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Unsere Welt zu verstehen: Hubble Milchstraße
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Von Kant bis Hubble:
Wie klar wurde, dass unsere Milchstraße nur eine unter vielen Galaxien ist
Schon im 18. Jahrhundert war Astronomen aufgefallen, dass einige Lichter am Himmel klar strahlen, andere aber einen etwas verschwommenen Eindruck machen. Letztere, so dachte man, müssten Nebel aus Gas und Staub sein.
Der Physiker und Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) allerdings war anderer Meinung: Er hat als erster vermutet, dass diese feinen Nebel Sternensysteme wie unsere Milchstraße sein könnten.
Entscheidbar war die Frage damals aber nicht, da man noch nicht gelernt hatte, die Entfernung solcher Nebel von der Erde zu bestimmen.
Noch 1920 gab es — sogar in Gegenwart von Einstein — eine ergebnislose Diskussion zwischen zwei anerkannten Astronomen über genau diese Frage:
Wer recht hatte, wurde erst entscheidbar, nachdem einige Jahre später Edwin Hubble die zwei größten von der Erde aus sichtbaren Nebel zu erforschen begann (M33 und Andromeda). Er verwendete ein 2,50-Meter-Teleskop sowie eine neuartige empfindliche Fotoemulsion und konnte so M33 als flachen Spiralnebel erkennen und ihn zweifelsfrei in Sterne auflösen, unter denen er 35 als Cepheiden erkannte. Mit ihrer Hilfe kam er zu einer Abschätzung der Entfernung der Erde von M33, woraus sich ergab, dass M33 deutlich außerhalb der Milchstraße liegen musste.
Hubbles Veröffentlichungen machten zum ersten Mal deutlich, dass sich das Universum aus Galaxien zusammensetzt.
Und nicht nur das: Er machte auch die erstaunliche Entdeckung, dass nur einige nahegelegene Galaxien anscheinend ohne bestimmte Richtung im All schweben, alle anderen aber von uns zu fliehen scheinen. Sie entweichen bemerkenswert schnell, und je weiter sie entfernt sind, umso größer ist ihre Entweichgeschwindigkeit. Hubble schloß daraus, dass dies nur sein könne, wenn
Dass letzteres richtig sein muss, ergab sich schließlich aus Einsteins Gravitationstheorie:
Sie verlangte einen expandierenden Kosmos, doch Einstein war der Meinung, der Kosmos müsse statisch sein. Um seine Theorie dieser Auffassung anzupassen, erweiterte er seine Feldgleichung um eine sog. kosmologische Konstante.
Alexander Friedmann (1888-1925) jedoch konnte Einstein einen Rechenfehler nachweisen, nach dessen Korrektur klar wurde, dass die Feldgleichung auch mit so einer Konstanten vorhersagt, dass der Raum nicht statisch sein kann: Er muss sich ausdehnen, zusammenziehen oder beides abwechselnd tun.
Dies hat Einstein schließlich veranlasst zu glauben, seine Einführung einer kosmologischen Konstante sei ein großer Fehler gewesen.
Note: Seit 1998 wissen wir, dass der Raum nun schon seit etwa 6 Mrd. Jahren sogar b e s c h l e u n i g t expandiert. Wenn das noch etwa 100 Mrd. Jahre so bleibt (unser Universum wird dann erst 7 Mal so alt sein wie heute), wird das dazu geführt haben, dass die Lokale Gruppe (das ist der Galaxienhaufen, dem die Milchstraße und Andromeda als größte Mitglieder angehören) zu einer einzigen Galaxie verschmolzen sein wird. Für ihre Bewohner wird rein gar nichts mehr darauf hindeuten, dass es über ihr eigenes Sternensystem hinaus im All noch andere solcher W e l t e n i n s e l n gibt. Der Expansion des Raumes wegen werden sie alle dann nämlich schon über den Beobachtungshorizont der Lokalen Gruppe hinausgewandert sein.
Wir dürfen uns also glücklich schätzen, in einer Zeit zu leben, in der uns das Licht anderer Galaxien tatsächlich noch erreicht.
aus Notizen zu
Der Kosmos: Gedanken über das Allumfassende
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Wie klar wurde, dass unsere Milchstraße nur eine unter vielen Galaxien ist
Schon im 18. Jahrhundert war Astronomen aufgefallen, dass einige Lichter am Himmel klar strahlen, andere aber einen etwas verschwommenen Eindruck machen. Letztere, so dachte man, müssten Nebel aus Gas und Staub sein.
Der Physiker und Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) allerdings war anderer Meinung: Er hat als erster vermutet, dass diese feinen Nebel Sternensysteme wie unsere Milchstraße sein könnten.
Entscheidbar war die Frage damals aber nicht, da man noch nicht gelernt hatte, die Entfernung solcher Nebel von der Erde zu bestimmen.
