Gravitationswellen





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Gravitationswellen

   





D i s k u s s i o n


 Beitrag 0-442
Gravitationswellen: Wann vorhergesagt, wann erstmals beobachtet, wodurch verursacht?

 
 

 
Seit wann weiß man sicher von Gravitationswellen?

 
 
Ob Einsteins allgemeine Relativitätstheorie (ART) die Existenz von Gravitationswellen vorhersagt oder nicht, war lange strittig:
 
Einstein selbst kam mehrfach zu unterschiedlichem Ergebnis, das er aber stets widerrufen musste, nachdem er selbst oder andere in seinen Überlegungen Rechenfehler entdeckt hatten.
 
Erst 1957 — 2 Jahre nach Einsteins Tod — konnte Hermann Bondi vom King's College in London (in Zusammenarbeit mit Felix Pirani, Rainer Sachs, Ivor Robinson und Roger Penrose) endgültig einsehen, dass die ART Gravitationswellen vorhersagt.
 
[ Bondi meinte nach dem Durchbruch, Gravitationswellen seien so real, dass man damit im Prinzip Wasser erwärmen könne. ]

 
 
Heute unterscheidet man — messtechnischer Gründe wegen — 3 Arten solcher Wellen:
     
  • Bursts: Das sind kurze, nur Bruchteile von Sekunden andauernde Emissionen von Gravitationswellen hoher Frequen (= größer 10 Hertz). Nur sie sind mit erdgebundenen Detektoren messbar — und 2015 erstmals gemessen worden.
     
    Ihre Ursache sind
       
    • gewaltige Explosionen (Supernovae) verbunden mit dem Zusammensturz ihres Zentralbereis zu einem Neutronenstern oder Schwarzen Loch (wenige solcher Ereignisse pro Jahr im Umkreis von 100 Mio Lichtjahren)
       
    • der Kollaps eine Sternhaufens zu einem galaktischen Schwarzen Loch (wenige solcher Ereignisse pro Jahr im beobachtbaren Universum)
       
    • die Kollision schwerer Himmelskörper — Sterne oder Schwarzer Löcher — nachdem sie sich auf spiralförmiger Bahn immer mehr angenähert haben (einige solcher Ereignisse pro Jahr im Umkreis von 100 Mio Lichtjahren)

     
  • Periodische Gravitationswellen: Sie haben niedrige Frequenz — 10-5 bis 10 Hertz — und können, der seismischen Störungen auf der Erde wegen, nur durch Satelliten-Inferometer im Weltall nachgewiesen werden, die schon heute in der Lage wären, Abstandsänderungen bis hinunter zu 20 Billionstel Meter zu messen.
     
    Ursprung solcher Wellen sind
       
    • Sich umkreisende Doppelsterne,
       
    • rotierende Neutronensterne (Pulsare),
       
    • Vibrationen von Neutronensternen.

     
  • Der stochastische Gravitationswellenhintergrund: Er hat Frequenzen von unter 10-5 Hertz und entsteht durch Überlagerung vieler ferner periodischer Vorgänge sowie schwacher, weit entfernter Ereignisse.
     
    Phasenübergänge im frühen Universum oder Relikte des Urknalls würden besonders interessante Hauptverursacher sein.

 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Signale der Schwerkraft (2017), S. 19-22 und 10-11


 

 Beitrag 0-343
Warum Einstein — aber nicht Newton — Gravitationswellen vorhersagen konnte

 
 

 
Warum Einstein (aber nicht Newton) Gravitationswellen vorhersagen konnte

 
Der Grund hierfür:
     
  • Nach Newton wirkt die Gravitationskraft instantan über beliebige Entfernungen hinweg.
     
  • Nach Einstein aber kann auch Gravitationswirkung sich höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

 
Warum das zur Folge hat, dass es Gravitationswellen geben muss, erklärt sehr schön Claus Kiefer auf Seite 64 seines Buches Der Quantenkosmos:

Claus Kiefer:
 
Betrachten wir zwei Körper — A und B —, die sich wegen gravitativer Anziehung aufeinander zu bewegen. Nehmen wir an (jetzt nur als Gedankenexperiment), dass diese Körper, wenn sie aufeinander prallen, durch einen Mechanismus mit Stahlfedern wieder abgestoßen werden und sich zurückbewegen, bevor sie sich erneut annähern.
 
