzigen Punkt zusammenziehen. Obwohl die Größe des Universums am Nord- und am Südpol Null wäre, wären diese Punkte keine Singularitäten, genauso wenig wie der Nord- und der Südpol der Erde singulär sind. Die Naturgesetze behalten an ihnen ihre Gültigkeit, wie es am Nordpol und Südpol der Erde der Fall ist.


Die rechts dargestellte Kugel bezeichnet er an anderer Stelle als "Fünfdimensionale Blase". Ich interpretiere die Skizze wie folgt:

1. Die vierdimensionale "Oberfläche" dieser Kugel identifiziere ich als die vierdimensionale Raumzeit, allerdings enthält diese Stephen Hawkings imaginäre Zeit und nicht unsere reelle Zeit, wie wir sie erleben.

2. Die eingezeichneten "Breitenkreise" identifiziere ich als das räumliche 3-D-Universum, hier in der Skizze um zwei Dimensionen vermindert.

3. Die mit der imaginären Zeit fortschreitende Universum-Expansion wird dargestellt als die Bewegung des Breitenkreises über die Kugeloberfläche. Wobei die Punkte "Urknall" und "Großer Kollaps" keine ausgezeichneten Punkte in der imaginären Raumzeit sind. Am "Äquator" dieser Kugel hat das 3-D-Universum seine größte Ausdehnung erreicht. Danach schrumpft es bis zum Großen Kollaps.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1] Hawking, Stephen W.
Eine kurze Geschichte der Zeit.
Die Suche nach der Urkraft des Universums.
Reinbek bei Hamburg 1988
ISBN=3-498-02884-7
 

  Beitrag 2042-31
Was man unter einer Sigularität (eines Raumes) zu verstehen hat

 
 
Bauhof aus 2042-28:
Zitat von Hawking:
 
Obwohl die Größe des Universums am Nord- und am Südpol Null wäre, wären diese Punkte keine Singularitäten, genauso wenig wie der Nord- und der Südpol der Erde singulär sind. Die Naturgesetze behalten an ihnen ihre Gültigkeit, wie es am Nordpol und Südpol der Erde der Fall ist.

Hallo zusammen,

Preisfrage (ohne Preisverleihung):
Warum sind der Nordpol und der Südpol der Erde keine Singularitäten?

M.f.G. Eugen Bauhof


Antwort aus physikalischer Sicht:
  • weil es kein physikalisches Gesetz gibt, das am Nordpol oder am Südpol weniger definiert wäre als an irgend einem anderen Punkt der Erde.

Antwort aus mathematischer (geometrischer) Sicht:
  • weil, wenn X und Y zwei unterschiedliche Punkte einer Kugeloberfläche sind, zu jeder Umgebung von X eine dazu isomorphe Umgebung von Y existiert (und das ganz unabhängig davon, ob einer der beiden Punkte die Rolle "Südpol" oder "Nordpol" spielt).


VORSICHT aber: Letztlich folgt aus beiden Argumenten nur, dass jeder Punkt der Erde genauso viel bzw. genauso wenig singulär ist, wie jeder andere.

Diese Einschränkung wird gegenstandslos, wenn man definiert:

Ein Punkt P eines topologischen Raumes R heißt  s i n g u l ä r , wenn für wenigstens eine topologische Umgebung U von P gilt:
Es existiert ein Konzept K, welches nicht in P, aber überall sonst in U wohldefiniert ist.


 

  Beitrag 2042-33
Nicht jeder singuäre Punkt ist isoliert singulär

 
 
Bauhof aus 2042-32:
Grtgrt aus 2042-31:
 
Ein Punkt P eines topologischen Raumes R heißt  s i n g u l ä r , wenn für wenigstens eine topologische Umgebung U von P gilt: Es existiert ein Konzept K, welches nicht in P, aber überall sonst in U wohldefiniert ist.

Hallo Grtgrt,

diese Definition gefällt mir sehr gut.


Hallo Eugen,

es freut mich, dass Dir meine Definition gefällt. Aber gerade deswegen möchte ich klarstellen, dass sie eigentlich nicht den Begriff » singulär « definiert, sondern den noch schärferen Begriff » isoliert singulär «.

Den Unterschied beider zu erkennen, betrachte man eine 2-dimensionale Ebene, auf der — bezugnehmend auf ein gewisses kartesisches Koordinatensystem — die Funktion  K(x,y) = 1/(x-y)  definiert ist.

Singuäre Punkte dieses Konzeptes K sind sämtliche Punkte der Geraden x = y (so dass keiner dieser singulären Punkte meiner Definition aus Beitrag 2042-31 gehorcht).

Genau genommen also, muss man sagen:


Zitat von grtgrt (nun wirklich genau):
 
Ein Punkt P eines topologischen Raumes R heißt  s i n g u l ä r , wenn es ein Konzept K gibt, welches nicht in P definiert ist, aber doch für jede topologische Umgebung U von P in mindestens einem Punkt aus U.
 


PS: Natürlich ist auch dieser feine Unterschied in der Diskussion zwischen Kletzenbauer und Henry bedeutungslos, denn die beiden haben sich unter sigulären Punkten ja ohnehin isoliert singuläre vorgestellt (an die Möglichkeit, dass auch singuläre Punkte dicht liegen können, haben sie wohl nicht gedacht — weswegen denn auch ich zunächst nicht davon sprach).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2079-10
Ist unser Universum endlich oder gar ein Poincaré-Dodekaeder-Raum?

 
 

Ist unser Universum als Raum

flach und unendlich

oder leicht positiv gekrümmt und endlich ( etwa 3-dimensionale Torus-Oberfläche )

oder gar ein Poincaré-Dodekaeder-Raum?



Bis heute ist nicht geklärt, ob unser Universum von endlicher oder unendlicher Größe ist.

Messung des Satelliten WMAP zeigen uns, dass der Wert Ω seiner kritischen Dichte zwischen 1.00 und 1.02 liegt. Hieraus folgt:


Unser Universum hat entweder flache oder extrem leicht positiv gekrümmte Geometrie.



Nur für den Fall, dass es unendlich groß ist, kann es darin Wellen wirklich  j e d e r  Wellenlänge geben. Wie nun aber die Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung zeigt, scheint das nicht der Fall zu sein — was als Argument dafür gedeutet werden muss, dass unser Universum doch eher endlich ist.

Heute favorisieren dennoch die meisten Wissenschaftler ein flaches unendliches Universum und unterstellen dabei die einfachst mögliche Geometrie.

Andererseits: Das 3-Torus-Modell eines endlichen,  f l a c h e n  Raumes passt noch etwas besser zu den durch WAMP gesammelten Daten als die Annahme, unser Universum sei absolut flach und unendlich groß. Note: Im 3-Torus-Modell entspricht unser Raum der 3-dimensionalen Oberfläche eines Körpers im 4-dimensionalen Raum, der im 3-dimensionalen Raum ein Torus wäre.

Nach den Satelliten COBE und WMAP wird nun PLANCK die Hintergrundstrahlung noch genauer vermessen. Erwartet wird eine noch bessere Entscheidungsgrundlage zur Topologie des Universums: Planck wird den Raum anhand der gemessenen Energiedichte auf weniger als 1 Prozent genau vermessen. Bestätigt sich der bisher favorisierte Wert, dann wäre das Torus-Universum die einzige bisher solide überprüfte Alternative zum unendlich großen Raum.


Quelle: Ist das Universum ein 3-Torus? (2009).

Die Form einer Torus-Oberfläche scheint wahrscheinlicher als die Form der Oberfläche eines unendlich langen Zylinders.

Wie ein Team um Jean-Pierre Luminet nachgerechnet hat, passen die durch WAMP gesammelten Daten auch sehr gut zur Möglichkeit, dass unser Raum endlich ist und seiner Form nach ein Poincaré-Dodekaeder-Raum (Räume diesen Typs sind in wirklich bizarrer Weise in sich abgeschlossen, also endlich und doch grenzenlos). In diesem Fall müsste Ω = 1.013 sein, siehe (1).


Nebenbei: Sollte unser Universum endlich sein, wäre — theoretisch wenigstens — der gesamte Kosmos von überall her sichtbar — das allerdings erst, nachdem das Universum hinreichend alt ist, so dass erstes ausgesandtes Licht Zeit genug hatte, ihn komplett zu durchqueren und so wieder zu seiner Quelle zurückzukehren.


Wichtig fürs Verständnis ist auch:

Wenn oben von Wellen die Rede ist, über deren Analyse man Erkenntnisse zur geometrischen Form unseres Universums zu gewinnen versucht, sind das Dichtewellen (Schallwellen), nicht aber elektromagnetische Wellen. Sie sind erkennbar an Temperaturschwankungen, die ihre Spuren in der kosmischen Hintergrundstrahlung hinterlassen haben. Genauer:

Noch vor der Entkopplungszeit hatten sich in der Dunklen Materie erste, schwach ausgeprägte Massenkonzentrationen gebildet. Das Plasma aus vor allem Protonen und Neutronen folgte diesen Kondensationen, doch dem Wunsch der Baryonen nach Zusammenballung stand der Druck der Photonen gegenüber, der diese Plasmawolken wieder auseinander zu treiben suchte. Im Widerstreit der Kräfte begannen sie zu schwingen — ganz analog zu Schallwellen.

Die größte schwingende Plasmawolke war gerade bis zur Entkopplungszeit einmal von einer Schallwelle durchlaufen worden. Größere Wolken konnten noch keinen Gegendruck aufbauen, sondern zogen sich — der Schwerkraft nachgebend — langsam zusammen. Kleinere Wolken oszillierten mit höherer Frequenz.

All diese Schwingungen waren in Phase, perfekt synchronisiert durch den Urknall. Bei Kontraktion und Verdichtung wurde das Photonengas heißer, bei Verdünnung und Auseinan­derlaufen kühlte es sich ab. Zur  E n t k o p p l u n g s z e i t  verließen die Photonen die Plasmawolken und finden sich so heute mit leicht unterschiedlichen Temperaturen in den Detektoren der Astronomen wieder: Die Temperaturschwankungen zeigen sich als heißere oder kühlere Bereiche im CMB (dem Cosmic Microwave Background).

 

  Beitrag 2079-15
-

 
 
Bauhof in 2079-12:
Grtgrt in 2079-10:
Note: Im 3-Torus-Modell entspricht unser Raum der 3-dimensionalen Oberfläche eines Körpers im 4-dimensionalen Raum, der im 3-dimensionalen Raum ein Torus wäre.

Hallo Grtgrt,

daraus folgt doch, dass z.B. der dreidimensionale Begrenzungsraum einer vierdimensionalen Kugel im dreidimensionalen Raum ein Torus wäre. Das verstehe ich nicht.

M.f.G. Eugen Bauhof


Hallo Eugen,

meine Formulierunmg scheint missverständlich zu sein. Ich hätte wohl besser gesagt:

» ... eines Körpers im 4-dimensionalen Raum, der mathematisches Analogon zu etwas ist,
das man im 3-dimensionalen Raum einen Torus nennen würde. «


Auch ich kann mir einen 4-dimensionalen Torus nicht wirklich vorstellen.

Vielleicht hilft Dir ja mehr als meine die entsprechende Erklärung auf Seite 76 im Dossier 2/10 von Bild der Wissenschaft bzw. Seite 28 Jan 2009. Dort steht:

Zitat:
 
Das Drei-Torus-Modell gilt zwar unter Experten als mathematisch relativ einfach, ist aber unserem rämlichen Vorstellungsvermögen dennoch nur schwer zugänglich.

Deutlicher wird es, wenn wir wieder die Oberfläche eines zweidimensionalen Torus als Analogon zum dreidimensionalen Fall betrachten: Wie bei einem Zylinder können Wellenlängen dort nicht größer sein als die Seitenlänge des entfalteten Torus.

Was der Autor (Georg Wolschin, ein theoretischer Physiker) hier als "zweidimensionalen Torus" bezeichnet, ist ganz klar der 3-dimensionale Torus.

Die Tatsache übrigens, dass der Zylinder, der entsteht, wenn man den Torus durchschneidet wie einen Fahrradschlauch, nicht überall gleiche Länge hat (wie das bei einem Ofenrohr der Fall wäre) ist wichtig und erklärt, warum bei der Analyse der durch den Forschungssatelliten WAMP gelieferten Daten die gefundenen Wellenlängen ab einer bestimmten Größe nicht aprupt, sondern langsam weniger werden. Man kommt so zum Schluss, dass unser Universum, wenn die Daten tatsächlich seine Endlichkeit beweisen, etwa 5 Mal so großen Radius haben müsste wie das durch uns derzeit beobachtbare Universum (demnach etwa 70 Mrd. Lichtjahre).


PS: Vielleicht lohnt es sich, auch Wolschins Buch Facetten der Physik zu lesen (und darin insbesondere die Seiten 3 bis 20).

Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 2080-13
Details zum Urknall wie sie sich aus der Inflationstheorie ergeben

 
 
U... in 2080-6:
 
Energieball? Das wäre eine Möglichkeit, ja. Ich selbst tu mich aber mit der Urknalltheorie etwas schwer.
 


Hallo U...,

wenn ich jemand so was sagen höre, drängt es mich immer, ihn zu fragen, auf welche Variante der Urknalltheorie sich seine Skeptis denn eigentlich bezieht.
Hier mein Kenntnisstand (zuletzt aktualisiert in 2003):


Die heute durch Beobachtunsdaten am wahrscheinlichsten gemachte Variante der Urknalltheorie ist die sog. Inflationstheorie (in der Version, die so etwa 1982 in Teilen von Andrei Linde, in anderen Teilen durch Alexander Vilenkin erarbeitet wurde). In 2003, bezugnehmend auf Daten, die damals der Forschungssatelliten WAMP eben geliefert hatte, schrieb Linde:

Zitat von Linde (2003):
 
WMAP makes a big leap in confirming many of the predictions of inflationary cosmology, and this places the theory on much firmer ground that it was before. ... So far, if you ask me, I do not really know of a class of theories that I would consider as a decent competitor of inflation at the moment.


Früher schon sagte er:

Zitat von Linde (schon 1994):
 
If my colleagues and I are right, we may soon be saying good-bye to the idea that our universe was a single fireball created in the big bang.

We are exploring a new theory based on a 15- year-old notion that the universe went through a stage of inflation. During that time, the theory holds, the cosmos became exponentially large within an in- finitesimal fraction of a second. At the end of this period, the universe continued its evolution according to the big bang model.

As workers refined this inflationary scenario, they uncovered some surprising consequences. One of them constitutes a fundamental change in how the cosmos is seen. Recent versions of inflationary theory assert that instead of being an expanding ball of fire the universe is a huge, growing fractal. It consists of many inflating balls that produce new balls, which in turn produce more balls, ad infinitum.

Cosmologists did not arbitrarily invent this rather peculiar vision of the universe. Several workers, first in Russia and later in the U.S., proposed the inflationary hypothesis that is the basis of its foundation.


Das zur Kenntnis genommen frägt man sich zu Recht:

Wenn die Feuerball-Theorie überholt ist, was versteht man denn dann heute unter der Urknalltheorie?


Nun, diese Frage sehe ich bisher am genauesten beantwortet durch einen Aufsatz » Weltweite Inflation « von John D. Barrow (zu finden auf den Seiten 196 bis 201 seines Buches Einmal Unendlichkeit und zurück (2002)). Auf den Punkt gebracht steht dort Folgendes:

    Die derzeit populärste Theorie ist die Inflationstheorie präzisiert durch Vilenkin und Linde. Sie kann viele uns bekannte Eigenschaften des Universums gut erklären. Nach ihr wurde der Raum entscheidend geprägt durch eine sog. Inflationsphase.
    Die "Zündung" des Urknalls ist ein nur quantenmechanisch begründbarer Prozess, der das Universum aus den Nichts erzeugt (Vilenkin, 1982).
    Nach etwa 10-35 sec begann — so die Theorie — eine Inflationsphase, die spätestens bei 10-30 sec endete und alle Abstände so vergrößert hat, dass aus einer Plancklänge grob der Durchmesser des uns heute beobachtbaren Universums wurde.
     
    In einem derart inflationären Universum aber, so Barrow, gebe es ganz bemerkenswerte Variationsmöglichkeiten:
    Die winzige Blase, die sich inflationär derart aufgebläht hat, könnte nur eine von vielen — vielleicht sogar von unendlich vielen — sein. Jede könnte in unterschiedlicher Weise inflationär ausgedehnt worden sein, vielleicht bis hin zu einem Zustand, in dem sie dann zerplatzt sein könnte oder begann, wieder zu schrumpfen.
    Eine Folge daraus wäre wäre: Der Kosmos könnte aus Bergen von Schaum bestehen, dessen einzelne Blasen Welten mit gravierend verschiedener Physik darstellen. Dichte, Temperatur und Expansionsgeschwindigkeit wären sicher von Blase zu Blase verschieden.
    Wir scheinen in einer Region zu leben, die ihren » genetischen Code « aus einer ganz bestimmten dieser Blasen hat.
    Alle nur denkbaren Kombinationen aus Dichte, Temperatur und Expansionsgeschwindigkeit könnten irgendwo im Kosmos verwirklicht sein, und irgendwo in diesem enlosen Schaum von Blasen könnten Bedingungen herrschen, die Leben (wie wir es uns vorstellen) ermöglichen: Die Abweichungen von einer homogenen Materiedichte müssten dort gerade so beschaffen sein, dass nicht alles vorzeitig in eim Schwarzen Loch endet, sich aber andererseits doch Materieinseln bilden können: Atome, Moleküle, Sterne, Planeten ... eben Staub in der Blase.
    Physiker haben die Möglichkeiten solch » geografischer Komplexität « mit ihren vielen unterschiedlichen Inseln in einem möglicherweise unendlich großen Kosmos untersucht und fanden dabei heraus, dass sich jene aufgeblähten Blasen nach kurzer Inflationsphase in noch weit mehr Eigenschaften unterscheiden können als nur hinsichtlich Dichte und Temperatur: Selbst Kräfte und Naturkonstanten könnten Ergebnis von Zufällen zu Beginn des Abkühlungsprozesses sein. Es könnte Regionen geben, in denen allein nur die Gravitationskraft herrscht, bei uns gibt es zudem noch die elektromagnetische, die schwache und die starke Kernkraft. Vielleicht aber gibt es auch Regionen mit noch anderen Kräften — mit solchen, die in unserer Welt nicht existieren oder nur so schwach sind, dass Physiker sie bisher nicht entdeckt haben.
    Dieses Ergebnis ist bemerkenswert, da wir damit zum ersten Mal bestätigt bekommen, dass die Raumregion, die unser beobachtbares Universum darstellt, keineswegs typisch für den gesamten Kosmos zu sein braucht.
    Die Inflationstheorie hat aber, bald nachdem die eben beschriebene Möglichkeit » geographischer Komplexität « entdeckt wurde, auch entdeckt, dass es eine noch weit dramatischere » historische Komplexität « geben könnte:
    Sobald nämlich eine kleine Blase inflationär zu wachsen beginnt, muss man damit rechnen, dass in ihrem Inneren Voraussetzungen für das Entstehen von in sie geschachtelter ganz ähnlicher Blasen geschaffen werden. Ein solcher Prozess — einmal in Gang gesetzt — kommt nie zu einem Ende. Somit haben inflationäre Blasen die Eigenschaft, ihre eigene Struktur ständig komplexer werden zu lassen.
    Auch das Entstehen von sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitender Vakuumblasen hält man (schon seit 1982) für möglich: siehe (1), (2), (3).


Wir sehen jetzt: Was ich in 2079-1 als » kosmischen Schaum « bezeichne, könnte noch weit komplexere Struktur haben als dort skizziert. Der Inflationstheorie entspre­chend kann solcher "Schaum" sich ja nun auch im Inneren jeder Blase — jeden Universums also — bilden und würde dort zu Singularitäten der Raumzeit führen. Ob sich diese Singularitäten von außen betrachtet wie Schwarze Löcher verhalten würden, scheint noch niemand untersucht zu haben.

Gruß, grtgrt

PS: Man lese auch ein 2008 mit Linde und Valenkin geführtes Interview, in dem sie selbst ihre Weltsicht erklären.

 

  Beitrag 2080-18
Vilenkins Denkfehler

 
 

Vilenkins Denkfehler

( den weder Linde noch Barrow bemerkt haben )



Grtgrt in 2080-13:
 
Man lese auch ein 2008 mit Linde und Valenkin geführtes Interview, in dem sie selbst ihre Weltsicht erklären.


In diesem Interview argumentiert Vilenkin wie folgt:

Zitat von Vilenkin:
 
Ich sollte noch eine andere Konsequenz der Multiversumstheorie erwähnen: Die Unterhaltung, die wir gerade führen, passiert genau so mit den gleichen Leuten unendlich Mal in anderen Universen.

Der Grund ist sehr einfach: Das Multiversum ist unendlich, und es gibt eine unendliche Anzahl von Regionen, die durch die ewige Inflation entstehen. Auf der anderen Seite gibt es in einer begrenzten Region und in endlicher Zeitspanne aber nur eine endliche Zahl von möglichen Dingen, die passieren können. Also hat man eine endliche Zahl von Geschichten, die in unendlich vielen Orten spielen. Folglich findet jede mögliche Geschichte auch irgendwo statt. Es gibt Kopien von uns Menschen.
 


Diese Argumentation ist nicht schlüssig: Sie beweist keineswegs, dass es Kopien von uns oder gar unseres ganzen (beobachtbaren) Universums geben  m u s s , denn:

Einerseits ist richtig:
    Wo immer wir uns ein Universum als kugelförmige Region endlichen Durchmessers um einen Beobachter herum, vorstellen, kann es darin nur endlich viele Atome geben und daher auch nur endlich viele Konfigurationen, in denen sie angeordnet sind.
    Geht man davon aus, dass der Kosmos unendlich viele Atome enthält, kann man sich um jedes herum eine solche Kugel mit (ein und demselben) Radius R vorstellen, und wird dann tatsächlich unendlich viele solcher Kugeln haben, aber doch nur endlich viele Konfigurationen, in denen in ihnen enthaltene Atome angeordnet sein können.
    Daraus folgt, dass es in dieser Menge von "Universen" (Kugeln vom Radius R) unendlich viele mit exakt gleicher Konfiguration geben muss.

Andererseits ist ebenso richtig:
    Man kann daraus keineswegs schließen, dass wirklich  j e d e  der Konfigurationen unendlich oft auftritt — es wäre nur  m ö g l i c h, muss aber keineswegs zwingend so sein.
    Vilenkin hat das ganz offensichtlich übersehen.


Wie Vilenkin und Koautor Garriga genau argumentieren lässt sich nachlesen in arXiv. Ihre Arbeit endet mit der Aussage (ii) we argued that the number of distinct histories is finite, which allowed us to conclude that there should be regions with histories identical to ours". Das aber muss als nicht schlüssig zurückgewiesen werden, denn tatsächlich gefolgert könnte nur werden, dass die endliche Zahl der Historien unendlich vieler Welten zwingend zur Folge haben muss, dass mindestens  e i n e  dieser Historien unedlich vielen Welten gemeinsam ist.

Vilenkins vermeintlicher "Beweis" enthält darüber hinaus noch eine andere Überlegung, die nicht nachvollziehbar erscheint (siehe die letzten Bemerkungen in » Der Kosmologen aktuellstes Weltbild «).

Auch im Aufsatz » Is there another you out there in a parallel Universe? Even if the Universe grows to infinity, there might not be enough space to hold all the possibilities « wird Vilenkins Schlussfogerung als falsch erkannt.


