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Unsere Welt zu verstehen:  Thirring Relativitätstheorie



 Beitrag 0-41
 
 

 
Die Thirring-Deser-Normierung der ART

 
 
Wie in Beitrag 0-40 erklärt, hat Einstein seine Formulierung der ART so gewählt, dass Längeneinheiten für alle Beobachter gleich definiert sind (was dann zu nicht-Euklidischer Geometrie des Raumes führt). Diese Konvention aber ist keineswegs zwingend.
 
Und tatsächlich: Es gibt eine von Walter Thirring in den 1950er Jahren erarbeitete und etwa 20 Jahre später von Stanley Deser wesentlich verbesserte Fassung der Einsteinschen Feldgleichungen,
 
die mit dem Anspruch verbunden ist, dass die Raumzeit Euklidische Geometrie habe (mit überall gleicher Metrik).



Martin Carrier (S. 166-167 seines Buches Raumzeit, de Gruyter, 2009)
 

Die Thirring-Deser-Fassung der Einsteinschen Feldgleichungen stellt die Gravitation als universelles Kraftfeld in einem  f l a c h e n  Raum dar, der mit einer überall gleichen Minkowski-Metrik ausgestattet ist.
 
In Umkehrung der Einsteinschen Vorgehensweise gibt man die Raumzeit-Struktur vor und passt das Verhalten von Maßstäben und Uhren sowie die Bewegung freier [hypothetisch ausdehnungsloser Test-] Teilchen an sie an durch die Einführung universeller Kräfte.
 
Die Gravitation verzerrt dann die  M a ß s t ä b e , beinflusst aber  n i c h t  die Geometrie.
 
Die Thirring-Deser-Fassung enthält entsprechend eine de-geometrisierte Version der Einsteinschen Feldgleichungen unter Bewahrung der Kausalität.
 
Beide Ansätze sind empirisch äquivalent, wenn auch nicht in jeder Hinsicht gleichwertig: In empirischer Hinsicht ergeben sich Abweichungen die Topologie des Raumes betreffend, da man mit einer flachen Hintergrundgeometrie kein geschlossenes Universum wiedergeben kann.
 
Damit ist die These von der Konventionalität der physikalischen Geometrie der Raumzeit — auch unter Bewahrung der kausalen Erklärbarkeit — nicht ohne Stütze. ...
 
Die adaptierte These belegt die generelle Ansicht von der Unterbestimmtheit von Theorien durch die Erfahrung, mit der Folge, dass Raum-Zeit-Theorien keine spezifische Form von Konventionalität enthalten.
 


 
Man sieht sich hier einmal mehr an Niels Bohr erinnert, der betont hat:
 
 
Die Physik kann nicht ergründen, wie die Natur funktioniert [ Wirklichkeit ].
 
Sie kann nur darüber sprechen, wie sie sich dem Beobachter darstellt [ Realität ].

 
Die unterschiedliche Formalisierung der ART durch Einstein einerseits und Thirring/Deser andererseits zeigt zudem, dass, was wir als Realität betrachten, zudem noch von durch uns selbst gewählten  K o n v e n t i o n e n  abhängig sein kann.
 
 
Bemerkenswert an der durch Thirring/Deser gefundene Normierung der Raumzeit ist vor allem, dass sie die Sonderstellung der Gravitation — die ihr durch Einsteins Geometrisierung zuwuchs — aufhebt.
 
Sie aufzuheben könnte notwendig sein, um zu einer Theorie zu kommen, die ART und Quantenmechanik zusammenführt: Diese künftige Theorie (Quantengravitation), die zu entwickeln nun schon ein halbes Jahrhundert auf der wissenschaftlichen Tagesordnung steht, wird ja aller Erwartung nach die Gravitation nach dem Muster der übrigen physikalischen Wechselwirkungen behandeln müssen: als eine Kraft, die  q u a n t i s i e r t  ist.

 


aus  Notizen  zu:

Zur Allgemeinen Relativitätstheorie


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