Bei der Bewegung nach außen spürt A den Zug von B in einer Stärke, wie sie bestand, als sie sich noch etwas näher waren — schließlich braucht die Gravitationswirkung ja eine endliche Zeit, um von B nach A zu gelangen. Die ziehende Kraft von B ist demnach stärker, als sie es bei instantan eintretender Wirkung wäre.
 
Umgekehrt süprt auf dem Weg nach innen A die Kraft von B wie sie bestand, als sie noch weiter voneinander entfernt waren — schwächer also, als das bei instantaner Wirkung der Fall wäre.
 
Deshalb wird auf dem Weg nach außen mehr Arbeit geleistet als auf dem Weg nach innen wieder zurückgewonnen wird. Da die Gesamtenergie erhalten bleibt, muss ein Teil der Energie den lokalen Bereich der Massen verlassen haben: als Gravitationswelle.
 


 
Quelle: Claus Kiefer: Der Quantenkosmos, Fischer 2008, S. 64.

 
 
Seit September 2015 wurden bis Ende 2017 schon insgesamt 5 Gravitationswellen nachgewiesen. Eine kam aus einem Ereignis, das 3 Mrd. Lichtjahre von uns entfernt stattfand.

 

  Beitrag 786-88
Interessantes zu Gravitationswellen

 
 

Interessantes zu Gravitationswellen


Zitat von Maalampi, S 144:
 
Findet in einer Entfernung von 10.000 Lichtjahren eine Supernova-Explosion statt, so führt die dadurch erzeugte Gravitationswelle dazu, dass die Körpergröße der Menschen für einen Moment um ungefähr den hundertsten Teil eines Atomkerns größer oder kleiner wird.

Der Raum ist voller kleiner Gravitationsschwingungen, ganz so wie er heute voller Radiowellen, Handywellen und anderer Formen elektromagnetischer Strahlung ist.
 


Zitat von Maalampi, S 147:
 
Für die [ von der ART vorausgesagte] Existenz von Gravitationswellen gibt es bislang nur eine — indirekte — Bestätigung:

Im Jahr 1974 entdeckten Russell Hulse und Joseph Taylor mit einem Radioteleskop den Doppelpulsar PSR1913 + 16, ein System zweier schnell rotierender Neutronensterne. Sie umkreisen einander mit hoher Geschwindigkeit (alle 8 Std ein Mal). Man stellte fest, dass die Umlaufzeit langsam aber sicher kürzer wird, was zeigt, dass jene Neutronensterne einander in immer kleinerem Abstand umkreisen.

Die ART sagt genau das vorher: Das System verliert ständig Energie, indem es Gravitationswellen in den Raum abstrahlt, weswegen sich die Sterne annähern.
 

Hulse und Taylor erhielten für diese ihre Entdeckung 1993 den Nobelpreis.

 

 Beitrag 0-445
Sep 2014: Erstmals eine Gravitationswelle tatsächlich beobachtet

 
 

 
Erste beobachtete Gravitationswelle

 
 
Am 15.9.2014 ( Event GW150914 ) haben Menschen erstmals den Zusammenstoß zweier Schwarzer Löcher beabachtet.
 
Inzwischen wurden weitere solcher Geschehnisse als Gravitationswelle registriert, aber jene erste Beobachtung des plötzlichen Verschmelzens zweier Himmelskörper war insofern ein wahrer Glücksfall, als dieses Ereignis ein besonders klares, einfach interpretierbares Signal lieferte:
 
 
Die beobachtete Erschütterung des Raumes entstand als Folge des Verschmelzens zweier Schwarzer Löcher, die sich direkt davor mit mehr als halber Lichtgeschwindigkeit spiralartig umkreist hatten: etwa 75 Mal/sec bei nur 350 km Entfernung.
 
Die Masse der beider Löcher — jedes mit einem Durchmesser von etwa 250 bis 300 km — ließ sich zu 29 bzw. 36 Sonnenmassen errechnen, wobei sie verschmolzen zu einem, das dann aber nur 62 Sonnenmassen hatte (so dass 3 Sonnenmassen als Gravitationswellen-Energie abgestrahlt wurden: etwa 50 Mal mehr Energie als sämtliche Sterne des beobachtbaren Universums im selben kurzen Zeitraum an Strahlung abgeben).
 