 

  Beitrag 190-5
Es gibt Dinge, die schon immer existiert haben: Die Zeit ist erstes Beispiel hierfür

 
 
Weser in 190-4:
Bernhard Kletzenbauer in 190-3:
Was wäre denn, wenn das Universum schon ewig existierte? Es verändert sich zwar ständig, aber es muß nicht zwangsläufig entstanden sein.

Doch, natürlich. Sonst wäre es nicht da... die Frage ist nur, *wie* es entstanden ist.


Dieser Disput zeigt, dass man die beiden Fragen
  • Wie ist das Universum entstanden? und
  • Hat das Universum zeitlich gesehen einen Anfang (oder existiert es schon immer)?

völlig getrennt voneinander zu betrachten hat (denn auch was wirklich schon zu jeder Zeit existiert hat muss ja irgendwie entstanden sein, und die Zeit selbst ist erstes Beispiel dafür, dass es Dinge, die schon immer existiert haben, tatsächlich gibt).

 

 Beitrag 0-497
Über Kernfusion und erste Nukleosynthese

 
 

 
Über Kernfusion

und primordale Nukleosynthese



Helmut Satz (2016):
 
Kernfusion ist der Prozess, in dem sich Protonen und Neutronen zu Atomkernen verbinden.
 
Da Protonen aber positive elektrische Ladung tragen, sich also abstoßen, und die starke Kernkraft, welche sie zusammenhalten kann, nur sehr kurze Reichweite hat, müssen Nukleonen schon mit ganz besonders hoher Geschwindigkeit auf einander prallen, um sich nach dem Zusammenprall nicht sofort wieder zu trennen.
 
Derart hoch beschleunigt warenn sie erstmals im frühen Universum — man spricht von der Zeit der primordalen Nukleosynthese, die es nur geben konnte, da es damals ein kleines Zeitfenster gab, zu dem
     
  • einerseits die Temperatur im Universum noch sehr hoch war,
     
  • und andererseits die Expansion des Raumes langsam genug vor sich ging,

so dass zusammenstoßende Nukleonen auch tatsächlich zusammen blieben (der entstandene Atomkern als nicht sofort wieder durch auf ihn treffende Photonen zerschlagen wurde).
 
Dieses Zeitfenster war groß genug, um zu erlauben, dass sich damals wenigstens einfache Atomkerne bilden konnten: Deuterium (2), Helium (4) und ganz selten auch noch einige größere Kerne wie Lithium (7) und Beryllium (9).
 
Schon bald aber war die Temperatur so stark gesunken, dass der Prozess zum Stillstand kam. Etwa 75 Prozent aller Protonen blieben deswegen freie Teilchen: die zukünftigen Wasserstoffkerne.
 
In Gang gekommen war der Prozess der Nukleosynthese, nachdem die Temperatur des Universums auf 1010 Grad Kelvin gefallen war — auf die Temperatur, bei der Kollision mit Photonen entstehende Kerne kaum noch zerschlagen konnte — etwa 10 Sekunden nach dem Urknall.
 
 
 
Kurz: Kernfusion kann nur stattfinden in einem genügend heißen und genügend dichten Medium.
 
Dies ist der Grund, warum es bis heute nicht gelang, Fusionsreaktoren zu bauen: Man kann die notwendigen Bedingungen bisher immer nur für allzu kurze Zeit herstellen.
 
Nur in der Wasserstoffbombe gelang das bisher, da eine vorausgehende Atombomben-Explosion als Zünder die notwendige Hitze und Dichte erzeugt.
 
Auch im frühen Universum, waren die Bedingungen nur kurze Zeit gegeben — das aber reichte, um wenigstens Helium zu erzeugen. B evor dann aber noch schwerere Kerne entstehen konnten, war die Welt bereits zu sehr ausgedehnt und abgekühlt, als dass die Nukleonen einander noch so nahe kommen konnten, dass die starke Wechselwirkung sie als Gruppe — als Atomkern — zusammen halten konnte. Erst nachdem die Gravitatation Sterne geschaffen und hinreichend stark komprimiert hatte, konnten auch komplexere Atome entstehen.
 
 
 
Festzuhalten bleibt:
 
Kernfusion kann und muss Energie freisetzen. Sie entsteht in Form von Photonen da, wo sich Protonen und Neutronen zu einem Kern verbinden. Seine Masse wird geringer sein als die Summe der Massen seiner Bausteine. Die Bildung eines Kerns ist somit energetisch günstiger als der Fortbestand der Nukleonen in getrennter Form.
 
Dies definiert auch den zeitlichen Beginn der primordalen Nukleosynthese: Sie setzte ein, als die Energie der freien Photonen — die der Raumexpansion wegen ja ständig fällt — nicht mehr ausreichte, neu gebildete Kerne zu zerbrechen.
 


 
Quelle: Helmut Satz: Kosmische Dämmerung (Verlag C.H. Beck, 2016) S. 63-65


 

 Beitrag 0-496
Wie unser Universum geboren wurde und darin Materie und leerer Raum entstanden

 
 

 
Wie unser Universum entstand und in seinen heutigen Zustand kam



Hemlut Satz (2016):
 
Unser Universum — so stellt man sich das heute vor — entstand aus einer vorher schon vorhandenen Urwelt — einem extrem energiereichen. sog. » falschen « Vakuum: Durch eine Fluktuation darin kam es zum Entstehen einer Blase in dieser Urwelt, welche zu unserer Welt werden sollte: einer Blase, in der das falsche Vakuum zusammenbrach in den Normalzustand des physikalischen Vakuums, den wir kennen.
 
Die im Zuge diesen Zusammenbruchs freigesetzte Energie schuf erste Elementarteilchen:
     
  • Neutrinos, Elektronen, Positronen und Photonen,
     
  • vor allem aber ein dichtes Plasma bestehend aus Quarks und Gluonen, in dem die Quarks noch asymptotische Freiheit genossen, da dieses Plasma so dicht war, dass keines der Quarks von anderen weiter entfernt war als etwa 1 Femtometer (dem, was wir heute als Durchmesser oder gar nur Radius eines Neutron kennen). Es gab also noch keinen leeren Raum.

Da der Raum aber von Anfang an expandiert ist, hat jenes Plasma an Dichte verloren, so dass schließlich auch die Quarks ihre asymptotische Freiheit verloren und gezwungen waren, sich feste Partner zu suchen: Sie fanden sich zusammen zu
     
  • entweder zu Dreiergruppen (= Nukleonen)
     
  • oder zu Zweiergruppen (= Mesonen)
     
  • oder zu Paaren von Quarks und Antiquarks, die sich per Annihilation in Strahlung auflösen konnten.

Und so kam es, dass die Quarks und die aus ihnen entstandenen Nukleonen (= Protonen und Neutronen) unter allen vorhandenen Teilchen schließlich nur noch eine winzige Minderheit darstellten. Man nennt diesen Zeitpunkt — etwa 10-5 sec nach dem Urknall — deswegen das Ende der Quark-Ära.
 
Die auf sie folgende Lepton-Ära — in der auch die meisten Elektronen mit Positronen zerstrahlt sind — dauerte bis etwa 10 Sekunden nach dem Urknall.
 
Da es jetzt also vor allem Neutrinos und Photonen gab, war das der Beginn der sog. Strahlungs-Ära.
 
Zu diesem Zeitpunkt kamen auf jedes Nukleon etwa 1 Milliarde Photonen.
 
Dieses Verhältnis hat sich bis heute nur unwesentlich verändert. Und dennoch bildet Strahlung heute nicht mehr — wie damals — den Hauptbestandteil des Universums. Der Grund hierfür: Der Expansion des Raums wegen bekamen alle Photonen zunehmend längere Wellenlänge, was ihre Energie vermindert hat. Die Masse der Nukleonen und anderer Fermionen blieb konstant. Unterm Strich sank die Energiedichte der Photonen immer mehr und fiel schließlich — nach etwa 40000 Jahren — unter die der Nukleonen. Damit war auch die Strahlungsära zu Ende und nun Materie der dominante Inhalt des Universums.
 
Atome konnten sich in großer Menge aber erst etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall bilden. Der Grund hierfür:
 
In der Strahlungsära lag die Temperatur bei etwa 1010 Grad Kelvin, und deswegen konnten die damals noch relativ energiereichen Photonen durch Zusammenstoß mit Protonen und Neutronen verhindern, dass sich Atomkerne bildeten bzw. nennenswert lange bestehen konnten: Entstehende Verbindungen wurde fast sofort wieder zerstört. Das geschah so lange, bis das Universum etwa 10 Sekunden alt war. Erst dann konnte Kernfusion einsetzen, also das Verschmelzen von Nukleonen zu Kernen. Dabei verbanden sich zunächst ein Proton und ein Neutron zu einem Deuterium, und weiter dann zwei Deuterium-Kerne zu einem Helim-Kern, und so fort.
 
 
 
Etwas übersichtlicher dargestellt:

 
Es gab i.W. fünf Übergänge:
     
  • Der erste Übergang war der lokale Absturz der Urwelt aus dem falschen Vakuum in den richtigen Normalzustand. Er ist vergleichbar mit dem Entkommen einer Dampfblase aus erhitztem Wasser. Die hierbei freigesetzte Energie hat etwas geschaffen, das man » Urfermionen « nennen kann: Fermionen, die noch frei in einander umwandelbar waren (da damals noch alle Botenteilchen massefrei waren).
     
    Diesen Zustand des Universums vermutet man als supersymmetrisch.
     
  • Der zweite Übergang — etwa 10-15 sec nach dem Urknall — fand statt am Ende der GUT-Ära, als die Botenteilchen, die eine Umwandlung von Quarks in Leptonen und umgekehrt möglich machten, plötzlich effektive Masse erhielten mit dem Effekt, dass solche Umwandlung nicht mehr möglich war:
     
    Quarks und Leptonen waren von da an bleibend verschiedene Teilchen, da ihre Botenteilchen sich nun wie Wolken stark an sie klammerten (was den Fermionen effektive Masse gab).

     
  • Der dritte Übergang geschah dann im Laufe der Quark-Ära — etwa 10-10 Sekunden nach dem Urknall, bei etwa 1010 Grad Kelvin — als die Botenteilchen, die für die schwache Kernkraft zuständig sind (d.h. für radioaktiven Zerfall) plötzlich so große effektive Masse erhielten, dass diese Kraft extrem schwach und kurzreichweitig wurde.
     
    Gleichzeitig erhielten die bis dahin masselosen Quarks und Leptonen inhärente Masse (die, welche wir heute an ihnen beobachten).
     
  • Erst der vierte Übergang — etwa 10-5 sec nach dem Urknall bei nun etwa 1012 Grad Kelvin — war dann einer ganz anderer Art:
     
    Die Farbladung tragenden Quarks haben sich da zu farbneutralen Hadronen (= Nukleonen und Mesonen) gebunden, die unabhängig von einander existieren können. Dies hatte erstmals das Entstehen materiefreier Raumregionen zur Folge, stellt also den Beginn der Verklumpung von Materie im Universum dar.
     
    Dass sich Quarks auf der Suche nach Partnern aber auch oft mit ihrem Antiquark zusammenfanden, haben sich die meisten von ihnen durch Annihilation in Strahlung aufgelöst. Ähnliches hat kurz darauf auch fast alle Leptonen zerstrahlen lassen: Elektronen mit Positronen.
     
    Dass nicht wirklich alle Fermionen zu Strahlung wurden ist nur dem Umstand zu verdanken, dass es damals einige wenige Quarks mehr als Antiquarks und einige Elektronen mehr als Positronen gab. Diesem Umstand also haben wir unsere Existenz zu verdanken. [ Das Verhältnis von Quarks zu Antiquarks dürfte bei etwa 30 Mio + 1 zu 30 Mio gelegen haben. ]
     
    Note: Der zur Annihilation umgekehrte Vorgang kann nur provoziert werden durch extrem hohe Temperatur — die Temperatur des Universums aber fällt, wenn der Raum sich ausdehnt.
     
  • Durchsichtig wurde das Universum erst 380 000 Jahre nach dem Urknall, als sich alle Ionen zu Atomen gruppiert hatten.

 


 
Quelle: Helmut Satz: Kosmische Dämmerung (Verlag C.H. Beck, 2016) S. 67-100


 

 Beitrag 0-340
Wie sich der Begriff » Unser Universum « definiert

 
 

 
Wie sich » Unser Universum « definiert

 
 
Noch im 20. Jahrhundert verstand man unter dem Universum
     
  • als Physiker oder Astronom das gesamte Weltall,
     
  • als Philosoph aber den gesamten Kosmos (= die philosophische Interpretation des Weltalls und all seiner Inhalte).

 
Inzwischen aber hat der Wortgebrauch sich gewandelt. Heute wird
     
  • das gesamte Weltall als Multiversum bezeichnet,
     
  • und wer weiter vom Universum spricht, meint damit meist einfach nur noch unser Universum ( in dessen Mittelpunkt die Erde sitzt ).

 
Die Grenze unseres Universums — man nennt sie unseren Horizont — ist der Teil der Raumzeit, der von der Erde aus — prinzipiell jedenfalls — einsehbar ist.
     
  • In zeitlicher Hinsicht gesehen, ist damit unser Beobachtungshorizont gemeint. Die kosmische Hintergrundstrahlung zeigt uns, wie er aussieht (er hat also tatächlich ein Aussehen).
     
  • In räumlicher Hinsicht aber ist unser Horizont das, was man unseren Ereignishorizont nennt.

 
Wie sich beide genau unterscheiden, findet sich erklärt in Notiz » Wie sich Beobachtungs- und Ereignishorizont unterscheiden «.
 
 
Lies auch: Warum wir tatsächlich in einem Multiversum leben.
 
Kurz gesagt: Unser Universum ist der durch uns wahrnehmbare Teil des Weltalls (genauer: der Raumzeit). Da sich jedem Objekt im Weltall sein eigenes Universum zuordnet, sprechen Physiker neuerdings vom Multiversum.

 

 Beitrag 0-321
Wie sich Beobachtungs- und Ereignishorizont unterscheiden

 
 

 
Wie sich Beobachtungs- und Ereignishorizont unterscheiden

 
 
Ist A das Alter unseres Universums — d.h. die Zahl der seit dem Urknall vergangenen Jahre — so wird der Radius des durch Menschen einsehbaren Teil des Universums stets A - 380 000 Lichtjahre betragen: Es ist dies die Zeit, welche die kosmische Hintergrundstrahlung benötigt, uns zu erreichen. Sie nämlich stellt sich uns dar wie eine Nebelwand, hinter die wir nicht mehr weiter in die Vergangenheit sehen können.
 
Man nennt diesen Radius unseren Beobachtungshorizont. Er wird nur bestimmt durch das Alter unseres Universums.
 
 
Ganz anders unser Ereignishorizont: Er ist zusätzlich noch davon abhängig, mit welcher Rate der Raum expandiert (oder irgendwann vielleicht auch mal schrumpfen könnte). Dieser Horizont ist gegeben durch alle Punkte im All, die sich von uns mit exakt Lichtgeschwindigkeit entfernen. Das Licht von Galaxien, die jenseits davon liegen, wird unsere Milchstraße — immer unter der Voraussetzung, dass der Raum niemals mehr schrumpfen wird — nie mehr erreichen.
 
 
Insgesamt also gilt:
     
  • Unser Beobachtungshorizont — eine  z e i t l i c h e  Distanz — ist ständig im Wachsen begriffen,
     
  • unser Ereignishorizont aber — eine  r ä u m l i c h e  Distanz — schrumpft, solange der Raum expandiert.
     
    In etwa 100 Milliarden Jahren — so hat Brian Greene errechnet — werden sich innerhalb unseres Ereignishorizonts nur noch Galaxien der sog. Lokalen Gruppe befinden: zwischen 30 und 50 Galaxien, die heute sämlich sehr nahe Nachbarn der Milchstraße sind.

 
Man kann es auch so sagen:
     
  • Unser Beobachtungshorizont quantifiziert die das Alter unseres Universums,
     
  • unser Ereignishorizont aber quantifiziert seine räumliche Ausdehnung und seine Reichhaltigkeit, d.h. die Menge von Objekten, mit denen wir kommunizieren können.

 
Solange unser Ereignishorizont schrumpft, muss man davon ausgehen, dass unsere Welt in einem sog. Big Whimper enden wird, was bedeutet, dass die Materie­konzentration in unserem Universum ständig nur schrumpfen wird bis schließlich sogar alle Schwarzen Löcher verdampft sein werden.
 
Insbesondere wird dann an Materie gebundenes intelligentes Leben in dem Bereich des Kosmos, der heute unser Universum darstellt, NICHT MEHR MÖGLICH sein.
 
 
 
Wie schon in den frühen 1920-er Jahren Alexander Friedmann erkannt hat, bestimmt die Rate, mit der die Expansionsgeschwindigkeit des Raumes sich über die Zeit hinweg verändert, die Geometrie der Raumzeit:
     
  • In Regionen, in denen der Raum zunehmend schneller expandiert — sein Inhalt sich dann also immer mehr verdünnt —, ist die Raumzeit negativ (hyperbolisch) gekrümmt, d.h. Dreiecke haben dort eine Winkelsumme, die kleiner als 180 Grad ist.
     
  • In Regionen aber, in denen die Expansion abflaut — und so das Universum auf einen Big Crunch zusteuert —, ist die Raumzeit positiv (elliptisch) gekrümmt, d.h. Dreiecke haben dort eine Winkelsumme, die größer als 180 Grad ist.

Regionen in diesem Sinne sind sehr viel größer als unser beobachtbares Universum: Sie sind sozusagen eigene Universen. Kein Wunder also, dass uns Menschen die Raumzeit um uns herum als kaum gekrümmt, d.h. als flach erscheint.

 

 Beitrag 0-125
Wie man das Alter von Gestein recht genau bestimmen kann

 
 

 
Das Alter unserer Erde: 4.55 Mrd Jahre

 
 
Die Entdeckung der Radioaktivität und des natürlichen Zerfalls einiger chemischer Isotope brachte uns die Möglichkeit, das Alter von Gestein recht genau zu be­stimmen. Genau beschrieben hat das Verfahren Brent Dalrymples in seinem Buch The Age of the Earth (1994).
 
Es beruht auf unserem Wissen über die Halbwertszeiten, in denen vor allem folgende 3 chemische Elemente zerfallen und sich so in andere stabile Stoffe transformieren:
  • Uran zerfällt zu Blei,
     
  • Kalium wird zu Argon, und
     
  • Strontium verwandelt sich in das seltene Element Rubidium.

Durch Messung der Mengen je eines dieser Paare von Elementen können wir das Alter jeden Gesteins bestimmen.
 
Die Ergebnisse stimmen gut überein und deuten darauf hin, dass unsere Erde 4.55 Mrd. Jahre alt ist (Ungenaugkeit etwa 1%).
 
Die ältesten Steine der heutigen Erdoberfläche werden auf etwa 4 Milliarden Jahre datiert, aber fast 70 Meteoriten und Gestein des Mondes erwiesen sich als noch 500 Millionen Jahre älter.
 
 
 
Quelle: Francis S. Collins: Gott und die Gene (2006), S. 71-72.


 

 Beitrag 0-318
Wie 1924 beweisbar wurde, dass unser Universum aus mehr als nur aus der Milchstraße besteht

 
 

 
Erst 1924 wurde beweisbar, dass

unsere Milchstraße nur kleiner Teil des ganzen Universums ist

 
 
Henrietta Leavitt — geboren 1868 in den USA als Tochter eines Pfarrers — hat als erste vor allem Sterne beobachtet, die mit einer Periode von wenigen Tagen ihre Helligkeit ändern. Man nennt sie Cepheiden, da man dieses Verhalten zunächst am Stern Delta Cephei aufgefallen war.
 
Wie man heute weiß, sind Cepheiden sehr große Sterne, deren Gashülle durch ein Wechselspiel zwischen Gravitation und Aufheizung pulsiert.
 
Leavitt fand in der Kleinen Maellan'schen Wolke 25 solcher Sterne und machte anhand ihrer die wichtige Entdeckung, dass sie umso schwächer leuchten, je schneller sie blinken. Es war als hätte sie die Wattzahl weit entfernter Glühbirnen endeckt.
 
Dank dieser Entdeckung konnte man jetzt aus der Blinkfrequenz und der beobachteten Helligkeit auf den relativen Abstand solcher Sterne von der Erde schließen.
 
Diesen Zollstock zu eichen — so dass man anhand seiner nicht nur relative sondern auch absolute Abstände messen konnte — gelang aber erst Harlow Shapley: Er hat 11 nahegelegene Cepheiden so genau beobachtet, dass es möglich wurde, aus ihrer zu unterschiedlichen Jahreszeiten leicht verschobenen Stellung auf ihren absoluten Abstand von der Erde zu schließen. 1918 verknüpfte er diese Daten mit den Messergebnissen von Henrietta Laevitt und war so zu einem kosmischen Metermaß gelangt.
 
 
Shapley begann den Himmel nach weiteren Cepheiden zu durchforsten mit dem Ziel, so ein 3-dimensionales Abbild der Milchstraße zu erhalten und ihre Ausdehnung bestimmen zu können. Seinen Berechnungen zufolge müsse sie die Form einer gigantischen Diskusscheibe haben: 300 000 Lichtjahre im Durchmesser und 30 000 Lichtjahre dick. Auch das Rätsel der sog. Nebel glaubte er gelöst zu haben: Sie seien höchstens 220 000 Lichtjahre entferne Welteninseln innerhalb der Milchstraße.
 
 
Shapley arbeitete — wie Edwin Hubble auch — am Mount-Wilson-Observatorium. Nun gab es aber am konkurrierenden Lick-Observatorium eine von Heber Curtis geführte Arbeitsgruppe, die ebenfalls versucht hatte, die Größe der Milchstraße zu bestimmen. Ihren Zahlen zufolge sollte sie aber nur einen Durchmesser von 30 000 Lichtjahren haben und nur 5000 Lichtjahre dick sein. Die Nebel seien, so jene Forscher, Welteninseln weit außerhalb der Milchstraße: wenigstens 10 Millionen Lichtjahre weit von uns entfernt.
 
Ob nun Shapley oder Curtis recht habe, sollte am 26.4.1920 in einem öffentlichen Streitgespräch geklärt werden, zu dem auch Albert Einstein eingeladen war. Die Debatte aber endete unentschieden.
 
Heute weiß man: Beide Wissenschaftler hatten recht und beide irrten.
     
  • Shapley ging richtig in der Annahme, dass die Milchstraße viel weiter ausgedehnt ist, als zuvor abgenommen. Seine Zahlen allerdings waren um etwa den Faktor 3 zu groß.
     
  • Curtis Zahlen dagegen waren um etwa den Faktor 3 zu klein.
     
  • Wie weit die sog. Nebel von der Erde entfernt waren — ob sie also innerhalb oder außerhalb der Milchstraße lagen — konnte erst 1924 durch Hubble entschieden werden:
     
    Er entdeckte mit Hilfe eines erst damals gebauten neuen Teleskops im Andromedanebel einen Cepheiden und berechnete dessen Abstand zur Erde als rund
    900 000 Lichtjahre. Damit war klar geworden: Wenigstens der Andromeda-Nebel muss eine Galaxie außerhalb der Milchstraße sein.

 
 
Quelle: Hürtner & Rauner: Die verrückte Welt der Paralleluniversen, Piper 2009, S. 54-59

 
 
Note: Wie schwierig — und ungenau — das Messen von Enfernungen im All selbst mit Hilfe von Cepheiden noch sein kann, zeigt ein Forschungsergebnis aus 2012, demzufolge der Polarstern — selbst ein Cepheid — nicht wie man bisher dachte 434 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, sondern wohl nur 323.

