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Unsere Welt zu verstehen:  Stringtheorie Geburtsjahr



 Beitrag 0-73
 
 

 
Wie es zur Stringtheorie kam
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Als Geburtsjahr der Stringtheorie gilt 1968:
  • Damals nämlich war zwei am CERN forschenden, jungen Physikern — unabhängig voneinander — aufgefallen, dass die sog. Eulersche Beta-Funktion (von Euler schon im 19. Jahrhundert entwickelt) erstaunlich gut geeignet war, das Verhalten stark miteinander wechselwirkender Teilchen zu beschreiben (sprich: den Austausch von Bosonen, die als Träger der sog. Starken Kernkraft gelten).
     
  • Die durch die beiden Entdecker dieser Tatsache gefundene Formel machte aber auch einige unzutreffende Aussagen. Doch schon 1969 konnten drei andere Physiker dieses Problem beseitigen, indem sie die Formel um kleine Zusatzterme ergänzt hatten.
     
  • Noch ein Jahr später — 1970 — legte dann der japanische Physiker Y. Nambu, aufbauend auf dieser Formel, endgültig den Grundstein der Stringtheorie: Sein Forschungsgebiet waren Symmetrien, ihre tiefer Bedeutung und die Art und Weise, in der man sie immer wieder gebrochen vorfindet. Nambus Idee war, die punkteförmigen Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenphysik durch 1-dimentionale schwingende Gebilde zu ersetzen, die an die Saiten eines Musikinstruments erinnern (engl. Strings) und genau ein Plancklänge lang sind.

    Die so erhaltene Stringtheorie — die sog bosonische — kannte geschlossene und offene Strings, konnte aber nur Bosonen (nicht auch Fermionen) modellieren. Sie war 26-dimensional, was viele Anomalien (in den Prozessen der Teilchenumwandlung) und Unendlichkeiten zur Folge hatte.

 
In dieser Form allerdings hatte die Stringtheorie noch ganz gravierende Mängel:
  • Sie war weder zur Relativitätstheorie noch zu allen quantenmechanischen Erkenntnissen konform.
  • Sie sagte auch Tachionen voraus (d.h. überlicht-schnelle Teilchen).
  • Zudem hätte unsere Welt nach dieser Variante der Stringtheorie 26 Dimensionen haben müssen.
Vor allem dieser Gründe wegen, dachten damals viele Physiker, der Ansatz sei eine Sackgasse.
 
Erst als Michael Green und John Schwarz — die Väter der sog. Superstringtheorie — sich auf eine supersymmetrische Variante der Stringtheorie konzentrierten, war eine Version gefunden, die
  • mit 10 Raumdimensionen auskam
  • und sämtliche Symmetrien beschrieb, die das Standardmodell der Elementarteilchenphysik im Verhalten der Bosinen und Fermionen kennt.

Diese Variante der Stringtheorie (Typ I) stütze sich auf offene und auch auf geschlossene Strings. Schon 1 Jahr später — 1985 — präsentierten Green und Schwarz eine zweite Variante (genannt Typ II), welche nur noch geschlossene Strings betrachtete.
 
Sie war frei von Tachionen und enthielt ein masseloses Teilchen mit Spin 2, das sog. Graviton (dessen Existenz die Schöpfer des Standardmodells zwar immer vermutet, aber nie hatten modellieren können).

 
Damit konnte man nun tatsächlich viele Physiker davon überzeugen, dass diese supersymmetrische Form der Stringtheorie ein guter Weg sein könnte hin zu einer Theorie, welche das Verhalten sämtliche Fermionen, sämtlicher Bosonen, und auch des Gravitons derart treffend beschreibt, dass sie als Vereinigung von Quantenmechanik, dem Standardmodell und der Allgemeinen Relativitätstheorie in Frage kommen könnte.
 
 
Dennoch schien sich diese Hoffnung zunächst nicht zu erfüllen:
  • Haupthindernis war die Tatsache, dass Strings nicht punktförmig sind, sondern Ausdehnung haben.

Doch bald fand man einen Weg, die Strings auch als punktförmig anzusehen: dann jedenfalls, wenn man sich auf große Abstände konzentrierte (und so ein relativ niedriges Energieniveau annehmen konnte). Die erzielten Erfolge waren groß genug, dass Begeisterung aufkam:
 
 
 
Man sprach jetzt von der Superstring-Revolution und sah die Weltformel in greifbare Nähe gerückt.
 