Damit war Event GW150914 das energiereichste Ereignis, das Menschen je beobachtet haben:

     
    Selbst der ultraleuchtkräftige Gammablitz GRB 110918a, vermutlich die Explosion eines Riesensterns, erreichte nur knapp 1/10 davon.
     
    Noch 8/1000 Sekunden nach dem Zusammenprall vibrierte der neue schwarze Himmelskörper, dann war Ruhe.
     
    Das LIGO-Team konnte aus dem Verlauf des kurzen Signals nicht nur die Masse des finalen Schwarzen Lochs errechnen, sondern auch seinen Spin (= Drehimpuls). Er wird quantifiziert durch eine dimensionslose nicht-negative Zahl kleiner 1 und betrug 0,67 (plus/minus 0,07). Das ist viel, denn es bedeutet, dass das neue Loch mit etwa 2/3 der Lichtgeschwindigkeit rotiert.
     
    Im Grenzfall 1 würde es mit Lichtgeschwindigkeit rotieren, was aber eine unsinnige Aussage wäre, denn es gibt keinen externen Vergleichspunkt oder Maßstab, da der Raum um ein rotierendes Schwarzes Loch herum ja nicht fest ist, sondern mit dessen Rotation gleichermaßen mitgezerrt wird wie zäher Honig beim Umrühren.

 
 
Das Event GW150914 war nicht nur deswegen ein Meilenstein in der Geschichte der Experimentalphysik, weil hier zum ersten Mal Gravitationswellen nachgewiesen werden konnten. Auch das Studium der Quellen dieser Wellen bedeutete großen Erkenntnisgewinn. Die 3 wichtigsten Schlussfolgerungen waren:
     
  • Wir wissen jetzt mit absoluter Sicherheit, dass Schwarze Löcher existieren.
     
  • Auch die Existenz stellarer Schwarzer Löcher mit mehr als 30 Sonnenmassen ist nun Gewissheit.
     
  • Astronomische Modelle, die Vorkommnisse wie das Event GW150914 als sehr unwahrscheinlich erschienen ließen, sind widerlegt.

Insbesondere ist nun klar: Der Bau teurer Detektoren zum Abhören von Gravitationswellen lohnt sich.
 
Steven Hawking gratulierte dem LIGO-Team sofort mit voller Begeisterung, denn er wusste nun: Die Daten passen zu seiner Vorhersage aus 1970, nach der die Oberfläche einer Vereinigung Schwarzer Löcher größer sein muss als die Summe der Oberflächen der in ihm aufgegangenen Schwarzen Löcher.
 
 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Signale der Schwerkraft (2017), S. 70-73

 
 

 
Astrophysikalische Detektivarbeit

 
Aus der Menge all der vielen von einem Gravitationsdetektor aufgezeichner Signale jene auszusuchen, die tatsächlich von Gravitationswellen erzeugt wurden, ist eine Kunst für sich, da man sie nach Form und Dauer hierfür schon ziemlich genau kennen muss. Solches Wissen gewinnt man aus sehr aufwendigen Simulationen, die im notwendigen Umfang — und der notwendigen Genauigkeit — erst ab etwa 1990 möglich wurden. Man muss hierfür Einsteins Feldgleichung für entsprechende Szenarien auf numerischem Wege (approximativ also) lösen.
 
Das Signal GW150914 war ein wirklicher Glücksfall:
     
  • Es wurde aufgezeichnet erst wenige Stunden, nachdem man LIGO — zunächst nur probeweise — scharf geschaltet hatte. Zudem war es ein äußerst deutliches Signal, welches genau dem entsprach, was Simulationen für den Zusammenstoß zweier Schwarzen Löcher an Gravitationswellen vorausgesagt hatten.
     
  • Die Genauigkeit, mit der man in LIGO mit Hilfe von Laserlicht ständig die Länge seiner 4 km langen Arme exakt bestimmt hat, lag bei 0,25 10-21 (Das ist 1%% Protonendurchmesser. Würde man die 4,3 Lichtjahre lange Entfernung von der Erde hin zum nächsten Fixstern Alpha Centauri mit derselben Genauigkeit bestimmen, müsste man sie auf den Durchmesser eines menschlichen Haares genau messen können).
     
