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Unsere Welt zu verstehen:  Stellenwert Placebo



 Beitrag 0-24
 
 

 
Zum ganz erstaunlichen Stellenwert des Placebo-Effekts
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Bruce Lipton, ein Zellbiologe, versucht schon seit etwa 1970 seinen Fachkollegen klar zu machen, wie wichtig es ist, dass die Biologie aufhört, jedes Lebewesen nur reduziert auf seinen rein materiell existierenden Teil zu betrachten. Er hat dafür sehr gute Argumente (wie mir die Lektüre seines Buches » Intelligente Zellen — Wie Erfahrungen unsere Gene steuern « klar gemacht hat). Vieles ist allein schon seiner zusammenfassenden Erklärung des Entstehens von Leben, Bewusstsein und Gehirn zu entnehmen.
 
Wer sich nicht die Mühe machen möchte, sein Buch zu lesen, um mehr darüber zu lernen, wie der Geist den Körper steuert und beinflusst, könnte dennoch daran interessiert sein, wenigstens über den allseits bekannten — auch von der Schulmedizin anerkannten — Placebo-Effekt etwas dazuzulernen:


Bruce Lipton (S. 135-140, etwas gekürzt)
 
Jeder Medizinstudent lernt, dass Patienten sich oft schon dann besser fühlen, wenn sie nur annehmen, dass man sie behandelt hat. Dieser Effekt ist erstaunlicher Beweis für die Heilkraft des Körper-Geist-Systems. Für den typischen Schulmediziner grenzt der » doch nur eingebildete « Placebo-Effekt an Quacksalberei oder wird von ihm darauf zurückgeführt, dass der Patient schwach und leicht beinflussbar sei. Medizinische Fakultäten erwähnen den Placebo-Effekt deswegen nur am Rande, um sich so möglichst schnell ihren » wirksameren « Heilmethoden zuwenden zu können.
 
Ich [ Bruce Lipton ] halte das für einen kapitalen Fehler. Der Placebo-Effekt sollte in der medizinischen Ausbildung eine ganz wichtige Rolle spielen. Man darf die Kraft des Geistes nicht unterschätzen: Sie ist nicht weniger wirksam als Chemikalien und Skalpelle. Die Schulmedizin sollte nicht mehr länger glauben, dass unser Körper dumm und unsere Gesundheit nur mit äußerer Hilfe aufrecht zu erhalten sei.
 
Der Placebo-Effekt bedarf gründlicher wissenschaftlicher Untersuchung, denn könnte man herausfinden, wie man ihn steuert, wäre er ein höchst effizientes, nebenwirkungsfreies Intrument zur Krankheitsbekämpfung.
 
Manche Historiker weisen darauf hin, dass der Placebo-Effekt in der Medizin seit jeher eine große Rolle gespielt hat. Das muss schon deswegen so gewesen sein, da die Mediziner ja noch bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts über gar keine wirksamen Methoden verfügten (Krankheiten wurden mit Aderlass behandelt, Wunden mit Arsen, und wenn gar nicht mehr half, kam als "Allheilmittel" Klapperschlangenöl zum Einsatz). Und doch ging es so manchem Patienten selbst nach solcher Behandlung besser — ganz so wie heute, wenn ein Arzt im weißen Kittel seinem Patienten im Brustton der Überzeugung die hohe Wirksamkeit der Pille erklärt, die er verschreibt und die doch nur ein Placebo ist.
 
Was uns heilt muss also doch in erster Linie unsere Überzeugung sein!
 
Obgleich die Frage danach, wie Placebos wirken, im Großen und Ganzen von der Schulmedizin ignoriert wird, haben sich in letzter Zeit doch auch ein paar angesehne Wissenschaftler damit beschäftigt. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass selbst Scheinoperationen Wirkung zeitigen können:
    Eine 2002 im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie der Baylor School of Medicine überwachte Patienten, die sich wegen schwerer Knieschmerzen operieren lassen wollten. Der Leiter der Untersuchung, Dr. Bruce Moseley, wollte herausfinden, welche Art von Operation seinen Patienten am besten half. Er ordnete seine Patienten jeweils einer von 3 Gruppen zu:
     
    • Denen aus Gruppe 1 wurde der geschädigte Knorpel abgeschliffen.
       
    • Denen aus Gruppe 2 wurde das Gelenk gespült und so alles Material entfernt, das eine Entzündung verursachen konnte.
       