 

 Beitrag 0-135
Strukturen im Universum

 
 

 
Strukturen im Universum
 
 
Wie der folgende Vergleich zeigt, gruppiert sich Materie im Großen wie im Kleinen wohl doch nach ein und denselben Gesetzen:
 
 
 


 

 Beitrag 0-401
Was man sich unter einem » Blasenuniversum « vorzustellen hat

 
 

 
Nachdenken über Blasen-Universen

 
 
Wie Prof. Helmut Satz im Video [V] und noch ausführlicher in seinem Buch [B] erklärt, gilt die Theorie ewiger Inflation als die heute am ehesten plausible Theorie der Entstehung des kosmischen Raumes (des Weltalls), in dem wir leben.
 
Nach dieser Vorstellung wäre unsere Welt ein sog. Blasenuniversum: eine Blase, die sich im falschen Vakuum gebildet hat durch Zusammenbruch eines Energiepotentials, das sich vorher dort irgendwo angehäuft hatte. Die durch seinen spontanen Zusammenbruch notwendigerweise frei werdende Energie hat — während der unglaublich kurzen Inflationsphase von nur 10-34 sec — geschaffen, was wir heute an Materie und Strahlung antreffen.

     
    Wie aber muss man sich eine » Blase « in diesem Sinne vorstellen?
     
    Wie viel Dimensionen kann sie haben?
     
    Und ist es denn wirklich offensichtlich, dass unsere Welt das Innere jener Blase darstellt?
     
    Könnte unsere Welt nicht auch einfach nur die Haut der Blase sein (und dann das Weltall, in dem wir leben, wirklich endliche Größe haben, obgleich das falsche Vakuum sich unendlich weit erstreckt?

 
Stringtheoretiker vermuten, dass unsere Welt 11 Dimensionen hat: eine noch unbekannter Art, sechs kompaktifizierte und dann natürlich die uns offensichtlichen vier Dimensionen: 3 räumliche und 1 zeitliche (von denen wir nicht wissen, ob sie kompakt sind).
 
Dimension in diesem Sinne wäre ein 1-dimensionaler Teilraum unserer Welt. Kompaktifiziert zu sein bedeutet, er wäre (wenn metrischer Raum) nur endlich groß, so dass es dann darin keine beliebig großen Entfernungen geben könnte.

     
    Stringtheoretiker stellen sich jede der kompakten Dimension gerne als » aufgerollt « vor.
     
    Helmutz Satz verwendet ein anderes, ganz sicher noch hilfreicheres gedankliches Bild: Wer aus einem Flugzeug heraus die Erdoberfäche betrachtet — unseren Lebensraum —, dem wird er als 2-dimensionale Oberfläche der 3-dimensionalen Erdkugel erscheinen, d.h. i.W. als flach, da die Höhe von Bäumen oder Häusern ja sehr viel kleiner ist als die Ausdehnung des flächenartigen Bereichs, der durch Felder und Wiesen gegliedert ist.

 
Unser Lebensraum also ist grob 2-dimensional, genau genommen aber 3-dimensional, und Bewegung senkrecht zur Erdoberfläche — entweder tief hinein ins Innere der Erde oder weit hinaus ins Weltall — fällt uns so schwer, so dass wir dabei nicht weit kommen.
 
Könnte dann also unser Lebensraum im falschen Vakuum — unser Universum — nicht vielleicht doch noch i.W. nur die Oberfläche einer Blase sein (vergleichbar mit der Oberfläche der Erde)?

 

 Beitrag 0-209
Warum die Menschheit in einer besonders interessanten Zeit lebt

 
 

 
Warum wir Menschen

zu einer kosmologisch besonders interessanten Zeit leben

 
 
Seit 1998 hat man Beweise dafür, dass unser Universum — schon seit etwa 5 Mrd. Jahren — mit zunehmender Geschwindigkeit expandiert in dem Sinne, dass die Abstände zwischen weit auseinander liegenden Galaxien stängig größer werden.
 
Galaxien in der Nähe unseres Beobachtungshorizonts entfernen sich schon heute von uns mit Überlichtgeschwindigkeit.
 
Mit Ausnahme der weniger als 50 Galaxien, die heute nahe Nachbarn der Milchstraße sind, werden sich eines Tages sogar alle Galaxien schneller als das Licht von uns entfernen — bzw. von der Galaxie, zu der sich unsere Milchstraße, der Andromedanebel und ihre nahen Nachbarn dann vereinigt haben werden.
 
Für Bewohner dieser Galaxie wird dann rein gar nichts mehr darauf hindeuten, dass das Weltall insgesamt noch viele andere solcher Welteninseln enthält.
 
 
Galaxien verschwinden dabei nicht auf einen Schlag. Je schneller sie sich aber von uns entfernen, dest mehr das von ihnen kommende Licht uns nach Rot hin verschoben erreichen. Schließlich geht ihr gesamtes sichtbares Licht zunächst in den Infrorotbereich über, dann in den Bereich der Mikrowellen, der Radiowellen usw.
 
Irgendwann wird die Wellenlänge des von ihnen kommenden Lichts größer als der Radius unseres Beobachtungshorizonts, womit sie dann endgültig aus unserer Position heraus nicht mehr beobachtbar sein werden.
 
Man kann errechnen, wie lange das ungefähr dauern wird:

    Galaxien, die unmittelbar außerhalb unser Lokalen Gruppe liegen, haben heute schon etwa 1/5000 der Entfernung erreicht, von der an ihre Flucht­geschwindigkeit relativ zu uns Lichtgeschwindigkeit sein wird. Sie zu erreichen werden sie maximal 150 Mrd. Jahre brauchen — das entspricht in etwa
    dem 10-fachen des aktuellen Alters unseres Universums.
     
    In ungefähr 2 Billionen Jahren wird die Wellenlänge des von ihnen kommenden Lichts aus Sicht der Sterne der heutigen Lokalen Gruppe größer sein als der Radius des beobachtbaren Universums — mit anderen Worten: Sie werden dann aus der Lokalen Gruppe heraus nicht mehr beobachtbar sein.

 
Zwei Billionen Jahre mögen uns als eine sehr lange Zeit erscheinen. In kosmischer Hinsicht aber ist das alles andere als eine Ewigkeit: Die langlebigsten Sterne der sog. Hauptsequenz – ihre Entwicklungsgeschichte gleicht der unserer Sonne – haben eine weit größere Lebenserwartung als unsere Sonne, und viele von ihnen werden auch in 2 Billionen Jahren noch leuchten.
 
 
Sollte es in dieser fernen Zukunft dann Zivilisationen auf Planeten in der Umgebung dieser Sterne geben und vielleicht auch Astronomen mit ebenso mächtigen Teleskopen wie sie uns heute zur Verfügung stehen, werden die fast genau das sehen, was menschliche Beobachter 1915 zu sehen glaubten: eine einzige Galaxie, in der ihr Stern und ihr Planet zuhause sind — umgeben von einem ansonsten leeren Weltraum.
 
Im Gegensatz zu uns, werden sie aber nicht in der Lage sein, zu lernen, wie weit das All sich erstreckt und dass es aus dem Urknall hervorging: Sie werden nicht einmal mehr erkennen können, dass der Raum expandiert.
 
Auch die kosmische Hintergrundstrahlung wird durch jene Astronomen nicht mehr registrierbar sein. Der Grund hierfür:
    In der Milchstraße findet sich zwischen den Sternen heißes, ionisiertes Gas. Es enthält freie Elektronen, verhält sich deswegen wie ein Plasma und ist somit für viele Strahlungsarten undurchlässig. Genauer: Es gibt die sog. Plasmafrequenz Strahlung geringerer Frequenz wird vom Plasma absorbiert.
     
    Anhand der aktuell beobachteten Dichte freier Elektronen können wir die Plasmafrequenz im Inneren unserer Milchstraße abschätzen und erkennen so: Sobald unser Universum etwa 50 Mal älter sein wird als heute, wird die Frequenz der kosmischen Hintergrundstrahlung unter die Plasmafrequenz der dann aus unserer Lokalen Gruppe entstandenen Galaxie gefallen sein.

 
Jede große Ansammlung von Masse — und daher auch unsere Lokale Gruppe — muss irgendwann in sich zusammenstürzen und als Schwarzes Loch enden. Beschrieben wird dieser Vorgang durch die von Schwarzschild entdeckte einfachste Lösung von Einsteins Gleichung der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der Zeitrahmen, in dem das zustande kommt, ist allerdings sehr viel größer als der Zeitrahmen, in dem alle übrigen Galaxien aus unserem Beobachtungshorizont hinausgewandert sein werden.
 
Berücksichtigt man ferner, dass jedes noch so große Schwarze Loch irgendwann verdampft sein wird, scheint klar, wie unsere Welt enden wird: Sie wird sich einfach wieder in Vakuumsenergie auflösen: In jenes Meer von Energie, das sie als extrem starke Quantenfluktuation ausgespuckt haben könnte.
 
Note: Es gibt heute nur eine Theorie, welche eine andere Möglichkeit für die Geburt unseres Universums vorschlägt: die Theorie ewiger Inflation. Mir (grtgrt, 2016) erscheint sie weniger wahrscheinlich, da sie sich von der Theorie, unser Universum sei als extrem energiereiches virtuelles Teilchen entstanden, nur in Annahmen unterscheidet, die in keiner Wese nachprüfbar, aber sicher weit unwahrscheinlicher sind.

 
 
Quelle der Fakten: Lawrence M. Krauss: A Universe from Nothing (2012)
 
Siehe auch: Inflation generell


 

  Beitrag 786-88
Interessantes zu Gravitationswellen

 
 

Interessantes zu Gravitationswellen


Zitat von Maalampi, S 144:
 
Findet in einer Entfernung von 10.000 Lichtjahren eine Supernova-Explosion statt, so führt die dadurch erzeugte Gravitationswelle dazu, dass die Körpergröße der Menschen für einen Moment um ungefähr den hundertsten Teil eines Atomkerns größer oder kleiner wird.

Der Raum ist voller kleiner Gravitationsschwingungen, ganz so wie er heute voller Radiowellen, Handywellen und anderer Formen elektromagnetischer Strahlung ist.
 


Zitat von Maalampi, S 147:
 
Für die [ von der ART vorausgesagte] Existenz von Gravitationswellen gibt es bislang nur eine — indirekte — Bestätigung:

Im Jahr 1974 entdeckten Russell Hulse und Joseph Taylor mit einem Radioteleskop den Doppelpulsar PSR1913 + 16, ein System zweier schnell rotierender Neutronensterne. Sie umkreisen einander mit hoher Geschwindigkeit (alle 8 Std ein Mal). Man stellte fest, dass die Umlaufzeit langsam aber sicher kürzer wird, was zeigt, dass jene Neutronensterne einander in immer kleinerem Abstand umkreisen.

Die ART sagt genau das vorher: Das System verliert ständig Energie, indem es Gravitationswellen in den Raum abstrahlt, weswegen sich die Sterne annähern.
 

Hulse und Taylor erhielten für diese ihre Entdeckung 1993 den Nobelpreis.

 

 Beitrag 0-214
Gravitationswellen und die Steifheit des kosmischen Raumes

 
 

 
Zur Steifheit des kosmischen Raumes

 
 
Gravitationswellen durchdringen Materie, ohne nennenswert abgeschwächt zu werden. Sie breiten sich ähnlich aus, wie durch Erdbeben verursachte Druckwellen im Boden:
 
Sie machen sich bemerkbar als winzige Stauchungen und Streckungen. Genauer: In einer Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Gravitationswelle wird die Raumzeit periodisch abwechselnd in eine Richtung gedehnt und in die dazu senkrechte gestaucht.
 
Siehe hierzu die Illustration auf Einstein Online.
 
Dieser Effekt liegt typischerweise in der Größenordnung von 10-19 Prozent (pro Kilometer ist das etwa 1 Zehntausendstel des Protonen-Durchmessers).
 
Dass er dermaßen gering ist liegt an der extremen Steifheit der Raumzeit: Sie ist 1032 Mal größer als die Steifheit von Stahl, 1043 Mal größer als die von Gummi.
 
Man kann das mit der physikalischen Größe » Elastizitätsmodel « ausdrücken. Sein Wert beträgt 0,05 Gigapascal für Gummi, 200 für Stahl, aber schier unvorstellbare 1024 Gigapascal für die Raumzeit.
 

 
 
Wie schwingen Gravitationswellen?

 
Wie Einstein schon 1918 entdeckt hat, können Gravitationswellen — nach der ART — nur auf zwei unterschiedliche Arten polarisiert sein: Linear oder elliptisch (der Unterschied ist mir nur ansatzweise klar, siehe Theorie der Gravitationswellen und denkbare Polarisationsarten).
 
Dass Gravitationswellen — anders als Schallwellen — Transversalwellen sind (wie auch das Licht), erscheint mir erstaunlich.
 

 
 
Was verursacht Gravitationswellen?

 
Gravitationswellen entstehen, wenn Masse beschleunigt wird (ganz so wie Photonen überall dort entstehen, wo ein elektrisch geladenes Teilchen sich beschleunigt bewegt).

 

 Beitrag 0-227
Warum es außerhalb der Erdatmosphäre dunkel ist

 
 

 
Warum es im All fast überall dunkel ist

 
 
Nur Photonen, die unser Auge treffen und mit ihm verschmelzen, können wir — bei geeigneter Wellenlänge — als Licht wahrnehmen.
 
Im heutigen Zustand unseres Universums gibt es nur relativ wenige Lichtquellen, und zudem wird von ihnen ausgesandtes Licht kaum mehr gestreut (bis etwa 380 Mio Jahre nach nach dem Urknall war das noch ganz anders).
 
Wer heute ins Weltall hinausblickt, sieht neben dem Licht einiger Sterne nur Finsternis. Wirklich hell ist es nur innerhalb der Lufthülle der Erde, denn in ihr wird das von der Sonne einfallende Licht ständig gestreut, so dass Photonen von fast überall her unser Auge treffen.
 
Ohne die Lufthülle würde, wer nicht direkt in Richtung Sonne blickt, neben Sternen nur tiefschwarze Finsternis sehen.

 

 Beitrag 0-369
Wie unser kosmischer Lebensraum aus heißem Plasma geboren wurde

 
 

 
Wie unser kosmischer Lebensraum entstand

 
 
Etwa 3 Min nach dem Urknall
    lag alle nicht im Vakuum begrabene Energie unseres Universums in 3 klar von einander unterscheidbaren Formen vor:
       
    • als baryonische Materie (Elektronen, Protonen und kurzlebige Neutronen)
       
    • als Dunkle Materie
       
    • als Strahlung (Photonen und Neutrinos)

     
    Da Dunkle Materie auf elektromagnetische Kraft nicht reagiert — baryonische Materie das aber sehr wohl tut — konnte sich nur die Dunkle Materie schon jetzt von den beiden anderen Energieformen entkoppeln und anfangen, sich zu verklumpen.
     
    Ganz anders die baryonische Materie: Noch bis etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall herrschte zwischen Photonen, Elektronen und Nukleonen thermisches Gleichgewicht. Erst ab diesem Zeitpunkt war — der Expansion des Raumes wegen — die durchschnittliche Energie der Photonen so niedrig geworden, dass Zusammenstoß mit einen schon vorhandenen Atom dieses Atom nicht sofort wieder in seine Einzelteile zerlegen konnte. Erst jetzt also konnte es zu einer starken Zunahme der Menge von Atomen kommen, die sich zufällig durch Zusammenstoß eines Elektrons mit einem Proton gebildet hatten.
     
    Man beachte: Die Expansion des Raums macht Strahlung langwelliger — verringert also die Energie der Photonen — und zudem macht der sich ausdehnende Raum den Zusammenstoß von Teilchen unwahrscheinlicher. Eben das schuf den Freiraum, in dem es zur Bildung elektrisch neutraler Wasserstoff- und Heliumatome kommen konnte.
     
     
    Da der relative Anteil der in Form von Strahlung vorliegender Energie dieser Vergrößerung der Wellenlängen wegen schnell abnahm, wurde aus dem ursprünglich strahlungsdominierten Universum schon etwa 30 000 Jahre nach dem Urknall ein materie-dominiertes.

 
 
Nochmals also: Erst etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall
    kam es zur Entkopplung von Strahlung und baryonischer Materie.
     
    Und erst Materie, die schon in Form von Atomen vorlag, konnte durch elektromagnetische Strahlung nicht mehr daran gehindert werden, sich — gezogen durch Gravitationskräfte — den schon vorhandenen Klumpen Dunkler Materie anzuschließen.
     
     
    Geschichtliches:
     
    Aus der durch Astronomen beobachteten Verteilung der Galaxienhaufen war klar geworden, dass zur Zeit, als die Hintergrundstrahlung von der Materie ent­koppelte, es in der damals gegebenen Energiedichte lokale Schwankungen bis hin zu 1/1000 gegeben haben musste. Obgleich nun aber schon 1980 — etwa 15 Jahre nachdem man die kosmische Hintergrundstrahlung fand — die Telekope so gut geworden waren, dass nun selbst noch Schwankungen von 1/10000 nachweisbar sein sollten, fand man keine.
     
    Und so wurden die Kosmologen zunehmend nervös. Der britische Astronom Goeffrey Burbidge brachte es auf den Punkt: "Wenn wir keine Schwankungen in der Hintergrundstrahlung finden, macht es keinen Sinn mehr, am alten Bild der Galaxienentstehung festzuhalten."
     
    Man kann sich die Erleichterung der Astrophysiker vorstellen, als dann — Anfang der 1990-er Jahre — der NASA-Satellit COBE die von der Theorie vorhergesagten Schwankungen schließlich doch noch fand.
     
    Sie ein erstes Mal flächendeckend deutlich genauer zu vermessen, gelang aber erst mit WMAP — einem Forschungssatelliten, der um das 35-fache genauer sehen konnte als COBE: COBEs Auflösung betrug nur 7 Grad (was dem 14-fachen Durchmesser des Vollmondes entspricht). Dass diese Hightech-Sensoren so unscharf sind, mag zunächst verwundern. Doch man bedenke: Sie senden und "sehen" im Mikrowellenbereich, dessen Wellenlängen um das Hunderttausendfache größer sind als die längsten des sichtbaren Lichts.

 
 
Quelle: Helmut Hetznecker Kosmologische Strukturbildung, Spektrum 2009, S. 79-85 und ab S. 93:

 
 
 
Kosmologische Strukturbildung

 
Über viele Jahre waren 2 grundverschiedene Vermutungen im Umlauf:
     
  • Das Top-Down-Modell, nach dem sich zunächst Strukturen auf großen Skalen gebildet haben könnten, die dann nach und nach in immer kleinere Klumpen zerfielen. Dieses Modell gilt heute als unwahrscheinlich.
     
  • Das Buttom-up-Modell, nach dem zunächst noch kleine Dichteunterschiede schon sehr früh dazu geführt haben, dass sich um die dichteren Stellen herum Potentialtöpfe bildeten, zunächst durch Verklumpen ausschließlich Dunkler Materie: Da sie nicht mit elektromagnetischer Strahlung interagiert konnte sie durch Zusammenstoß mit Photonen auch nicht wieder zerstreut werden, so wie das bis hin zur Entkopplungszeit — etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall — für die damals noch ionisierte gewöhnliche Materie der Fall war. Erst nachdem sich Atome gebildet hatten, konnte auch die baryonische Materie ungehindert der gravitativen Anziehung jener Gravitationstöpfe folgen und zu ihrer Vergrößerung beitragen.

 
Die Kosmologen sehen heute das zweite Modell als gesichert an, denn:
     
  • Während die innere Dynamik von Kugelsternhaufen und Galaxien auf ein hohes Alter dieser Objekte hindeutet, kann man den Galaxienhaufen noch heute bei ihrer Entstehung sozuagen "zusehen". Sie haben noch keinen Entspannungszustand erreicht; Sie sich noch nicht "relaxiert", wie man sagt.
     
  • Zudem wird durch Beobachtungsergebnisse immer deutlicher, dass es im Universum schon recht früh nach der Entkopplungszeit zahlreiche Galaxien gab — viel mehr, als man zunächst erwartet hatte.
     
  • Nicht zuletzt kennt man heute zahlreiche Beispiele von Galaxien, die offensichtlich dabei sind, ein größeres Ganzes zu bilden (sich also zu vereinigen).

Kurz: Die Beobachtungslage spricht klar für das Buttom-up-Schema, d.h. für Strukturbildung vom Kleinen hin zum Großen — insbesondere dann, wenn man beide Szenarien in engem Zusammenhang mit der Existenz Dunkler Materie sieht.
 
Es wird so auch klar, dass Dunkle Materie sog. kalte Materie sein muss, d.h. aus massereichen Teilchen (sog. WIMPs) bestehen sollte — nicht aber aus Teilchen, die sich mit fast Lichtgeschwindigkeit durch den Raum bewegen.
 
Jede Galaxie ist eingebettet in einen kugelförmigen Halo Dunkler Materie, der entstand wie folgt:

     
    Angetrieben durch ihre Eigengravitation schreitet der Kollaps einer überdurchschnittlich dichten Region im All voran, während gleichzeitig Dichte und Druck steigen. Das geht so lange, bis der interne Druck dem Kollaps der Wolke Dunkler Materie Einhalt gebietet: Es stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein, und aus der ursprünglich kleinen Dichtefluktuation hat sich ein eingenständiges, stabiles Objekt geformt, das nun ganz sich selbst überlassen ist. Astronomen nennen solche Objekte Dunkle Halos (kurz: Halos).
     
    Gleichgewicht hat sich eingestellt, wenn gilt
     
    Ekin  =  –Epot / 2 .

     
    Hier steht Ekin für die Bewegungsenergie der Teilchen Dunkler Materie im Halo und Epot für ihre Lageenergie.
     
    Dieses einfache Verhältnis von Bewegungs- und Lageenergie stellt sich ein, sobald die Dichte im Halo etwa 200 Mal höher ist als die mittlere Energiedichte im Universum.
     
    Einen Halo, der sein dynamisches Gleichgewicht erreicht hat, nennt man virialisiert.

 
 
 
Wann entstanden die ersten Sterne?

 
Aus den durch die Raumsonde WMAP gesammelten Daten glauben die Astrophysiker herauslesen zu können, dass die ersten Sterne im Universum bei einer Rot­ver­schiebung von etwa z = 30 aufflackerten, d.h. etwa 100 Mio Jahre nach dem Urknall (wenn wir die Sprache der Rot­verschiebungen richtig deuten).

 

 Beitrag 0-255
Wie unser Lebensraum sich verflüchtigen wird

 
 

 
Wie unser Lebensraum wahrscheinlich enden wird

 
 
In 1 Milliarde (Mrd) Jahren:
    Die Sonne strahlt rund 10 Prozent heller als heute. Wie Modellrechnungen zeigen, verschwinden deswegen alle höheren Lebewesen und alle Landpflanzen, da für sie die kritische mittlere Erdtemperatur von 30 Grad Celsius überschritten wird.

In 1.6 Mrd Jahren:
    Photosynthese wird unmöglich, da die mittlere Erdtemperatur nun 60 Grad Celsius zu überschreiten beginnt.

In 2 Mrd. Jahren:
    Die Ozeane verdampfen. Der aufsteigende Wasserdampf erzeugt einen starken Treibhauseffekt.
     
    Der starken Sonneneinstrahlung wegen zerlegen die Wassermoleküle: Der leichte Wasserstoff verflüchtigt sich ins All hinaus, der Sauerstoff aber wird vom Eisen der Gesteine aufgenommen.
     
