Albert Einstein (1934)
An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs.
Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit.
Schopenhauers Spruch: » Ein Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will «, hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt und ist mir beim Anblick und Erleiden der Härten des Lebens immer ein Trost gewesen und eine unerschöpfliche Quelle der Toleranz.
Steven Hawking (1991):
Der Begriff des freien Willens gehört einer anderen Kategorie an als die fundamentalen Gesetze der Physik:
Wenn man versucht, menschliches Verhalten aus den Naturgesetzen abzuleiten, verstrickt man sich im logischen Paradox selbstbezüglicher Systeme. Wenn nämlich alles Geschehen — und damit auch all unser Handeln — vorhersagbar wäre, könnten wir die Zukunft kennen, und diese Kenntnis könnte bewirken, dass sie sich abändert.
Beispiel: Wenn Sie wüssten, welches Pferd im Grand National gewinnen wird, könnten Sie ein Vermögen machen, indem Sie darauf wetten. Doch würde diese Handlung die Wettquote verändern.
Das gleicht den Problemen, mit denen wir zu tun bekämen, wenn Zeitreisen möglich würden — was ich für undenkbar halte.
Steven Hawking (1991):
Ob jemand freien Willen hat, lässt sich objektiv nur testen über die Frage, ob sein Verhalten vorhersagbar ist.
Nun sind wir aber aus praktischen Gründen völlig unfähig, komplett vorherzusagen, was ein Mensch tun wird: Selbst wenn wir eine Weltformel hätten, wären die Gleichungen für die hohe Zahl beteiligter Teilchen einfach zu komplex, als dass wir sie lösen könnten.
Wenn wir also nicht in der Lage sind, menschliches Verhalten vorherzusagen, können wir ebenso gut die operative Theorie zugrunde legen, dass Menschen freien Willen haben und für ihre Handlungen verantwortlich sind.
Evolutionstechnisch gesehen, ist der Glaube an den Freien Willen von hohem Überlebenswert. Es wird also wohl so sein, dass natürliche Selektion ihn verstärkt.
Ob das sprachlich vermittelte Verantwortungsgefühl ausreicht, unseren DNA-vermittelten Agressionstrieb so weit unter Kontrolle zu halten, dass wir uns nicht gegenseitig vernichten, bleibt abzuwarten. Wenn nicht, wird die Menschheit eine Sackgasse der natürlichen Selektion gewesen sein.
Der Titel des Essays ist eine Frage: Ist alles vorbestimmt?
Meine [ Steven Hawkings ] Antwort lautet JA. Sie könnte aber ebensogut NEIN lauten, da wir niemals wissen können, was vorbestimmt ist.
Aus einem anonymen Beitrag in Spiegel Online :
Unser Wille ist frei, wenn er sich unserem Urteil darüber fügt, was zu wollen richtig ist.
Unser Wollen ist unfrei, wo Urteil und Wille (oder Möglichkeit) auseinander fallen.
das ist z.B. der Fall beim Unbeherrschten, den seine übermächtigen Wünsche überrennen und zu einer Tat treiben, die er bei klarem Verstand verurteilt; und es ist der Fall beim inneren Zwang, wo wir gegen besseres Wissen einem süchtigen Willen erliegen.
Die Unfreiheit zu überwinden und zur Freiheit zurückzufinden heißt Urteilen und Wollen wieder zur Deckung zu bringen: Tun zu können, was unser Urteil als nun angebracht erachtet.
...
Aber zeigen die Bilder nicht, dass in Wirklichkeit gar nicht wir entscheiden, sondern das Gehirn? Das klingt, als wären wir unfreie Marionetten. Doch so kann es nicht sein. Das Gehirn nämlich kann gar nichts entscheiden, die Idee des Entscheidens hat keinen logischen Ort in der Rede übers Gehirn. Entscheidungen im eigentlichen Sinne gibt es nur, wo von Gründen und von Überlegen die Rede sein kann.
Görnitz:
Wir haben soeben dargelegt, dass es aus unserer Sicht keinen naturwissenschaftlichen Grund gibt, die Freiheit unseres bewussten Willens leugnen zu müssen.
Nun meinen aber einige andere Forscher, dem widersprechen zu müssen in Hinblick auf Experimente die B. Libet 1983 und 1985 durchgeführt hat und deren Ergebnisse 1999 von Haggard und Eimer bestätigt haben.
