Quantenzustand








D i s k u s s i o n



 Beitrag 0-392
Das weit genauere Zustandsmodell der Quantenphysik

 
 

 
Das besonders genaue Modell der Quantenphysik

 
 
(1)  Quantenphysik verfeinert den Zustandsbegriff

 
 
Die klassische Physik versucht eine Welt W zu verstehen, indem sie sich W als Summe disjunkter Teilwelten W(j) auffasst und dann davon ausgeht, dass man W kennt, sobald man alle W(j) kennt. Mit anderen Worten:
 
Klassische Physik geht davon aus, dass der Zustandsraum von W die direkte Summe der Zustandsräume aller W(j) sei und jedes W(j) sich autonom verhalte.
 
Ein Nachteil dieses Vorgehens wird sofort klar: Jede so erhaltene Beschreibung von W wird ums ungenauer sein, in je weniger kleine Teilwelten W(j) man sich W partitioniert denkt.
 
 
Quantenphysik dagegen ist genauer: Sie ist holistisch in dem Sinne, dass sie neben sämtlichen Teilwelten auch noch die Beziehungen zwischen ihnen betrachtet und sie als ebenfalls wesentliche Bestandteile von W anerkennt. Dies zu erreichen, geht Quantenphysik davon aus, dass der Zustandsraum von W das direkte Produkt der Zustandsräume all seiner kleinstmöglichen, nicht mehr teilbaren Teilwelten w(j) sein müsse.
 
 
 
(2)  Nur Quantenphysik kennt komplementäre Größen

 
 
Als komplementär bezeichnete Niels Bohr zwei Größen, deren begrifflicher Gebrauch für das volle Verständnis einer Sache unverzichtbar ist, obgleich sie einander ausschließen.
 
Er hat das erklärt am Beispiel von Liebe und Gerechtigkeit: Um zu überleben benötigen Menschen beides. Und doch ist — im strengen Sinne ihrer Bedeutung — die gleichzeitige Anwendung beider nicht möglich. Sie sind komplementär.
 
Beispiel für Komplementarität in der Quantenphysik sind das Wellen- und das Teilchenmodell: Jede Welle ist ausgebreitet über den ganzen Raum, ein Teilchen aber wird als punktförmig und zu jeder Zeit als an einem ganz bestimmten Ort lokalisiert gedacht.
 
 
 
Heisenbergs Matrizenmechanik lieferte die mathematische Struktur, die zur Darstellung des Zustandsraumes, aber auch der Komplementarität in der Quantenphysik nötig war. Da sich jede quantenphysikalische Messung als linearer Operator auf dem Zustandsraum darstellt, spiegelt sich die Komplementarität in der Tatsache, dass das Produkt zweier Operatoren von der Reihenfolge ihrer Anwendung abhängt.

 

 Beitrag 0-Quanten
Wie man Quantenzustand modelliert

 
 

 
Quantenzustand und Hilbertraum

 
 
Einer der wichtigsten Begriffe der Quantenphysik ist der der Observablen (womit eine beobachtbare physikalische Größe gemeint ist).
 
Auch was man unter einer quantenphysikalischen Messung versteht, will gut verstanden sein:
 
In der Sprache der Quantenphysik ist mit jeder Messfrage ein Operator verbunden, und die möglichen Zustände nach der Messung — jene also, die auch aus der Sicht der  k l a s s i s c h e n  Physik eintreten können —, werden stets Eigenzustände des Operators sein.
 
Genauer:
 
In Heisenbergs Matrizenarithmetik entspricht jede Observable einer Matrix und jeder Quantenzustand einem Vekor in einem Hilbertraum, der — je nach Komplexität des betrachteten Quantensystems — beliebig viele Dimensionen haben kann (auch unendlich viele: Hat man ein Quantensystem, so wird sich der ihm zugeordnete Hilbertraum als das Tensorprodukt der Hilberträume der einzelnen Quanten darstellen).
 
Multiplikation eines Quantenzustandes mit einer Matrix (man sagt: einem Operator) modelliert Zustandsübergang.
 
Die Komponenten der Vektoren und Matrizen sind komplexe Zahlen.
 
Wenn ein Operator mit einem Vektor multipliziert wird, kann es vorkommen, dass der sich ergebende Vektor sich vom ursprünglichen nur in seiner Länge unterscheidet. Man nennt diesen Streckfaktor dann einen Eigenwert des Operators.
 
Als Observable zugelassen sind nur Operatoren, die ausschließlich reelle Eigenwerte haben. Präziser gesagt:
 
 
Nur jeder selbstadjungierte Operator entspricht einer Observablen.
 
Da Matrizenmultiplikation nicht kommutativ ist,
macht es (im Ergebnis) sehr wohl einen Unterschied, in welcher Reihenfolge man Observable beobachtet.