    • Gruppe 3 aber wurde nur zum Schein operiert: Der Patient wurde betäubt, Moseley machte die 3 Standardeinschnitte und redete und bewegte sich so, als führe er eine Operation durch — er planschte sogar mit etwas Salzwasser, um die Geräusche der Kniewaschung nachzuahmen. Nach 40 Minunten nähte er die Schnitte wieder zu, ganz so, wie er es bei einer gewöhnlichen Operation auch getan hätte.

    Alle 3 Gruppen erhielten gleiche postoperative Behandlung, zu der auch ein Gymnastikprogramm gehörte.
     
    Die Ergebnisse waren schockierend:
     
    • Ja, die wirklich operierten Patienten aus Gruppe 1 und 2 erfuhren die erwartete Besserung.
       
    • Der Placebo-Gruppe aber ging es ebenso gut!

     
    Dr. Moseley » wusste «, dass die Knieoperationen helfen würden, und er » wusste «, dass es im Bereich von Operationen kein Placebo-Effekt zu erwarten war — und dennoch war genau der eingetreten!
     
    Im Fernsehen ausgestrahlte Reportagen stellten die erstaunlichen Ergebnisse ausführlich dar. Sie zeigten Mitglieder der Placebo-Gruppe, die nun wandern gingen bzw. Basketball spielten — alles Dinge, die ihnen vor ihrer Scheinoperation unmöglich waren.
     
    Man hat diesen Patienten erst 2 Jahre später mitgeteilt, dass man sie gar nicht operiert hatte. Ein Mitglied dieser Gruppe, Tim Perez, konnte vor der Operation nur mit einem Stock gehen — jetzt aber spielte er mit seinen Enkeln Fußball. Im Interview sagte er: In dieser Welt ist alles möglich, wenn man es sich in den Kopf setzt: Ich weiß jetzt, dass unser Geist Wunder vollbringen kann.

Auch bei der Behandlung anderer Krankheiten, darunter Astma und Parkinson, haben Placebo-Effekte schon starke Wirkung gezeigt. Und bei der Behandlung von Depressionen waren sie gar so effektiv, dass der Psychiater, Walter Brown, Placebo-Pillen als Erstbehandlung für leichte und mittlere Depressionen vorschlug [Brown 1998]. Browns Untersuchungen haben gezeigt, dass die Placebo-Pillen sogar dann funktionierten, wenn die Patienten wussten, dass sie kein wirkstoffhaltiges Medikament erhielten.
 
 
Ein weiter Hinweis auf die Macht der Placebos (d.h. die Macht positiven Denkens) findet sich in einem Bericht des amerikanischen Gesundheitsministeriums:
    Darin steht [ Horgan, 1999 ], dass sich in einer Studie die Hälfte der betrachteten depressiven Patienten nach der Einnahme eines Medikaments besser fühlten, während es bei der Placebo-Kontrillgruppe immerhin noch 32 Prozent waren.
     
    Angesichts solcher Effektivität des Placebo-Effekts ist es nicht erstaunlich, dass die 8.2 Mrd Dollar schwere Antidepressiva-Industrie sich der Kritik stellen muss, dass die Pharmakonzerne die Wirksamkeit ihrer Mittel recht schamlos übertreibt.
     
    Irving Kirsch, ein klinischer Psychologe, hat 2002 festgestellt, dass gemäß klinischer Studien etwa 80 Prozent der Wirkung von Antidepressiva auf den Placebo-Effekt zurückzuführen seien.
     
    Um Zugriff auf die Daten der Untersuchungen zu den meist verkauften Antidepressiva zu bekommen, musste er sich auf die verfassungsrechtlich garabtierte Informationsfreiheit berufen, denn die Gesundheitsbehörden wollten sie herausgeben.
     
    In einem Interview mit dem Discovery Channel sagte Kirsch: Der Unterschied zwischen der Reaktion auf das Medikament und der Reaktion auf das Placebo betrug im Durchschnitt weniger als 2 Punkte auf einer klinischen Skala, die 50 bis 60 Punkte erreicht. Kirsch sah diesen Unterschied als, wie er wörtlich sagte, » klinisch bedeutungslos «.
     
    Eine interessante Tatsache zur Wirksamkeit von Antidepressiva ist auch, dass sie in den klinischen Versuchen im Laufe der Jahre immer besser abschnitten. Diese lässt darauf schließen, dass ihre Wirkung zum Teil auf geschickter Vermarktung beruht (allein auf dem Glauben also, dass sie wirken).
     