    Solche Genauigkeit zu erreichen war es z.B. notwendig, die Spiegel am Ende der Arme von LIGO 20 cm dick zu machen (nur so waren sie hinreichend massereich, um zu verhindern, dass sie durch den Impuls der auf sie treffendenh Photonen des Laserstrahls minimal bewegt wurden.
     
  • Bis hin zu diesem Erfolg waren weltweit schon gut 1 Milliarde USD in den Aufbau solcher Gravitationsdetektoren gesteckt worden (mit ständigen Rückschlägen, da immer wieder Gelder gestrichen worden waren).
     
  • Dieser Aufwand hat sich gelohnt: Man hat jetzt eine weitere Bestätigung dafür, wie ganz unglaublich genau Einsteins Theorie die Raumzeit und ihr Verhalten modelliert. Zudem gewinnt man mit erfolgreichem Detektieren von Gravitationswellen die Möglichkeit, nun auch das Geschehen in Regionen des Weltalls zu beobachten, in die man nicht hineinsehen kann (etwa in den Zustand des Universums noch vor 300 000 Jahren nach dem Urknall, aber auch in Regionen, wie etwa das Zentrum der Milchstraße, in der dichte Staubwolken die Sicht behindern).

 

 
Eigenschaften von Gravitationswellen

 
Die absolute Signalhöhe — auch Amplitude genannt — einer empfangenen Gravitationswelle ist umgekehrt proportional zur Entfernung des Ereignisses von der Erde. Bei doppelter Entfernung würde sie sich also halbieren.
 
Dies scheint einem wichtigen Gesetz der Optik zu widersprechen, nach dem empfangene Lichtintensität umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung der Lichtquelle ist (so dass uns ein Stern bei doppelter Entfernunf von der Erde nur noch 1/4 Mal so hell erscheint).
 
Dieser nur scheinbare Widerspruch ergibt sich daraus, dass bei Lichtquellen die Lichtintensität betrachtet wird, bei Gravitationswellen aber die die Signalamplitude. Da die Lichtintensität proportional zum Amplitudenquadrat der Lichtwelle ist, ergibt sich aus dem quadratischen Abstandsgesetz wieder genau die lineare Abhängigkeit von der Wellenamplitude.
 

 
Gravitationswellen als Summe von Gravitonen

 
Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie zufolge sollten Gravitationswellen sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.
 
In einer künftigen einheitlichen Feldtheorie — einer sog. Quantengravitationstheorie — müssten jene Wellen sich als Summe sog. Gravitonen (unteilbarer Wellen) darstellen. Diese hypothetischen Partikel könnten Ruhemasse haben. Wenn dem so wäre, müsste sie aber — wie man schon seit längerem weiß — extrem gering sein.
 
Durch den Empfang des sehr klaren Signals GW150914 konnte die vermutete Obergrenze für die Ruhemasse von Gravitonen nun aber nochmals deutlich reduziert werden: Hätten Gravitonen nämlich nennenswerte Ruhemasse, müsste das Signal auf seinem 1,3 Milliarden langem Weg hin zur Erde durch Dispersion förmlich zerflossen sein: Gravitonen unterschiedlicher Frequenz wären dann nämlich zu leicht unterschiedlicher Zeit bei uns angekommen, so das das Signal dann niemals die deutliche Form hätte haben können, mit der es detektiert wurde.
 
 
Quelle: Günter Spanner:  Das Geheimnis der Gravitationswellen  (2016), S. 162-166
 
Dies ist ein sehr informatives Buch. Man merkt, dass Spanner Experte für Gravitationswellen ist — nicht einfach nur Wissenschaftsjournalist oder Sachbuchautor.
 
 
Gravitationswellen sind Quadrupolwellen
 
2019: Erster interstellarer Koment entdeckt
 
Die bisher (2019) energiereichste durch Menschen beobachtete Gravitationswelle:
 
The signal, resembling about four short wiggles, is extremely brief in duration, lasting less than one-tenth of a second. From what the researchers can tell, GW190521 was generated by a source that is roughly 5 gigaparsecs away, when the universe was about half its age, making it one of the most distant gravitational-wave sources detected so far.


