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Unsere Welt zu verstehen:  Geschichte Lebens



 Beitrag 0-373
 
 

 
Geschichte der Erde

und des biologischen Lebens darauf
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Kurz nachdem sie entstanden war — vor etwa 4,6 Mrd. Jahren — war unsere Erde ein gluflüssiger Ball mit Oberflächentemperaturen von bis zu 1200 Grad. Es gab da noch keine dauerhafte Atmosphäre, auch keine Ozeane. Die Strahlungsleistung der Sonne betrug nur etwa 70% ihrer heutigen Leistung, steigerte sich aber ständig bis in unsere Tage hinein.
 
Die Oberfläche der Erde kühlte sich langsam ab, und durch Abgasung entstand eine Atmosphäre. Sie war dicht und bestand zum größten Teil aus Kohlendioxid. Der damals noch extrem große Luftdruck glich die geringe Strahlungsleistung der jungen Sonne aus.
 
Nachdem sich die Oberfläche der Erde langsam abgekühlt hatte, konnten sich Erdkruste und erste Kontinente bilden, und schließlich begann ein etwa 1000 Jahre andauernder heftiger Regen, der Vertiefungen in der Erdkruste mit Ozeanen füllte. Zusätzlich wurde durch den nun einsetzenden Silikat-Karbonat-Kreislauf über Verwitterung und Kalkbildung sehr viel Kohlendioxid gebunden, in der kontinentalen Kruste abgelagert und dem atmosphärischen Recycling durch das Abtauchen vieler Teile der Erdkruste dauerhaft entzogen. Genauer:
 


Harald Lesch (2016):
 
So wie das Wetter heute ist, kann es früher nicht gewesen sein. Die Uratmosphäre der Erde war ganz anders: In organischen Sedimenten und in Kalkstein ist der Anteil an Kohlenstoff etwa 100 000 Mal so hoch wie in der heutigen Atmosphäre. Das kann nur bedeuten, dass
  • die sehr dichte und mit Wolken verhangene Uratmosphäre zu etwa 95% aus Kohlendioxid bestand,
  • das bei einem Druck, der 80 bis 100 Mal höher war als der Luftdruck heute
  • und deswegen die Entstehung des Lebens auf der Erde unter ganz anderen Bedingungen stattfand, als wir sie heute kennen:

Der hohe Konzentrationsgehalt an Kohlendioxid verringerte sich zunächst fast ausschließlich durch Verwitterung und den Aufbau von Kalkgestein.
 
Wegen der im Lauf der Erdgeschichte fortschreitenden Evolution trat dann aber die Biosphäre als treibender Motor für den Kohlenstoffkreislauf und die Klimaentwicklung immer stärker in den Vordergrund. Die Menge der Biomasse erhöhte sich gewaltig — vor allem im Zuge der Ausbildung der Waldsysteme.
 
Zusätzlich entwickelten die Primärproduzenten — Bakterien, Plankton und Landpflanzen — immer stabilere Zell- und Stützgewebe. Ihre Zersetzung hat sie nur zum Teil wieder in Kohlenstoff und Wasser zurückverwandelt. Ein eben so großer Teil blieb unzersetzbar und wurde langfristig im Erdboden gespeichert. Aus diesem organischen Material — Kerogen genannt — wurde über die Jahrmillionen hinweg fossiler Brennstoff.
 
    Kerogen ist die häufigste Form von organischen Kohlenstoffen in der Erdkruste. Gelangt das von den Bakterien allmählich gebildete Kerogen tiefer in das Erdinnere, wird zunächst das darin enthaltene Wasser herausgepresst.
     
    Wenn Temperaturen um 100 °C oder mehr herrschen und durch darüber liegende Sedimentschichten größerer Druck aus das Kerogen ausgeübt wird, setzen Stoffumwandlungsprozesse ein, die Erdöl und Erdgas freisetzen. Der größte Teil des Kohlenstoffs auf der Erde ist aber nicht in den fossilen Brennstoffen gebunden, sondern im Kalkstein (CaCO3) und im Schiefer.
     
    Kerogen macht dennoch selten mehr als ein Prozent des Sediments aus, so dass pro Tonne Kerogen 100 Tonnen Gestein abzubauen und 99 Tonnen Asche zu entsorgen wären.

