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Unsere Welt zu verstehen:  Fragen Urknall



 Beitrag 0-Inflation
 
 

 
Fragen zum Urknall,

welche erst die Inflationstheorie beantworten konnte
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Anders als ihr Name vermuten lässt, erklärt die Urknalltheorie die Entwicklung des Universums erst ab einem Zeitpunkt, zu dem der Urknall schon deutlich mehr als eine Planck-Zeit zurückliegt (und dann bis hin zu etwa 380.000 Jahren danach, als sich dann schon in großer Zahl stabile Atome bilden konnten und das Universum durchsichtig wurde).
 
Noch früheres Geschehen erklärt erst die durch Alan Guth mit ins Spiel gebrachte Inflationstheorie. So richtig überzeugend wurde  s i e  aber erst aufgrund eines gedanklichen Durchbruchs, den — 1982 im Rahmen des Nuffield Workshops — Guth, Hawking, Steinhardt, Starobinsky und einige Helfer in Form weitgehend unabhängig voneinander durchgeführter Berechnungen erzielen konnten.
 
Sie wussten damals nicht, dass schon 1 Jahr früher zwei russische Forscher am Lebedev-Institut in Moskow mit einem etwas anderen gedanklichen Ansatz zum nahezu gleichen Ergebnis kamen.
 
Es ging in diesen Rechnungen darum, wie sich durch Quantenfluktuation hervorgerufene Energieschwankungen im Zuge extrem schneller Expansion des Raumes ausbreiten konnten. Gut 10 Jahre später hat dann der COBE-Satellit durch Ausmessen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds die aus diesen Rechenergebnissen kommenden Aussagen auch wirklich erstmals bestätigen können.
 
Eben deswegen muss die Inflationstheorie heute als eine mit wichtigen Beobachtungsdaten gut harmonierende Theorie betrachtet werden.
 
 
Erst die Annahme solcher Inflation kann folgende Fragen plausibel beantworten:
     
  •   Was hat zur explosionsartigen Ausdehnung des Raumes geführt?

      Antwort: Das Inflatonfeld mit seinem negativen Druck, welcher der Gravitation entgegenwirkt.

     
  •   Woher kamen die etwa 1080 im beobachtbaren Universum vorhandenen Elementarteilchen?

      Antwort: Sie sind aus der beim Zerfall des Inflatonfeldes freigewordenen Energie entstanden [gA].

     
  •   Warum ist das Universum in alle Richtungen hin so extrem gleichförmig?

      Note: Das beobachtbare Universum war im Alter von 10-35 sec zwar nur knapp 1 cm groß, doch während solch kurzer Zeit kann Licht nur etwa 10-27
      Meter weit kommen — viel zu wenig, um Anfangsunterschiede ausgleichen zu können.

      Antwort: Da der Raum sich in der Inflationsphase exponentiell ausgedehnt hat, muss der Teil, der unserem heute beobachtbaren Universum entspricht, zunächst sehr viel winziger gewesen sein — winzig genug, dass vor Ausbruch der Inflation alle Teilbereiche darin in Wechselwirkung standen.

     
  •   Woher kommen die winzigen Temperaturunterschiede in der kosmischen Hintergrundstrahlung (die Dichteunterschiede im Urgas, die dann später zur   Verklumpung der Materie geführt haben?

      Antwort: Von Quantenfluktuationen, die durch die Inflation extrem verstärkt und vergrößert wurden.

     
  •   Woher kommt die überall nahezu euklidische Metrik? Dass sie sich rein zufällig ergab ist extrem unwahrscheinlich.

      Antwort: Die Inflation hat den Raum in alle Richtungen hin gestreckt. Er verhielt sich ähnlich wie ein faltiges Tischtuch, das beim Auseinanderziehen fast glatt wird.

     
  •   Warum sind die Naturkonstanten so, wie wir sie kennen (obgleich doch auch andere Werte möglich scheinen)?

      Antwort: Es könnten alle Möglichkeiten irgendwo realisiert sein. Der Inflationstheorie zufolge entstehen ja stängig neue inflationäre Blasen im falschen Vakuum.

     
  •   Warum beobachten wir keine exotischen Objekte, die möglich erscheinen (wie etwa magnetische Monopole, kosmische Strings, Blochwände, Texturen)?

      Antwort: Wenn es sie überhaupt gibt, könnte die Inflation sie weit auseinander getrieben haben, so dass sie im beobachtbaren Universum kaum oder gar nicht vorkommen.

 
 
Die Inflation hört als Ganzes wohl nie auf, sondern setzt sich ewig fort. Früher oder später — so denken vor allem Linde und Vilenkin — bilden sich an jeder Stelle, gelegentlich auch innerhalb schon bestehender Blasen, neue Blasen: Regionen, in denen der Raum nicht mehr exponentiell expandiert. Sie stellen sich — von innen her betrachtet — als möglicherweise unendlich große Universen dar.


Andrej Linde:
 
Es gibt einen Anfang für jedes Universum im Multiversum, weil eben dort — nur lokal — die Inflation ein Ende nahm.
 
Außerhalb solcher Blasen geht die Inflation weiter.
 
Aus der Existenz dieses Prozesses folgt, dass das Multiversum als Ganzes niemals verschwinden wird.

 


Interessant auch: Obgleich Guth, Linde und Vilenkin überzeugt sind, dass der Prozess ewiger Inflation nie enden wird, vermutet nur Linde, dass er schon immer in Gang war, also keinen Anfang hat. Guth und Vilenkin glauben Hinweise auf einen Beginn gefunden zu haben (siehe Inflationary spacetimes are not past-complete).
 
 
Quelle: Rüdiger Vaas: Hawkings neues Universum (2008), S. 141-151.

 
 
As time goes on, because of the dynamics of expansion, no two regions where inflation ends will ever interact or collide; the regions where inflation doesn’t end will expand between them, pushing them apart.
 
 
Sollte die Theorie ewiger Inflation wirklich zutreffen, hätte auch sie uns nicht gezeigt, wie der Kosmos entstand: Wir hätten dann nur gelernt, dass er noch um viele Größenordnungen gewalter, vielfältiger und unfassbarer ist, als Menschen schon immmer dachten.
 
Insbesondere wäre auch dann nicht geklärt, woher all die Energie kommt und ständige Quantenfluktuation, welche ständige Zustandsänderung zur Folge hat und somit auch den Fluss der Zeit.

 


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