    Die Erde verwandelt sich in einen trockenen, heißen Planeten ähnlich der heutigen Venus.
     
    Zugleich ist das Erdinnere so weit abgekühlt, dass es kaum noch Vulkanismus gibt.

In 3 Mrd. Jahren:
    Die Milchstraße kollidiert mit Andromeda, beide vereinigen sich.

In 5 Mrd. Jahren:
    Der Wasserstoffvorrat im Sonnenzentrum ist nahezu aufgebraucht.
     
    Die Sonne bläht sich im Laufe der nächsten 2 Mrd. Jahren zu einem Roten Riesen auf.

In 6.4 Mrd. Jahren:
    Die Leuchtkraft der Sonne beträgt nun schon das Doppelte des heutigen Wertes. Ihr Radius ist nun 60 Prozent größer als heute.

In 7.7 Mrd. Jahren:
    Die Leuchtkraft der Sonne ist nun schon 1000 Mal größer als heute. Ihre äußeren Schichten blähen sich auf mehr als das Hundertfache auf.
     
    Im nur erdgroßen, kontrahierten Heliumkern zündet fast explosionsartig die Fusion von Helium zu Kohlenstoff ( sog. Heliumflash ).

In 7.8 Mrd. Jahren:
    Alles Helium in der Sonne ist verbrannt. Sie bläst nun — in mehreren Zuckungen — ihre äußeren Hüllen in den Weltraum hinaus.
     
    Zurück bleibt ein erdgroßer Weißer Zwerg umgeben von einem expandierenden planetarischen Nebel.

In 1000 Mrd. Jahren:
    Auch die letzten Sterne in unserem Universum haben ihren Fusionsbrennstoff verbraucht. Der Himmel wird dunkel.

In 1023 Jahren:
    Die Galaxien lösen sich auf, da die schnellen Sterne immer weiter von ihren Zentren wegwandern.
     
    Die Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung ist auf 10-13 Kelvin gefallen.
     
    Es ist kalt und dunkel im Universum.

In 10100 Jahren:
    Alle Matere — vermutlich auch alle Schwarzen Löcher — sind zerstrahlt.
     
    Das expandierende Universum enthält noch sehr schwache Wärmestrahlung (etwa 10-30 Kelvin) mit Spuren besonders leichter Materieteilchen, fast nur noch Neutrionos.
     
    Damit sind Materie und Energie nahezu strukturlos geworden und verlieren sich in den Weiten des Raumes.
     
    Von Zeit zu sprechen, macht kaum noch Sinn.


 
 
Quelle: Jörg Resag: Zeitpfad — Die Geschichte unseres Universums und unseres Planeten, Springer Spekrum 2012, S. 374-375


 

 Beitrag 0-261
Kann Wissenschaft wissen

 
 

 
Wie wird unser Universum enden?



Steven Hawking (1991):
 
Wissenschaftler glauben, das Universum sei genau definierten Gesetzen unterworfen, die uns — im Prinzip wenigstens — gestatten, seine Entwicklung vorherzusagen. Nun sind die aus diesen Gesetzen kommenden Lösungen aber oft chaotischer Art (im Sinne der mathematischen Chaostheorie, was bedeutet, dass beliebig winzige Abänderung der angenommenen Ausgangsbedingungen im nachfolgenden Verhalten zu beliebig großen Unterschieden führen kann: eben so, wie das auch bei der Wettervorhersage der Fall ist).
 
Dies ist ein Grund, warum man in der Praxis meist nur eine ziemlich kurze Zeitstrecke der Zukunft vorhersagen kann.
 
Auf sehr großer Skala allerdings erscheint das Verhalten des Universums einfach und nicht-chaotisch, so dass es dennoch möglich erscheint, vorherzusagen, ob es ewig expandieren oder schließlich doch wieder in sich zusammenstürzen wird. Welcher Fall wahrscheinlich ist, hängt von seiner gegenwärtigen Dichte ab.
 
Tatsächlich aber scheint nun seine gegenwärtige Dichte sehr nahe am kritischen Wert zu liegen, der den Kollaps von endloser Expansion trennt.
 
Wenn das Inflationsmodell zutrifft, steht das Schicksal des Universums auf des Messers Schneide.
 
Und so bleibe ich — Steven Hawking — ganz in der bewährten Tradition der Orakel und Propheten, wenn ich auf Nummer Sicher gehe und beide Möglichkeiten voraussage.
 


 
Quelle: Hawking: Darwin Lecture, University Cambrige, Jan 1991
 
In deutscher Übersetzung abgedruckt in Hawking: Einsteins Traum, Expeditionen an die Grenzen der Raumzeit, Rowohlt 1993, S. 156-157.

 
 
Note: Chaos im Sinne der Chaostheorie ist durch Differential- und Differenzengleichungen eindeutig bestimmtes Chaos. Solche Gleichungen lassen sich aber nur näherungsweise — als sog. Anfangswertprobleme — lösen. Da nun aber weder die Anfangswerte noch die Rechnung selbst mit unbegrenzter Genauigkeit gegeben werden können bzw. durchführbar ist, werden solche Lösungen stets nur in kleinen Umgebungen des Ausgangspunktes zutreffende Voraussagen machen.
 
Hinzu kommt noch, was Hawking oben gar nicht erwähnt: Der überall vorhandenen Quantenfluktuation und ihrer Zufälligkeit wegen, werden immer und überall Werte minimal abgeändert werden (Stichwort: Kollaps der Wellenfunktion), so dass — im ganz Kleinen jedenfalls — die Entwicklung eben doch nicht deterministisch sein kann.

 

 Beitrag 0-110
Vom Urknall bis hin zum Vergehen unseres Universums

 
 

 
Die wahrscheinliche Zukunft unseres Universums

 
 
Denkt man sich die Zeitspanne zwischen Urknall und Gegenwart maßstabsgetreu auf den Zeitraum von genau 1 Jahr reduziert (so dass der Urknall zu Beginn des Jahres um 0:00 Uhr stattfindet), so hätten wir schon 14 Minuten später den Zeitpunkt erreicht, zu dem unser Universum für Licht durchlässig wurde und das Bild entstand, das uns heute noch die kosmische Hintergrundstrahlung zeigt.
 
     
  • Etwa ab 5. Jan. entstanden erste Sterne und Schwarze Löcher sowie die für menschliches Leben wichtigen Elemente Sauerstoff und Stickstoff. Gegen Ende Januar gibt es dann erste Galaxien.
     
  • Etwa Ende August entstehen unsere Sonne und die Erde.
     
  • Am 19. Sep. gibt es erste Anzeichen biologischen Lebens auf der Erde, aber erst ab 20. Dez. entwickeln sich Wälder, Fische und Reptilien.
     
  • Am ersten Weihnachtsfeiertag entstehen Säugetiere, aber die ersten Vorfahren der Menschen finden sich erst an Silvester — so etwa ab 20 Uhr.
     
  • Homo Sapiens tritt gar erst 6 Minuten vor Jahresende in Erscheinung.

 
Doch schon am 12. Jan. des neuen Jahres wird die Erde zu heiß für menschliches Leben sein, und noch im Juli wird die Sonne sich zu einem roten Riesen aufgebläht und die Erde verschluckt haben.
 
Wie sich das weitere Schicksal unseres Universums gestaltet, hängt davon ab, ob sich der Raum dann immer noch in beschleunigter Ausdehnung befinden wird. Wenn ja, dann werden
     
  • nach 100 Billionen Jahren auch die letzten Sterne verglüht sein.
     
  • Es wird dann nur noch Schwarze Löcher geben — aber die noch sehr lange.
     
  • Doch auch ihr Leben ist begrenzt, denn der Hawking-Strahlung wegen, werden selbst die größten spätestens nach 10100 Jahren verdampft sein.
     
  • Von da an wird das Weltall vollkommen dunkel sein.
     
  • Sein Volumen wird im Vergleich zu heute auf das 10194-fache angewachsen sein, und die Wellenlänge der kosmischen Hintergrundstrahlung wird — von heute 2 mm — auf den unglaublich großen Wert von 1041 Lichtjahren angewachsen sein.

 
Mit anderen Worten: Das Universum wird sich dann zu praktisch gar nichts mehr verdünnt haben ...
 
 
Quelle: Dieter Lüst: Quantenfische, DTV 2014, S. 208-209
 
 
 
 
Ein ganz anderes — viel positiveres — Bild von der Zukunft der Schöpfung ergibt sich nach einer Theorie von Linde und Vilenkin, die man
 
 
Das Ewige Universum

 
nennt: Ihr zufolge können durch Quantenfluktuation stets und überall neue Universen entstehen: sog. Baby Universen.
 
Es kann sogar passieren, dass so ein neu entstandenes Universum in der Form einer zunächst winzigen, sich dann aber stetig ausbreitenden Blase immer größere Teile unseres Universums vereinnahmt bis hin zu dem Punkt, an dem das Mutteruniversum dann ganz verschwunden ist.
 
Dies vollzieht sich wie ein dynamisches System mit Phasenübergang: Die neue Phase bildet sich spontan zunächst an nur einer Stelle in der alten Phase, um sich dann — innerhalb der alten — immer weiter auszudehnen bis vom Mutterraum nichts mehr übrig ist.
 
Diese Prozesse spielen sich fast immer nur im mikroskopischen Bereichen von der Größe einiger Plancklängen ab in dem Sinne, dass die entstehenden Raumzeit-Blasen mit wirklich sehr hoher Wahrscheinlichkeit sofort wieder in sich zusammenfallen. Nur extrem wenigen gelingt es, sich so auszudehnen, dass man sie als neues Universum, dem unseren vergleichbar, bezeichnen kann.
 
 
Die Ideen von Linde, Vilenkin, aber auch ähnliche von Hartle und Hawking beziehen sich zunächst i.W. nur auf die kosmologischen Eigenschaften solcher Universen: kosmologische Konstante, Größe, Homogenität des Raumes.
 
Erst Stringtheorie geht da weiter, indem sie die Wellenfunktion des Universums auf die gesamte Elementarteilchenphysik und sogar auf die Naturgesetze selbst ausgedehnt sieht. Dies führt dazu, dass es der Stringtheorie möglich ist, ein Multiversum zu betrachten, dessen Blasen sich
  • nicht nur hinsichtlich des Spektrums und der Eigenschaften dort vorkommender Elementarteilchen,
  • sondern auch hinsichtlich der dort regierenden Naturgesetze
unterscheiden.
 
 
Auch in der Stringtheorie führen Quanteneffekte zur Geburt neuer Blasen und der Tunneleffekt zur inflationären Ausdehnung einiger davon. Der Großteil dieser Universen ist mit unserem aber kaum vergleichbar, denn es gibt dort ja andere Elementarteilchen und andere Naturkräfte. Einzig und allein die Gravitationskraft scheint universeller Natur zu sein und über alle hinweg zu wirken.
 
 
Quelle: Dieter Lüst: Quantenfische, DTV 2014, S. 246-251
 
Die Aussage oben » Das Universum wird sich dann zu praktisch gar nichts mehr verdünnt haben ... « muss somit wohl verallgemeinert werden zur Aussage
 
 
Als Heimat biologischen Lebens wird unser Universum ab einem gewissen Alter nicht mehr geeignet sein.
Nicht auszuschließen, ja sogar wahrscheinlich aber ist, dass dann in einigen seiner Nachfahren neues Leben — ähnlicher oder ganz anderer Art — entsteht
oder schon entstanden sein wird.


 
 
Oder doch plötzlicher Weltuntergang?

 
Nach einer Theorie von Michael Turner und Frank Wilczek (1982) ist auch ein plötzlicher Weltuntergang denkbar. Die Masse des erst 30 Jahre später nachgewiesenen Higgs-Bosons macht ihn sogar wahrscheinlich:
 
Wilfried Buchmüller vom Hamburger Teilchenbeschleuniger Desy bestätigt das: "Dank der Entdeckung des Higgs-Bosons und der Bestimmung seiner Masse können wir die Frage nach der Stabilität des Vakuums jetzt präziser beantworten." Aus der Masse des Higgs-Bosons von etwa 125 GeV folgt im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik, dass das Vakuum instabil sein muss – und damit unser ganzes Universum.
 
Quellen: [Q], [BS]

 

 Beitrag 0-282
Letztlich wird die (noch unbekannte) Natur Dunkler Energie das Schicksal unseres Universums bestimmen

 
 

 
Letztlich wird die Natur Dunkler Energie

das Schicksal unseres Universums bestimmen

 
 
Wie man heute weiß, sind 70 Prozent aller Energie in unserem Universum sog. Dunkle Energie — Energie, deren Natur wir bisher nicht verstehen. Grundsätzlich könnte sie von zweierlei Natur sein:
     
  • Die 1. Möglichkeit: Dunkle Energie könnte korrekt modelliert sein in Form einer sog. kosmologischen Konstanten in Einsteins Feldgleichung der Allgemeinen Relativitätstheorie. In diesem Fall wäre sie ein ständig vorhandenes, ständig gleich starkes Bedürfnis des leeren Raumes, sich auszudehnen.
     
  • Die 2. Möglichkeit: Dunkle Energie könnte ein Feld von Energie sein, dessen Stärke nach Ort und Zeit — dann allerdings nur über extrem große raumzeitliche Entfernungen hinweg — schwankt vergleichbar mit der Oberfläche eines Ozeans bei ruhigem Wetter.

 
Im zweiten Fall — für den spricht, dass die Geschwindigkeit der Raumexpansion seit dem Urknall nicht immer gleich war — müsste unser Universum sich nicht ewig immer nur ausdehnen: Es könnte sich dann gut irgendwann auch wieder verdichten bis hin zu einem Zustand, in dem es dann zu einem neuen Urknall kommen könnte.
    Der Schweizer Astrophysiker Arnold Benz aber schrieb (1997):
     
    Immer wieder liest man von Modellen eines periodisch pulsierenden Universums, das nach dem Kollaps wieder expandiere. Hierfür allerdings gibt es weder physikalische noch astronomische Anhaltspunkte, und so sind diese Theorien extrem spekulativ. Die heute von der großen Mehrheit aller Physiker favorisierte Theorie ist die, dass das Universum sich unbegrenzt ausdehnen (und inhaltlich ständig mehr verdünnen) wird.
     
    Die neusten Beobachtungen mit dem Hubble-Teleskop, so ergänzt Benz 2004, legen eine unendliche Expansion des Universums nahe.

Dann aber, d.h im ersten Fall, würde die Zukunft unseres Universums sich gestalten wie folgt:
     
  • Da es kein Ende der Zukunft gibt, kann jeder physikalische Prozess, auch der langsamste, bis ganz zu seinem Ende ablaufen (oder gar kein Ende haben).
     
  • Zunächst wird — in etwa 5 Mrd. Jahren — unsere Sonne sich zum Roten Riesen aufblähen, der sich bis über die Bahn der Erde hinaus ausdehnen und so die Biospäre komplett zerstören wird.
     
  • Viel später noch wird es im gesamten Weltraum allmählich dunkel werden, da ein Stern nach dem anderen seinen Kernbrennstoff verbraucht haben und selbst die letzten Supernovae-Explosionen verglüht sein werden.
     
  • Wie Einsteins Theorie voraussagt, strahlen Himmelskörper, die einander umkreisen, Gravitationswellen ab. Dies bewirkt, dass sie an Bewegungsenergie verlieren und so — nach phantastisch langen Zeiträumen, die das jetzige Weltalter weit übersteigen — in einander stürzen und zu Schwarzen Löchern vereinigen.
     
  • Die riesigen, durch den Zusammensturz ganzer Galaxien entstandenen Schwarzen Löcher streben dann — der ständigen Expansion des Raumes wegen — immer weiter auseinander, werden aber selbst, ihrer Hawking-Strahlung wegen, auch irgendwann (nach etwa 1070 Jahren) verdampft sein.
     
  • Zugleich und dann sogar bis in alle Zukunft hinein wird es im Raum immer kälter werden, denn auch die Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung
    wird — wieder der Expansion des Raumes wegen — ständig fallen.
     
  • Kurz: Irgendwann wird sich alles in sehr langwellige und doch ständig noch kälter werdende Strahlung aufgelöst haben.

Sollte die Dunkle Energie also wirklich eine kosmologische Konstante sein, muss es unweigerlich zum Kältetod des Universums kommen.

 
Note: Es könnte sehr gut sein, dass sogar beide Szenarien eintreten, erst ein beleibig weit fortgeschrittener Kältetod, dann aber doch erneut Kompression aller Energie bis hin zu einem neuen Urknall. Es müsste dazu nur die Dunkle Energie zwar den Charakter eines Feldes haben, dessen Stärke — über die Zeit hinweg — sich aber nur extrem langsam ändert.

 

 Beitrag 0-368
Wie unser Universum sterben wird — extrem langsam, oder urplötzlich: Beides ist denkbar

 
 

 
Wie wird unser Universum sterben?

 
 
So wie es heute scheint, wird die fortschreitende Expansion des Raumes zu einem ständig mehr verdünnten Inhalt unseres Universums führen in dem Sinne, dass er sich auflöst wie ja auch jede ganz gewöhnliche Wolke sich irgendwann zu Nichts auflöst:
 
    Schon nach etwa 100 Mrd. Jahren wird sich innerhalb des Ereignishorizonts unserer Galaxie kaum noch eine andere finden. Auch werden sich bis dahin sämtliche (etwa 30) Galaxien der lokalen Gruppe — also nicht nur Andromeda und unsere Milchstraße — zu einer einzigen Galaxie vereinigt haben.
     
    Es wird dann aber schon die Zeit angebrochen sein, in dem der Rohstoff — Wasserstoff und Helium — immer knapper wird, aus dem Sterne entstehen. Der Prozess der Sternentstehung wird daher zum Stillstand kommen. Gleichzeitig werden immer mehr der dann noch existierenden Sterne ihr Leben aushauchen und so zu ausgebrannten, dunklen Körpern im Weltall werden.
     
    Nach 100 000 Milliarden Jahren wird es nur noch Schwarze Zwerge (= erkaltete frühere Weiße Zwerge), Neutronensterne und Schwarze Löcher geben.
     

      Geradezu abenteuerlich mutet es an, wenn mache Forscher selbst in diesem weitgehend verödeten Universum noch biologische Evolution für möglich halten.
       
      Nach derart langer Zeit, so denken sie, könnte die Evolution wahre Wunder vollbracht haben.
       
      Vertreter solcher Meinung sind z.B. Fred Adams und Gregory Laughlin in Anknüpfung an eine Idee von Freeman Dyson.
       
      Der Gedanke an eine vielleicht weitaus höher entwickelte Zivilisation als die unsere in der Ödnis des bereits uralten Universums mag verblüffen, aber andererseits weiß ja niemand, ob das Phänomen des Lebens notwendigerweise auf sonnenbestrahlte Planeten mit entsprechender Biosphäre beschränkt sein muss.
       
      Doch auch solches Leben — wenn es denn überhaupt je entsteht — muss vergehen, weil schließlich alle Materie sich auflösen wird.

     
    Einige der heute diskutierten Kandidaten für eine » Große vereinheitlichte Theorie (GUT) « sagen voraus, dass auch Protonen nicht stabil sind. Wahrscheinlich haben sei eine durchschnittliche Lebensdauer irgendwo zwischen 1031 und 1036 Jahren. Diese große Zahl würde erklären, dass bis heute — trotz nun schon Jahre langer ständiger Suche — noch kein einziger Protonenzerfall beobachtet worden ist.
     
    Wenn auch Protonen zerfallen, würden schließlich, was Materieteilchen betrifft, nur noch Elektronen, Positronen und Neutrinos vorhanden sein. Wo ein Elektron auf ein Positron trifft, würden beide sich in Strahlung auflösen.
     
    Wenn dann — nach etwa 10100 Jahren — selbst die massereichsten Schwarzen Löcher sich ihrer Hawking-Strahlung wegen aufgelöst haben werden, erreicht die Temperatur im Universum schon fast den absoluten Nullpunkt.
     
    Die Wellenlänge von aus der Vergangenheit übrig gebliebener Photonen könnte dann den unvorstellbar hohen Wert von etwa 1040 Meter erreicht haben, so dass sie um Größenordnungen weniger Energie trügen als die uns heute erreichende kosmische Hintergrundstrahlung.

 
VORSICHT aber: Dieses Szenario setzt voraus, dass der heute beobachte Trend der Expansion des Raumes anhält, sich also nicht wieder umdreht.
 
 
Deutlich weniger wahrscheinlich — aber keineswegs auszuschließen — ist die Möglichkeit, dass unsere Welt schlagartig verschwinden könnte:
 
Dies würde dann passieren, wenn es erneut — durch spontanen Zusammenbruch einer nicht ganz stabilen Energieverteilung im Vakuum — zu einem Ereignis wie dem der Inflation kommt: So ein Ereignis würde unser Universum schlagartig durch ein dann neu geborenes ersetzen.
 
Sidney Coleman und Frank de Luccia, die beiden Physiker, welche auf diese Möglichkeit aufmerksam machen, argumentieren, dass man ja nicht wissen könne, ob das Vakuum bereits den Zustand seiner kleinstmöglichen Energie erreicht hat.
 
Man erkennt daraus: Auch der Urknall, der unser Universum schuf, könnte auf diese Weise ein schon vorher existierendes, ganz ähnliches, zerstört haben.
 
 
 
Quelle: Dieter B. Herrmann: Das Urknall-Experiment (2014)

 
 
 
Kaum wahrscheinlich ist das sog. » Big Rip « Szenario:

 
 
Der Physiker Robert Caldwell vom Dartmouth College in Hanover (New Hampshire) hat gemeinsam mit Kollegen vom CalTech eine Computersimulation durchführt, welche ein noch anderes Ende unserer Welt möglich erscheinen lässt: Den sog. » Big Rip «:
 
In diesem Modell ist die Dichte Dunkler Energie nicht konstant, sondern wächst immer rascher an, was zur Folge haben könne, dass zunächst Galaxienhaufen und Galaxien, dann sogar Sterne, Planeten und in letzter Sekunde selbst noch Atome und Atomkerne buchstäblich zerfetzt werden. Dies könne — so die Simulation — schon in 22 Mrd. Jahren geschehen (!).
 
Hoffen wir also, dass Einstein einmal mehr recht behält und die Dunkle Energie wirklich durch eine kosmologische Konstante korrekt modellierbar ist. Dafür dass dem so sein könnte, spricht, dass die kosmologische Konstante ja auch als Integrationskonstante in Einsteins Theorie kommen kann (dann also nicht willkürlich eingefügt, sondern nur ihrem Wert nach gewählt wird). Kai Zuber: Teilchenastrophysik (Teubner Studienbücher 1997), S. 160-175.
 
 
 
Quelle: Michael Odenwald: Odenwalds Universum (Herbig 2008, S. 51) — eine FOCUS-Reihe
 
Die heute vorherrschende Meinung unter Kosmologen: Λ ja, Quintessenzen und Phantom-Energie: eher nicht


 

 Beitrag 0-498
Wie steif ist die Raumzeit unseres Universums?

 
 

 
Wie steif ist die Raumzeit?



Günter Spanner (2016):
 
Gravitationswellen nachzuweisen ist extrem schwierig, da die Raumzeit extrem steif ist:
 
Unter dem Elastizitätsmodul eines Stoffes versteht man eine Zahl, welche charakterisiert, wie stark sich aus diesem Stoff bestehende Objekte einer Verformung widersetzen.
 
Gewöhnlicher Gummi z.B. kann leicht gedehnt oder zusammengedrückt werden. Hartgummi zu verformen ist schon weit schwieriger. Holz erreicht bereits den 100-fachen Wert von gewöhnlichem Gummi und ist somit kaum mehr komprimierbar. Bei Stahl ist es das 2000-fache, bei Diamant sogar das 12000-fache.
 