     
     
    Unter komplementären Observablen versteht man solche, deren Operatoren nicht miteinander kommutieren.
     
    Es kann dann kein Messapparat existieren, mit dessen Hilfe die entsprechenden beiden physikalischen Größen gleichzeitig erfragbar wären.
     
    Beispiele: Komplementär zueinander sind Ort und Impuls, Energie und Zeit, aber auch unterschiedliche Komponenten des Drehimpulses.

 
 
Die meisten Experimente in der Quantenphysik werden nicht mit einzelnen Teilchen (z.B. Atomen) durchgeführt, sondern mit einer großen Menge gleicher oder unterschiedlicher Teilchen. So verwendet man z.B. für den Nachweis des Photoeffekts nicht ein einzelnes Photon, sondern einen Lichtstrahl aus unzähligen Photonen.
 
Nun kann es aber durchaus sein, dass alle diese Teilchen sich im selben Zustand befinden. In diesem Fall — so fordert die Quantenphysik — müssen sie wie ein einziges Quantenobjekt behandelt werden (was die Dimension des Hilbertraumes drastisch reduziert).
 
 
Das Verhältnis zweier Zustände eines Quantensystems wird durch Projektionswahrscheinlichkeiten beschrieben: Wenn beispielsweise ein in einen Polaristator einlaufendes Photon einen Zustand hat, der senkrecht auf dem des Polarisators steht, wird seine "Projektion" auf den vom Polarisator geforderten Zustand Null sein.

 
Ein Quantensystem Q ist durch eine gewisse Anzahl von Basiszuständen Z genau dann vollständig beschrieben,
 
wenn sie zueinander orthogonal sind
 
und die Summe der Projektionswahrscheinlichkeiten p(Q,Z) exakt 1 ist.

 
Z u s a m m e n f a s s u n g :
     
  • Der Zustand eines Quantensystems ist beschreibbar durch eine Richtung im Hilbertraum (d.h. durch eine Gerade, welche durch den Ursprung führt
    (genauer: durch die vom Nullvektor verschiedenen Elemente eines Teilraumes, der — wie etwa eine Polarisationsebene — auch mehr als nur eine Dimension haben kann).
     
    Als normierte Darstellung eines Zustandsvektors Z gilt die Strecke s(Z), die Durchschnitt dieser Geraden mit dem Inneren der 1-Sphäre ist.
     
  • Jede Messapparatur entspricht einem Operator mit einen reellen Eigenwert.
     
  • Die Projektionswahrscheinlichkeit — d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass ein im Zustand Z auf die Messapparatur treffendes Quantensystems hierdurch den von der Messapparatur geforderten Zustand bekommt — ist gegeben durch  L/2 , wo L die Länge der Projektion der Strecke s(Z) auf den Eigenraum der Messapparatur bezeichnet.
     
    Mit anderen Worten: Sie ist gegeben durch  cos2(φ) , wo φ der Winkel zwischen den Vektoren oder Ebenen ist, die den Zustand der Messapparatur bzw. den des Quantensystems  v o r  der Messung beschreiben.

Entsprechend einer Konvention, die sich eingebürgert hat, nennt man Zustandsvektoren oft  ψ  und schreibt sie entweder als Zeilenvektor  <ψ|  (Bra-Vektor) oder als Spaltenvektor  |ψ>  (Ket-Vektor).
 
Vorsicht aber: Die Komponenten des Bra-Vektors sind konjugiert komplex zu denen des Ket-Vektors, so dass  <ψ|φ>  das Skalarprodukt von ψ und φ bezeichnet.
 
Insbesondere besteht die Diagonale der Matrix  <ψ|ψ>  nur aus reellen Zahlen, deren Summe 1 ist. [Jeder Zustandsvektor ψ gilt als so normiert, dass sein Endpunkt im Hilbertraum auf der 1-Sphäre liegt. Die Zahlen in der Diagonale der Matrix sind deswegen die Projektionswahrscheinlichkeiten auf die Basisvektoren des Hilbertraums.]

 
 
Fragen ...
 
Die Dimension des Hilbertraumes eines Quantensystems ist gegebene durch die Tatsache, dass er aufgespannt sein muss durch die Menge aller Vektoren, die Eigenvektor wenigstes eines Operators sind, der einer denkbaren Messapparatur entspricht und wenigstens einen reellen Eigenwert hat. Die solchen Eigenwerten zugeordneten Eigenräume nennt man die dem Quantensystem möglichen Zustände.
 
Betrachtet man eine Menge Q nicht miteinander verschränkter Quanten, so ist der Hilbertraum von Q isomorph zum Tensorprodukt (dem kartesischen Produkt) der Hilberträume der einzelnen Quanten.

 
 
Mehr zu diesem Thema — u.A. auch eine Beweis für Heisenbergs Unschärferelation — findet sich in einem Vorlesungsskript von K. Fritsche.