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Unsere Welt zu verstehen:  Sekunden Urknall



 Beitrag 0-254
 
 

 
Die ersten Sekunden
 
und die ersten 280 000 Jahre nach dem Urknall
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Bei etwa 1012 Kelvin — etwa 1/10000 sec nach dem Urknall
    hat das Teilchenplasma in etwa noch die Dichte heutiger Atomkerne ( etwa 0.01 bis 0.1 GeV/fm3 ).
     
    Dies hat zur Folge, dass sich fast noch alle Teilchen — ganz unabhängig von ihrer Art — im thermischen Gleichgewicht befinden — und das gilt bei solcher Temperatur sogar noch für Neutrinos. Sie alle tauschen daher noch ständig Energie untereinander aus und wandeln sich in einander um. Höchstens die Teilchen dunkler Materie könnten sich hier schon abgekoppelt haben.
     
    Abkopplung bedeutet, dass Teilchen bestimmter Art zu einem Eigenleben finden und nur noch per Gravitation durch andere beeinflussbar sind.
     
    In diesem noch sehr heißen, dichten Stadium sind die leichtesten Teilchen die häufigsten, denn sie können massenweise aus Kollisionsenergie gebildet werden. Photonen, Neutrinos, Elektronen und Positronen sind daher noch weit häufiger als Nukleonen. Protonen und Neutronen wandeln sich noch ständig in einander um. So kann z.B. ein Proton ein Elektron einfangen und sich unter Aussendung eines Elektron-Neutrinos in ein Neutron verwandeln. Umgekehrt kann ein Neutron und ein Positron zu einem Proton und einem Elektron-Antineutrino werden.
     
    Bei zunehmend sinkender Temperatur wird dann aber wichtig, dass Protonen etwas leichter sind als Neutronen, und so kommen sie immer häufiger vor, da die thermische Energie immer seltener ausreicht, die schwereren Neutronen zu erzeugen. Es gibt jetzt etwa 1.5% mehr Protonen als Neutronen.

Bei etwa 1010 Kelvin — etwa 1 sec nach dem Urknall
    ist die Materiedichte nur noch etwa 100 000 Mal so große wie die von Wasser. Die thermische Energie liegt nun in einem bereich, der für Kernreaktionen typisch ist. Nun gibt es schon 3 Mal mehr Protonen als Neutronen.
     
    Dichte und Temperatur sind nun so weit abgesunken, dass sich der flüchtige Charakter der Neutrinos bemerkbar macht: Sie koppeln sich jetzt ab und durchqueren seitdem durch fast nichts mehr aufhaltbar den Raum.

Nur wenig später – bei etwa 5 Milliarden Kelvin
    reicht die mittlere Teilchenenergie nicht mehr aus, Elektron-Positron-Paare zu bilden. Da sich ständig große Mengen solcher Paare vernichten, verschwinden sie schnell fast vollständig, wobei aber ein winziger Überschuss an Elektronen (1 aus 1 Milliarde) zurückbleibt. Sie werden später die Hüllen der Atome bilden. Es müssen dabei ebenso viele Elektronen wie Protonen übgrig geblieben sein, denn unser Universum ist insgesamt elektrisch neutral.

 
Etwa 1 Stunde nach dem Urknall
    sind 1/8 aller Nukleonen Neutronen. Jedes Paar dieser Neutronen hat sich schon mit einem Paar von Protonen zu einem Heliumkern gebunden. Nur recht sporadisch gibt es auch schon wenige Kerne von Deuterium, Tritium, Helium-3, Beryllium-7, Lithium-6 und Lithium-7. Das Verhältnis der chemischen Elemente liegt somit schon fest und wird sich erst sehr viel später langsam wieder ändern: Erst dann, wenn im Inneren von Sternen erneut sehr große Dichten und entsprechend hohe Temperaturen auftreten.
     
    Aus dem damaligen Proton-Neutron-Verhältnis von 7 zu 1 folgt, dass der Gewichtsanteil von Helium bezogen auf das Gesamtgewicht aller Atome damals 25% betrug. Die restlich 75% waren fast ausschließlich Wasserstoff (der Anteil anderer Atome war zu gering, um nennenswert zu sein).
     
    An diesem Verhältnis hat sich bis heute nur wenig verändert: In unserem Sonnensysten verteilt sich Masse wie folgt:
       
    • 70.57 % sind Wasserstoff 1,
       
    • 27.52 % sind Helium 4.
       
    • Alle anderen Atome zusammen machen nur 2 % aus und müssen noch vor Entstehung der Sonne in den Zentren anderer Sterne entstanden sein.

Bei etwa 10 000 Kelvin — rund 60 000 Jahre nach dem Urknall
    gerät unser Universum von einem strahlungsdomierten in einen materiedominierten Zustand: Vorher war die Energiedichte der Strahlung (Photonen und Neutrionos) größer als die Dichte der die Ruhemasse aller damals schon existierenden Materieteilchen darstellendien Energie (dunkle Materie mit eingeschlossen).
     
    Ganze Atome — und damit elektrisch neutrale Teilchen gewöhnlicher Materie — gab es damals aber noch nicht. Damit sie entstehen konnten, musste sich die Temperatur noch weitere 220 000 Jahre verringern, bis hinunter auf etwa 3000 Kelvin.
     
    Das Universum besteht dann aus
       
    • 63 % dunkler Materie
       
    • 12 % Protonen, Elektronen und Heliumkernen
       
    • 15 % Photonen
       
    • 10 % Neutrinos

Erst etwa 280 000 Jahre nach dem Urknall entstehen Atome.
    Sie sind elektrisch neutral, und so kann sich Licht nun erstmals geradlinig ausbreiten.

 
Note: Die Expansion des Raumes streckt sämtliche Wellen darin — vergrößert also die Wellenlänge nicht nur von Photonen, sondern grundsätzlich aller Quanten. Daher kommt es, dass die kosmische Hintergrundstrahlung heute nur noch eine Temperatur von 2.73 Kelvin hat.
 
Ohne Berücksichtigung der dunklen Energie im Vakuum ist die Strahlungsdichte heute 3750 Mal kleiner als die Dichte der Ruheenergie aller hellen und dunklen Materie.

 
 
Quelle: Jörg Resag: Zeitpfad — Die Geschichte unseres Universums und unseres Planeten, Springer Spekrum 2012


 


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