welt-verstehen/Vrihilcugrnkfe+Vereinheitlichung+Grundkräfte

Unsere Welt zu verstehen:  Vereinheitlichung Grundkräfte



 Beitrag 0-138
 
 

 
GUT — die erfolgreiche Vereinheitlichung dreier Grundkräfte

 
 
Die sog. schwache Wechselwirkung ist zuständig für Phänomene wie den radioaktiven Zerfall.
 
Theorien, sie zu beschreiben, hatten zunächst immer wieder mit Problemen zu kämpfen, die im Zuge neuer Experimente sichtbar wurden. Erst als es zu einer Vereinheitlichung mit der Quantenelektrodynamik kam — zur sog. elektroschwachen Theorie — konnte man stets Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen erzielen.
 
Das Bild, das sich durch diese Vereinheitlichung ergab, war so überzeugend, dass man im gleichen Stil auch noch die starke Wechselwirkung — sie hält die Nukleonen zusammen — mit einzubeziehen versuchte.
 
Was so entstand, war die sog. Grand Unified Theory (GUT). Auch sie hat bisher alle Prüfungen bestanden. Sogar ihr lange Zeit noch fehlender letzter Baustein, das Higgs-Teilchen, wurde inzwischen experimentell bestätigt.
 
 
Auf Quantenebene also ist das Programm der Vereinheitlichung der Theorien, die Kräfte beschreiben, vorzüglich vorangekommen.
 
Der zunächst letzte große Schritt bestünde nun darin, die GUT mit Einsteins Theorie der Gravitation zusammenzuführen.
 
Wie schwierig sich das gestaltet, kann ermessen, wer bedenkt, dass Einstein bis an sein Lebensende vergeblich versucht hat, die gravitative mit der elektro­magne­tischen Wechselwirkung zusammenzuführen. Er war hierin aber nicht erfolgreich, was bemerkenswert ist, da er einerseits beim Erfinden seiner Gravitations­theorie von Vorbild der Maxwellschen Theorie mit ausgegangen war und man andererseits einige Jahre lang dachte, mit der Kaluza-Klein-Theorie dem Ziel schon sehr nahe zu sein.
 

 
Grand Unified Theories (GUT) machen zwei wichtige Voraussagen, für die sich aber bisher — trotz intensiver Suche — keine Bestätigung fand:
     
  • Das Proton sei instabil mit einer Halbwertszeit größer als 1030 Jahren.
     
  • Zudem solle es neue Arten magnetische Monopole geben: schwere Verwandte der einfacheren, elektromagnetischen.

 
Der theoretische Physiker Marcelo Gleiser ist skeptisch. Er schrieb:
    Nach Jahrzehnten intensiver Suche in Labors rund um den Erdball ist noch kein Anzeichen für Protonenzerfall entdeckt worden.
     
    Auch magnetische Monopole hat man bisher nicht gefunden. Obgleich argumentiert werden kann, dass sie fast alle durch kosmische Inflation inzwischen so weit verteilt sein dürften, dass sich nur noch wenige innerhalb des durch Menschen beobachtbaren Universums aufhalten, kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass an dem ganzen Bild etwas grundsätzlich nicht stimmt:
     
    Die elektroschwache Wechselwirkung ist unser einziges Modell zweier Kräfte, die sich oberhalb einer bestimmten Temperaturschwelle in ihrem Verhalten angleichen. Dies wenigstens konnte experimentell bestätigt werden.
     
    Dennoch zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass die elektroschwache Vereinheitlichung keine wahre Verheinheitlichung ist: Sie wird die Unterscheidung zwischen schwacher und elektromagnetischer Wechselwirkung nie wirklich los. Die neutralen Austauschteilchen, die wir bei niedrigen Energien als das masselose Photon und das schwere Z0 identifizieren, sind Kombinationen der schwachen Eichbosonen der Theorie bei sehr hohen Energien.

     
      Die elektroschwache Theorie hat zwei Kopplungskonstanten: Eine (gs) für die Symmetriegruppe der schwachen Kraft und eine andere (ge) für die Symmetriegruppe der elektromagetischen.
       
      Was wir als Elektronenladung bezeichnen ist eine Kombination beider:   e = gs ge / ( gs2 + ge2 )1/2  .
       
      Es drängt sich der Verdacht auf, dass die so erzielte Vereinigung eher nur formaler Natur sein könnte.

    Darüber hinaus ist die Theorie aufgrund des linkshändigen Neutrinos in einer Schieflage: Um sie in Einklang mit Experimenten zu bringen, werden rechtshändige Teilchen ganz anders behandelt als linkshändige.

 
 
Marcelo Gleiser begann seine wissenschaftliche Karriere als, wie er sagt "begeisterter Vereiniger" (er ist Verfasser von etwa 60 Forschungsartikeln, die sich auf dem Weg hin zu einer  a l l e  physikalischen Grundkräfte vereinheitlichenden Theorie sahen). Heute glaubt er nicht mehr, dass es die gesuchte, alles zusammenführende Theorie jemals geben kann. Er schreibt:
    Symmetrie und Vollkommenheit sollten ihre Rolle als dominierendes Ideal aller Physik aufgeben. Interessant und vielfältig wird der Kosmos erst durch die überall auftretenden Symmetriebrüche.
     
    Auf die Frage seiner damals 6-jährigen Tochter, warum Schneeflocken nie gleich aussehen, aber dennoch immer 6 Ecken haben, hat er ihr geantwortet:
     
    Schneeflocken sind so ähnlich wie Menschen: Während wir alle zwei Augen, zwei Beine und einen Kopf haben, sind wir alle unterschiedlich. Und es sind die Unterschiede, die das Leben spannend machen.
     
    Uns, seinen Zuhörern, erklärt er dann weiter:
     
    Die physikalischen Modelle, die wir erschaffen, sind unser Werk. So wunderbar sie auch anmuten, sie werden immer unvollkommen sein, den unser Wissen über die Welt kann nie vollständig sein. Dass wir so viel gelernt haben, zeugt von unserer Kreativität, dass wir noch mehr lernen wollen, beweist unseren Tatendrag und Wissensdurst. Wenn wir aber glauben, alles wissen und in einer einzigen Theorie beschreiben zu können, so zeugt das einfach nur von unserer Torheit.

 
Bis hierher gebe ich Gleiser recht. Er schreibt aber auch:
    Die Vorstellung einer wohldefinierten mathematischen Struktur, die alles bestimmt, was im Kosmos existiert und geschieht, ist ein platonischer Irrglaube, der jeder Verbindung mit unserer physikalischen Umwelt entbehrt.

Ich, Gebhard Greiter (und auch Max Tegmark) denken eher: Die Gesamtheit aller mathematischen Wahrheiten könnte genau diese Struktur sein. Richtig ist nur, dass Menschen nie all diese Wahrheiten werden entdecken können und schon allein deswegen jede unserer physikalischen Theorien Stückwerk bleiben muss.

 


aus  Notizen  zu:

Die Grundkräfte der Natur


Impressum