Dennoch ist die Härte von Diamant nichts im Vergleich zur » Härte « der Raumzeit:
 
 
Der Elastizitätsmodul der Raumzeit entspricht dem 1022-fachen der Härte von Diamant.

 


 
 
Die Arme des Gravitationswellen-Detektors LIGO sind 4 km lang, und man kann noch registrieren, wenn sich diese Länge auch nur um 1 Tausendstel des Protonen­durchmessers ändert. Das ist so, als würde man die Entfernung zwischen Alpha Centauri und unserer Sonne (4,3 Lichtjahre) millimetergenau bestimmen können.
 
 
Quelle: Günter Spanner: Das Geheimnis der Gravitationswellen, Kosmos-Verlag (2016), S. 73


 

  Beitrag 2053-6
Das sog. kosmologische Prinzip

 
 
Quante in 2053-5:
 
Jetzt meine Frage ... wie würden wir das Universum wahrnehmen, könnten wir den Standpunkt unser Betrachtung, egal in welche Richtung, an den Rand unserer Beobachtungsgrenze verlegen? Wäre unsere Beobachtung dann immer noch die Wahrnehmung eines beschleunigt expandieren Universums?


Hallo Quante,

die Kosmologen ( heute weltweit mehr als 1000 aktive Wissenschaftler ) glauben an das sog. Kosmologische Prinzip. Es sagt:


Für alle Beobachter — und von  j e d e m  Punkt aus betrachtet — sieht das Universum gleich aus.

Man nennt es deswegen homogen und isotrop.


Mehr darüber z.B. in (1) oder (2)

Gruß, grtgrt
 
Bauhof in 2053-7:
 
 
Hallo Quante, auch wenn wir an den Rand unserer Beobachtungsgrenze reisen könnten, die Wahrnehmung eines (beschleunigt) expandierenden Universums wäre die gleiche. Das folgt aus dem Kopernikanischen Prinzip: Alle Orte im Universum sind gleichberechtigt. Dieses Prinzip wird ergänzt durch das Kosmologische Prinzip.
 

 

  Beitrag 2053-15
Eugen Bauhofs Bild zum Ballon-Modell

 
C... in 2053-14:
Gesetzt den Fall, das Ballonmodell träfe zu, dann bewegt sich die Materie des Alls ausgehend vom "Mittelpunkt" des Ballons seit dem Urknall in unterschiedliche radiale Richtungen.

Hallo C...,

ja, das ist auch meine Vorstellung. Zur Verdeutlichung stelle ich die nachstehende Skizze ein:



C... in 2053-14:
Dies hätte zur Folge, dass ein Teil der postulierten "Bewegung in die vierte Raumdimension" von unserem Standpunkt aus als eine Bewegung im Raum erscheinen müsste.

Nicht unbedingt. Wir können nur feststellen, dass sich die Abstände zwischen den Galaxien mit der Universum-Expansion vergrößern. Ob das nun eine Relativ-Geschwindigkeit darstellt oder eine Dehnung des Raumes, ist eine Sache der Interpretation. Die heutigen Kosmologen interpretieren dieses Größerwerden der Abstände zwischen den Galaxien als Raumdehnung. Was hätte es für einen Vorteil, wenn man es als Geschwindigkeit interpretieren würde?

M.f.G. Eugen Bauhof
 

  Beitrag 2053-198
Über Hawkings falsche Schlussfolgerung

 
 

Über Hawkings falsche Schlußfolgerung


Bauhof in 2053-172:
 
Das ist ja gerade das Neue bei Hawkings Universum:
Nicht nur der Raum ist unbegrenzt und in sich selbst zurückgeschlossen, sondern auch die (imaginäre) Zeit.
Und wenn etwas unbegrenzt ist, dann gibt es keinen Anfang und auch kein Ende.


Wenn das Universum ohne zeitlichen Anfang und ohne zeitliches Ende ist, kann es gar nicht auf einen Punkt zusammenschrumpfen.

Ein Punkt nämlich hat grundsätzlich null Dimensionen, ist also kein Gegenstand mehr, sondern bestenfalls nur noch eine Position, an der dieser Gegenstand existiert hat (und selbst das würde erfordern, dass es den angenommenen 5-dim Raum, in den es eingebettet war, tatsächlich gibt).


Wir sehen also: Wo ein Universum auf einen einzigen Punkt schrumpft, bedeutet das, dass es  a u f h ö r t  zu existieren.

Wer also denkt, unser Universum könne unendlich oft auf nur einen Punkt zusammenschrumpfen, um sich dann wieder zu vergrößern, nimmt nichts anderes an, als dass eben dieses Universum unendlich oft neu geschaffen wird. Ihm Ausdehnung zu geben bedeutet, es ins Leben zu rufen (d.h. ihm eigene Dimensionen zu schaffen).


Hawkings Graphik, in der er den Nordpol der Kugel als Urknall sieht und ihren Südpol als Endknall, kann durchaus zutreffen.
Falsch ist nur seine Schlussfolgerung, die da sagt: "es [das Universum] würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?".

Richtig wäre: Es würde ständig untergehen und neu geschaffen werden (und somit  s t ä n d i g  eines Schöpfers bedürfen).

 

  Beitrag 1933-168
Erst abnehmende, dann (seit jetzt 7 Mrd. Jahren) wieder zunehmene Expansionsgeschwindigkeit

 
 
Stueps in 1933-166:
Also liege ich richtig, Gebhard:

man weiß gar nichts, sondern es werden beobachtete Daten interpretiert.

Grüße


Nun, Stueps,

dass die Hubble-Konstante in der Vergangenheit eben keineswegs konstant war, scheint heute die vorherrschende Lehrmeinung zu sein.
Man spricht deswegen heute auch eher vom "Hubble-Term" als von der "Hubble-Konstante".

Und natürlich habe ich das auch nur der Fachliteratur entnommen.

Und natürlich können auch die Fachleute solches Wissen — was ja Wissen über die Vergangenheit des Universums ist — NUR DURCH INTERPRETATION von durch Forschungssatelliten gesammelter Daten erschließen.

Wie Brian Greene schreibt, haben zwei Teams unabhängig voneinander gearbeitet und sind zum selben Ergebnis gekommen, was da war:


Zitat von Greene (on pages 159-160 of his book "The hidden Reality"):
 
After checking and rechecking, and checking again, both teams released their conclusions:
For the last 7 billion years, contrary to long-held expectations, the expansion of space hat not been slowing down. It's been speeding up. ...

The observations [also revealed that until 7 billion years ago, the scale factor did indeed behave as expected: its growth gradually slowed down.

Had this continued, the graph would have leveled off or even turned downward. But the data show that about the 7-billion-year mark somethig dramatic happend. The graph turned upward, which means that the scale factor began to increase. The universe kicked into high gear as the expansion of space started to accelerate.
 


Warum also sollte ich, als Laie auf dem Gebiet, da irgendwelche Zweifel haben?

Nicht zuletzt haben jene Forscher für eben diese Arbeit ja auch einen Nobelpreis bekommen.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1933-150
Derzeitige Geschwindigkeit der Raumausdehnung

 
 
Hans-m in 1933-140:
 
Sollte man die Raumausdehnung nicht einfach in Prozent oder Promille ausdrücken?


Ja, Hans-m,

auch ich fände das viel besser. Tun wir es also:

Nach recht genauen Messungen aus 2012 gilt, dass sich der Weltraum über eine Strecke von einem Megaparsec (= 3.24 Mio Lichtjahre) pro Sekunde um 74,3 Kilometer vergrößert.

Daraus folgt (wenn ich mich nicht verrechnet habe):


Hinreichend große Entfernungen im All vergrößern sich derzeit jedes Jahr um etwa 0.023 Promille.



Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2053-64
Eine interessant Frage

 
C... in 2053-40:
Nach dem kosmologischen Prinzip (d.h. gleichberechtigt von beliebigen Raumpunkten aus) beobachtet man nun eine kontinuierlich zunehmende Rotverschiebung der entfernten Objekte.

Nochmals meine Frage: Mit welchem physikalischen Experiment lässt sich unterscheiden, ob die beobachtete Rotverschiebung durch den oben beschriebenen Effekt einer Relativbewegung der Galaxien oder aber durch eine Dehnung des Raums verursacht wird?

Hallo zusammen,

ich versuche mir das Problem folgendermaßen an einem Beispiel zu verdeutlichen.

Ich bin eine Ameise auf einem räumlichen Maßstab (Raum) und stelle mit Hilfe der Rotverschiebung des Lichtes fest, dass eine andere Ameise auf dem Maßstab sich von mir entfernt. Es gibt dann zwei Möglichkeiten:

1) Die zweite Ameise krabbelt von mir weg, der Maßstab verändert sich nicht.

2) Die zweite Ameise krabbelt nicht, der Maßstab (Raum) dehnt sich.

Wie kann ich feststellen, welche der beiden Alternativen gegeben ist. ?

Allgemeiner formuliert: Kann man die Vergrößerung einer Distanz unter Beibehaltung des Maßstabes von einer Vergrößerung der Distanz durch Änderung des Maßstabes unterscheiden ?

Ich meine dies ist prinzipiell nicht möglich, weil man Maßstäbe und damit verbundene Bezugssysteme, bei Galaxien ist dies der Raum als solcher, frei wählen kann. Ich vermute deshalb aus rein theoretischen Überlegungen, dass sich kein Experiment finden lässt, das zwischen den Alternativen 1) und 2) unterscheidet.

MfG
Harti
 

  Beitrag 2053-67
Beschleunigung und Raumkrümmung sind dasselbe !!!

 
 
Hans-m in 2053-65:
 
Okotombrok in 2053-54:
 
Die Erde befindet sich im käftefreien Zustand. Man kann sagen, sie fällt um die Sonne herum und der freie Fall ist keine Beschleunigung.
Die Erde bewegt sich nicht im Kreis sondern auf einer Geodäte und das ist niemals eine Beschleunigung.
Das hatten wir doch schon alles!?

Sorry, wenn ich hier widerspreche
Die Erde befindet sich in permanenter Beschleunigung
Auf die Erde wirkt eine Anziehungskraft, von ca 3,572*1022 N, die von der Sonne ausgeht.


Hallo Hans-m,

aus meiner Sicht habt ihr beide recht. Ihr argumentiert lediglich in unterschiedlichen Bezugssystemen:
  • Deine Argumentation ist richtig, wenn als Bezugssystem ein 3-dimensionales kartesisches Koordinatensystem zugrundegelegt wird (der Raum also keinerlei Krümmung hat).
  • Okotombrok aber argumentiert im gekrümmten Raum der ART. Zu dem ist Einstein aber gerade dadurch gelangt, dass er Beschleunigung als Raumkrümmung interpretiert hat.

In Wikipedia liest man:

Zitat:
 
Die ART geht davon aus, dass ein Körper, auf den keine weiteren Kräfte wirken, sich in der gekrümmten Raumzeit auf einer Geodätischen Linie bewegt.
In einer nicht gekrümmten Raumzeit würde dies der Trägheitsbewegung eines freien Körpers entsprechen, d. h. geradlinig und mit konstanter Geschwindigkeit.

Aufgrund der Krümmung der Raumzeit erscheint [uns diese Bewegung aber räumlich gekrümmt und beschleunigt.

Mit anderen Worten: Beschleunigung ist eine Art Illusion, die uns in die Wirklichkeit zurückholt, wo wir nichts von Raumkrümmung wissen (bzw. wissen wollen).

Neutraler ausgedrückt: Beschleunigung und Raumkrümmung sind unterschiedliche gedankliche Präsentationen ein und desselben Konzepts der Natur.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2053-61
Kann man die SRT zu einer VSRT verallgemeinern?

 
 
Bauhof in 2053-52:
 
Das Größerwerden der Abstände zwischen den Galaxien ist weder eine relative Bewegung noch eine absolute Bewegung. Sie ist überhaupt keine Bewegung.
Es ist nur ein Auseinanderdriften aufgrund der Raumdehnung infolge der Universum-Expansion.

Na ja, Eugen,

warum soll man ein Auseinanderdriften zweier Objekte nicht auch als  r e l a t i v e  Bewegung dieser Objekte zueinander sehen können?
Fakt ist doch:

Die ständige Änderung des Abstandes zweier Galaxien geht auf zwei Bewegungskomponenten zurück, die einfach nur unterschiedliche Ursache haben.
  • Bewegungskomponente B1 wird durch Gravitationspotential verursacht und führt zu einer Geschwindigkeitskomponente v1, die stets kleiner als c ist.
  • Bewegungskomponente B2 wird durch Raumexpansion verursacht und führt zu einer Geschwindigkeitskomponente v2, die auch größer als c sein kann.

Einsteins SRT ist eine Theorie, die sich auf den Spezialfall v2 = 0 beschränkt.

Warum aber sollte sie nicht verallgemeinert werden können zu einer Theorie VSRT, die im Spezialfall v2 = 0 zu SRT wird?

Wahrscheinlich muss man dazu einfach nur in allen Formeln der SRT die Größe c (an der einen oder anderen Stelle, nicht an allen) durch c+v2 ersetzen.
Verifiziert habe ich das noch nicht — aber wir könnten es ja mal versuchen.


PS: Sollte es so eine Verallgemeinerung VSRT der SRT wirklich geben, kann sie nur anwendbar sein auf Situationen, in denen auch v2 < c ist (andernfalls nämlich würde von einer Galaxie G1 in Richtung der anderen ausgesandte Information jene ja niemals erreichen). Andererseits erfüllt der Fall v2 < c ja selbst schon alle Voraussetzungen der SRT — dann jedenfalls, wenn man die Expansionsgeschwindigkeit des Alls als unbeschleunigt annimmt (was über Zeiträume von weniger als 1 Mrd. Jahren ja eine ganz brauchbare Annäherung der Wirklichkeit darstellt).

Wenn wir jetzt annehmen, wir hätten Galaxien G1, G2, G3, derart, dass sich G2 genau in der Mitte zwischen G1 und G3 befindet, so ist die Geschwindigkeit v, mit der sich G1 und G3 auseinanderbewegen genau doppelt so groß wie die Geschwindigkeit, mit der G1 und G2 bzw. G2 und G3 sich voneinander entfernen.

Was würde das im Fall  v/2 < c < v  bedeuten?


Gruß,
grtgrt
 

  Beitrag 2053-124
Sogenannte » Mitbewegung « (durch Raumexpansion)

 
Henry in 2053-121:
Aber damit wollen wir unseren kleinen Disput doch nicht vergessen! In meiner Irritation über die Relativgeschwindigkeiten habe ich doch glatt mein eigentliches Anliegen vergessen, nämlich die Zeitdilatation aufgrund der Expansion des Kosmos. Die gibt es selbstverständlich, nur ist sie nicht auf Relativbewegungen zurückzuführen, sondern auf eine sogenannte Rezessivbewegung, und diese "Art" von Zeitdilatation nennt man auch kosmologische Zeitdilatation. Sie wird dadurch hervorgerufen, dass sich die Objekte voneinander entfernen, dadurch der Weg für das Licht stetig länger wird (siehe Rotverschiebung), was sich einem Beobachter als Verlangsamung entsprechender Uhren zeigt.

Das ist kein Konzept von Bewegung im Sinne der SRT!

Hallo Henry,

Zustimmung.
Der sogenannten Zeitdilatation aufgrund der Expansion des Kosmos hatte ich bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt, aber jetzt habe ich mich in meinen Büchern kundig gemacht. Es gibt diese Zeitdilatation, aber der Name dafür ist m.E. unglücklich gewählt worden, weil man sie leicht mit der relativistischen Zeitdilatation im Sinne der SRT verwechseln kann, insbesondere wir Laien. Gottfried Beyvers schreibt dazu au Seite 300 seines Buches [1 folgendes

Zitat:
Die dargestellte kosmologische Rotverschiebung führt natürlich auch zu einer kosmologischen Zeitdilatation:

Denkt man sich nämlich die Schwingungen einer Lichtwelle am Ort ihrer Entstehung als Kernstück einer Art Atomuhr, dann kommen diese Schwingungen durch ihre expansionsbedingte Streckung bei uns verlangsamt an!

Somit gibt es neben der gravitativen und speziell-relativistischen Zeitdilatation noch eine dritte Form von Zeitdehnung. Dementsprechend sehen wir z.B. Helligkeitsschwankungen eines fernen Quasars zeitdilatiert!

Wenn also jemand in einer fernen Galaxis Uhrzeit-Telegramme zu uns im Takt von einer Minute sendet, dann kommen diese Uhrzeit-Telegramme vielleicht im Takt von zwei Minuten bei uns an, je nachdem wie weit die Galaxie von uns entfernt ist und wie groß die Expansionsrate zur Zeit ist. Aber nun zum Unterschied zwischen der speziell-relativistischen Zeitdilatation und der kosmologischen Zeitdilatation:

1. Bei der speziell-relativistischen Zeitdilatation vergeht die Zeit tatsächlich unterschiedlich, was sich am unterschiedlichen Altern von Einsteins Zwillingen zeigt.

2. Bei der kosmologischen Zeitdilatation vergeht die Zeit nicht unterschiedlich, weil alle Uhren auf allen Galaxien dieselbe kosmische Zeit anzeigen. Warum? Weil sich die Galaxien nicht im Sinne der SRT bewegen, sondern nur durch die Expansion auseinander getragen werden. Dies erhellt aus folgendem Auszug aus dem Buch [2 von Edward Harrison auf Seite 340:

Zitat:
MITBEWEGUNG UND EIGENBEWEGUNG.
Stationäre Scheiben auf der expandierenden Oberfläche und stationäre Galaxien in expandierendem Raum werden mitbewegt genannt. Sie bewegen sich mit der Expansion. Alle Uhren auf mitbewegten Galaxien messen kosmische Zelt. Wir können uns vorstellen, dass in einem homogenen Universum der kosmische Weltenbummler alle Uhren auf mitbewegte Gegenstände gestellt hat, so dass sie die gleiche Zeit anzeigen. Bei späteren Reisen durch das Universum findet der Weltenbummler, dass diese Uhren weiterhin übereinstimmen.

Mitbewegte Gegenstände haben ihre Weltlinien senkrecht zum kosmischen Raum – jenen Raum, der eine uniforme Krümmung besitzt und sich uniform ausdehnt.

Man kann also sagen, die Galaxien stehen nicht still, sondern sie werden mitbewegt, was aber keine Relativbewegung im Sinne der SRT ist

M.f.G. Eugen Bauhof

[1 Beyvers, Gottfried und Kusch, Elvira
Kleines 1 x 1 der Relativitätstheorie.
Einsteins Physik mit Mathematik der Mittelstufe.
Berlin 2009. ISBN=978-3-540-85202-5

[2 Harrison, Edward R.
Kosmologie.
Darmstadt 1983. ISBN=3-87139-078-X
 

  Beitrag 2053-128
Warum das Vakuum abstoßende Gravitation produziert

 
 

Warum nur hinreichend leerer Raum expandiert

und

wie es zu abstoßender Gravitation kommen kann



In João Magueijo: Schneller als die Lichtgeschwindigkeit - Entwurf einer neuen Kosmologie (2003), Teil 1: Die Geschichte von c liest man:

Zitat von Magueijo, Seite 88-89:
 
Als Einstein nach einer schlüssigen Möglichkeit suchte, das Vakuum mit Masse auszustatten (d.h. mit Energie), stellte er fest, dass es nicht ging, ohne dass er ihm nicht auch eine hohe Spannung verlieh. Das ist zwar ein höchst merkwürdiger Umstand, aber er ergibt sich aus der einzig möglichen Gleichung, die mit der Differentialgeometrie konsistent ist, jener Geometrie, die die Vakuumenergie ermöglicht.

Die Vakuumspannung ist wirklich sehr hoch, so hoch, dass die Gravitationseffekte der Spannung die ihrer Masse übertreffen und das Vakuum infolgedessen abstoßende Wirkung entfaltet.

Natürlich ist die Energie der Leere sehr verdünnt und sehr gleichförmig verteilt. Auf der Größenskala des Sonnensystems sind die Gravitationseffekte der Materie bei weitem größer als die des Vakuums. Man muss schon kosmische Distanzen betrachten, bevor die Dichte des Vakuums mit der der gewöhnlichen Materie vergleichbar wird und so die abstoßende Seite der Gravitation in Erscheinung tritt.
 


In diesem Zusammenhang ist interessant zu wissen (was mir bisher keineswegs klar war):

Zitat von Magueijo, Seite 89:
 
Der Beweis für den Abstoßungseffekt des Vakuums ergibt sich aus unstrittigen Ergebnissen der ART:

Damals wusste man, dass das Gewicht eines Körpers eine Kombination aus seiner Masse und seinem Druck sind. Verdichtet man ein Objekt, so, erhöht das seine Fähigkeit, andere Objekte anzuziehen.

    Die Sonne etwa steht unter Druck, daher zieht sie Planeten stärker an, als das der Fall wäre, wenn sie ein druckfreier Staubball wäre. Der Effekt ist allerdings sehr gering, weil in gewöhnlichen Objekten und sogar in der Sonne der Druck durch die Masse weitgehend aufgewogen wird.

All das ist unstrittig und gehört wesentlich zu den Vorhersagen der ART. Doch jetzt ergibt sich ein interessanter Aspekt:
Spannung ist negativer Druck, folglich muss sich die Anziehungskraft von Objekten verringern, wenn sie unter Spannung stehen.

    Ein gespanntes Gummiband entfaltet weniger Anziehung, als man aufgrund seiner Masse oder seines Energiegehalts erwarten würde. Auch eine hypothetische Sonne, die unter Spannung stünde, würde einen Teil ihrer Anziehungskraft verlieren.

Wiederum ist der Effekt bei normalen Objekten sehr klein, doch im Prinzip hindert uns nichts daran, die Spannung in einem Körper so zu erhöhen, dass die Gravitation abstoßend wird.

Kurz: Der Relativitätstheorie nach muss Gravitation nicht unbedingt anziehend sein. Um abstoßende Gravitation zu erzeugen, muss man lediglich etwas finden, das wirklich extreme Spannung hat.

Gut erklärt findet sich das in Notiz Einsteins Gravitationsgesetz, welches genauer ist als das von Newton.
 

Zitat von Magueijo, Seite 83-84:
 
Auch Licht erzeugt Gravitation: Ein hinreichend energiereicher Lichtstrahl würde Sie wie ein Magnet anziehen.

Auch Bewegung hat Gewicht. So übt etwa ein sich schnell bewegender Stern größere Anziehungskraft auf andere aus als ein langsamer.

Tatsächlich geht Gravitation von allem aus, egal ob es sich um Wärme, Licht, magnetische Felder, oder gar die Gravitation selbst handelt.

Besonders die letzte Eigenschaft macht die Mathematik der Relativitätstheorie so kompliziert. Sie beschreibt, wie Materie Gravitation erzeugt und wie dann die Gravitation in endloser Verkettung selbst zur Quelle von noch mehr Gravitation wird.
 


In der Summe also gilt:

Energie ( bzw. Kraftpotential ) erzeugt grundsätzlich Gravitation — frägt sich nur, mit welchem Vorzeichen:

Spannung etwa reduziert Gravitation, Druck erhöht sie.