Noch 1920 gab es — sogar in Gegenwart von Einstein — eine ergebnislose Diskussion zwischen zwei anerkannten Astronomen über genau diese Frage:
- Harlow Shapley (1885-1972) hatte als erster den Durchmesser der Milchstraße
und die Entfernung ihres Zentrums von der Erde abgeschätzt (wenn auch beides
um etwa den Faktor 2 zu groß). Er vertrat die Meinung, die sog. Nebel befänden sich innerhalb der Milchstraße.
- Heber Curtis (1872-1942) kritisierte Shapleys Modell der Milchstraße heftig und vertrat die Ansicht, dass Nebel mit der Milchstraße vergleichbare andere Sternsysteme seien.
Wer recht hatte, wurde erst entscheidbar, nachdem einige Jahre später Edwin Hubble die zwei größten von der Erde aus sichtbaren Nebel zu erforschen begann (M33 und Andromeda). Er verwendete ein 2,50-Meter-Teleskop sowie eine neuartige empfindliche Fotoemulsion und konnte so M33 als flachen Spiralnebel erkennen und ihn zweifelsfrei in Sterne auflösen, unter denen er 35 als Cepheiden erkannte. Mit ihrer Hilfe kam er zu einer Abschätzung der Entfernung der Erde von M33, woraus sich ergab, dass M33 deutlich außerhalb der Milchstraße liegen musste.
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Note: Cepheiden — man nennt sie auch Meilensteine im All — sind sehr große Sterne, deren Helligkeit periodisch schwankt.
Sie haben besondere Bedeutung für die Astrophysik,
denn wie Shapley erkannt hatte, gibt es zwischen der Pulsationsrate eines Cepheiden und seiner Leuchtkraft einen festen Zusammenhang.
Vergleicht man also seine Leuchtkraft mit der Helligkeit, mit der er uns erscheint, lässt sich so auf seine Entfernung von der Erde schließen.
Note: Hubble, der zunächst Jura studiert und dann wenige Monate als Rechtsanwalt praktiziert hatte, hat in Chicago Astronomie studiert und in Yerkes – dem der Universität Chicago angeschlossenem Observatorium – promoviert. 1919 folgte er einer Berufung ans Mount-Wilson-Observatorium, an dem auch Shapley forschte (der Hubble allerdings gar nicht mochte: Er fand ihn arrogant und anmaßend, und Hubble selbst trug wenig zu seiner Beliebtheit unter Kollegen bei). Hubble hat dort 5 Jahre lang nahegelegene "Nebel" photographiert, untersucht und klassifiziert, bevor ihm gelang, wofür er berühmt wurde:
Hubbles Veröffentlichungen machten zum ersten Mal deutlich, dass sich das Universum aus Galaxien zusammensetzt.
Und nicht nur das: Er machte auch die erstaunliche Entdeckung, dass nur einige nahegelegene Galaxien anscheinend ohne bestimmte Richtung im All schweben, alle anderen aber von uns zu fliehen scheinen. Sie entweichen bemerkenswert schnell, und je weiter sie entfernt sind, umso größer ist ihre Entweichgeschwindigkeit. Hubble schloß daraus, dass dies nur sein könne, wenn
- entweder die Milchstraße das Zentrum des Universums wäre
- oder aber der Raum sich in Aufblähung befände.
Dass letzteres richtig sein muss, ergab sich schließlich aus Einsteins Gravitationstheorie:
Sie verlangte einen expandierenden Kosmos, doch Einstein war der Meinung, der Kosmos müsse statisch sein. Um seine Theorie dieser Auffassung anzupassen, erweiterte er seine Feldgleichung um eine sog. kosmologische Konstante.
Alexander Friedmann (1888-1925) jedoch konnte Einstein einen Rechenfehler nachweisen, nach dessen Korrektur klar wurde, dass die Feldgleichung auch mit so einer Konstanten vorhersagt, dass der Raum nicht statisch sein kann: Er muss sich ausdehnen, zusammenziehen oder beides abwechselnd tun.
Dies hat Einstein schließlich veranlasst zu glauben, seine Einführung einer kosmologischen Konstante sei ein großer Fehler gewesen.
Note: Seit 1998 wissen wir, dass der Raum nun schon seit etwa 6 Mrd. Jahren sogar b e s c h l e u n i g t expandiert. Wenn das noch etwa 100 Mrd. Jahre so bleibt (unser Universum wird dann erst 7 Mal so alt sein wie heute), wird das dazu geführt haben, dass die Lokale Gruppe (das ist der Galaxienhaufen, dem die Milchstraße und Andromeda als größte Mitglieder angehören) zu einer einzigen Galaxie verschmolzen sein wird. Für ihre Bewohner wird rein gar nichts mehr darauf hindeuten, dass es über ihr eigenes Sternensystem hinaus im All noch andere solcher W e l t e n i n s e l n gibt. Der Expansion des Raumes wegen werden sie alle dann nämlich schon über den Beobachtungshorizont der Lokalen Gruppe hinausgewandert sein.
Wir dürfen uns also glücklich schätzen, in einer Zeit zu leben, in der uns das Licht anderer Galaxien tatsächlich noch erreicht.
tags: stw2244H: Hubble+Milchstraße+Galaxien
Der Kosmos: Gedanken über das Allumfassende
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