In der Urzeit blieben nur Spuren von Kohlendioxid in der Atmosphäre. Nur ihretwegen ist der Treibhauseffekt nicht völlig zusammengebrochen. Wäre das geschehen, hätte eine dann anbrechende unumkehrbare Eiszeit unseren Planeten für immer zu einem Eisklumpen gemacht.
 


 
Die eben beschriebene Phase der langsamen Abkühlung und des steten Kohlendioxidverbrauchs hielt bis vor etwa 2,5 Mrd. Jahren an — eben so lange, bis das Energiebudget der Erde einen kritischen Wert unterschritt und die erste große Eiszeit einsetzte. Sie dauerte 200 Mio. Jahre. (Zum Vergleich: Die erst viel später, vor etwa 170 Mio. Jahren, entstandene Spezies der Dinosaurier hat nur 135 Mio. Jahre existiert.)
 
Höchstwahrscheinlich handelte es sich nicht um eine durchgehende Eiszeit, sondern um mehrere, sich mit Warmzeiten abwechselnde Folge von Vereisungsphasen, während derer die bakterielle Produktion ebenso wie die chemische Verwitterung jeweils fast zum Stillstand kam und der Kohlendioxid-Wert der Atmosphäre wieder anstieg, so dass sie wärmer wurde und die Vereisung zum Stillstand brachte.
 
Dieses Wechselspiel wiederholte sich, bis die Sonneneinstrahlung, die inzwischen auf etwa 85% ihres heutigen Wertes angestiegen war, den Mangel an Kohlendioxid wieder ausglich.
 
Zu Ende jener großen Eiszeit traten erstmals Sedimente auf, die durch Schichtungen und Ablagerungen entstanden waren. Da sie auffällig rote Farbe hatten, nimmt man an, dass hier erstmals der Sauerstoff frei in der Atmosphäre vorkam, denn die rote Farbe der Sedimente ergibt sich schlicht und einfach durch Rost, d.h. durch Eisen, welches freiem Sauerstpff ausgesetzt ist.
 
 
Nun, vor etwa 2,5 Mio. Jahren, kam es zur nächsten großen Veränderung der Erde — wieder getrieben durch einzellige Lebewesen: Die Photosynthese war entstanden. Sie brachte nahzu dramatische Veränderungen mit sich.
 
    Die Photosynthese ist ein physiologischer Prozess zur Erzeugung von energiereichen Biomolekülen aus energieärmeren Stoffen mithilfe von Lichtenergie. Er wird von Pflanzen, Algen und einigen Bakterien in Gang gesetz und getrieben.

Zunächst hielt damals vor allem der Stoffwechsel der Bakterien den Kohlendioxidanteil der Atmosphäre auf einem Vielfachen, etwa dem 20-fachen seines heutigen Wertes.
 
Der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre und im Oberflächenwasser der Ozeane stabilisierte sich auf etwa das 0,5 bis 1 Prozent seines heutigen Wertes und lies so vielfältige Stoffwechselwege — mit und ohne Sauerstoff — zu.
 
Zudem entstanden autotrophe Bakterien. Es sind dies solche, die auf organische Stoffe verzichten und anorganische Substanzen in körpereigene organische verwandeln können. Autotroph sind
 
  • die grünen Pflanzen (sie ernähren sich von Mineralien und Photosysthese)
  • und viele Zellen ohne Zellkern, die sog. Prokayoten.

Andererseits erschienen zum ersten Mal heterotrophe Organismen, die zum Aufbau ihrer Zellsubstanz und ihren Energiestoffwechsel organisches Substrat (= Kohlenstoffverbindungen) benötigen, was sie von der Existenz anderer Lebewesen abhängig macht. Heterotroph sind
 
  • die meisten Bakterien,
  • aber auch sämtliche die Pilze und Tiere.

 
Von nun an hieß es » Fressen und gefressen werden «. Die Bakterien entwickelten die Fähigkeit, sich zu vielzelligen, aber überwiegend undifferenzierten Aggregaten zusammenzuschließen.
 
Den entscheidenden Impuls für solche Höherentwicklung gab der nun möglich gewordene Einbau heterotropher und autothropher Bakterien als funktionale Einheiten in andere bakterien.
 
Durch solche Kooperation entstanden vor etwa 2,3 Mio Mrd. Jahren tierische und pflanzliche Eukaryoten mit deutlich stabileren Zellwandstrukturen als bei den bakterien. In der Folgezeit wurde durch die gesteigerte organische Produktion und Einbettung der zersetzungsresistenten Zellwandstrukturen in die Erdkruste der Atmosphäre erneut viel Kohlöendioxid entzogen. Noch verstärkt wurde dieser Trend durch die vor etwa 1,5 Mrd. Jahren auftauchenden mehrzelligen Organismen.
 