 

  Beitrag 2053-34
Hinweis auf ein interessantes Buch

 
Henry in 2053-33:
Bauhof in 2053-32:
Hallo Henry,

die Galaxien bewegen sich nur aufgrund der gravitativen Eigenbewegungen die bereit Stueps erwähnt hat.
Diese Eigenbewegungen können vernachlässigt werden. Sonst stehen die Galaxien still und die Entfernungen zwischen den Galaxien vergrößern sich nur durch die Raumdehnung, die durch die Universum-Expansion verursacht wird. Und das ist keine Geschwindigkeit im Sinne der SRT. Das ist jedenfalls die Erklärung der heutigen Kosmologen. Oder hast du andere Quellen?

M.f.G. Eugen Bauhof

Wo in der SRT wird behauptet, Bewegung (Geschwindigkeit) hätte etwas mit der Gravitation zu tun? Das erklärt erst die ART. Es geht bei der Betrachtung der Galaxien, die sich aufgrund der Expansion von einander entfernen, allein um die Tatsache, DASS sie sich entfernen, der Grund für die Bewegung (im Sinne der SRT) spielt keine Rolle. Sie SRT sagt nur, dass die Zeit in zueinander bewegten Objekten im jeweils anderen Objekt in Bezug auf die eigene Bewegung unterschiedlich gemessen wird, und zwar wegen der Konstanz von c. Im Übrigen ist die Annahme eines "Blockuniversums", also eines Universums, in dem ALLES bereits geschehen ist, eine mögliche Folgerung aus der SRT, nämlich wegen der unterschiedlichen Zeitabläufe.

Hallo Henry,

ich habe dich nach deinen Quellen gefragt, aber es kamen keine, die deine Auffassung stützen. Ich denke, da muss ich etwas richtig stellen. Es kann aber auch sein, dass wir aneinander vorbeireden. Deshalb zitiere ich den "Altmeister" der Kosmologie, Edward R. Harrison. Er schreibt auf Seite 338 seines Buches [1 folgendes:

Zitat:
In der speziellen Relativitätstheorie lernen wir, dass sich nichts schneller durch den Raum bewegt als Licht. Wie kann dann die Fluchtgeschwindigkeit schneller als das Licht sein? Die Antwort lautet, dass die Galaxien sich überhaupt nicht durch Raum bewegen, sondern durch die Expansion des intergalaktischen Raumes auseinandergetragen werden.

Vielleicht hat dich irritiert, dass ich geschrieben hatte: Die Galxien stehen still. Damit meinte ich, dass sich Galaxien nicht durch den Raum bewegen, so wie es Harrison formuliert hat.

Und weiter zitiere ich von Seite 341:

Zitat:
Was wir In der speziellen Relativitätstheorie gelernt haben, trifft nur für die Bewegung im Laboratorium, im Sonnensystem und in unserer Galaxie zu, nicht aber auf das Universum als Ganzes. Alle lokalen Geschwindigkeiten sind im kosmischen Sinn besondere und können die Lichtgeschwindigkeit nicht übertreffen.

Die Fluchtgeschwindigkeit jedoch ist kein lokales Phänomen; sie ist das Ergebnis der Ausdehnung des Raumes und stimmt nicht mit der speziellen Relativitätstheorie überein. Zusammenfassend können wir sagen, dass Bewegung in einem expandierenden Universum aus Fluchtgeschwindigkeiten und Eigenbewegungen zusammengesetzt ist; Fluchtgeschwindigkeiten entstehen aus der Raumexpansion und sind grenzenlos; und Eigengeschwindigkeiten entstehen aus der Bewegung durch den Raum und stimmen mit der speziellen Relativitätstheorie überein.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1 Harrison, Edward R.
Kosmologie: Die Wissenschaft vom Universum.
Darmstadt 1983
ISBN=3-87139-078-X
 

  Beitrag 2053-107
Über das Vakuum

 
 
Henry in 2053-106:
 
die entsprechende Kraft - was immer sie sein mag - wirkt auf die Raumzeit selbst, sie erschafft die Raumzeit. Es gibt keine "Kugel unterhalb" unserer Raumzeit,
das Vakuum ist dimensionslos.


Dass jene Kraft die Raumzeit  e r s c h a f f t , finde ich sehr treffend ausgedrückt.

Das Vakuum als dimensionslos zu bezeichnen, ist aber sicher falsch: Als Vakuum bezeichnet man doch einfach nur Raum, in dem sich keine Materie findet.
Das Vakuum ist ein Teil des raumzeitlichen Raumes, in dem sich außer virtuellen Teilchen rein gar nichts findet.
Es hat ebenso viele Dimensionen wie die Raumzeit selbst.

Ein Raum außerhalb der Raumzeit — in den hinein die Raumzeit expandieren könnte — existiert nach heutigem Wissen gar nicht.
Sollte es so einen Raum dennoch geben, ist er uns unzugänglich, seinem Wesen nach völlig unbekannt, und durch Menschen wohl auch gar nicht erforschbar.

 

  Beitrag 2053-168
Zu Hawkings Weltmodell (und seiner imaginären Zeit)

 
 
Henry in 2053-167:
 
Hawking nimmt die vierdimensionale Raumzeit und projiziert senkrecht darauf seine imaginäre Zeit.


Hallo Henry,

genau das verwirrt mich: Ich kann nicht einsehen, warum in Hawkings Modell die Zeit gleich zweimal da sein sollte (einmal als Teil der Raumzeit und dann nochmals als imaginäre Zeit, die außerhalb dieser Raumzeit zu finden ist).

Was Du und Eugen die imaginäre Zeit nennt, scheint mir nur der Scharparameter zu sein, der verschieden weit expandierte Versionen der Raumzeit voneinander zu unterscheiden gestattet.

Als Scharparameter modelliert diese Dimension dann statt der Zeit nur zeitliche Reihenfolge jener Versionen der Raumzeit.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 2053-114
Hawking über den Bezug zwischen Wirklichkeit und physikalischem Modell

 
Henry in 2053-113:
Bauhof in 2053-110:
Hallo Stueps,

bei Kaluza-Klein ist das so, da sind die Dimensionen nur in Maßstäben der Planck-Länge ausgedehnt.
Hingegen bei Stephen Hawking sind die Dimensionen kosmologisch ausgedehnt. Stephen Hawking hat die von dir und Henry erwähnten Effekte sicherlich bedacht.

M.f.G. Eugen Bauhof

Ja, klar, aber - mal den Urknall vorausgesetzt - fing das (oder der?) gesamte Schlamassel doch genau in diesen Größenordnungen an (Kaluza-Klein)! Wäre unter diesen Voraussetzungen denn ein stabiler Kosmos entstanden? Die Frage bei Hawking bleibt, ist es ein rein mathematisches Modell, oder wie wollen wir seine "imaginäre Zeit" interpretieren? Ach ja, Penrose und die komplexen Zahlen! Nach ihm - ich befasse mich gerade zum ersten Mal damit - scheint es einen tiefen Zusammenhang zwischen den komplexen Zahlen und physikalischen Entfernungsbestimmungen und Werten zu geben. So ist z. B. der Spin von Elementarteilchen nur mit komplexen Zahlen zu bestimmen - es scheint, dass "i" mehr ist als nur ein rechnerisches Hilfsmittel.

PS: in Deutschland meist "der Schlamassel", geht aber beides.

Hallo Henry,

ja, es ist bisher nur ein mathematisches Modell von Stephen Hawking. Er schreibt dazu auf Seite 8 seines Buches [1 folgendes:

Zitat:
Ich nehme den positivistischen Standpunkt ein, dass eine physikalische Theorie nur ein mathematisches Modell darstellt und dass es nicht sinnvoll ist, zu fragen, ob dieses der Realität entspricht. Man kann nur fragen, ob seine Vorhersagen mit den Beobachtungen in Einklang stehen.

Timothy Ferris reflektiert das mit der imaginären Zeit in seinem Buch [2 auf den Seiten 304 und 414 wie folgt:

Zitat:
Das mathematische Verfahren, das zu diesem schönen Ergebnis führt, stammt aus Feynmans Methode der Summe über Geschichten. Hawking beschreibt die Zeit in Form von imaginären Zahlen. In der Methode von Feynman beseitigt die Verwendung der imaginären Zahlen alle Unterschiede zwischen Raum und Zeit.
[...
Dieser Keine-Grenzen-Aspekt der Wellenfunktion von Hartle und Hawking ergibt sich, weil ihre Urheber Geometrien verwendet haben, für die Zeit und Raum gleichberechtigt sind. Das elegante Ergebnis ist, dass sich der Pfeil der Zeit – bei dem sich die Zeit nur vorwärts bewegt, wie in dem von uns bewohnten klassischen Universum – aus der Geometrie selbst ergibt und nicht von außen auferlegt wird. Durch die Abschaffung jedes ersten Augenblicks wird auch die Anfangssingularität abgeschafft.

Zum gleichen Thema "imaginäre Zeit" schreibt Berthold Suchan in seinem Buch [4 auf Seite 156 folgendes:

Zitat:
Bei dem von Hartle und Hawking gewählten euklidischen Pfadintegral wird die Metrik der Raumzeit mit einer euklidischen Signatur versehen – im Gegensatz zur Metrik der üblichen Minkowski-Raumzeit. Der Grund für dieses Vorgehen liegt darin, dass bei der Behandlung von quantenmechanischen Tunneleffekten das Impulsquadrat in klassisch verbotenen Bereichen negativ ist; somit wird in dem euklidischen Zugang die Zeitkoordinate naheliegend imaginär angenommen. Zugleich enthält dieser euklidische Zugang eindeutige Annahmen über die Randbedingungen der Wellenfunktion des Universums.

Das Hartle-Hawking-Universum hat keinen Anfang, kein Ende und keinen Rand in Raum und/oder Zeit. Es existiert ohne äußeren Raum oder äußere Zeit. Hawking fasste die Entdeckungen von COBE als wesentliche Bestätigung seiner Keine-Grenzen-Hypothese auf. Das berichtet Klaus Mainzer in seinem Buch auf Seite 84:

Zitat:
Nach Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation müssen aber kleinstmögliche Ungleichheiten vorgelegen haben, die sich in der anschließenden Inflationsphase so verstärkt haben, bis sie groß genug waren, um heute beobachtbare Strukturen zu erklären.

1992 hat der Satellit Cosmic Background Explorer (COBE) erstmals sehr geringfügige richtungsabhängige Intensitätsschwankungen der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung entdeckt. Diese Rückstandsstrahlung stammt aus der heißen Urphase des Universums.

Die gemessenen Abweichungen stimmten außerordentlich gut mit den Berechnungen der Keine-Grenzen-Hypothese überein. Hawking fasste daher die Entdeckungen von COBE als wesentliche Bestätigung seiner Keine-Grenzen-Hypothese auf.

M.f.G. Eugen Bauhof

[1 Hawking, Stephen und Penrose, Roger
Raum und Zeit.
Reinbek bei Hamburg 1998
ISBN=3-498-02934-7

[2Ferris, Timothy
Chaos und Notwendigkeit.
Report zur Lage des Universums.
München 2000
ISBN=3-426-27078-1

[3 Mainzer, Klaus
Hawking.
Freiburg im Breisgau 2000
ISBN=3-451-04879-5

[4 Suchan, Berthold
Die Stabilität der Welt.
Eine Wissenschaftsphilosophie der Kosmologischen Konstante.
Paderborn 1999
ISBN=3-89785-031-1
 

  Beitrag 2053-151
Homogen und isotrop

 
 
Stueps in 2053-149:
Grtgrt in 2053-148:
Hallo Stueps,

das Universum ist nur im Groben (d.h. über riesige kosmische Entfernungen hinweg unter Vernachlässigung lokaler Schwankungen) isotrop und homogen.

So die vorherrschende Meinung, Gebhard. Es gibt jedoch Daten, die anders interpretiert werden können, und die scheinen sich aus meiner Sicht zu mehren, jedenfalls stolpere ich immer wieder über solche Aussagen.

Grüße


Ich denke, es macht einen Unterschied, welche konkrete Eigenschaft des Universums man jeweils betrachtet:
  • Was z.B. die Verteilung von Masse betrifft, ist das Universum sicher NUR im Groben homogen und isotrop.
  • Wenn es aber um die Gültigkeit der Naturgesetze geht, sieht die Sache in der Tat ganz anders aus: Sie gelten überall gleichermaßen, so dass die  Q u a l i t ä t  des Raumes und seines Inhalts tatsächlich überall die Gleiche ist.

 

  Beitrag 2053-164
Erst das Inflationsmodell hat die Kosmologie vom Geruch der Esoterik befreit

 
 
U...bus in 2053-163:
 
Ich glaube, die Kosmologie hat sich viel zu weit von der menschlichen Vernunft entfernt und gehört heute eher zur Esoterik als zur Naturwissenschaft.


Das zu hören ist wirklich amüsant — vor allem dann, wenn man liest, was Magueijo in 2003 über die Zeit vor 1980 schrieb, über die Zeit also, in der Alan Guth das Inflationsmodell entwickelt hat:

Zitat von Magueijo (2003):
 
Damals war Guth Anfang dreißig und in einer entscheidenden Phase seiner Laufbahn.

Daher hätte ihn die Kosmologie eigentlich gar nicht interessieren dürfen, galt sie damals doch keineswegs als ehrbare Disziplin der Physik. Vielmehr sah man in ihr eine wissenschaftliche Betätigung, die ein junger Adept der Zunft besser mied wie die Pest, um sie etablierten älteren Wissenschaftlern zu überlassen, die bereits unter Gehirnerweichung litten.

Heute, da die Kosmologie nicht mehr geächtet ist, wird sie seltsamerweise nur noch von älteren Wissenschaftlern für Zeitverschwendung gehalten — ein ganz merkwürdiger sozialer Rollentausch.
 

 

  Beitrag 2053-169
Warum Kosmologie heute durchaus auch der Experimentalphysik entspricht

 
 
U...bus in 2053-166:
Darum geht es nicht. Ich wiederhole

Unser einziges Wahrheitskriterium ist nun mal die Evidenz einer Wahrnehmung und Wahrnehmung erfordert ein beobachtbares Experiment.

Nur das Experiment entscheidet über wahr oder falsch. Und solange die mathematischen Modelle/Postulate nicht experimentell dargestellt werden können haben sie keinen höheren Wahrheitsgehalt als die Schöpfungstheorie. Man kann dran glauben oder es auch sein lassen.


Ja, U...bus, das sehe ich ebenso.

Tatsache aber ist, dass spätestens seitdem man die kosmische Hintergrundstrahlung entdeckt hat und mit modernen Forschungssatteliten (wie etwa COBE und PLANCK) immer genauer vermessen konnte, doch sehr viele Beobachtungsdaten zur Verfügung stehen — Daten, auf die man sich, was Genauigkeit betrifft, weit mehr verlassen kann als noch vor wenigen Jahren.

Auch die Zahl der Galaxien und Sterne, deren Eigenschaften man genauer zu untersuchen fähig wird, steigt ständig und schnell.

Damit, so denke ich, geht deine Klage doch ziemlich ins Leere.

Gruß, grtgrt

Siehe auch Planck 2013 Results Papers
 

  Beitrag 786-80
Zur Geschichte unseres Universums

 
 
Real in 786-6:
Die Frage war kosmologisch gemeint und lautete:

Wie kann man über die Entfernung bzw. das Alter einer Lichtquelle Rückschlüsse auf einen Urknall und dessen Raumverhalten machen?

Mir leuchtet dabei nicht ein, wie etwas schon vor 14 Mrd. Jahren Licht aus einer entsprechenden Entfernung aussenden konnte, wo es doch gerade erst in sich entstand und relativ klein war.

Ich zweifle damit die einfache Logik der Urknall-Theorie an oder wo liegt mein Gedankenfehler?
Wäre nett, wenn mir jemand diese Logik begreiflich machen könnte.... Real


Hi Real,

auch mich beschäftigt diese Frage, und wenn man VSL-Theorien mal ignoriert (also annimmt, dass die Lichtgeschwindigkeit sich seit dem Urknall nie geändert hat und tatsächlich im gesamten Universum dieselbe ist), so könnte sich der grüne Teil deiner Frage beantworten wie folgt:

Man glaubt heute, dass das Universum sich aufbläht wie ein Hefeteig, in dem sich "Rosinen" finden: Raum-Regionen mit großer Materiedichte, deren Volumen sich NICHT ebenso aufbläht, da hier die Gravitationskraft dem Druck, der überall sonst die Aufblähung des Raumes zur Folge hat, allzu stark entgegenwirkt. Jene Aufblähung hat heute z.B. zur Folge, dass der Abstand zwischen den Rosinen pro Megaparsec (etwa 3.24 Mio. Lichtjahre) jede Sekunde um etwa 74 km wächst.

Die älteste Galaxie, die Astronomen bisher entdeckt zu haben glauben, ist mehr als 13 Mrd. Jahre alt und lebt in einer Rosine G, die deswegen heute von Ort unserer Milchstraße, den ich jetzt mal die Rosine M nenne, gut 45 Mrd. Lichtjahre entfernt ist. Dass das mehr als nur 13 sind, liegt daran, dass der Abstand zwischen G und M ja auch während der Zeit, die das Licht zu uns unterwegs war, ständig größer wurde.

Auf die Zahl 40 kommt man, da man zu wissen glaubt, wie sich die Aufbläh­geschwindigkeit entwickelt hat, nachdem das Universum etwa 400 Mio. Jahre alt war.

Wie sie vorher war, kann man wohl gar nicht wissen, da die kosmische Hintergrundstrahlung das älteste Licht ist, welches uns ein klares Bild zeichnen kann. Noch älteres, bei uns ankommendes Licht ist stark gestreut, kann uns also nur Bilder von damals Existierendem zeichnen, die aussehen als hätte man es durch eine Milchglasscheibe photographiert. Das liegt daran, dass sich Materie damals noch nicht zu Atomen gruppiert hatte: Jene sind elektrisch neutral und streuen das Licht deswegen nicht, sich vorher unabhängig voneinander bewegende Materieteilchen aber — Protonen, Elektronen, und was sonst noch — tragen Ladung und haben das Licht deswegen ständig in jede nur denkbare Richtung abgelenkt.

Dass der Urknall — wie man erst kürzlich neu nachgerechnet hat — vor etwa 13.81 Mrd. Jahren stattfand, bedeutet nichts anderes, als dass der Abstand zwischen G und M damals auch nicht größer als nur eine Plancklänge war (bitte beachte: Was ich G und M nenne, sind Raumregionen. Zu sich nicht mehr weiter aufblähenden Rosinen wurden jene Regionen erst später, als sich dort ganz massiv Materie zu verklumpen begann und so jene Galaxie und unsere Milchstraße entstanden).

Dies mal als korrekt angenommen und zudem berücksichtigt, dass die Aufblähgeschwindigkeit des Raumes, wie man weiß, NICHT durch die Lichtgeschwindigkeit begrenzt ist, also unmittelbar nach dem Urknall so gut wie jede Größe gehabt haben kann, ergibt sich:
  • Deine Annahme "wo es [= jene Galaxie] doch gerade erst in sich entstand und relativ klein war" muss als falsch bezeichnet werden
  • und über das gesamte Geschehen während der Kindheit unseres Universums (sprich: als es noch keine 400 Mio Jahre alt war) können selbst Physiker und Kosmologen bislang nur spekulieren.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 786-82
Wie relativ ist das Alter unseres Universums?

 
 
Harti in 786-81:
Hallo Grtgrt,

über den Umstand, dass das Universum keinen vom Beobachter unabhängigen Mittelpunkt hat und in der Folge auch kein Rand bestimmt werden kann, ist man sich wissenschaftlich überwiegend einig, oder ? Das bedeutet, Absolutheitsvorstellungen räumlicher Art sind wissenschaftlich obsolet.

Muss man dann nicht auch annehmen, dass Überlegungen zu einem zeitlichen Anfang und Ende des Universums in einem absoluten Sinn nicht wissenschaftlich sind?


Ja Harti, das ist wohl so.

BEGRÜNDUNG: Da es keinen absoluten (sprich: ortsunabhängigen) Zeitbegriff gibt, können wir nur darüber sprechen, wie alt das Universum aus unserer Sicht heraus sein kann.

Meines Wissens nach aber hat bisher aber auch niemand behauptet, dass das Alter des Universums aus Sicht sämtlicher Beobachter gleich sei.
Andererseits aber müsste genau das Folge des kosmologischen Prinzips sein (welches ja postuliert, dass das Universum homogen und isoptrop ist, sich aus Sich aller Beobachter also qualitativ gleich darstellt).

Gruß, grtgrt


PS: Es scheint mir richtig, zu sagen: Ja, grundsätzlich ist all unsere Wahrnehmung relativ (sprich: abhängig von dem Ort im Universum, an dem wir uns befinden). Über all diese Orte hinweg muss sich aber — des kosmologischen Prinzips wegen — immer dieselbe Sicht auf Entstehung und die Qualität der Entwicklung des Universums seit dem Urknall ergeben.

Wahrscheinlich liegt das daran, dass der Urknall ja nicht an  e i n e m  Ort stattfand, sondern dass

wirklich  j e d e r  Ort im Universum Teil des Ortes ist, an dem der Urknall stattfand und immer noch stattfindet.


 

  Beitrag 786-87
Gravitationswellen aus dem eben geborenen Universum

 
 

Eine Möglichkeit, die Geburt des Universums doch noch zu beobachten



Durch Beobachtung Wissen darüber zu sammeln, was in unserem Universum vor sich ging noch  b e v o r  es etwa 400 Mio Jahre alt war, scheint möglich über die Beobachtung von Gravitationswellen (die registrierbar zu machen nun in greifbare Nähe rückt):

Zitat von Maalampi, S 147 (2006):
 
Einige Urknallmodelle sagen messbare Gravitationswellen voraus, die unmittelbar nach dem Ende der sog. Planckzeit entstanden sind, also 10-45 sec nach dem Beginn des Urknalls.


Der Herausforderung, eine Gravitationsantenne zu bauen, die hinreichend sensibel sein wird, solche Wellen noch zu entdecken, stellt sich ein durch NASA und ESA gemeinsam verantwortetes Projekt LISA (Laser Interferometer Space Antenna), welches ab 2020 Messungen von ganz unglaublicher Genauigkeit ermöglichen wird:

Zitat von Maalampi, S 144 (2006):
 
Die Messung erfolgt im Weltall durch 3 Satelliten, die in der Formation eines gleichseitigen Dreiecks fliegen und jeweils 5 Mio Kilometer voneinander entfernt sind.
Mit Hilfe von Laserstrahlen werden in diesen Satelliten die Abstände zwischen den Testkörpern gemessen.

Bewegen sich die Satelliten in der Größenordnung von nur einer Haaresbreite — tatsächlich reicht auch der millionste Teil einer Haaresbreite — näher aufeinander zu, so entdeckt das Interferometer diese Bewegung.
 

Solche Präzision ist schier unglaublich, wenn man berücksichtigt, wie weit die Satelliten voneinander entfernt sind. Ein Critical Design Review in 2010 aber scheint bestätigt zu haben, dass diese Genauigkeit tatsächlich erreichbar sein wird.

Nebenbei: LISA reagiert empfindlich auf langsame Schwingungen (auf solche, bei denen die Dauer einer Schwingung zwischen 10 und 10.000 sec liegt). Solche Raum­wellen werden durch die Bewegung großer Himmelskörper erzeugt, z.B. durch superschwere Schwarze Löcher.

Mir persönlich stellt sich die Frage, wie solche Gravitationswellen schon im ganz jungen Universum entstanden sein können: Energie hatte sich zu jener Zeit ja noch nicht mal zu Atomen verklumpt (!).