    Dass oft nur der Glaube an ihre Wirkung die Wirkung zeitigt, beweist der Fall Janis Schonfeld aus 1997:
     
      Sie nahm an einem Test der Wirksamkeit des Mittels Effexor teil und war absolut verblüfft, als man sie später darüber informierte, dass sie nur ein Placebo bekommen hatte:
       
      Diese Pillen nämlich hatten sie nicht nur von ihrer jahrelangen Depression befreit, die EEGs zeigten auch, dass ihre Großhirnrinde nun viel aktiver war als zuvor [ Leuchter et al., 2002 ]. Zudem hatte Schonfeld während der Behandlung an Übelkeit gelitten, einer bekannten Nebenwirkung von Effexor, über die man sie informiert hatte.
       
      Schonfeld war, nachdem die Ärzte ihr eröffnet hatten, sie habe nur ein Placebo genommen, fest davon überzeugt, dass man sich geirrt haben müsse. Die Wissenschaftler mussten ihren Bericht zweimal überprüfen, bis sie ihnen glaubte.

 
Zitierte Quellen:
 
  • Kirsch I. et al (2002): The Emperor's New Drugs: An Analysis of Antidepressant Medication Data Submitted to the U.S. Food and Drug Association. Prevention & Treatment, American Phsychological Association 5: Article 23
     
  • Leuchter A.F. et al (2002): Changes in Brain Function of Depressed Subjects During Treatment with Placebo. American Journal of Psychiatry 159(1): 122-129
     
  • Moseley J.B. (2002): A Controlled Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee. New England Journal of Medicine 347(2): 81-88
     
  • Horgan J. (1999): Prozac and Other Placebos. The Undiscovered Mind: How the human Brain defies Replication, Medication, and Explanation. New York, The Free Press, pp 102-136
     


 
Besonders klar — und durch Messungen der Gehirnströme über jeden Zweifel erhaben — wurde der Placebo-Effekt und die Macht der Überzeugungen nachgewiesen durch ein im Jahr 2014 an der TU München durchgeführtes Expirement:


Prof. Markus Ploner, TU München (2015):
 
Zwanzig Probanden erhielten zuerst unterschiedlich starke schmerzhafte Laserpulse abwechselnd auf zwei Bereiche auf ihrem Handrücken. Die Wahrnehmung eines jeden Schmerzreizes wurde anschließend mündlich bewertet.
 
Im weiteren Verlauf des Experiments erhielten sie die gleichen Reize noch einmal mit dem Unterschied, dass vorher beide Bereiche eingecremt wurden. Obwohl beide Cremes ohne Wirkstoff waren, bekamen die Probanden gesagt, dass eine der Cremes eine schmerzlindernde Wirkung habe.
 
Das Ergebnis: Die Probanden bewerteten die Schmerzen auf dem Hautbereich mit der angeblich schmerzlindernden Creme signifikant schwächer als auf der anderen Hautstelle.
 
Die Wissenschaftler konnten das auch im Gehirn sichtbar machen: Trotzdem die Probanden die gleichen Schmerzreize erhielten, feuerten die Nervenzellen beim zweiten Durchlauf ein anderes Muster von Signalen.
 


 
 
 
Nocebos: Die Macht  n e g a t i v e r  Überzeugung
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Wenn der Geist durch  p o s i t i v e  Suggestion zur Heilung beiträgt, nennt man das den Placebo-Effekt.
Wenn nun aber umgekehrt der Geist durch  n e g a t i v e  Suggestion die Gesundheit schädigt, spricht man vom Nocebo-Effekt.
 
Natürlich beruhen beide auf ein und demselben Mechanismus:


Bruce Lipton (S. 140-141, etwas gekürzt)
 
In der Medizin kann der Nocebo-Effekt ebenso mächtig sein wie der Placebo-Effekt. Wer ins Sprechzimmer eines Arztes spricht, sollte das wissen — und vor allem sollte der Arzt sich dieses Zusammenhangs stets bewusst sein. Wenn er einem Patienten sagt » Sie haben höchstens noch 6 Monate zu leben « (und wenn der ihm glaubt), wird das die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich so kommt, deutlich erhöhen. In der Sendereihe Placebo: Mind over Matter des Discovery Channel von 2003 wird über einige höchst interessante medizinische Fälle berichtet.
     
    Einer dieser Berichte handelte von einem Arzt aus Nashville. Clifton Meador hatte gut 30 Jahre lang den Nocebo-Effekt erforscht und war dabei 1974 auf einen Schuverkäufer inm Ruhestand gestoßen, Sam Londe, bei dem man Speiseröhrenkrebs diagnostiziert hatte — eine Krankheit, die damals als mit Sicherheit tödlich galt. Londes Krebs wurde behandelt, aber unter Medizinern war klar, dass er wiederkehren würde. Daher war niemand überrascht, als Londe wenige Wochen nach der Diagnose starb.
    Die Autopsie des Toten aber brachte eine große Überraschung: Man fand nur sehr wenig Krebs in seinem Körper, auf keinen Fall genug, um daran zu sterben: In seiner Leber und seiner Lunge fanden sich ein paar Flecken, aber keine überhaupt keine Spur von Speiseröhrenkrebs, der doch für seinen Tod verantwortlich sein sollte. Woran also war Londe gestorben, wenn nicht an Krebs? Starb er, weil er glaubte, dass er sterben würde?
     
