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Unsere Welt zu verstehen:  Folgen Historische



 Beitrag 0-44
 
 

 
Ausgangspunkt von Einsteins Entwicklung der Allgemeinen Relativitätstheorie waren 3 Prinzipien. Hier als zweites
 
 
Das schwache und das starke Äquivalenzprinzip
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Unter dem  s c h w a c h e n  Äquivalenprinzip versteht man die Gleichheit von schwerer und träger Masse:

Einstein (1922)
 
Die bisherige Mechanik hat diesen wichtigen Sachverhalt zwar registriert, aber nicht interpretiert.
 
Eine befriedigende Interpretation kann nur so zustandekommen, dass man einsieht: Dieselbe Qualität des Körpers äußerst sich je nach Umständen als Trägheit oder als Schwere.
 

Danach stellen schwere und träge Masse lediglich unterschiedliche Manifestationen einer einzigen Grundgröße dar.

 
 
Nach dem schwachen Äquivalenzprinzip lässt sich gleichförmige Beschleunigung im feldfreien Raum nicht von geradlinig-gleichförmiger Bewegung im einem gleichförmigen Gravitationsfeld unterscheiden.

     
    Der Schluss ist, dass gleichförmige Beschleunigungen und homogene Gravitationsfelder für alle mechanischen Prozesse empirisch äquivalent sind.
     
    Die Annahme, dass dies nicht allein für mechanische Prozesse, sondern sogar für  s ä m t l i c h e  physikalischen Vorgänge gelte, wird als  s t a r k e s  Äquivalenzprinzip bezeichnet. Erst Einstein sprach davon.

 
Verknüpft mit Machschen Prinzip führt das starke Äquivalenzprinzip auf ein Charakteristikum der ART, welches darin besteht, den absoluten Raum zu vermeiden.
 
WICHTIG aber:
    Das Äquivalenzprinzip lässt sich nur auf  h o m o g e n e  Gravitationsfelder anwenden. Seine Erweiterung auf inhomogene Felder — solche mit räumlich oder zeitlich wechselnder Feldintensität — verlangt eine bloß lokale Anwendung auf räumlich und zeitlich benachbarte Ereignisse.
    Gutes Beispiel eines inhomogenen Gravitationsfeldes ist das kugelsymmetrische Feld der Erde. In ihm ist die Schwerebeschleunigung auf den Erdmittelpunkt gerichtet und weist daher an unterschiedlichen Orten in meist unterschiedliche Richtung. Folglich ist das Schwerefeld der Erde  n i c h t  durch Übergang in ein einziges beschleunigtes Bezugssystem im feldfreien Raum nachzubilden. Nur wer sich auf einen hinreichend kleinen Bereich des irdischen Schwerefeldes beschränkt, kann für ihn ein Bezugssystem derart wählen, dass das Schwerefeld verschwindet (niemals ganz genau, wohl aber ausreichend genau unter praktischen Gesichtspunkten).
     
    Auch die Tatsache, dass ein in einem beliebigen Gravitationsfeld frei fallender Beobachter die Existenz des Feldes grundsätzlich überhaupt nicht nachweisen könne, gilt nur in sehr kleinen Bereichen: Darüber hinaus nämlich wäre — genügend genaues Messgerät vorausgesetzt — die Auswirkungen der Raum-Zeit-Krümmung anhand sog. Gezeitenkräfte erkennbar, d.h. anhand der Deformationen, die sämtliche Körper im inhomogenen Gravitationsfeld erfahren. Wenn z.B. eine verformbare Kugel der Erde entgegen fällt, wirkt die Gravitationskraft am unteren Ende der Kugel stärker als am oberen (da sie ja der Erde schon näher ist), so dass die Kugel sich in Fallrichtung verlängert ind insgesamt elliptische Form annimmt.
     
    Dass man diese Kraftdifferenz als Gezeitenkraft bezeichnet, liegt daran, dass die irdischen Wassermassen auf der dem Mond zugewandten Seite von ihm stärker angezogen werden als auf der ihm abgewandten Seite. Deshalb ist das Wasser an beiden Seiten relativ zum Erdzentrum in Richtung des Mondes beschleunigt, was — da der Mond die Erde umkreist — ständigen Wechsel zwischen Ebbe und Flut zur Folge hat.
     
    Wirklich exakt also gilt das Äquivalenzprinzip nur in einer ausdehnungslosen Umgebung des Beobachters, die — da ausdehnungslos — nur den Punkt enthält, in dem der Beobachter ruht. Mit zunehmendem Abstand von ihm werden z.B. Gezeitenkräfte immer deutlicher hervortreten. Wirklich zu Null wird das Gravitationsfeld nur im Beobachter selbst: Das  s t a r k e  Äquivalenzprinzip hat nur  l o k a l e  Gültigkeit.

 
Bisher konnten Experimente das Äquivalenzprinzip bis zu einer Genauigkeit von 10-13 bestätigen. Dennoch ruht man nicht:
     
  • Das Äquivalenzprinzip mit noch höherer Genauigkeit nachzuprüfen ist Aufgabe des von der ESA verantworteten Projekts Weltraummission MICROSCOPE.
     
  • Um die Jahreswende 2013/2014 wurde ein exotisches 3-Sterne-System entdeckt, mit dessen Hilfe sich die uneingeschränkte Gültigkeit des starken Äquivalenzprinzips mit um einige Größenordnungen höherer Genauigkeit als bisher wird nachprüfen lassen. Siehe Relativitätstheorie im Präzisionstest (Jan 2014).

 
 
Folgen des Äquivalenzprinzips

 
 
Nach dem Äquivalenzprinzip ist es physikalisch nicht unterscheidbar, ob eine in einem System auftretende Kraft sich als Folge von Beschleunigung ergibt oder durch Gravitationsquellen hervorgerufen ist.
 
Mit anderen Worten: Schwerkraft und Trägheitskräfte (wie etwa die Fliehkraft) sind aufsummierbar und können sich daher — als gerichtete Kräfte — auch gegenseitig aufheben.
 
Die Erde umkreisende Raumfahrer etwa machen sich das zunutze: In der typischen Flughöhe von IIS und Mir ist die Schwerkraft nur etwa 15% geringer als auf der Erdoberfläche. Schwerelos sind die Raumfahrer darin nur deswegen, weil
     
  • auf sie — da sie sich ja kreisförmig um die Erde bewegen — auch Fliehkraft wirkt
     
  • und die Flughöhe ihrer Umlaufbahn so gewählt wurde, dass Fliehkraft und Schwerkraft sich zu Null aufaddieren.
     
  • Möglich ist das nur, weil nach dem Äquivalenzprinzip beide Kräfte gleicher Natur sind.

 
 
Historische Notiz:
 
 
Für Newton war Trägheit durch den Raum hervorgerufen, Gravitation aber durch die sich anziehenden Objekte im Raum.
 
Erst Einstein sah beide als Erscheinungsformen ein und derselben Sache: der Geometrie der Raumzeit.
 
 
Daher ist selbst noch die Fliehkraft, der wir während einer Karusselfahrt ausgesetzt sind, ein Aspekt der Gravitation.


 


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