 
PS: Wie ich eben lese, sah sich die NASA schon 2011 gezwungen, einer Budgetkürzung wegen aus dem Projekt LISA auszusteigen. Es wird nun durch die ESA alleine fort­geführt unter dem Namen eLISA. Der ursprüngliche Terminplan ist so natürlich nicht mehr zu halten ... Wurde es im Mai 2012 ganz aufgegeben?

 

  Beitrag 2102-30
Lichthorizont und Ereignishorizont (= Zeithorizont)

 
Einige Bemerkungen zum "kosmischen Ereignishorizont", denn die Sache liegt nicht ganz so einfach. Man muss genau auseinander halten, WELCHEN Horizont man meint, nämlich den "Beobachtungshorizont" oder den "Ereignishorizont" (ich muss zugeben, dass ich daran auch nicht immer denke, weil ich mich zu selten damit beschäftige).

Der Beobachtungshorizont begrenzt die Sicht eines Beobachters in die Ferne des Alls insofern, als er die Grenze für den Bereich darstellt, über den wir BIS ZU EINEM BESTIMMTEN ZEITPUNKT noch keine Informationen erhalten haben. Dieser Horizont - diese Grenze - erweitert sich mit LG, wird also ständig größer. Wir erhalten ständig mehr Informationen aus Bereichen des Kosmos, die so Schritt für Schritt zugänglich werden. Ist das irgendwie ein Widerspruch zu Expansion des Kosmos selbst? Nein, denn was wir sehen, IST NICHT DIE GESAMTE AUSDEHNUNG DES KOSMOS. Er Beobachtungshorizont dehnt sich in einen BEREITS VORHANDENEN RAUM hinein aus. Der Bereich, den wir auf diese Weise für uns werden in Zukunft erschließen können (rein theoretisch, versteht sich), beträgt etwa achtundvierzig Milliarden Lichtjahre.

Der Ereignishorizont begrenzt den Bereich, hinter den wir niemals werden blicken können, er wird definiert als die Grenze, hinter der sich der Raum mit größer c ausdehnt. DIESER Raumbereich wird nach Schätzungen als zwischen dreißig und einhundert Größenordnungen größer vermutet, als die erwähnten achtundvierzig Milliarden Lichtjahre (wenn eine angenommenen Inflationsphase des Kosmos in den ersten Momenten korrekt ist).

Der Beobachtungshorizont bestimmt die Grenze, innerhalb derer es für Ereignisse kausale Zusammenhänge geben kann, der Ereignishorizont die Grenze, hinter der die Ereignisse keinen kausalen Zusammenhang haben können, weil nichts die Grenze der Lichtgeschwindigkeit ÜBERSCHREITEN kann, was nicht ausschließt, dass es JENSEITS dieser Geschwindigkeit ein "Irgendwas" gibt. Ein irgendwas, wohlgemerkt, das NICHT mit dem sich mit Überlichtgeschwindigkeit ausdehnenden Raum identisch ist, sondern sich auf die Möglichkeit von Bewegung INNERHALB des Raumes bezieht.

Für die Expansion des Raumes - oder besser der Raumzeit - spricht man übrigens nicht von "Geschwindigkeit", sondern von "Expansionsrate", es ist keine Bewegung innerhalb des Raumes, und so gesehen nicht eigentlich eine Geschwindigkeit, womit es auch zu keinen Widersprüchen zur Behauptung kommt, der Raum könne sich mit "Überlichtgeschwindigkeit" ausdehnen. Es macht auch wenig Sinn, von einer Bewegung des Raumes zu sprechen, denn diese "Bewegung" ist NICHT von einem Beobachter abhängig -oder anders - jeder Beobachter beobachtet das Selbe, was ja im Widerspruch zur "Relativität" der Bewegung steht.

Kein allzu leichtes Thema, verbessert mich, wo nötig!
 

  Beitrag 2068-7
Unser Zeitbegriff  e n d e t  am Zeithorizont

 
 
Harti in 2068-6:
Hallo C...,

ich habe ja schon mal für die SRT die Ansicht vertreten, ein Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit bedeute, dass die Raum- und Zeitkoordinate ihre Bedeutung ändern.

Dies hat zur Folge, dass ein Objekt nach Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit sich wieder in Richtung Zeitachse bewegt und damit langsamer wird.
Kann man sich im Rahmen der ART vorstellen, dass am Ereignishorizont Entsprechendes passiert ?
 


Hallo Harti,

was Du da sagst (oder glaubst) ist mit Sicherheit falsch, denn außerhalb unseres Zeithorizonts (der dort liegt, wo Objekte, die Ruhemasse haben, sich aus unserer Sicht nicht mehr langsamer als das Licht bewegen) gibt es den Begriff » Zeit aus unserer Sicht « gar nicht mehr: siehe Beitrag 2065-2.

Insbesondere lassen sich dort die Argumente von SRT und ART  n i c h t  mehr anwenden.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 786-96
Durchmesser des uns heute sichtbaren Universums

 
 
Bernhard Kletzenbauer in 786-92:
 
Doch wie dem auch sei, durch das Summieren der Einzelgeschwindigkeiten erreicht man bei einer Entfernung von ungefähr 14 Mrd. Lichtjahren eine Expansionsgeschwindigkeit von 300000 km/s und mehr. Das bedeutet, daß Erde und Lichtquelle sich schneller als das Licht voneinander entfernen. Aus 40 Mrd. Lj. Entfernung kann noch kein Licht bei uns angekommen sein.

Es ist vielmehr so, daß das Licht der weitest entfernten Galaxie und der Hintergrundstrahlung losgeschickt wurde, als das Universum viel dichter zusammengepresst war (nicht zu einem Punkt!). Nehmen wir mal an, daß der Abstand zum Beispiel damals 1 Megaparsec war. Dann ist das Licht fast 14 Milliarden Jahre gegen die kosmische Expansion angerannt, und erst jetzt bei uns angekommen.
Also, Startentfernung 3 260 000 Lichtjahre, Entfernung bei Ankunft fast 14 000 000 000 Lichtjahre.


Na ja, qualitativ gesehen argumentieren wir ja beide gleich, und zudem ist die Rechnung komplizierter, als Du sie hier skizzierst, denn:
  • Die Expansionsgeschwindigkeit hat sich im Laufe der Zeit ja durchaus geändert (und dürfte ganz am Anfang deutlich größer als heute gewesen sein).
  • Und die Geschwindigkeit, mit der sich Galaxien von uns entfernen, wird mit zunehmender Entfernung immer größer.
  • Damit scheint es mir schon möglich, dass die Quelle des Lichtes, das heute bei uns ankommt, derzeit von uns deutlich weiter entfernt ist als nur 14 Mrd. Lichtjahre: Sie war damals noch innerhalb, ist aber heute weit außerhalb unseres Lichthorizonts.


Die von mir genannte Zahl ( 46 Mrd. Lichtjahre = Durchmesser des uns heute sichtbaren Universums ) wurde natürlich nicht von mir errechnet, sondern von MartinB oder von Leuten, denen er in seiner Rolle als Hochschullehrer für Physik traut (siehe auch die letzten Zeilen seines Artikels, wo sich eben diese Zahl findet).

Seine Zahlen werden bestätigt auf Wikipedias Seite The Observable Universe.

 

  Beitrag 2065-8
Kein Wesen hat unendlich weiten Lebensraum

 
 
In Beitrag 2065-7 wurde festgestellt, dass Objekte, deren Zeithorizont zueinander disjunkt ist, sich weder zeitlich noch räumlich in Beziehung zueinander setzen lassen.

Andererseits ist die Raumregion im Inneren des Zeithorizonts immer nur endlich groß — auch dann, wenn das Universum flach und unendlich groß sein sollte.

Beide Tatsachen zusammengenommen zeigen uns:


Selbst wenn unser Universum unendlich groß sein sollte, wohnen wir de facto doch in einem nur endlich großen Universum.

Unser Zeithorizont ist seine äußerste Grenze.

Obgleich sie nur gedanklich existiert und für je zwei Personen an leicht unterschiedlicher Stelle liegt,
wirkt sie wie eine real existierende Barriere, über die wir nicht hinwegkommen.


In letzter Konsequenz bedeutet das, dass jedes im All lebende Wesen sein ganz persönliches, eigenes Universum hat. Je weiter solche Wesen räumlich voneinander getrennt residieren, desto weniger überlappen sich ihre Universen (= maximal großen Lebensräume).


Obgleich diese virtuellen "Universen" sich oft stark überlappen, beginnen sie doch recht schnell, sich auseinander zu entwickeln:

Zitat von Maalampi, S. 84:
 
Zum Beispiel unterscheiden sich die Entfernungen zwischen Merkur und Sonne — in Abhängigkeit davon, ob die Messungen von der Oberfläche des Merkur oder von der Sonnenoberfläche aus durchgeführt werden — um etwa 100 Kilometer.

Zitat von Maalampi, S. 93:
 
Und: Auf der Oberfläche der Sonne geht die Zeit im Vergleich zur Erdzeit 64 sec pro Jahr nach, in der Mitte der Sonne sind es ungefär 5 Min. Somit hat sich der Zeitunterschied in der 5 Mrd. Jahre währenden Lebenszeit unseres Sonnensystems auf schon Tausende von Jahren akkumuliert.

 

  Beitrag 2068-36
Das Multiversum, in dem wir zu Hause sind (bzw: Raumzeit in dreierlei Bedeutung)

 
 
E... in 2068-33:
Grtgrt in 2068-31:
 
... Die Vermischung passiert nicht im Konstrukt "Raumzeit", sondern erst beim Übergang in ein anderes Exemplar davon.
 
Guten Morgen Grtgrt.

Wieviel Exemplare "Raumzeit" bist Du denn bereit zu bieten, in diesem, unseren Universum?

Mit einem kann ich Dir dienen, aber wo willst Du eine weitere "Raumzeit" herholen in die "übergegangen" werden kann?

Mit gespannten Grüßen.
E....


Hallo E...,

man sollte sich darüber klar sein, dass, wer von der Raumzeit spricht, von 3 ganz verschiedenen Dingen sprechen kann. Dies sind
    (1)   die Raumzeit als mathematisches Modell dessen, was wir unser Universum nennen,
    (2)   die Raumzeit als das, was unser Universum tatsächlich ist, und
    (3)   der jeweils beobachterspezifischen Sicht auf dieses Universum modelliert durch ein Exemplar von Typ (1).

Keine zwei Exemplare vom Typ (3) sind identisch.

Sie sind vergleichbar mit der Sicht eines Menschen, der sich in einem Segelboot weit draußen auf dem Meer herumtreibt in einer Gegend, wo — fern am Horizont — gerade noch einige Inseln zu sehen sind. Der Erdkrümmung wegen wird er i.A. nicht alle sehen, und wenn er sich ihnen nähert, wird die Zahl derer, die er zu sehen bekommt, immer größer. Kurz: Die ihm sichtbare Welt wird anders aussehen je nachdem, an welchem Ort er sich gerade befindet.

Dennoch ist unbestritten: Diese Sichten sind nicht disjunkt zueinander. Sie sind wie Karten, deren Inhalt sich überlappt aber doch nicht identisch ist.

Wenn ich also von mehreren Exemplaren der "Raumzeit" spreche, meine ich damit ortsabhängige Sichten (3) auf unser Universum modelliert über je ein Exemplar (1).
Jede ist zwangsläufig begrenzt durch den Zeithorizont eines Beobachters, der sich am jeweils betrachteten Ort befindet — ist also ein kugelförmiges, begrenztes Universum.

Die Vereinigung aller Universen in diesem Sinne nenne ich das Multiversum, in dem wir zu Hause sind.

Es ist Vereinigung sich überlappender oder nicht überlappender kugelförmiger Teil-Universen, die — wenn beobachterspezifisch definiert — sich zudem noch ständig gegeneinander verschieben, wenn jene Beobachter sich gegeneinander bewegen.

Wir, als ein solcher Beobachter, bewegen uns wenigstens durch die Zeit, und deswegen modifiziert sich unser Universum ständig (und nicht nur deswegen, weil der Raum expandiert).

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1999-1
Unser Universium: In unterschiedlichster Form codierte Information

 
 

Der Urstoff des Universums: Protyposis


Erste Erwägungen für eine Begründung der Physik auf der Basis binärer Alternativen — Bits und QuBits, Information also — stammen aus den 50-er Jahren von Carl Friedrich von Weizäcker (seine "Ur-Alternativen" nennt man heute QuBits). Weizäcker schrieb:


Materie und Bewegung sind  Form  — Masse und Energie sind  Information .


Aus meiner Sicht folgt daraus:

Jede Form – d.h. jedes Erscheinungsbild der Natur – ist  Codierung  von Information.



Thomas Görnitz war über 2 Jahrzehnte hinweg enger Mitarbeiter von Weizäcker und wurde später zum Verwalter seines geistigen Erbes (und das keineswegs nur als Vorsitzender der Carl Friedrich von Weizäcker Gesellschaft).

Zusammen mit seiner Frau Brigitte hat Görnitz 2008 das Buch Die Evolution des Geistigen veröffentlicht.

ber einiges, was die beiden da so schreiben, könnte man trefflich diskutieren. So etwa über diesen Gedanken:


Information, so Görnitz, ist etwas, das durch eine unauflösliche Verbindung mit » Codierung « gekennzeichnet werden kann. Da Codierung aber Information über Information ist, mache das den selbstbezüglichen Charakter der Information deutlich.

Zitat von Görnitz, S. 21:
 
Wenn der Urgrund des Seienden letztlich als Information qualifiziert werden kann und wenn zum Wesen des Seienden das Entstehen von Fülle gehört, dann wird die Menge möglicher Information im Kosmos wachsen. ... Damit muss die kosmische Entwicklung nicht mehr als eine » ziellose Angelegenheit « erscheinen, wie manche Evolutionsbiologen meinen.

Was er damit sagt, ist letztlich:

Die Fülle unserer Welt besteht in der wachsenden Fülle unterschiedlichster Codierungen,
in deren Gestalt unsere Welt ausmachende Information sich präsentiert:


Information, die codierte Information darstellt, wird ebenfalls codiert mit dem Effekt,
dass sich so immer neue, vorher nicht gekannte Formen ergeben.



Eine recht große Verständnishürde für das neue Konzept der Materie bestehe darin, dass bei der Quanteninformation nicht nur von Sender und Empfänger, sondern zudem noch von Bedeutung abstrahiert werden müsse. Um die fast unvermeidbare Assoziation von "Information" zu "Bedeutung" zu unterbinden, bezeichnet Görnitz die abstrakt gemeinte Quanteninformation — die er dann offenbar nur als Menge von QuBits sieht — als Protyposis (was im Wortstamm eindrücken, prägen, eine Vorstellung von etwas Zukünftigem geben bedeutet). Er will damit deutlich machen, dass der Protyposis eine Form eingeprägt wird.


Protyposis meint  m ö g l i c h e  Gestalt:

nicht notwendig von Materiellem, sondern auch von Gedanklichem – eine Entität, die möglicherweise bedeutungsvoll wird.


Protyposis sei die eigentliche Grundsubstanz alles Seienden, denn sie kann in speziellen Zuständen zu all dem "kondensieren", was Physiker z.B. Elementarteilchen, Molekül, Materie oder physikalischen Prozess nennen.


Gebhard Greiter (grtgrt)

PS: Protyposis ist noch nicht wirklich Information, da sie ja von Sender, Empfänger und Bedeutung abstrahiert. Sie bedeutungslos zu nennen wäre wohl dennoch falsch, denn bekommt sie Sender und Empfänger (bestimmten Kontext also) wird sie zu Information im Sinne der Alltagssprache. Kann Protyposis also gesehen werden als codierte Nachricht, zu der es zunächst weder Sender, Empfänger, noch Dekodierungsschlüssel gibt?

Protyposis ist, wie Görnitz mal in einem Vortrag sagte,  p o t e n t i e l l e  Information.


 

  Beitrag 1915-1
Die (nicht widerlegbare) logische Struktur unserer Welt

 
 

Über die Welt, in der wir leben


Meine These 1:
  • Das Universum ist ein Quantensystem definiert durch seine Wellenfunktion.
  • Die Wellenfunktion jedes Quantensystems ist Summe der Wellenfunktionen einzelner Quanten.
  • Die Wellenfunktion jedes Quantums Q ist eine Summe von Wellenfunktionen, deren jede genau einen Zustand darstellt, in dem sich Q zeigen kann (jede dieser Wellenfunktionen nenne ich eine atomare Zustandswelle).
  • Wo Q einen Punkt der Raumzeit betritt oder verlässt, zeigt Q sich in genau einem dieser Zustände.
  • Jedes Elementarereignis erzeugt und/oder vernichtet Zustandswellen.
  • Ganz offensichtlich gilt: Je größer die Zahl der Quanten ist, aus der ein Quantensystem QS besteht, desto weniger wird ein einzelnes Elementarereignis den Gesamtzustand von QS abändern.
  • Kein Wunder also, dass
      uns ein Quantensystem umso konkreter erscheint, je größer es ist (seine Größe definiert als Zahl der seine Zustandswelle darstellenden atomaren Zustandswellen)
      und dass es sich — aus nicht allzu mikroskopischer Sicht — stetig zu entwickeln scheint, d.h. kontinuierlich in kleinsten Schritten.

Meine These 2:
  • Es kann mir niemand beweisen, dass diese Sicht falsch ist.


grtgrt, Gebhard Greiter

Wo oben von einer "Summe" der Wellenfunktionen gesprochen wird, darf man das nicht ganz wörtlich nehmen. In Wirklichkeit ist die Situation etwas komplexer: Jene "Summe" ist Lösung eines Eigenwertproblems, in dessen Zentrum die Schrödingergleichung des jeweils betrachteten Quantensystems steht.

 

  Beitrag 1915-3
Wie sich Dekohärenzprozesse einordnen

 
 
E... aus 1915-2:
Welche Rolle spielen bei Deinem Weltmodell die Dekohärenzprozesse?

Hallo E...,

sie sind im Modell durchaus berücksichtigt, denn:


Nach These 1 ist unsere Welt eine Konfiguration M verschieden wahrscheinlicher Möglichkeiten, gewisse Form anzunehmen. Jedes Elementarereignis E = E( M) ist eines der von M als möglich eingestuften. Sein Eintreten ersetzt M durch eine neue Version M( E). Auf diese Weise konkretisiert und generiert unsere Welt sich ständig neu.

Ein Elementarereignis E kann eintreten
  • entweder spontan (so dass ohne jede erkennbare Ursache ein Paar virtueller Teilchen entsteht oder vergeht)
  • oder durch Kollision existierender Teilchen (Dekohärenz): Zusammenstoßende Quanten nehmen einander wahr und führen so zum Kollabieren ihrer Wahrscheinlichskeitswelle).


Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1915-5
Der Heisenberg-Zustand des Universums

 
 
H... aus 1915-4:
Grtgrt aus 1915-1:
Das Universum ist ein Quantensystem definiert durch seine Wellenfunktion.

Hier wäre ich etwas zurückhaltender in der Formulierung. Klar ist, dass ein quantenmechanisches S. durch seine Wellenfunktion (die übrigens empirisch gewonnen wurde, nicht durch Herleitung! Und die man bestimmen muss.) vollständig beschrieben wird (das ist ein Grundpostulat der QM). Aber hier geht z.B. keine Gravi ein. Schrödinger hat damals versucht, die RT einfliessen zu lassen, was er aber aufgegeben hat.

Hi H...,

viel von dem, was ich heute glaube, geht zurück auf meine Lektüre des wunderbaren Buches von Lothar Schäfer: Versteckte Wirklichkeit (Hirzel 2004).

Er schreibt da z.B. auf Seite 51:

Zitat von Lothar Schäfer :
 
... der wellenartige Zustand der Wirklichkeit ... von Heisenberg (1958) auch "Wahrscheinlichkeitsfunktion" genannt. Stapp (1993) verallgemeinert diesen Begriff, indem er ihn den "Heisenberg-Zustand des Universums" nennt [und beschreibt wie folgt:
 
Zitat von Stapp aus: Mind, Matter, and Quantum Mechanics (1993):
In Heisenbergs Modell ... wird die klassische Welt der Materieteilchen ... durch den Heisenberg-Zustand des Universums ersetzt. Diesen Zustand kann man sich als komplizierte Welle vorstellen, die sich ... in Übereinstimmung mit örtlich-deterministischen Bewegungsgesetzen entfaltet.

Doch dieser Heisenberg-Zustand stellt nicht das tatsächliche physikalische Universum selbst im üblichen Sinne dar, sondern nur eine Menge " objektiver Tendenzen" oder " Neigungen", die mit einem bevorstehenden tatsächlichen Ereignis verbunden sind: Für jede von den einander ausschließenden möglichen Formen, die das tatsächliche Ereignis annehmen könnte, bestimmt der Heisenberg-Zustand eine Neigung oder Tendenz für das Ereignis, eben diese Form anzunehmen.

Die Wahl zwischen den einander ausschließenden möglichen Formen wird dabei als völlig vom "reinen Zufall bestimmt" gedacht, der durch jene Tendenzen beeinflusst wird.

Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1915-6
Definition des Begriffes "atomare Zustandswelle"

 
 
H... in 1915-4:
Grtgrt in 1915-1:
[/list
  • Die Wellenfunktion jedes Quantensystems ist Summe der Wellenfunktionen einzelner Quanten.
Superposition? d'Accor

Grtgrt in 1915-1:
  • Die Wellenfunktion jedes Quantums Q ist eine Summe von Wellenfunktionen, deren jede genau einen Zustand darstellt, in dem sich Q zeigen kann (jede dieser Wellenfunktionen nenne ich eine atomare Zustandswelle).

Hm, was meinst du? Ich versuche es mal mit dem (etwas verkürzten) 1x1 der QM:
sein F der zu einer phys. G. gehörige Operator, φ der Zustandsv. (Wellenfkt.), dann bekommt man scharfe Werte, wenn
gilt (F - F) φ = 0 (falls mittl. qu. Abw. der Zustände 0). D.h. die Eigenfunktionen φ des Operators sind die messbaren
Zustände, die man messen kann, nicht muss (und genau die und keine anderen!!!).

Hi H...,

vielen Dank für diese Klarstellung.

Sie zeigt mir, dass das, was ich eine atomare Zustandswelle nenne, in Wirklichkeit eine jener Eigenfunktionen ist.

Beste Grüße,
grtgrt
 

  Beitrag 1915-7
Erklärung der transzendenten Dimensionen unserer Welt

 
 
H... aus 1915-4:
Grtgrt aus 1915-1:
[/list
  • Wo Q einen Punkt der Raumzeit betritt oder verlässt, zeigt Q sich in genau einem dieser Zustände.
  • Jedes Elementarereignis erzeugt und/oder vernichtet Zustandswellen.

Hier wäre interessant, was betreten heisst und von WO kommt Q?

Es gibt ja eigentlich nichts weiter ausser der Raumzeit. Diese ist durch gewisse Energiezustände charakterisiert.
Nun kann es durch wohlbeschreibbare Fluktuationen passieren, dass ein Teil der vorhandenen Energie sich in ein Partikel/Antipartikel formt
und sofort wieder zerstrahlt. Casimir hat dies ja sogar exp. dingfest gemacht.

Hi H...,

mein Wort betreten steht für das Kollabieren der Wahrscheinlichkeitswelle und soll daran erinnern, dass man hier die transzendente Welt möglicher Alternativen verlässt und so hineintritt in die materielle Wirklichkeit des (durch die Raumzeit modellierten) Universums.

