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Unsere Welt zu verstehen:  Schwarze Löcher



 Beitrag 0-92
 
 

 
Wie Schwarze Löcher entstehen
 
und wie (oder warum) sie durch Wurmlöcher verbunden sein könnten
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Wenn ein Stern besonders große Masse hat — mindestens das zehn- oder gar 50-fache unserer Sonne — dann wird ihn die Schwerkraft selbst dann noch weiter komprimieren, wenn er schon ein Neutronenstern ist. Ohne die Fusionskraft nämlich, die sich der Gravitationskraft entgegenstellen könnte, kann nichts mehr einen noch stärkeren Kollaps aufhalten: Der Stern wird dann zu etwas, das man ein Schwarzes Loch nennt: einer Ansammlung von Energie, der selbst das Licht nicht mehr entkommen kann.
 
So groß ist die Dichte eine Schwarzen Lochs, dass selbst Licht, welches in seine Nähe kommt, in eine Kreisbahn gezwungen wird (ganz so wie eine von der Erde abgeschossene Rakete, die — wenn sie der Schwerkraft der Erde nicht entkommen kann — auf eine Bahn um die Erde gezwungen wird).
 
 
Man muss dazu wissen: Jeder Himmelskörper besitzt eine sog. Entweichgeschwindigkeit. Es ist dies die Geschwindigkeit, die ein Objekt mindestens erreichen muss, um sich der gravitativen Anziehungskraft des Himmelskörpers auf Dauer entziehen zu können.

    Die Entweichgeschwindigkeit der Erde etwa beträgt 40.000 km/h.
     
    Eine Hülle aus Sauerstoff kann die Erde nur deswegen haben, weil Sauerstoffatome sich nicht schnell genug bewegen, um dem Gravitationsfeld der Erde entkommen zu können.
     
    Jupiter etwa besteht hauptsächlich aus Wasserstoff, da seine Entweichgeschwindigkeit groß genug ist, um auszuschließen, dass Wasserstoff dem Jupiter entkommen konnte.

 
Die Höhe der Entweichgeschwindigkeit ergibt sich schon aus Newtons Gravitationstheorie:
 
Je schwerer ein Planet oder Stern und je kleiner sein Radius, desto größer seine Entweichgeschwindigkeit.

 
    Es ist tatsächlich schon 1783 der englische Astronom John Michell aufgrund der Newtonschen Gesetze zur Hypothese gelangt, dass ein überaus massereicher Stern eine Entweichgeschwindigkeit haben könnte, die der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Von ihm ausgestrahltes Licht — so folgerte Michell — könnte ihm nicht ent­kommen und müsste ihn daher ständig umkreisen. So ein Stern müsse dem Beobachter als völlig schwarz erscheinen.
     
    Man hielt Michells Theorie — damals veröffentlich in den Philosophical Transactions of the Royal Society, 74, 1784, S. 35 — für verrückt und vergaß sie bald.
    Heute jedoch sind wir geneigt, an die Existenz Schwarzer Löcher zu glauben, da Astronomen am Himmel tatsächlich weiße Zwerge und Neutronensterne entdeckt haben.

 
 
Zu erklären, warum Schwarze Löcher schwarz sind, gibt es zwei Möglichkeiten:
  • Erstens kann die Kraft, die das Licht zum Stern hin zieht, so groß sein, dass der Lichtstrahl in einen Kreis gezwungen wird.
     
  • Man kann aber auch Einsteins Standpunkt einnehmen, von dem aus » die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten eine gekrümmte Linie sein kann «.
    Die Krümmung eines Lichtstrahls zu einem vollen Kreis bedeutet dann, dass auch der Raum sich in sich selbst zurück gekrümmt hat, so dass ein Stück der Raumzeit — extrem zusammengepresst — abgetrennt worden ist, und der Lichtstrahl jetzt nur noch im abgetrennten Teil zirkulieren kann.
     
    Diese so abgetrennte, in sich geschlossene Region des Raumes könnte man dann als ein eigenes Universum begreifen — einen Teilraum, aus dem heraus uns keine Nachricht erreichen kann.

 
 
Die relativistische Beschreibung Schwarzer Löcher verdanken wir Karl Schwarzschild: Er fand — noch 1916, kurz nachdem Einstein seine Gravitationstheorie publiziert hatte — eine exakte Lösung für Einsteins Feldgleichungen zur Berechnung des Gravitationsfeldes jeden massereichen, stationären Sterns. Ihr zufolge nach gibt es in einem bestimmten Abstand um das Zentrum des Schwarzen Lochs herum eine Grenze, die sich nur hin zum Loch, aber nicht vom Loch weg überschreiten lässt. Man nennt diesen Abstand heute den Schwarzschild-Radius. Es ist der Radius einer Kugel um das Zentrum des Schwarzen Lochs herum, an deren Oberfläche die Entweichgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit ist.
 
Damit aus unserer Sonne ein Schwarzes Loch würde, müsste sie auf ihren Schwarzschild-Radius von rund drei Kilometern zusammenstürzen,
die Erde auf etwa 0,9 cm.