Vor etwa 900 bis 600 Mrd. Jahren vermehrten sich Bakterien und Plankton ganz enorm, und zudem begann das langsame Aufblühen der Algen. Die damit einhergehende Verringerung des atmosphärischen Kohlendioxids hat das Erdklima deutlich abgekühlt. Diese Eiszeitperiode — obgleich auch durch längere Warmzeiten unterbrochen — war vermutlich die gravierendste, die es je auf der Erde gab. Selbst niedrige Breiten bis fast hin zum Äquator waren betroffen. Sie endete vor 580 Mio Jahren.
 
Die Sonne strahlte damals schon mit 96% ihrer heutigen Kraft.
Der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre war damals nur noch 15 bis 20 Mal höher als heute.
 
Der Sauerstoffgehalt der Luft betrug schon einige Prozent und erlaubte so vielfältiges pflanzliches und tierisches Leben.
 
In diese Phase viel auch die Entwicklung der Hartteile — Knochen, Kalkschalen und pflanzliches Stützgewebe —, was in der Folgezeit zu einer starken Zunahme der Artenvielfalt und Individuengröße geführt hat.
 
 
Die nächste Vereisungsperiode war weniger gravierend und auf die Südpolregion beschränkt. Ursache für sie war wohl, das vor ca. 450 Mio Jahren Landpflanzen ent­standen, die dann schnell das Festland eroberten. Zu dieser Zeit sank der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre auf nur noch etwa das 10-fache seines heutigen Wertes.
 
Schon bald nach der ersten Besiedlung des Festlandes durch Landpflanzen entstanden vor etw 400 Mio Jahren verholzte Gewächse, die bald Bäume und ganze Wald­kolonien bildeten. Hierdurch wuchs die Biomasse nochmals stark an auf Kosten des Kohlendioxid-Gehalts der Atmosphäre.
 
Vor etwa 300 Mio Jahren näherte sich der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre seinem heutigen Wert. In diese Zeit fällt eine vierte Vereisungsperiode, die weite Teile des damaligen Südkontinents Gondwana betraf.
 
Durch Kollision der Kontinente formte sich schließlich der Superkontinent Pangäa.
 
Ab da kamen die plattentektonische Aktivität in der Erdringe für einge Zeit zum Stillstand, was den Kohlendioxid-Ausstoßm durch Vulkanismus verringerte ind den Treibhauseffekt abschwächte.
 
 
Vom ausgehenden Erdaltertum vor 270 Mio. Jahren bis vor etwa 35 Mio. Jahren gab es kaum noch Vereisungen. Eine wichtige Rolle beim Produzieren von Kohlendioxid durch Recycling des organischen Materials übernahm jetzt die damals entstehende Landtierwelt (Amphibien, Reptilien, Insekten, ...). Zudem wirkten sich auf das Klima aus
  • die stärker gewordene Sonneneinstrahlung
  • und auch die mit dem Zerbrechen von Pangäa einhergehende Erhöhung vulkanischer Aktivitäten, die Kohlendioxid ausstießen.

Solange Pangäa existierte (bis vor etwa 180 Mio Jahren) war das Klima extrem kontinental geprägt und die Kontinente von riesigen Wüstengebieten durchsetzt.
 
Nach dem Zerbrechen von Pangäa wurde das Klima warm und feucht bis in hohe Breiten hinauf. Diese Periode erreichte vor etwa 100 Mio Jahren ihren Höhepunkt mit Temperaturen von 14 bis 16 Grad Celsius im tiefen Ozean.
 
Damals setzten sich im Meereswasser die Phytoplankontypen durch (Kieselalgen, Grünalgen und Blaualgen) und auf dem Land die Blütenpflanzen.
 
 
Wie wir rekapitulierend feststellen, hat immer wieder der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre eine ganz wesentliche, stark steuernde Rolle gespielt. Wer heute über den Klimawandel nachdenkt (der diesen Gehalt massiv beeinflusst), sollte das nicht vergessen.
 
 
 
Quelle: Lesch & Kummer: Wie das Staunen ins Universum kam, Patmos-Verlag 2016, S. 170-176


 


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