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Unsere Welt zu verstehen:  Quantencomputer



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Quantencomputer: Wie man sie implementiert
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Sollte es einmal gelingen, funktionsfähige Quantencomputer zu bauen, werden sie Verfeinerung herkömmlicher Computer im folgenden Sinne sein:
 
Herkömmliche Computer arbeiten mit Speicherzellen, die boolsche Werte speichern und wiedergeben können: JA oder NEIN. Wird ein solcher Wert in der Zelle Z gespeichert, ist er von außen vorgegeben, d.h. er kommt als aktueller Parameter der Funktion » Zelle Z: speichere boolschen Wert «.
 
Ein Quantencomputer verallgemeinert diese Idee, indem der Parameter, den man der Funktion mitzugeben hat, nicht der neue Wert der Zelle ist, sondern stattdessen eine Frage, welche nur mit JA oder NEIN beantwortbar ist. Diese Antwort wird dann mit Hilfe quantenphysikalischer Mechanismen gefunden und in der Zelle Z gespeichert.
 
Mit anderen Worten:
 
Was man zu bauen versucht sind Computer, in denen jede Speicherzelle Z das ist, was man einen Quantencomputer nennt.

 
 
Wie sich diese rechnenden Zwei-Niveau-Systeme bauen lassen, ist das große Problem. Als abstrakter Datentyp aber sind sie sämtlich Lösung ein und derselben Spezifikation.
 
Der große Vorteil hiervon: Man muss nicht mit jeder neuen Technik, sie herzustellen, auch eine neue Theorie des Quanten-Computings erfinden.
 
Mit anderen Worten: Die Entwicklung von Software und Hardware für Quantencomputer muss nicht aufeinander abgestimmt sein — beides kann parallel zueinander vorangetrieben werden.
 
 
Zwei-Niveau-Systeme für die mögliche Verwendung als rechnende Zelle Z zu finden, ist nicht wirklich schwierig: Es sind da zahllose Möglichkeiten denkbar.
 
Wirklich schwierig aber ist, ihnen die als Parameter kommende JA-NEIN-Frage mitzuteilen (Input), sie dann störungsfrei zu halten, und schließlich das Ergebnis (JA oder NEIN) auszulesen.
 
Bei all diesen Operationen müssen die in jeder dieser Zellen Z arbeitenden Quanten so von ihrer Umgebung abgeschirmt sein, dass es zu keinerlei unerwünschter Dekohärenz oder Verschränkung kommt.
 
Dies zu erreichen sind heute schon ein gutes Dutzend Verfahren angedacht. Forschungszentren für Quantencomputing erforschen sie und sind auf der ganzen Welt fieberhaft mit dieser Aufgabe beschäftigt.
 
Betrachten wir hier — beispielhaft — nur zwei solcher Möglichkeiten:
     
  • In Ionenfallen abgeschirmte Quantensysteme Z:
     
    Dieser Ansatz versucht, unerwünschte Effekte durch Isolation der arbeitenden Quanten zu erreichen. Die arbeitenden Quanten sind in diesem Fall Ionen, d.h. Atome, die ein Elektron verloren haben und daher elektrisch geladen sind.
     
     
  • Extrem redundant ausgelegte Implementierungen der rechnenden Zelle Z basierend auf Kernspinresonanz:
     
    Hier verwendet man Moleküle einer ganzen Flasche voller Flüssigkeit — rund 1023 Moleküle —, die alle gleichermaßen agieren. Da es sich um Moleküle gleichen Zustands handelt, wird dieselbe Frage ihnen allen gestellt, was im Hinblick auf Möglichkeiten zur Fehlerkorrektur nahezu ideal ist: Man überlege sich nur, wie viele atomare Fehler sich in einem Reagenzglas voller Flüssigkeit einschleichen müssen, bis sie in der Lage sind, das Gesamtsignal zu verfälschen.

 
Letztlich ist jede über einer dieser Alternativen realisierte rechnende Zelle Z ein Computer zur Lösung einer Schrödinger-Gleichung auf analogem Wege: Ein System, das sich auf die richtige Antwort einschwingt.
 
 
Interessant dabei: Das durch Z modellierte System kann ein ganz anderes sein, als das, welches den Analogcomputer Z darstellt.
 
So kann z.B. ein Stickstoffdioxidmolekül von der Größe eines Nanometers auf einem Kernspinresonanz-Computer simuliert werden, der mit nur Femtometer großen Wasserstoffkernen in einem Flüssigkeitsbehälter arbeitet, auf einer Skala also, die rund 1 Million mal kleiner ist. Siehe Quantum Simulators.
 
In gewisser Hinsicht simuliert man so komplexe, geheimnisvolle Teile der Natur, indem man sie mit einfacheren, aber ebenso geheimnisvollen vergleicht. Das macht Sinn, denn große Moleküle wie auch winzige Atomkerne folgen denselben quantenmechanischen Gesetzen.
 
Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass es in der modernen Physik vor allem um die Entwicklung von  M o d e l l e n  geht. Sie müssen nicht kokurrenzlos sein (wie ja z.B. auch die Tatsache zeigt, dass man die gegenwärtige Theorie der Elementarteilchen als » Standardmodell « bezeichnet).
 
 
 
Quelle: Hans Christian von Baeyer: Das informative Universum, Verlag C.H.Beck 2005, Kap 22.

 
 
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