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Unsere Welt zu verstehen:  Quarks Teilchen



 Beitrag 0-463
 
 

 
Wie man erkannt hat, dass Quarks wirklich Teilchen sind
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Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre hat man in Stanford
 
 
Die experimentelle Untersuchung von Quarks begann Ende der 1960er Jahre in Stanford: Man hat stark beschleunigte Elektronen mit ebenso stark beschleunigten Protonen kollidieren lassen und dann beobachtet, wie sich die aus solcher Kollusion entstandenen Teilchen verhielteN:
     
  • In Stanford hat man nur die gestreuten Elektronen beobachtet. Für die Interpretation dessen, was beobachtet wurde, bekamen Friedman und Taylor 1990 den Nobelpreis.
     
  • Die ausführlichsten Untersuchungen zur Quarkstruktur des Protons fanden später im Hamburger Forschungslabor DESY statt:

Dort hat man um den Detektor, der die Streuprodukte beobachtet, eine supraleitende Spule gelegt. Soweit bei der Kollision elektrisch geladene Teilchen entstehen, hinterlassen sie Spuren im Detektor. Aus der Krümmung dieser Spuren im Magnetfeld lassen sich dann die Impulse dieser Teilchen bestimmen.
 
Außerhalb der Spule befinden sich sog. Kalorimeter (= Detektoren, an welche die Streuprodukte dann ihre gesamte Energie abgeben). Aus den gemessenen Impulsen und Energien kann die gesamte Reaktion konstruiert werden.
 
 
Man erkennt:
    Bei einer Proton-Elektron-Kollision wird das Elektron nach unten gestreut, zudem aber fliegt nach oben weg ein ganzes Bündel geladener Teilchen (fast alle sind Pionen). Zusammengezählt tragen sie genau den Impuls, den das Elektron an das Proton abgegeben hat.

Interpretiert wird diese Beobachtung wie folgt:
    Das Elektron hat aus dem Proton ein Quark herausgeschlagen. Seiner (sehr starken) Farbladung wegen, "saugt" es aus dem Vakuum Paare, deren jedes aus einem Quark und einem Antiquark besteht und vereinigt sich mit einem davon, so dass es sich so zu einem Meson oder einem Nukleon ergänzt hat.
     
    Dass Quarks nicht frei existieren können, hat demnach mit ihrer starken Farbladung zu tun.
     
    Auch das, was vom Proton nach der Kollision noch übrig war, trägt solch starke Farbladung und neutralisiert sich ebenso schnell auf eben dieselbe Weise.

Die Farbladungen der Quarks nennt man Blau, Grün, Rot, die der Antiquarks nennt man — dem entsprechend — Antiblau, Antigrün, Antirot.
 
Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie gut solche Namensgebung und das Verhalten dieser Ladungen an die Gesetze der Farbenlehre erinnert:
     
  • Die Summe von Rot, Grün, Blau ist farbneutral (weiß) ebenso wie die Summe von Antirot, Antigrün und Antiblau.
     
  • Die Antifarbe von Blau ist Gelb (= Rot + Grün), die von Grün ist Magenta (= Rot + Blau), die von Rot is Cyan (= Grün + Blau), und die Summe von Farbe und Antifarbe ist farbneutral.

Unter den Hadronen versteht man heute sämtliche Teilchen, die aus Quarks bestehen. Es sind dies
     
  • Baryonen = alle Teilchen, die aus 3 Quarks bestehen, und
     
  • Mesonen = alle Teilchen, welche aus einem Quark und einem Antiquark bestehen (Pionen sind Mesonen).

Sie alle sind in der Sprache der starken Wechselwirkung farbneutral.
 
 
 
Über Vakuumpolarisation

 
 
Photonen tragen keine elektrische Ladung. Nun kann sich aber jedes Photon für im Rahmen der Unschärferelation erlaubte Zeit als virtuelles — i.A. also nur recht kurzlebiges — Elektron-Positron-Paar darstellen. Es wird dann durch die ausgesandte Ladung polarisiert (das virtuelle Positron wird z.B. abgestoßen, das virtuelle Elektron aber angezogen). Hierdurch wird die Ladung räumlich verschmiert. Man nennt das eine Abschirmung der Ladung, da im Inneren das elektrische Feld — dem Coulombgesetz folgend — weiter steigt. Dieser Effekt — Vakuumpolarisation genannt — ist nur in der Nähe einer Ladung von Bedeutung.
 
Ganz analog dazu kann auch jedes Gluon in ein virtuelles Quark-Antiquark.Paar übergehen. Die Folgen sind die gleichen wie im Falle des Photons: Die starke Ladung wird abgeschirmt.
 
Ganz anders aber sieht es aus, wenn sich das Gluon in zwei virtuelle Gluonen aufspaltet (sich also über eine von der Unschärferelation erlaubte Zeit hinweg als Paar von Gluonen darstellt, welche dann die starke Ladung "verschmieren"):
 
    Wie Gross, Politzer und Wilczek — belohnt durch einen Nobelpreis — erkannt haben, überwiegt die Fortpflanzung der starken Ladung durch die Spaltung dann bei weitem den Effekt der Abschirmung der starken Ladung. Die Anziehung zwischen den Quarks nimmt daher mit steigendem Abstand zu und wirkt nun wie eine elastische Feder: Bei kleinem Abstand ist sie schwach, bei großem entsprechend groß (!).

Man nennt diesen Effekt Confinement, da sich die Quarks dann bei kleinen Abständen (wie man sie nur in Stößen mit hoher Energie erreicht) deswegen fast wie freie Teilchen benehmen können. Die Physiker nennen das asymtotische Freiheit (asymtotic freedom).
 
Die Tatsache, dass die zwischen farbig geladenen Teilchen gegebene Kraft mit zunehmender Entfernung wider Erwarten nicht schwächer wird, erklärt den oben erwähnten » Saugeffekt «, mit dessen Hilfe freie Quarks unter virtuellen Teilchen extrem schnell wieder einen Partner finden, mit dem zusammen sie dann Meson oder Nukleon werden.
 
 
Mit Computersimulationen kann man zeigen, dass sich zwischen zwei statischen Quarks (Paarerzeugung wird unterdrückt) ein Potential ausbildet, das mit dem Abstand linear zunimmt. Es führt zu einer mit wachsendem Abstand konstant bleibenden Kraft (im Gegensatz zu z. B. Gravitation und Elektromagnetismus, deren Kraft mit zunehmendem Abstand quadratisch abnimmt).
 
Dieses lineare Potential wird damit erklärt, dass sich auf Grund der Farbladung die Gluonen zu einem Strang verbinden, dessen Energie mit der Länge wächst. Ein farbgeladenes Teilchen vom Rest zu trennen würde deswegen extrem hohe Energie erfordern. Somit ist eine Trennung der Quarks von den Gluonen nur unter bestimmten Bedingungen und stets nur für sehr kurze Zeit möglich.
 
In der Realität wächst die Energie natürlich nicht ins Unendliche an. Ab einer gewissen Energie — d.h. ab einem gewissen Abstand zwischen den Quarks — können neue Quark-Antiquark-Paare entstehen, die sich mit den vorherigen zu neuen farblosen Zuständen binden. Dieser Effekt wird » String-Breaking « genannt.
 
 
 
Quelle: Bogdan Povh: Von den Tiefen des Alls in den Mikrokosmos, Springer 2017, S. 194-200.


 


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