 
Protonen und Neutronen sind um den Faktor 1039 ausgedehnter als ihr Schwarzschild-Radius (so dass in der Elementarteilchen-Theorie — aber eben nur dort — Gravitation keine irgendwie nennenswerte Rolle spielt).
 
 
Haben zwei Schwarze Löcher aus unterschiedlichen Raumgebieten denselben Punkt als singuläre Stelle, so spricht man von einer Einstein-Rosen-Brücke.
 
Solche Brücken anzunehmen war notwendig, um zu einer konsistenten Theorie der Schwarzen Löcher zu kommen.
 
Bald entdeckte man Einstein-Rosen-Brücken auch in anderen Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen, etwa in der Reissner-Nordström-Lösung, die ein elektrisch geladenes, nicht rotierendes Schwarzes Loch beschreibt.
 
Wirklich ernst zu nehmen begann man solche Brücken — heute Wurmlöcher genannt — erst, als 1963 der neuseeländische Mathematiker Roy Kerr eine weitere exakte Lösung der Gravitationsgleichungen fand. Kerr ging dabei von der Annahme aus, dass jeder kollabierende Stern rotiere. So wie ein Eisläufer, der eine Piruette beschreibt, seine Drehung beschleunigt, wenn er die Arme an den Körper zieht, so müsste sich auch die Drehung eines rotierenden Sterns beschleunigen, wenn sein Durchmesser sich reduziert, d.h. wenn er anfängt, zu kollabieren.
 
Kerrs Lösung bedeutete eine Sensation auf dem Gebiet der Allgemeinen Relativitätstheorie, da man mit ihr nun eine absolut genau Darstellung unzähliger massiver Schwarzer Löcher hatte, die das Universum bevölkern. Der Astrophysiker Subrahmanyan Chandrasekhar sprach gar vom einem » Schauder vor dem Schönen «, den die unglaubliche Erkenntnis in uns hervorrufe, dass eine durch die Suche nach dem Schönen in der Mathematik ausgelöste Entdeckung ihr genaues Abbild in der Natur findet. [ Zitiert in Heinz Pagels: Zeit vor der Zeit. Das Universum bis zum Urknall, Berlin 1987, S. 75 ].
 
In seiner Nobelpreis-Rede von 1983 hat Chandrasekhar das nochmals bekräftigt (Zitat):
    Black holes are macroscopic objects with masses varying from a few solar masses to millions of solar masses. To the extent they may be considered as stationary and isolated, to that extent, they are all, every single one of them, described exactly by the Kerr solution. This is the only instance we have of an exact description of a macroscopic object. Macroscopic objects, as we see them all around us, are governed by a variety of forces, derived from a variety of approximations to a variety of physical theories. In contrast, the only elements in the construction of black holes are our basic concepts of space and time. They are, thus, almost by definition, the most perfect macroscopic objects there are in the universe. And since the general theory of relativity provides a single unique two-parameter family of solutions for their descriptions, they are the simplest objects as well.

 
 
 

 
 
 
Eine Kerr- und eine Einstein-Rosen-Brücke

 
 
 
Sind S1 und S2 zwei Schwarze Löcher im All, welche durch eine solche Brücke — ein Wurmloch, wie man auch sagt — verbunden sind, so gibt es zwei Geodäten, die von S1 nach S2 führen: Die eine stellt einen möglicherweise Milliarden Lichtjahre langen Weg dar, die andere aber eine extrem kurze Verbindung, die durch das Wurmloch hindurch führt. Neueren Berechnungen zufolge erscheint das Reisen durch so ein Wurmloch zwar schwierig, aber nicht unbedingt unmöglich. Es wird da also weiter geforscht werden ...
 
 
Nebenbei: Jedes Schwarze Loch ist durch nur 3 Kenngrößen komplett beschrieben: Masse, Rotation und elektrische Ladung.
 
Das gewaltigste uns bisher bekannte Schwarze Loch liegt im Zentrum der Galaxie M87 und ist 6.6 Milliarden mal so schwer wie unsere Sonne.
 
 
 
Quelle aller wesentlichen Aussagen dieses Artikels: Michio Kaku: Die Physik der unsichtbaren Dimensionen (Rohwohlt 2013), S. 353-359
 
Das Gegenstück zum Schwarzen Loch — z.B. in einem Wurmloch — bezeichnet man auch als Weißes Loch. Wurmlöcher und Weiße Löcher sind recht instabile Singularitäten der Allgemeinen Relativitätstheorie. Siehe auch, wie ein Astronom die Frage What is a white hole? beantwortet sowie die Aussagen auf Seite 63 in Schwarze Löcher.
 
Interessantes sagt auch die Seite What is the density of a black hole?. Man liest dort: » The escape speed at the Schwarzschild radius is equal to the speed of light, and the value of the Schwarzschild radius works out to be about 3 • 105 • M/Msun , where M is the mass of the black hole and Msun is the mass of our Sun. «


 


aus  Notizen  zu
tags: stw2158S: Schwarze+Löcher+Wurmlöcher


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