    Dieser Fall verfolgte Meador noch drei Jahrzehnte nach Londes Tod. Ich dachte, er hätte Krebs. Er dachte, er hätte Krebs. Jeder um ihn herum dachte das. Haben wir ihm die Hoffnung genommen [und so seinen Tod verursacht]?

 


 
 
 
Und hier das allgemeine Prinzip:



Bruce Lipton, (S. 142-143, etwas gekürzt)
 
Unsere Überzeugungen — seien sie positiv oder negativ — beeinflussen nicht nur unsere Gesundheit, sondern jeden Aspekt unseres Lebens. Henry Ford hatte recht, als er sagte:
 
Ob du glaubst, du kannst es,
oder ob du denkst, du kannst es nicht
du wirst stets recht behalten.

 
Unsere Überzeugungen sind wie die Filter vor dem Objektiv einer Kamera — sie verändern unseren Blick auf die Welt, und unsere Biologie passt sich dem an, was wir sehen bzw. zu sehen glauben. Wenn wir anerkennen, dass unsere Überzeugungen solche Anpassung hervorrufen, dass sie also derart mächtig sind, haben wir den Schlüssel gefunden, unser Wohlbefinden in durchaus nennenswertem Umfang zu steuern.
 
Mit unserer genetischen Veranlagung müssen wir leben — unsere Meinung und Überzeugung aber  k ö n n e n  wir ändern.
 
In meinen Vorträgen verteile ich an dieser Stelle rote und grüne Plastikfilter an die Zuhörer. Jeder ist frei, den einen oder anderen zu wählen. Dann bitte ich sie, laut in den Raum zu rufen, ob sie die Bilder, die ich nun an die Wand projeziere, als friedlich oder angsterregend wahrnehmen.
  • Wer den roten » Überzeugungsfilter « gewählt hat, wird auf dem Dia das einladende Bild eines Häuschens, Blumen, und einen sonnigen Himmel sehen sowie die Botschaft » Ich lebe in Liebe und Frieden «.
     
  • Wer nun aber durch einen der grünen Filter sieht, wird eine bedrohlichen Himmel, Fledermäuse und Schlangen sowie ein dunkles Haus sehen mit der Aussage » Ich lebe in Angst «.

 
Es begeistert mich immer wieder, wie aus demselbem in roten und grünen Farben gehaltenen Bild die einen herauslesen » Ich lebe in Liebe und Frieden « während die anderen herauslesen » Ich lebe in Angst «.
 
Dann bitte ich die Teilnehmer. durch den jeweils anderen Filter zu schauen. Es geht mir darum, zu zeigen, dass wir  w ä h l e n  können, was wir sehen.
 
Sie, lieber Zuhörer, können in Frieden oder in Angst leben. Sie  h a b e n  die Wahl, zu was es kommt.
 
Wenn Sie sich für ein Leben voller Angst entscheiden, wird Ihre Gesundheit in dem Maße nachlassen, in dem Sie sich als Reaktion darauf hinter einen Schutzpanzer zurückziehen.
 
Lehrer wie Buddha und Jesus haben uns das schon seit Jahrtausenden erzählt. Jetzt ist es auch für die Wissenschaft nachvollziehbar:
 
 
Nicht unsere Gene,
 
sondern unsere Überzeugung — subjektive Wahrnehmungen — steuern unser Leben.

 
 
 
Leben in diesem Sinne umfasst unsere  u n b e w u s s t e n , aber auch all unsere  b e w u s s t e n  Reaktionen auf unsere Umwelt.


 


Östliche Philosophie sprach es so aus (war sich aber wohl nicht bewusst, dass man unter den » Gewohnheiten « hier  a u c h  das zu verstehen hat, was jede einzelne Zelle unseres Körpers sich angewöhnt hat):


Deine Überzeugungen werden deine  Gedanken
Deine Gedanken werden deine  Worte
Deine Worte werden dein  Handeln
Dein Handeln wird zu deinen  Gewohnheiten
Deine Gewohnheiten formen deine  Werte
Deine Werte werden zu deiner  Bestimmung



 


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