 

 Beitrag 0-214
Gravitationswellen und die Steifheit des kosmischen Raumes

 
 

 
Zur Steifheit des kosmischen Raumes

 
 
Gravitationswellen durchdringen Materie, ohne nennenswert abgeschwächt zu werden. Sie breiten sich ähnlich aus, wie durch Erdbeben verursachte Druckwellen im Boden:
 
Sie machen sich bemerkbar als winzige Stauchungen und Streckungen. Genauer: In einer Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Gravitationswelle wird die Raumzeit periodisch abwechselnd in eine Richtung gedehnt und in die dazu senkrechte gestaucht.
 
Siehe hierzu die Illustration auf Einstein Online.
 
Dieser Effekt liegt typischerweise in der Größenordnung von 10-19 Prozent (pro Kilometer ist das etwa 1 Zehntausendstel des Protonen-Durchmessers).
 
Dass er dermaßen gering ist liegt an der extremen Steifheit der Raumzeit: Sie ist 1032 Mal größer als die Steifheit von Stahl, 1043 Mal größer als die von Gummi.
 
Man kann das mit der physikalischen Größe » Elastizitätsmodel « ausdrücken. Sein Wert beträgt 0,05 Gigapascal für Gummi, 200 für Stahl, aber schier unvorstellbare 1024 Gigapascal für die Raumzeit.
 

 
 
Wie schwingen Gravitationswellen?

 
Wie Einstein schon 1918 entdeckt hat, können Gravitationswellen — nach der ART — nur auf zwei unterschiedliche Arten polarisiert sein: Linear oder elliptisch (der Unterschied ist mir nur ansatzweise klar, siehe Theorie der Gravitationswellen und denkbare Polarisationsarten).
 
Dass Gravitationswellen — anders als Schallwellen — Transversalwellen sind (wie auch das Licht), erscheint mir erstaunlich.
 

 
 
Was verursacht Gravitationswellen?

 
Gravitationswellen entstehen, wenn Masse beschleunigt wird (ganz so wie Photonen überall dort entstehen, wo ein elektrisch geladenes Teilchen sich beschleunigt bewegt).

 

 Beitrag 0-444
Wie stark können Gravitationswellen sein?

 
 

 
Wie stark können Gravitationswellen sein?

 
 
Beim Zusammenstoß Schwarzer Löcher können bis zu 40 Prozent ihrer Energie zu Gravitationswellen werden.
 
In der Millisekunde ihres Verschmelzens kann so eine Energiemenge freigesetzt werden, die der Summe allen Lichts entspricht, das sämtliche Sterne im beobachtbaren Universum in dieser Zeitspanne in Summe abstrahlen.
 
 
Dieser Wert ist gigantisch — und das, obwohl Gravitationswellen im unserem alltäglichen Umfeld gar nicht zu spüren sind.
 
Würde man einen Meterstab so schnell um seinen Mittelpunkt drehen, dass er gerade noch nicht bricht (etwa 0,002 sec pro Umlauf), so hätte dieser Gravitationswellensender eine Leistung von gerade mal 10-37 Watt.
 
Selbst die Gravitationswelle, welche unsere Erde bei ihrem Umlauf um die Sonne verursacht, bringt es auf nur etwa 200 Watt.
 
Im Gegensatz dazu hat die Sonne eine elektromagnetische Strahlungsleistung von im Mittel 1367 Watt pro Quadratmeter auf der Erdoberfläche.
 
Andererseits: Die Gravitationswellen-Leistung eines einzigen Pulsarsystems wie PSR J0737-3039 beträgt 1047 Watt.
 
 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Signale der Schwerkraft (2017), S. 36-37


 

 Beitrag 0-221
Detektoren für Gravitationswellen

 
 

 
Zur Messung von Gravitationwellen

 
 
Nachdem LIGO am 15.9.2014 ( Event GW150914 ) erstmals Gravitationswellen registriert hat — und dazu in der Lage sein musste, die Längen seiner jeweils 4 km langen Arme auf ein Zehntausendstel eines Protonendurchmessers genau zu messen — wird nun neu darüber nachgedacht, wie sinnvoll es erscheint, viel Geld in noch wesentlich genauere Detektoren zu stecken.
 
Schon 1997 hatte die Weltraumagentur ESA in Kooperation mit der NASA ein sehr ehrgeiziges Projekt geplant: LISA (Laser Interferometry Space Antenna). Nachdem sich die NASA dann aber 2011 wegen fehlenden Geldes aus dem Projekt zurückzog, regten sich Zweifel, ob ein derart ambitioniertes Unternehmen denn überhaupt sinnvoll sei und ob es denn überhaupt gelingen könne.
 