Die Frage, woher das Quantum Q kommt, ist die eigentlich interessante — ich beantworte sie wie folgt:
  • Das Universum scheint über die 4 uns bekannten Dimensionen hinaus weitere, rein konzeptuelle Dimensionen zu haben (in denen dann die durch Heisenberg so bezeichneten " Neigungen" und " Tendenzen" als transzendente Größen existieren).
  • Das Betreten der materiellen Wirklichkeit des Universums entpräche dann dem Projezieren der 4+N-dimensionalen Gesamtwelt auf einen der Raumzeit ent­sprechenden 4-dimensionalen Raum, den man zu sehen hätte als jene Teilmenge der Menge aller Punkte der Gesamtwelt, die in Dimension 5 bis 4+N identischen Koordinatenwert haben — eben jenen Wert, welcher dem Zustand entspricht, zu dem hin die Wahrscheinlichkeitswelle kollabiert (und der das Quantum Q enthält).
  • Jede Projektion in diesem Sinne ließe sich auffassen als genau eine der Welten des Hugh Everett III.

Beste Grüße,
grtgrt

PS: Die Dimensionen 5 bis 4+N sollte man als die transzendenten Dimensionen unserer Welt bezeichnen. Sie scheinen rein konzeptueller Art zu sein (und sind wohl das, was wir als mathematische Gesetzmäßigkeiten kennen, genauer: z.T. kennen).

 

  Beitrag 1942-30
Die Natur als Materie erschaffender Computer

 
 
Irena aus 1942-29:
 
wenn man beginnt, sich mit der Deutung der Information zu beschäftigen, kommt man zum Schluss, dass die Erklärung der Information als alleinigen Gründer der Materie unsinnig ist. Weil die Information immer mit einer Deutung komplementär ist.

Hallo Irena,

im Grunde genommen, muss man die folgenden 4 Begriffe nebeneinander stellen:
  • Daten (als Form, in der uns Information — irgendwie kodiert — erreicht),
  • diese Information selbst,
  • ihre Deutung
  • und die aufgrund der Deutung erfolgende Reaktion auf jene Information.

Zunächst ist festzustellen:
  • Ein und dieselbe Information kann in Form verschiedener Daten vorliegen (kann also verschieden kodiert und transportiert sein).
  • Geeignetes Abstrahieren von diesen Formen liefert uns die Information selbst (sofern wir beim Dekodieren keinen Fehler machen).
  • Jene Information zu deuten bedeutet dann nichts anderes, als zu versuchen, sich all ihre Konsequenzen auszumalen (formal gesprochen: Deutung = Übergang zur transitiven Hülle). Da jenen Übergang zu finden, schwierig sein kann, wird man dabei i.A. Fehler machen — und wenn es nur der Fehler ist, einige Konsequenzen schlichtweg zu übersehen.
  • Der Wissensstand, bei dem man so angelangt ist, triggert dann eine Reaktion, die die Realität verändert und so zu neuen Daten führt.

Diesen Zyklus immer und immer wieder zu gehen, bezeichnet man als Informationsverarbeitung — was nichts anderes als ein Prozess ist, der schrittweise Daten entgegennimmt und schrittweise Reaktion darauf erzeugt.

Der den Prozess treibende Mechanismus — ein Mensch, oder die Natur selbst — funktioniert nicht voll deterministisch.

Das wiederum hat zur Folge, dass die Reaktion durch die eingehenden Daten nicht wirklich eindeutig definiert ist (als Mensch macht man Fehler, als Natur funktioniert man im Kleinsten absolut zufällig, liefert also für unteilbare Ereignisse zufällige Reaktion, die statistisch gesehen aber dennoch wieder durch existierende Information ψ beschrieben ist).

Der Korridor der Möglichkeiten, die so zu Realität werden können und teilweise auch werden, ist demnach durch ψ — die Wellenfunktion des Universums — beschrieben und eingegrenzt.

Die Natur — als der Mechanismus, der den Prozess abarbeitet — ist gegeben durch die 4 Grundkräfte. Sie, so vermutet man heute, könnten auf eine einzige Kraft zurückführbar sein, die man dann — so meine ich — gut als den "Geist" der Natur sehen könnte.

Materie wird dann also letztlich — so wie in Beitrag 1924-1 beschrieben — durch jenen "Geist" geschaffen.


Gruß, grtgrt
 

  Beitrag 1917-1
Lothar Schäfers Weltmodell (und sein entscheidender Schritt)

 
 

Wie uns Philosophie hilft, den Kosmos zu verstehen


Was ich als philosophische Erkenntnis bezeichne ist eine Meinung, die sich über lange Zeit hinweg mindestens einer Person mehr und mehr aufgedrängt hat, die mindestens eine Person immer wieder erwogen, mit Hilfe streng logischer Argumentation kritisch überdacht, mit anderen Meinungen verglichen, dann aber doch als einzig plausiblen Standpunkt eingestuft hat.

Eine so entstandene Überzeugung ist deutlich mehr als nur eine Meinung unter vielen: Sie ist wenigstens diesem Menschen eine Art Erleuchtung, obgleich auch er sie nicht wirklich beweisen kann.


Wer philosophische Erkenntnisse ignoriert, ist selten gut beraten.

Ein uns alle angehendes Beispiel ist Kants Überzeugung, dass der Mensch Zweck an sich ist (und daher nie nur als Mittel zum Zweck benutzt werden darf):

Zitat von Kant (1785):
 
Jeder Mensch, und überhaupt jedes vernünftige Wesen,
existiert als Zweck an sich
und keineswegs nur als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen.

 

Zitat von Kant:
 
Handle so, dass du die Menschheit — sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen — jederzeit zugleich als Zweck,
niemals [aber bloß als Mittel brauchest.

 

Zitat von Lothar Schäfer (2004):
 
Kants Imperativ enthüllt die akute Immoralität unseres heutigen Gesellschaftsystems. Wir stehen dauernd unter dem Druck der Verderber: im Geschäftsleben wie in der Politik sind wir ständig gefordert, Menschen nur als Mittel zum Zweck zu betrachten.
 


Dass philosophische Erkenntnisse sehr wertvoll sein können (wie dieses Beispiel zeigt), ist eine Sache.

Eine ganz andere aber ist, dass – wo es um Naturwissenschaft geht – oft völlig unklar bleibt, wie man der Philosophen Aussage zu interpretieren hat, damit sie uns zur Erleuchtung wird.

Schlimmer noch: selbst der Philosoph selbst, weiß das oft nicht wirklich. Es scheint vielmehr so zu sein, dass besonders tiefe Wahrheiten sich auch ihm nur einen kurzen Augenblick lang offenbaren. Er kann so eine Wahrheit dann nicht mehr vergessen, weiß jetzt, dass sie existiert, kann sie aber doch nicht weiter greifbar machen.


Gutes Beispiel dafür mag George Berkely’s Erkenntnis sein:

esse est percipi   ( zu sein bedeutet wahrgenommen zu werden ).


Wie einige andere Philosophen sein Werk in allzu vielen Worten interpretieren, geht meiner Meinung nach völlig an dem vorbei, was sich ihm da einen kurzen Moment lang als tiefe Wahrheit gezeigt haben mag. Treffender zu interpretieren scheint ihn Lothar Schäfer, der denkt:


Berkely ist der Meinung, dass alles, was wirklich existiert, eine Art Bewusstsein hat.

Damit sagt er umgekehrt, dass wo immer wir ein Ding wahrnehmen, welches KEIN Bewusstsein zu haben scheint,
wir es in seiner wirklichen Existenz noch gar nicht gesehen, geschweige denn begriffen haben.


Nehmen wir also mal an, das betrachtete Ding sei der Stuhl, auf dem ich eben sitze. Hat der ein Bewusstsein? Wohl nicht (würden wir meinen). Also, so sagt Berkely, ist das, was ich sehe, wenn ich ihn fühle, greife, betrachte nur eine durch mich selbst produzierte Illusion — eine Art Abstraktion könnte man sagen. Sie zeigt ihn nur projeziert in meine eigene gedankliche Welt.

Und tatsächlich: Ein Physiker wie Heisenberg etwa, sieht jeden Stuhl ganz sicher auch als ein Quantensystem, woraus ihm dann sofort klar wird, dass der Stuhl eine wesentlich weniger materielle Existenz hat als er sie in den Augen dessen hat, der ihn gerade als Sitzgelegenheit benützt. Kann man sich dann aber nicht mit Recht fragen, ob nicht vielleicht auch Heisenbergs Vorstellung von der Natur der Existenz des Stuhls noch sehr weit von der entfernt ist, die des Stuhles wirklich wahre ist — jene also, in der er dann tatsächlich Bewusstsein haben könnte?


Hier angekommen, wird so mancher versucht sein zu sagen: Wenn wir nicht wissen, was eine ganz bestimmte Aussage eines Philosophen denn nun genau bedeutet — und wenn er selbst noch damit kämpft, sie zu verstehen — mache es wohl keinen Sinn, sich länger damit zu befassen.

So zu denken aber wäre falsch, wie uns gleich drei Beispiele zeigen:

  • Chemiker und Physiker des 19. Jahrhunderts haben Demokrits Atomtheorie – sie geht eigentlich zurück auf seinen Lehrer Leukippos (etwa 500 v.Chr.) – neu ausgegraben und konnten sie erstaunlich genau bestätigen. Wer mir das nicht glaubt, der wird es sicher Heisenberg glauben.
  • Und Heisenberg gibt gleich noch ein zweites Beispiel: "Die Wahrscheinlichkeitswelle von Bohr, Kramer und Slater ... bedeutete so etwas wie eine Tendenz zu einem bestimmten Geschehen. Sie bedeutete die quantitative Fassung des alten Begriffes der » Potentia« in der Philosophie des Aristoteles."
  • Noch erstaunlicher: Parmenides (geboren um 530 v.Chr.) lehrte: "Die Welt, in der wir zu leben glauben, ist die vermeintliche Welt der Sinneswahrnehmungen; die Welt ist nur Meinung ...". Und genau das bestätigt uns im 20. Jahrhundert der Physiker Niels Bohr.

Wir sehen: Die moderne Physik bestätigt mehr und mehr die schon recht alte Erkenntnis, dass

wir die Welt und deren Bedeutung noch gar nicht kennen,
sondern dass ALLES um uns herum nur Vorstellung und Illusion ist.


Wo aber stehen wir dann? Sind wir beim Versuch, die Welt zu verstehen, in eine Sackgasse gelangt? Es sieht nicht so aus:


Der Astrophysiker und Mathematiker Sir James Jeans (1877-1946) schrieb 1931:

Zitat:
 
Man kann sich das Universum am besten ... als aus einem reinen Gedanken bestehend vorstellen, wobei wir den Gedanken woran, mangels eines umfassenden Wortes, als den eines mathematischen Denkers beschreiben müssen ...

Das Universum sieht immer mehr wie ein großer Gedanke aus als wie eine große Maschine. Geist erscheint nicht mehr wie ein zufälliger Eindringling in das Reich der Materie, sondern wir fangen an, Verdacht zu schöpfen, dass Geist Schöpfer und Herrscher im Reich der Materie ist — natürlich nicht unser eigener individueller Geist, sondern der, in dem die Atome als Gedanken existieren, aus denen unser eigenes Bewusstsein gewachsen ist ...

Wir entdecken, dass das Universum Hinweise auf eine planende und kontrollierende Kraft offenbart, die etwas mit unserem individuellen Geist gemein hat.
 

Ist Jeans dann aber mit diesem Verdacht nicht schon ganz nahe an dem, was George Berkely mit seinem esse est percipi wohl erahnt hat?


Meiner Ansicht nach, könnte der nächste große Schritt, den Philosophen und Physiker sich wünschen gehen zu können, sehr wohl über das Weltbild des Lothar Schäfer führen. Wenn ich ihn richtig verstehe, lässt es sich so zusammenfassen:



Lothar Schäfers philosophische Meinung


Schäfer, ein Professor für Physik in Arizona, nicht der gleichnamige Philosoph, sieht drei Wurzeln unseres Wissens:
  • das Erfahren, Beobachten und Interpretieren der raumzeitlichen Wirklichkeit,
  • den gezielten Gebrauch unserer Vernunft in Übereinstimmung mit jedem anerkannten Gesetz logischen Denkens,
  • daneben aber auch die epistemischen Prinzipien des sich selbst bewussten Geistes (der mindestens uns, möglichwerweise aber sogar dem gesamten Kosmos Bewusstsein verleiht).
    Man beachte: Schäfer spricht hier von epistemischen (nicht aber von epistomologischen) Prinzipien. Was er als dritte Quelle unseres Wissens sieht, ist demnach all das, was logische Konsequenz dessen ist, was unser "sich selbst bewusster Geist" als "ganz offensichtlich wahr" einstuft.

Schöpfend aus diesen 3 Quellen des Wissens kommt Schäfer zu einem Weltbild, welches das von Bohr und Heisenberg um einen, wenn er denn richtig sein sollte, ganz entscheidenden Schritt weiter denkt (in Punkt 3):
  • Die Grundlagen der materiellen Welt sind nicht-materiell.
  • Fast alle Dinge sind aufgebaut aus Dingen, die weit weniger konkret sind als sie selbst.
  • Über quanten-physikalische Experimente haben wir Zugang zu einer anderen Wirklichkeit gefunden: Sie könnte die Welt der platonischen Ideen sein.
    Hinweis: Die platonische Idee — das sollte man wissen — bezeichnet kein mentales Erzeugnis, keinen Einfall oder Gedanken. Platon geht davon aus, dass die Welt, wie sie vom Menschen sinnlich wahrgenommen wird, einem eigenständig existierenden Reich sog. Ideen nachgeordnet ist, welches einen Teil unserer Welt darstellt, den man nur auf geistigem Weg erkennen und erforschen kann, da alles dort Existierende sinnlicher Wahrnehmung entzogen sei [also nicht Gegenstand der Experimentalphysik sein kann .

Schäfers gedanklicher Weg ist bemerkenswert, da er uns hin zu einem Punkt führt, an dem man nicht mehr wirklich ausschließen kann, dass unser Universum — eher noch der gesamte Kosmos — eine überaus wichtige transzendente Dimension hat, die
  • Ideen ( Konzeption) im Sinne Platons darstellt
  • und vielleicht sogar dem gesamten Kosmos wirklich eine Art Bewusstsein gibt.

Schäfer meint: Die Annahme, das das menschliche Bewusstsein einfach nur Fortsetzung eines kosmischen Bewusstseins sein könnte, würde einige Rätsel erklären, darunter z.B.

Wenn, wie Schäfer da vermutet, der menschliche Geist tatsächlich Teil eines kosmischen Bewusstsein sein sollte, so würde das erklären, warum gewisse Denkergebnisse griechischer Philosophen sich zwei Jahrtausende später als so erstaunlich richtig erwiesen.


Gebhard Greiter (grtgrt)

PS: Ich würde mich freuen, wenn gerade zu diesem Thema hier im Forum eine wirklich lebhafte Diskussion entstünde.

 

 Beitrag 0-93
Gibt es uns unbekannte hochentwickelte Lebensformen im Universum?

 
 

 
Es ist unwahrscheinlich, dass
 
der Mensch die einzige hochentwickelte Zivilisation im Universum ist, die jemals entstand

 
 
Nach dem sog. kosmologischen Prinzip spricht alles dafür, dass die Qualität des Universums überall dieselbe ist (dann jedenfalls, wenn man hinreichend große Teile des Universums ihrer durchschnittlichen Qualität nach vergleicht).
 
Die Existenz der Menschen und ihrer Zivilisation zeigt: Die Wahrscheinlichkeit, dass derart hoch entwickelte Zivilisationen entstehen, kann nicht Null sein. Wenn dem aber so ist, dann werden — hinreichend große Zeiträume betrachtet — immer wieder derartige Populationen entstehen.
 
 
Banaler ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit, dass es im durch uns beobachtbaren Teil des Universums — es ist dies ein kugelförmiger Bereich um uns herum mit einem Radius von etwa 46 Mrd. Lichtjahren — nicht bereits zahlreiche Zivilisationen gab, deren Fähigkeiten nicht kleiner waren als die unseren, ist ebenso gering, wie die Wahrscheinlichkeit, dass auf einem viele Quadratkilometer großen, mit fruchtbarer Erde bedecktem Areal nur ein einziger Grashalm wächst und gedeiht.

 
 
Noch viele weitere Argumente dafür, dass wir Menschen als hochentwickelte Zivilisation in der gesamten Raumzeit nicht einzigartig sein können, finden sich disktuiert von Michio Kaku in seinem Buch Die Physik der unsichtbaren Dimensionen (Rohwohlt 2013) ab Seite 426.
 
Kaku macht uns dabei auch klar, wie unwahrscheinlich es ist, dass solche Zivilisationen unbegrenzt lange existieren: Insbesondere wenn sie einen mit dem unseren vergleichbaren Entwicklungsstand haben, wird die Gefahr groß sein, dass sie sich entweder selbst zerstören oder durch eine Naturkatastrophe zerstört werden.
 
Man bedenke:

     
  • Bakterienkolonien etwa wachsen sehr schnell, erreichen aber selten die Größe eines Pennies. Wenn man im Labor Bakterien in eine Schale mit Nähr­stoffen setzt, vermehren sie sich in der Tat exponentiell, sterben aber irgendwann, weil sie zu viele Abfallstoffe produziert oder ihre Nahrungsvorräte aufgebraucht haben.
     
    Meist ersticken Bakterienkolonien in ihrem eigenen Abfall. Weist nicht einiges darauf hin, dass es der Gattung Mensch ebenso gehen könnte?
     
  • Und hat nicht praktisch jede Art von Leben auf der Erde — oder von Objekten bestimmter Art und Qualität ganz allgemein — ein typisches Maximalalter?

 
Selbst denkbare Naturkatastrophen, denen die Menscheit — bzw. irgend welch hoch entwickeltes Leben — zum Opfer fallen kann, gibt es viele:

  • 1991 hat die NASA eine Schätzung erarbeitet, nach der es zwischen 1000 und 4000 Asteroiden gibt, deren Bahn die Bahn der Erde kreuzt und die einen Durchmesser von mehr als 0.8 km haben. Würde die Erde mit einem Asteroiden kollidieren, desses Durchmesser mehrer Kilometer betrüge, so würde das die Erdrinde aufbrechen, Milliarden Tonnen geschmolzener Magma aufspritzen lassen und riesige Erdbeben und Flutwellen rund um den Globus schicken.

     
  • Auch eine Supernova-Explosion in der Nachbarschaft unseres Sonnensystems würde unsere Erde (und uns) augenblicklich zerstören. Allein die gewaltigen Ausbrüche von Röntgenstrahlung, die sie erzeugt, würden wir nicht überleben.

     
  • Wie die Paläontologen David Raup und John Sepkoski zeigen konnten, macht eine Kurve, die die Zahl bekannter Arten auf der Erde zu einer bestimmten Zeit darstellt, mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks alle 26 Millionen Jahr einen scharfen Knick nach unten. Dies lässt sich für 10 Zyklen (mit Ausnahme zweier) über einen Zeitraum von 260 Millionen Jahre hinweg zeigen.
     
    In einem dieser Zyklen (vor 65 Mio Jahren) verschwanden die Dinosaurier, in einem anderen (vor 35 Mio Jahren) starben viele Arten der Landsäugetiere aus. Die entscheidene Frage aber, welches Phänomen um Himmels willen einen Zyklus von 26 Mio Jahren haben könnte, ist bis heute nicht beantwortet.

 
 
Da es im Universum wahrhaft astronomische zeitliche und örtliche Abstände gibt, scheint es nicht verwunderlich, dass wir bisher auf noch keine uns ebenbürtige Zivilisation getroffen sind. Sie könnte gut allzu weit von uns entfernt leben oder schon lange vergangen sein, selbst dann, wenn sie deutlich höher entwickelt war als die Menscheit es heute ist.
 
Und selbst wenn wir eine träfen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich bei unserer Begegnung auch nur annäherend im selben Entwicklungszustand wie wir befindet, ist noch viel unwahrscheinlicher. Sollte sie weniger weit als wir entwickelt sein, wäre sie an ihren Planeten gebunden (d.h. von uns kaum zu bemerken), sollte sie aber schon einen weit höheren Entwicklungszustand als wir erreicht haben, könnte es gut sein, das wir für sie nicht interessanter sind als für uns z.B. Regenwürmer oder kleine Krebse im Wasser.
 
Die Konsequenz daraus:
 
 
Dass zwei in verschiedenen Regionen der Raumzeit aufgeblühte Zivilisationen einander begegnen
 
— und zudem noch auf Augenhöhe —
 
ist um Größenordnungen unwahrscheinlicher als dass sie tatsächlich entstanden.

 
 
Zu bedenken ist auch:
 
Gäbe es z.B. zwei am jeweils anderen Ende der Milchstraße wohnende, gleich hoch entwickelte Zivilisationen, so könnten die — selbst wenn es eine gemeinsame Sprache gäbe — noch nicht mal sinnvoll miteinander kommunizieren, denn jede Nachricht der einen Partei an die andere würde ja gut 100 000 Jahre benötigen, um beim jeweils anderen Volk anzukommen. Eine heute bei uns eingehende Antwort auf eine Frage, die unsere Vorfahren vor 200 000 Jahren gestellt haben könnten, wäre für uns aber nur noch von geschichtlichem Interesse. Echte Zusammenarbeit mit jenen "Aliens" wäre solch großer zeitlicher Verzögerung wegen absolut undenkbar.

 
Aliens, die von uns weiter als nur wenige Lichtjahre entfernt wohnen, können für uns deswegen stets nur von rein theoretischem Interesse sein.


 

 Beitrag 0-339
Wie dicht kann das Universum durch intelligentes Leben bewohnt sein?

 
 

 
Wie nahe könnten im Universum entstandene Zivilisationen einander sein?

 
 
Bei der Weite des Universums kann man sich gut vorstellen, dass biologisches Leben auf nicht nur einem Planeten entstand.
 
Das muss aber noch lange nicht bedeuten, dass dort Zivilisationen existieren wie die unsere — und zudem noch in unserer näheren Umgebung.
 
Man bedenke:
     
  • Wie lange ein Stern lebt, hängt mit seiner Größe zusammen: Sterne, die deutlich größer sind als unsere Sonne, haben ein deutlich kürzeres Leben.
     
  • Unsere Sonne aber hat die Hälfte ihres Lebens schon hinter sich.
     
  • Zudem muss auf Planeten, auf denen wir leben könnten, ein ganz bestimmtes Klima herrschen — ein Klima, das auf der Erde noch nicht wesentlich länger herrscht, als die kurze Zeitspanne, die notwendig war, dass Evolution den Menschen hervorbrachte.
     
  • Wie die Entwicklung der Erde zeigt, muss zudem immer damit gerechnet werden, dass es zu der einen oder anderen planetaren Katastrophe kommt, die Leben so gründlich auslöschen kann, dass es sich auf demselben Planeten in genau derselben Richtung nicht nochmals entwickeln wird (man denke an die Dionosaurier, die ja fast 200 Mio. Jahre dominantestes Leben auf der Erde waren).

Berücksichtigt man also die Tatsache, dass es für unsere Entwicklung einer Vielzahl ganz erstaunlicher Zufälle bedurfte, so kommt man tatsächlich zum Schluss, dass intelligentes Leben — Zivilisationen wie die unsere — im Weltall nur weit verstreut existieren sollten. Dass sie dann zudem auch not zeitlich gleichzeitig leben, wird noch weit seltener vorkommen.
 
Brandon Carter etwa — auf den das kosmologische Prinzip zurückgeht — würde deshalb nicht in Forschungsprogramme zum Aufspüren außerirdischen Lebens investieren (so jedenfalls schreibt der Physiker Claus Kíefer auf Seite 301 seines Buches Quantenkosmos (2008)).