Eine gute Zusammenfassung all dessen findet sich in Roth: Denken, Fühlen, Handeln Suhrkamp (2001):Roth:
Diese Versuche waren i.W. so organisiert, dass die Versuchspersonen gebeten wurden, innerhalb einer Zeitspanne von etwa 3 sec spontan eine Fingerbewegung durchzuführen und siech zu merken, in welchem Moment genau sie den Entschluß hierfür fassten.
Libet, der sich so Bestätigung für seine Meinung, der Mensch hätte freien Wollen, erhoffte, sah sich bitter enttäuscht, als klar wurde, dass das Bereitschaftspotential im Gehirn für die Krümmung des Fingers sich schon etwa 500 msec vor dem Zeitpunkt aufzubauen begann, den der Proband als Zeitpunkt seines Entschlusses angab.
Da Haggard und Eimer Jahre später mit ihren Versuchen zum selben Ergebnis kamen, scheint gezeigt, dass das Gefühl, etwas zu wollen, sich erst kurze Zeit nach dem lateralisierten Bereitschaftspotential entwickelt, und dass seine erste Komponente — das symmetrische Bereitschaftspotential — sich schon weit v o r dem » Willensentschluss « aufbaut. Dieser Willensakt tritt in der tat erst auf, nachdem das Gehirn bereits entschieden hat, welche Bewegung ausgeführt werden soll.
Es gibt viele weitere Erkenntnisse aus der handlungspsychologie, die uns nahelegen, dass das Gefühl, eine Bewegung zu wollen, erst auftritt, nachdem sie bereits eingeleitet ist..
Resümee: Die hier [in Roths Buch] vorgestellten Forschungsergebnisse zeigen, dass die beiden Komponenten des Phänomens » Willensfreiheit «, nämlich
- etwas frei zu wollen (zu beabsichtigen, zu planen) und
- etwas in einem freien Willensakt aktuell zu verursachen
eine Täuschung sind: Das erstere Gefühl tritt auf durch zuschreibung bzw. Aneignung von unbewussten Handlungsmotiven, die aus dem limbischen System stammen, das letztere Gefühl tritt auf, nachdem das Gehirn längst entschieden hat, was es in nächsten Augenblick tun wird.
In Funk, R.H.W.: Zeit — Facetten eines Phänomes, Wiss. Zeitschr. der TU Dresden 49 (2000), ab Seie 4, wird jedoch argumentiert, dass die durch Libet entdeckte Vordatierung der Daten durch das Bewusstsein, welches wesentlich langsamer arbeitet als die Reflexe, dafür sorgt, dass sie und des Menschen bewusstes Denken nicht in Widerspruch geraten.
Funk ist der Meinung, dass die durch Roth skizzierte Interpretation diese Arbeitsweise des Gehirns nicht genügend in Rechnung stellt und
eine Widerlegung der Willensfreiheit somit nicht gegeben sei.
Wir — Thomas und Brigitte Görnitz — haben ebenfalls deutlich gemacht, dass zu einer pessimistischen Interpretation dessen, was Libet fand, keine Notwendigkeit besteht:
Wenn ich in meinem Gehirn ein Signal erzeugte, dass ich handeln will, wer, wenn nicht ich, kann es verursacht haben?
Wo sollte der Unterschied zwischen mir und meiner Hirnrinde und meinem limbischen System festzumachen sein?
Zitat:
- Aus der Quantentheorie folgt, dass die Vorgänge in unserem Bewusstsein und im Unbewussten keinesfalls vollständig determiniert sein können.
- Damit wird aus naturwissenschaftlicher Sicht die Möglichkeit für freie Willensentscheidungen eröffnet.
Wrentzsch aus 1999-9:
Ich hatte das Gefühl, das du die Entscheidungsfreiheit des Menschen von der Unbestimmtheit der Quantenpysik ableiten willst.
Wenn ich darauf hinweise, dass die verändernden Ursachen der Kausalität nur wenige Transportwege und Erscheinungsformen haben, sodass Erkenntnisbemühungen eingegrenzt werden können - dann habe ich eine Hilfestellung gegeben und für Nichts geworben.
Auch nicht für mein Weltbild.