LISA sollte aus 3 baugleichen Raumsonden bestehen, die — 50 Mio Kilometer von der Erde entfernt — ein gleichseitiges Dreieck mit etwa 5 Mio. Kilometer Länge aufgespannt hätten.

     
    Nach dem Ausstieg der NASA wurde das Projekt abgespeckt und neu geplant als eLISA (evolved LISA): Drei Satelliten mit einer V-förmigen Laserstrahlenlänge von jetzt nur noch 1 Million Kilometer.
     
    Die technische Machbarkeit dieser Lösung zu demonstrieren wurde am 5.12.2015 eine eigene Raumsonde losgeschickt: LISA Pathfinder.
     
    Sie hat zwei Testmassen an Bord: ein Paar je 2 kg schwerer (46 mm großer) Würfel aus Gold und Platin. Sie wurden am 1.3.2016 aus ihren Halterungen gelöst und befinden sich seitdem 38 cm voneinander entfernt in der Schwerelosigkeit. Dies stellt den reinsten freien Fall dar, den Menschen je künstlich herbeigeführt haben. Kompliziert ist das deswegen, weil die Raumsonde selbst, die Sonneneinstrahlung sowie der Druck des Sonnenwindes winzige, aber messbare Störungen erzeugen, die laufend durch minimale Kurskorrekturen kompensiert werden müssen.
     
    Zudem soll die Sonde — die sozusagen um die beiden Würfel herum fliegt —, den Abstand der beiden Testkörper störungsfrei exakt messen: eLISA kann nur Erfolg haben, wenn dies auf wenige Billionstel Meter genau gelingt.
     
    Bislang (Juni 2016) sind die Resultate besser als man zu hoffen gewagt hatte.

 
Asiatische Forscher (Japan und China) planen zwei ähnliche Detektoren. Sie sollen geeignet sein, Gravitationswellen im Bereich von 0,1 bis 100 Millihertz zu registrieren.
     
    Note: Weltweit mehrere (auch unterschiedlich konzipierte) Detektoren zu haben ist eine notwendige Form der Kooperation. Die Forscher tauschen neben ihren Erfahrungen mit dieser oder jener Technologie natürlich auch ihre Messdaten aus, und so haben auch im Zuge von GW150914 die Projekte LIGO, Virgo und GEO600 eng zusammengearbeitet.
     
    Dies ist auch notwendig, denn man braucht mindestens 2 Anlagen, um Messfehler auszuschließen. Eine dritte ist notwendig, um die Richtung zu bestimmen, aus der registrierte Gravitationwellen kommen. Erst mit noch einer vierten Anlage wäre es möglich, diese Richtung auch aus Zeitunterschieden zu berechnen. Einsteins Theorie der Gravitationswellen selbst zu testen gegenüber alternativen Theorien, die — anders als die Allgemeine Relativitätstheorie — auch in Ausbreitungsrichtung schwingende Wellen voraussagen, sind ebenfalls wenigstens 4 Detektoren nötig.
     
    Lies auch: Wie schwingen Gravitationswellen?

 
 
Die Quelle von Gravitationswellen kann unterschiedlicher Art sein: Stochastischer Hintergrund, periodisch auftretende Wellen und Bursts:
     
  • Der stochasistische Gravitationwellen-Hintergrund (Frequenz unter 10-5 Hertz) rührt her von Gravitations-Bremsstrahlung sowie von Ereignissen im frühen Universum bis hin zu Relikten des Urknalls.
     
  • Periodisch auftretende Gravitationswellen haben etwas höhere, aber immer noch sehr niegrige Frequenz (10-5 bis maximal 10 Hertz). Sie zu registrieren sind Satelliten-Interferometer notwendig, die Millionen Kilometer lange Arme haben. Ihre Messgenauigkeit muss bei etwa 1 Billionstel Meter liegen. LISA Pathfinder bewies, dass sie erreicht werden kann.
     
  • Bursts — verursacht durch kosmische Katastrophen wie etwa den Zusammenstoß Schwarzer Löcher — sind kurze, heftige Emissionen von Gravitationswellen, die nur Sekundenbruchteile andauern, aber mehr Energie abstrahlen können als unsere Sonne in Form von Wärme über Milliarden von Jahren hinweg abgibt.
     