Zudem war jetzt klar geworden, dass man nicht nur Strings zu betrachten hatte, sondern auch höher-dimensionele schwingende, membranartige Gebilde (sog. Branen).
 
Berechnet man nun aber mit Hilfe der Stringgleichungen, wie sich Strings teilen und vereinigen, so musste man feststellen, dass da laufend Anomalien und Unendlichkeiten auftraten, die die Theorie entwerteten. Erstaunlicherweise aber traten die immer nur in Verbindung mit dem Faktor (η-10) auf, wo η die Zahl der angenommenen Dimensionen bezeichnet. Da dieser Faktor für η = 10 zu null wird (und die Probleme dadurch verschwinden), dachte man dann, dass alle durch die Stringtheorie sinnvoll beschriebenen Welten 9 Raum- und 1 Zeitdimension hätten.
 
 
Ernüchterung trat ein, als man dann während weniger Jahre noch 3 weiter Varianten der Stringtheorie fand (alle basierend auf nur geschlossenen Strings). Damit waren 1995 immerhin 5 verschiedene Stringtheorien bekannt:
  • Eine Variante (genannt Typ I) betrachtete offene und geschlossene Strings.
     
  • Vier weitere Varianten (genannt Typ IIA, Typ IIB, o-heterotisch, und E-heterotisch) betrachteten nur geschlossene Strings.

Die Angst, dass es noch mehr Varianten geben könnte, wuchs ...
 
 
 
Dann aber kam es — 1995 — zur sog. Zweiten Superstring-Revolution:
 
Mit Hilfe sog. Dualitätsprinzipien (wonach scheinbar unterschiedliche physikalische Prinzipien dennoch ein und dasselbe Verhalten der Natur beschreiben) konnte Eduard Witten zeigen, dass
  • die bis dahin gefundenen fünf 10-dimensionalen Varianten der Stringtheorie
  • sowie eine damals auch schon konstruierte 11-dimensionale, supersymmetrische Quantenfeldtheorie
sämtlich Grenzfälle einer umfassenderen 11-dimensionalen supersymmetrischen Theorie sind (die er M-Theorie nannte).
 
 
In [1] liest man: M-theory contains extended objects of a whole slew of different spatial dimensions called p-brane (an object with p space dimensions, up to nine). It seems the fundamental ingredients in the M-theory are "branes" of a variety of dimensions.
 
Daraus folgt:
 
 
Der M-Theorie nach könnte unsere Welt eine dieser p-Branen sein,
 
d.h. bis zu 10 räumliche Dimensionen haben ( 6 davon bisher nie beobachtet ).

 
 
Note: Wer über die bisher experimentell nicht nachweisbaren 6 Dimensionen spricht, geht davon aus, dass es sich dabei um kompaktifizierte ( zusammengerollte )
r ä u m l i c h e 
Dimensionen handeln müsse. Mir aber scheint das nicht zwingend zu sein, denn schließlich stellen Dimensionen einer Theorie ja genau genommen nur unabhängig voneinander variierbare Freiheitsgrade dar. FRAGE also:
 
 
Könnte es sein, dass die 6 zusätzlichen, der Experimentalphysik unbekannten Dimensionen
 
weder räumlicher noch zeitlicher Natur sind?

 
 
Heute wird oft der Eindruck erweckt, die Stringtheorie trete auf der Stelle. Die Stringtheoretiker aber sind optimistisch: Sie sind fest davon überzeugt, dass wir nur noch nicht die richtigen mathematischen Werkzeuge haben, in der Stringtheorie schlummernde Aussagen zu entschlüsseln. Sie könnten recht haben, denn dass die siebte verborgene Dimension erst so spät entdeckt wurde, hängt damit zusammen, dass die Gleichungen der Stringtheorie über Jahrzehnte hinweg nicht genau genug gelöst werden konnten [ so schreibt Karamanolis in seinem Buch » Die Suche nach der Weltformel « (2006) ].
 
Jetzt also scheinen die Mathematiker am Zuge zu sein ...

 


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