    Da Bursts hohe Frequenz haben (über 10 Hertz) können sogar noch erdgebundene Detektoren wie LIGO sie entdecken. LIGOs Arme sind 4 km lang, seine Messgenauigkeit liegt bei 1 Zehntausendstel des Protonendurchmessers (womit das Ereignis GW150914 gut entdeckbar war: Es hat die Länge der Arme um etwa das 10-fache schwanken lassen).

 
Grundsätzliches: Das Spektrum der Gravitationswellen verteilt sich über den gesamten Himmel und reicht von nur wenige Kilometer langen Wellen bis hin zu solchen, deren Wellenlänge dem Durchmesser des gesamten beobachbaren Universums entspricht.
 
Sie aufzuspüren kann zu ganz erheblichem  E r k e n n t n i s g e w i n n  führen:
     
  • GW150914 etwa ist das bisher beste Indiz für die Existenz Schwarzer Löcher
     
  • und half zudem noch
       
    • Gültigkeitsgrenzen der Relativitätstheorie auszuloten
       
    • und Grundannahmen zu bestärken (darunter auch die 4-Dimensionalität der Raumzeit, das Fehlen von Dipolstrahlung, die zeitliche Konstanz von Lichtgeschwindigkeit und Gravitationskonstante).


     
     
    Quelle: Rüdiger Vaas: Jenseits von Einsteins Universum (2016), S. 387-403.


     

 Beitrag 0-443
Wie Pulsare helfen, Gravitationswellen abzuhören

 
 

 
Wie Pulsare helfen, Gravitationswellen zu messen

 
 
Pulsare — schnell rotierende Sterne, die wie Leuchtfeuer wirken — sind nicht nur Quelle von Gravitationswellen, sondern können auch helfen, solch kosmische Erschütterungen nachzuweisen — und zwar prinzipiell andere, als jene, die mit ergebundenen oder auf Satelliten installierten Messapparaturen nachweisbar sind:
 
Schon mit Hilfe von 40 bis 50 über den gesamten Himmel verteilter Millisekunden-Pulsare (seit 1982 bekannt) lassen sich im Prinzip Gravitationswellen mit Wellenlängen von bis zu 50 Lichtjahren aufspüren. Jede Kollision supermassereicher Schwarzer Löcher oder der Zusammenstoß von Galaxien erzeugt solche Wellen.
 
Die Idee zu solcher Messmethodik hatten man schon 1990, aber erst seit 2004 wird in großem Maßstab nach derart langwelligen Signalen gesucht.
 
 
Das Prinzip ist einfach: Gravitationswellen ändern den Abstand zwischen Erde und Pulsaren geringfügig und beeinflussen damit die Ankunftszeit der vom Pulsar ausgesandten Lichtsignale geringfügig.
 
Zu erwarten sind Wellenamplituden von etwa 10-15 für ein Signal mit der Frequenz von einer Schwingung pro Jahr.
 
Dafür müssen allerdings einige Jahre lang die Pulsfrequenzen mit einer Präzision von mindestens einer Zehnmillionstel Sekunde registriert werden.
 
Das ist eine große Herausforderung, doch Astronomen werden das bald können — ihre Telekope müssen nur noch um einen Faktor 3 empfindlicher werden.
 
 
 
Aber auch nichts zu finden, ist eine Aussage:
 
Bisherige, noch weniger genaue Messungen waren keineswegs vergeblich: Sie haben — eben weil man nichts fand — nach erst 9 Jahren Messzeit schon mal Obergrenzen für die Zahl supermassereicher Schwarzer Löcher und für die Stärke ihres Gravitationswellenhintergrunds ergeben.
 
Dies hilft, Vorhersagen bestimmter Entwicklungsmodelle für Galaxien auszuschließen.
 
 
NANOGrav mit den Teleskopen von Greenbank und Arecibo hat derzeit 54 Pulsare im Visier, was einem Detektor mit einem Durchmesser von 3000 Lichtjahren entspricht.
 
Durch das geplante weltweite Zusammenschalten solcher sog. Pulsar Timing Arrays (PTAs) wird sich demnächst ein noch weit größerer, den gesamten Himmel umfassender Detektor ergeben.
 
 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Signale der Schwerkraft (2017), S. 32-35